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Der Kanon Muratori ist eines der wichtigsten Zeugnisse fur die fruhe Kanongeschichte des Neuen Testaments Dieses wahrscheinlich im 8 Jahrhundert in lateinischer Sprache geschriebene Verzeichnis ist nach seinem Entdecker benannt dem Archivar Lodovico Antonio Muratori Er veroffentlichte es 1740 als Beispiel fur eine schlechte Art mittelalterlicher Handschriften Die meisten Historiker vermuten dass es sich hierbei um die lateinische Ubersetzung eines ursprunglich im spaten 2 Jahrhundert in griechischer Sprache verfassten Textes handle Letzte Seite des Kanon Muratori nach der Veroffentlichung von Tregelles 1868 Inhaltsverzeichnis 1 Entstehungszeit und Autor 2 Literarische Gattung 3 Verzeichnis neutestamentlicher Bucher 4 Vergleich 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelbelegeEntstehungszeit und Autor BearbeitenDer Kanon Muratori ist in einem Codex Cod Ambr I 101 supp aus dem 8 Jahrhundert uberliefert Muratori fand dieses Fragment im Jahr 1700 unter den von Columban der Bibliothek der Abtei Bobbio gestifteten Handschriften als er an der Schule der Dottori der Biblioteca Ambrosiana in Mailand historische Forschungen betrieb 1 Vermutlich handelt es sich bei diesem Fragment um die Ubersetzung eines ca 170 200 n Chr in Rom geschriebenen griechischen Originals in unbeholfenes Latein vgl z B den deutlich erkennbaren Schreibfehler apocalapse in Zeile 9 der abgebildeten Seite Diese Datierung stutzt sich vor allem darauf dass der Hirte des Hermas geschrieben um 145 als vor kurzem zu unserer Zeit entstanden bezeichnet wird Ausserdem werden am Ende mehrere abgelehnte Autoren genannt die vor oder um 150 n Chr schrieben Valentinus Marcion Basilides nicht aber spatere Autoren wie z B Montanus uber den es ab ca 170 n Chr zu Auseinandersetzungen kam 2 Alternative Vermutungen zur Entstehung des Verzeichnisses datieren es in die zweite Halfte des 3 Jahrhunderts oder in das 4 Jahrhundert Sundberg sowie Hahneman nahmen das spate 4 Jahrhundert an 3 Diese Spatdatierungen haben sich jedoch nicht durchgesetzt 4 Gegen eine Spatdatierung wurde von Christoph Markschies eingewendet dass der letzte Absatz des erhaltenen Fragments obgleich das dort auftauchende Wort Kataphryges von Sundberg und Hahneman mit Montanist en ubersetzt wird dem entgegensteht Im 4 Jahrhundert war Markschies zufolge eben keine Aufnahme der Schriften des Valentinus in den Kanon mehr zu erwarten dies spreche fur eine fruhere Datierung 2 Der Name des Autors geht aus dem Text nicht hervor Als Verfasser vermuten manche aufgrund von textlichen oder inhaltlichen Parallelen Hippolyt von Rom oder Victorinus von Poetovio 5 Literarische Gattung BearbeitenDas Fragment lasst sich keiner bekannten literarischen Gattung eindeutig zuordnen Es handelt sich um ein Fragment ohne seinen ursprunglichen Anfang und Schluss 1 Offenbar fehlen zu Beginn Angaben zu den Evangelien nach Matthaus und Markus am Ende bricht das Dokument unvermittelt ab Einige Passagen geben knappe Erlauterungen zu neutestamentlichen Buchern wahrend andere Abschnitte eher katechtisches Geprage tragen 1 Es konnte sich so Markschies um den Prolog einer Bibelausgabe um ein lexikalisches Verzeichnis oder auch um eine Zusammenfassung brieflicher Erlauterungen zu Fragen nach biblischen Themen gehandelt haben Eine andere Moglichkeit ist dass das Dokument als ein monastisches Handbuch zur Bibel gedacht war 1 Verzeichnis neutestamentlicher Bucher BearbeitenDer Anfang der Handschrift mit den Hinweisen auf Matthaus und Markus ist nicht erhalten Von den kanonischen Schriften des Neuen Testaments erwahnt der Kanon Muratori das Lukasevangelium als drittes Evangelium und das Johannesevangelium als viertes gefolgt von der Apostelgeschichte des Lukas Dann zahlt er die Paulusbriefe auf nennt drei der Katholischen Briefe Judas 1 und 2 Johannesbrief und das Buch der Weisheit das heute zu den deuterokanonischen Schriften des Alten Testaments zahlt Nicht enthalten sind ausser dem Hebraerbrief der 1 und 2 Petrusbrief der Jakobusbrief sowie der 3 Brief des Johannes Neben der Apokalypse des Johannes wird auch die apokryphe Apokalypse des Petrus erwahnt in Bezug auf letztere mit dem Zusatz quam quidam ex nostris legi in ecclesia nolunt von der manche nicht wollen dass sie in der Gemeinde gelesen wird Der apokryphe Hirte des Hermas darf zwar gelesen legi eum quidem oportet aber nicht offentlich der Gemeinde verlesen werden publicare vero in ecclesia populo Weitere apokryphe Schriften werden verworfen Die Briefe des Paulus an die Laodizaer und Alexandriner werden als Falschungen abgelehnt Pauli nomine fictae ebenso Schriften des Arsinous Valentinus Miltiades und ein angeblich fur Markion verfasstes Psalmenbuch nihil in totum recipimus Vergleich BearbeitenBuch Kanon Muratori Heutiger KanonEvangelium nach Matthaus Wahrscheinlich 6 jaEvangelium nach Markus Wahrscheinlich 6 jaEvangelium nach Lukas ja jaEvangelium nach Johannes ja jaApostelgeschichte des Lukas ja jaRomerbrief ja ja1 Korintherbrief ja ja2 Korintherbrief ja jaGalaterbrief ja jaEpheserbrief ja jaPhilipperbrief ja jaKolosserbrief ja ja1 Thessalonicherbrief ja ja2 Thessalonicherbrief ja ja1 Timotheusbrief ja ja2 Timotheusbrief ja jaTitusbrief ja jaPhilemonbrief ja jaHebraerbrief nein ja 7 Jakobusbrief nein ja 7 1 Petrusbrief nein ja2 Petrusbrief nein ja1 Johannesbrief Wahrscheinlich 8 ja2 Johannesbrief Vielleicht 8 ja3 Johannesbrief Vielleicht 8 jaJudasbrief ja ja 7 Offenbarung des Johannes ja ja 7 Offenbarung des Petrus ja neinWeisheit Salomos ja neinLiteratur Bearbeitenin der Reihenfolge des Erscheinens Karl August Credner Zur Geschichte des Kanons Verlag des Buchhandlung des Waisenhauses Halle 1847 S 69 94 Kapitel 2 Das fragmentum de canone scripturarum ss bei Muratori Online verfugbar Karl August Credner Uber die altesten Verzeichnisse der heiligen Schriften der katholischen Kirche In Ferdinand Christian Baur Eduard Zeller Hrsg Theologische Jahrbucher Bd 16 Tubingen 1857 S 299 Online verfugbar Samuel Prideaux Tregelles Canon Muratorianus The earliest catalogue of the books of the New Testament Edited with notes and a facsimile of the MS in the Ambrosian Library at Milan Clarendon Press Oxford 1867 Online verfugbar Hans Lietzmann Das Muratorische Fragment und die Monarchianischen Prologe zu den Evangelien Kleine Texte fur theologische Vorlesungen und Ubungen Hrsg von Hans Lietzmann Bd 1 A Marcus und E Weber s Verlag Bonn 1902 Online verfugbar Werner Georg Kummel Einleitung in das Neue Testament Quelle Meyer Heidelberg 1983 ISBN 3 494 00089 1 Geoffrey Mark Hahneman The Muratorian Fragment and the Development of the Canon Clarendon Press Oxford 1992 ISBN 0 19 826341 4 Charles E Hill The Debate Over the Muratorian Fragment and the Development of the Canon In Westminster Theological Journal Jg 57 1995 S 437 452 Wilhelm Schneemelcher Neutestamentliche Apokryphen in deutscher Ubersetzung Bd 1 Mohr Tubingen 1999 ISBN 3 16 147252 7 deutsche Ubersetzung S 27 29 Joseph Verheyden The Canon Muratori A Matter of dispute In Jean Marie Auwers Henk Jan de Jonge Hrsg The biblical canons Bibliotheca Ephemeridum Theologicarum Lovaniensium BEThL Bd 163 University Press Leuven 2003 ISBN 90 5867 309 X S 487 556 Christoph Markschies Kaiserzeitliche christliche Theologie und ihre Institutionen Prolegomena zu einer Geschichte der antiken christlichen Theologie Mohr Siebeck Tubingen 2009 ISBN 978 3 16 149957 9 Joachim Orth Das Muratorische Fragment Die Frage seiner Datierung Patrimonium Aachen 2020 Diss Universitat Wien 2018 Weblinks BearbeitenLateinischer Text Englische Ubersetzungen und Materialien Deutsche Ubersetzung nbsp Wikisource Bibel vor allem Julicher Canon MuratorianusEinzelbelege Bearbeiten a b c d Christoph Markschies Kaiserzeitliche christliche Theologie und ihre Institutionen Prolegomena zu einer Geschichte der antiken christlichen Theologie Mohr Siebeck 2009 S 229 f a b Christoph Markschies Kaiserzeitliche christliche Theologie und ihre Institutionen Prolegomena zu einer Geschichte der antiken christlichen Theologie S 234 Albert C Sundberg Canon Muratori A Fourth Century List In Harvard Theological Review 66 1973 S 1 41 und Hahneman Muratorian Fragment 1992 So Jens Schroter Von Jesus zum Neuen Testament Studien zur urchristlichen Theologiegeschichte und zur Entstehung des neutestamentlichen Kanons Tubingen 2007 S 310 Anm 60 Jonathan J Armstrong Victorinus of Pettau as the Author of the Canon Muratori In Vigiliae Christianae 62 2008 S 1 34 a b Der Beginn des Muratorianischen Kanons ist verloren das Fragment das uberlebt hat beginnt damit Lukas das dritte Evangelium und Johannes den vierten zu nennen Historiker nehmen daher an dass die ersten beiden Evangelien Mattaus und Markus gewesen waren obwohl dies ungewiss bleibt a b c d Martin Luther bezweifelte die Kanonitat der Hebraer Jakobus Judas und der Offenbarung des Johannes Er zeigte dies auf die Weise in der er sie sortierte Allerdings hat er die Bucher in seinen Kanon aufgenommen und alle lutherischen Gemeinschaften haben dies seither getan a b c Der Kanon Muratori erwahnt zwei Briefe von Johannes gibt aber wenig Hinweise darauf welche Daher ist nicht bekannt welche der drei ausgeschlossen wurde der spater aber als kanonisch betrachtet werden wurde Bruce Metzger entschied dass der Kanon Muratori 1 Johannes 1 1 3 zitiert wenn er schreibt Was Wunder ist es dann wenn Johannes so konsequent diese speziellen Punkte auch in seinen Briefen erwahnt uber sich selbst sagend Was wir mit unseren Augen gesehen haben und mit unseren Ohren gehort haben und mit unseren Handen behandelt haben diese Dinge die wir dir geschrieben haben Bruce Metzger Ubersetzer The Muratorian fragment EarlyChristianWritings com abgerufen am 9 Juli 2018 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kanon Muratori amp oldid 223534276