Karl-Christoph Großmann (* 8. November 1939) ist ein ehemaliger Offizier der Hauptverwaltung Aufklärung (HVA), dem Auslandsgeheimdienst der DDR. Nach seiner Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand 1987 wurde er als Informant für das Bundesamt für Verfassungsschutz der BRD tätig und enttarnte zahlreiche Mitarbeiter der HVA.
Dienst in der HVA Bearbeiten
Großmann war zeitweise in der Wiener Residentur der HVA in der Frimbergergasse 6–8 im 13. Wiener Gemeindebezirk eingesetzt, wo er u. a. auch Kontaktoffizier zu Helene Legradi und Führungsoffizier von Klaus Kuron war. Ab August 1985 war Karl-Christoph Großmann der MfS-Betreuer von Hansjoachim Tiedge nach dessen Flucht in die DDR. Zuletzt hatte er im Ministerium für Staatssicherheit (MfS) den Dienstgrad Oberst und war stellvertretender Leiter der Abteilung IX (Gegenspionage im In- und Ausland und feindliche Dienste in der BRD) der HVA.
1987 wurde Karl-Christoph Großmann in den vorzeitigen Ruhestand versetzt, da er nach Einschätzung des MfS, nach etwa einjähriger operativer Kontrolle, wegen Überheblichkeit, Schwatzhaftigkeit und Prahlsucht sowie unmoralischem Lebenswandel als Sicherheitsrisiko galt.
Informant des BfV Bearbeiten
Im Herbst 1989 traf sich Karl-Christoph Großmann im Ost-Berliner Grand-Hotel mit dem ehemaligen Pressechef von Ronald Reagan, John O. Koehler, den er aus Dresdner Schultagen kannte. Diesem berichtete er u. a. von zahlreichen US-Amerikanern, die hochsensible US-Militärgeheimnisse an das MfS verraten hatten, und erregte damit die Aufmerksamkeit des West-Berliner Verfassungsschutzes. Von diesem wurde ihm der Deckname „Kardinal“ gegeben, und er reiste nach eigenen Angaben etwa zehnmal zu konspirativen Gesprächen zum Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) nach Köln.
Im Januar 1990 nach der Wende und friedlichen Revolution in der DDR deckte Karl-Christoph Großmann die Identität von wichtigen Agenten der HVA gegenüber West-Berliner und bundesdeutschen Ermittlungsbehörden auf, nachdem deren Personalakten durch die HVA vernichtet worden waren.
Neben Heinz Busch (im Herbst 1989 der von HVA-Leiter Werner Großmann beauftragte Vertreter der HVA am Runden Tisch), Rainer Wiegand, Eberhard Lehmann (ehemals Hauptabteilung II, zuständig für die Spionageabwehr) und Werner Roitzsch gilt Karl-Christoph Großmann als Hauptinformant über Topagenten des MfS in der BRD.
Enttarnte Mitarbeiter der HVA Bearbeiten
Karl-Christoph Großmann nannte dem Bundesamt für Verfassungsschutz u. a. die Realnamen der HVA-Mitarbeiter Gabriele Gast („Gabriele Leinfelder“), Karl Gebauer, Klaus Kuron, Alfred („Peter“) und Ludwig Spuhler („Florian“) sowie Hansjoachim Tiedge („Helmut Fischer“).
Gast, die als Regierungsdirektorin beim Bundesnachrichtendienst (BND) beschäftigt war, erfuhr davon und informierte ihren Führungsoffizier in Ost-Berlin, woraufhin die HVA fast alle Quellen zum 31. März 1990 abschaltete. Hansjoachim Tiedge entkam mit Hilfe des KGB seiner Verhaftung.
In den Strafverfahren gegen diese verratenen MfS-Quellen wurde Karl-Christoph Großmann als Belastungszeuge verwendet.
Literatur Bearbeiten
- Helmut Müller-Enbergs: Inoffizielle Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit, Bd.2, Anleitungen für die Arbeit mit Agenten, Kundschaftern und Spionen in der Bundesrepublik Deutschland. 1998 ISBN 3-86153-145-3
Personendaten | |
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NAME | Großmann, Karl-Christoph |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Oberst des Ministeriums für Staatssicherheit |
GEBURTSDATUM | 8. November 1939 |