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Karl Josef Martin Baur 21 Marz 1901 in Wismar 18 Februar 1923 in Munchen war ein deutscher politischer Aktivist Er gilt als das letzte Opfer der als Fememorde bekannt gewordenen Serie von Totungshandlungen die zwischen 1919 und 1923 von Angehorigen rechtsextremer Organisationen im Deutschland der ersten Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkrieges an tatsachlichen oder vermeintlichen politischen Gegnern oder Verratern aus den eigenen Reihen verubt wurden 1 Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Wirken 1 1 Werdegang Baurs bis 1922 1 2 Betatigung im rechtsextremen Milieu von Munchen 1922 1923 1 3 Verwicklung in rechtsextremistische Umsturzplane im Fruhjahr 1923 1 4 Der Mordfall Karl Baur 2 Literatur 3 Weblinks 4 EinzelnachweiseLeben und Wirken BearbeitenWerdegang Baurs bis 1922 Bearbeiten Baur wurde 1901 als Sohn eines Eisenbahnsekretars im mecklenburgischen Wismar geboren Nach dem Besuch der Burgerschule wurde er zur Ausbildung in das Lehrerseminar Neukloster gegeben Noch als Minderjahriger meldete Baur sich 1918 wahrend des letzten Jahres des Ersten Weltkriegs gegen den Willen seiner Eltern als Kriegsfreiwilliger bei der Preussischen Armee Er wurde einem Grenadierregiment zugewiesen Es ist zweifelhaft ob er vor Kriegsende noch an die Front gelangte Im Fruhjahr 1919 meldete Baur sich zum Dienst beim Grenzschutz Ost d h zur Teilnahme an der Sicherung der deutschen Ostgrenze gegen Polen zwischen beiden Staaten bestanden damals Konflikte wegen der Frage des zukunftigen Grenzverlaufs Dort geriet er in polnische Gefangenschaft und wurde von einem polnischen Kriegsgericht zum Tode verurteilt Nachdem ihm die Flucht aus der polnischen Gefangenschaft gelungen war wollte Baur sich erneut dem Grenzschutz anschliessen was jedoch von seinem Vater verhindert wurde der das Dienstverhaltnis seines minderjahrigen Sohnes beim Grenzschutz losen liess und ihn zuruck ins Lehrerseminar schickte Obwohl die Erfahrungen in Polen bei Baur einen Nervenzusammenbruch verursachten bestand er seine Prufungen im Seminar und konnte noch 1919 eine einjahrige Praktikumsstelle an einer Landschule in Mecklenburg antreten Wahrend dieser Zeit begann Baur sich in der rechtsextremen Szene in seiner Heimat zu betatigen 1922 unterstutzte er als Mitglied der Geheimorganisation Consul OC die Morder des Reichsaussenministers Walther Rathenau als Fluchthelfer Betatigung im rechtsextremen Milieu von Munchen 1922 1923 Bearbeiten Ende 1922 siedelte Baur von Mecklenburg nach Bayern uber wo er in Munchen in armlichen Verhaltnissen lebte Es gelang ihm jedoch Anschluss an die rechtsextreme Szene von Munchen zu finden So wurde er Anfang 1923 in die lokale Rossbach Gruppe d h den Zusammenschluss der paramilitarisch organisierten Anhanger des rechtsradikalen Freikorpsfuhrers Gerhard Rossbach in der bayerischen Landeshauptstadt aufgenommen Ausserdem tat Baur kurzzeitig Dienst in der 20 SA Hundertschaft in Munchen die sich aus Mitgliedern der Rossbach Gruppe rekrutierte Im Kreis seiner Gesinnungsgenossen fiel Baur bald durch grosssprecherische Redensarten und realitatsfremde Plane die er schmiedete auf Zudem erwarb der notorisch klamme Student den Ruf eines Rupels und Schnorrers Anfang Januar 1923 entwickelte Baur nach dem Besuch einer Hitlerrede uber das Verbrechen der Novemberrevolution von 1918 den Plan den fruheren Reichskanzler und damaligen Oberburgermeister von Kassel Philipp Scheidemann durch ein Attentat zu beseitigen Er begann Vorbereitungen fur eine solche Tat zu treffen und versuchte Komplizen fur die Ausfuhrung und Geldgeber zu werben Hiermit war ihm jedoch wenig Erfolg beschieden teils da man seine Plane nicht ernst nahm teils da sie von seinen Gesinnungsgenossen trotz grundsatzlicher Mordbereitschaft als inopportun da ihren politischen Zielen nicht dienlich angesehen wurden Da Baur ungefragt mit jedem uber seine Attentatsplane gegen Scheidemann sprach wurde die Munchner Polizei auf ihn aufmerksam Am 19 Januar 1923 wurde er verhaftet In der folgenden Vernehmung gab er seinen Attentatsplan unverhohlen zu versprach aber auf Verlangen der Polizei die Tat nicht zur Ausfuhrung zu bringen Auf die Einleitung eines Verfahrens gegen ihn wurde verzichtet da er seine Tat noch nicht versucht habe sondern bisher uber das Stadium einer Uberlegung oder eines Gedankenspiels nicht hinausgekommen war Stattdessen wurde Baur am 6 Februar von der Regierung des Staatskommissars fur Munchen aus Bayern ausgewiesen Er ignorierte die Anweisung jedoch und hielt sich weiterhin in Munchen auf In den nationalsozialistischen Kreisen von Munchen kam zur selben Zeit der Verdacht auf dass Baur die Quelle fur eine Reihe von Artikeln in der sozialdemokratischen Munchener Post sein konnte in der die Offentlichkeit auf Basis von Insiderinformationen uber geheime Aktivitaten der rechtsextremen Szene der bayerischen Landeshauptstadt aufgeklart wurde Um den 20 Januar 1923 trat Baur durch Vermittlung von Felix Aumuller dem rechtsradikalen Blucherbund bei In dieser Organisation ubernahm er die Funktion eines Zugfuhrers einer Kompanie des Bundes Nach seiner Ausweisung am 6 Februar 1923 wurde Baur von dem Leiter der Munchner Kreisstelle des Blucherbundes Johann Berger in dessen Wohnung in der sich zugleich die Geschaftsstelle des Bundes befand untergebracht Auf Vermittlung von Berger erhielt Baur am 7 Februar 1923 die Stelle eines Privatsekretars des Privatdozenten Arnold Ruge der eine fuhrende Rolle beim Blucherbund spielte Ruge war ein radikaler Verfechter volkischer Ideen er vertrat insbesondere die Auffassung dass es legitim sei Gegner vaterlandischer Ziele zu toten Der sich verbal besonders extremistisch rechts gebende Baur erschien ihm daher der geeignete Mann zu sein um den Posten als sein Assistent zu ubernehmen Bereits nach etwa einer Woche begann Ruge seinem neuen Sekretar Misstrauen entgegenzubringen Dieser erschien ihm in seiner bramarbasierenden Sprucheklopferei als nicht hinreichend verschwiegen sowie als leichtsinnig und unzuverlassig so dass er ihn wieder entliess Verwicklung in rechtsextremistische Umsturzplane im Fruhjahr 1923 Bearbeiten Parallel zu seiner Tatigkeit im Blucherbund war Baur mit dem Journalisten Hugo Machhaus naher bekannt geworden einem der wichtigsten Protagonisten eines fur das Fruhjahr 1923 geplanten separatistischen Putsches in Bayern Zur Vorbereitung dieses Unternehmens sollte Baur eine Reise nach Regensburg und dann nach Norddeutschland unternehmen um mit den volkischen Kreisen von Regensburg und den volkischen Kreisen in Norddeutschland Fuhlung zu nehmen um diese zu einer Unterstutzung eines von Munchen ausgehenden Umsturzes zu bewegen Er sollte die Fahr zusammen mit zwei anderen Mitgliedern des Blucherbundes Hermann Strobl und August Zwengauer unternehmen Zur Finanzierung der Reise wandte Baur sich am 16 Februar 1923 telefonisch an Ruge von dem er 40 000 RM zu diesem Zweck verlangte was dieser jedoch verweigerte Stattdessen suchte Baur am 17 Februar 1923 Berger auf den er wegen der fehlenden Finanzierung seiner Reise Vorhaltungen machte und ihm damit drohte dass er wenn man ihm die geforderte Summe nicht zur Verfugung stelle die Behorden oder politische Gegner des Blucherbundes von dessen Planen in Kenntnis setzen werde Berger gab ihm daraufhin 7 000 RM Mit diesem Geld reiste er nach Regensburg Dort traf Baur mit Zwengauer und Strobl die er vorausgeschickt hatte und dem lokalen Nationalsozialisten Max Stubenrauch zusammen Nachdem Berger schliesslich um den 18 Februar 1923 von Machhaus das Geld fur Baurs Reise erhalten hatte schickte er zwei weitere Mitglieder des Blucherbundes nach Regensburg mit dem Auftrag das Geld an Baur zu ubergeben um das bevorstehende Unternehmen finanziell in Gang zu bringen und sich Baur und den anderen anzuschliessen In Regensburg fiel Baur seinen Gesinnungsgenossen durch rucksichtsloses Verhalten auf Er beschimpfte seine Begleiter und liess sich von diesen aushalten Wahrend er in einem Hotel ubernachtete liess er Zwengauer in der Bahnhofshalle schlafen Vor allem beklagte er den Geldmangel und ordnete an am nachsten Tag nach Munchen zuruckzukehren um mehr Geld einzuwerben Da Baur verschlief und zum verabredeten Zeitpunkt nicht am Bahnsteig erschien fuhren Strobl und Zwengauer allein begleitet von Stubenrauch nach Munchen zuruck Nach ihrer Ruckkehr nach Munchen suchten Zwengauer Strobl und Stubenrauch Johann Berger auf dem sie uber die Vorgange in Regensburg berichteten Berger zeigte sich uber Baurs Benehmen auf das hochste emport und erklarte dass dieser sich endgultig als ein Schwein erwiesen habe das aus der nationalen Bewegung herausgehore Wenn die norddeutschen vaterlandischen Kreise nicht hinreichend vorbereitet seien wenn in Bayern eine Aktion zur Rettung des Reiches von der roten Herrschaft ausgelost wurde und sie aufgrund ihrer mangelnden Vorbereitung nicht in der Lage seien diese praktisch in ihren Wirkungsgebieten zu unterstutzen und zu ihrem Erfolg beizutragen so sei dies Baurs Schuld Zudem argwohnte er dass Baur den mittlerweile nach Regensburg geschickten Bundesmitgliedern die Gelder die sie bei sich fuhrten abnehmen und privat verbrauchen konnte Im weiteren Verlauf des Gespraches tauchte erstmals der Gedanke auf sich Baurs durch Mord zu entledigen So unterhielten Zwengauer und Strobl sich ganz allgemein daruber wie man denn Leute toten konnte Der Mordfall Karl Baur Bearbeiten Am Abend des 18 Februar 1923 wurde Baur am Munchener Bahnhof von Zwengauer Stubenrauch Johann Berger und dessen Bruder Ernst Berger abgeholt Die Berger Bruder machten ihm bei dieser Gelegenheit schwere Vorwurfe wegen seines Verhaltens Die funf Manner begaben sich dann zuruck zu Johann Bergers Wohnung wo die verbalen Auseinandersetzungen zwischen den Berger Brudern und Zwengauer mit Baur weitergingen Zwengauer erklarte schliesslich dass die Reise nach Norddeutschland anstatt mit der Bahn mit einem Auto durchgefuhrt werden solle da nun Geldmittel vorhanden seien Auf einem Stadtplan wurde Baur der Treffpunkt gezeigt an dem er und seine Begleiter angeblich das fragliche Auto besteigen sollten um die Fahrt nach Regensburg und dann in den Norden zu beginnen Sodann wurde Baur darauf hingewiesen dass es zu gefahrlich sei Ausweise oder andere Legitimationspapiere mit auf die Reise zu nehmen und dazu veranlasst seine Papiere in einen Koffer den er bei Berger untergestellt hatte zu packen den er wahrend der Autofahrt in der Wohnung zur Verwahrung zurucklassen sollte Ernst Berger und Stubenrauch gingen sodann zuruck zum Bahnhof angeblich um andere Mitglieder des Blucherbundes abzuholen Derweil verliess Zwengauer die Bergersche Wohnung gemeinsam mit Baur dem er vorspielte ihn zu dem bereitstehenden Wagen fuhren zu wollen Tatsachlich lotste er ihn unauffallig an eine menschenleere Stelle des Isarufers Dort begann Zwengauer plotzlich Baur Vorwurfe wegen seines Verhaltens in den vergangenen Tagen zu machen und ihm den Schaden vorzuhalten den er der nationalen Sache zugefugt habe Seine kurze Anklagerede gegenuber Baur mundete in der Ankundigung dass dieser sterben musse Er zog einen Revolver und forderte Baur auf in den Fluss zu springen Baur weigerte sich dieser Anweisung Folge zu leisten Daraufhin erschoss Zwengauer ihn an Ort und Stelle und warf ihn anschliessend in die Isar Zwengauer begab sich nun zuruck in die Wohnung von Berger wo sich auch Stubenrauch und Ernst Berger wieder eingefunden hatten Er teilte ihnen mit dass Baur nun nicht mehr in der Lage sei etwas zu verraten Mit Hinblick auf Baurs Tasche wurde vereinbart dass Berger diese am nachsten Tag nach Ansbach bringen wurde Am 19 Februar 1923 fuhr Berger dann tatsachlich nach Ansbach wo er Baurs Koffer dem Kreisleiter des Blucherbundes in der Stadt zur Verwahrung ubergab Baurs Leiche wurde am 27 Marz 1923 mehr als einen Monat nach seinem Tod in der Nahe von Freising in der Isar entdeckt und geborgen Literatur BearbeitenUlrike Claudia Hofmann Der Mord an Karl Baur In Dies Verrater verfallen der Feme Fememorde in Bayern in den zwanziger Jahren Bohlau Koln Weimar Wien 2000 ISBN 3 412 15299 4 S 66 74 Dissertation Universitat Bamberg 1998 99 Google Leseprobe Willy Munzenberg Der Fall Baur Verrater verfallen der Feme H 1 Berlin 1926 Weblinks BearbeitenEintrag Fememorde im Historischen Lexikon Bayerns mit kurzer Erwahnung des Falles Baur Einzelnachweise Bearbeiten Hofmann Verrater S 66 wo der Fall ausdrucklich als der letzte aktenkundige Fememord identifiziert wird Normdaten Person GND 133383407 lobid OGND AKS VIAF 52876405 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Baur KarlALTERNATIVNAMEN Baur Karl Josef Martin vollstandiger Name KURZBESCHREIBUNG deutscher politischer Aktivist Opfer eines FememordesGEBURTSDATUM 21 Marz 1901GEBURTSORT WismarSTERBEDATUM 18 Februar 1923STERBEORT Munchen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Karl Baur Femeopfer amp oldid 238356842