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Kolner Steinzeug ist eine keramische Warenart die im Spatmittelalter und in der fruhen Neuzeit in Koln hergestellt wurde Die Kolner Werkstatten waren Vorbild fur die Herstellung von Rheinischem Renaissancesteinzeug in den Topferzentren des Rheinlandes Kolner Bartmannkrug um 1550 Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Technik 3 Formenentwicklung 4 Formenspektrum 4 1 Bartmannkrug 5 Werkstatten 5 1 Werkstatt Maximinenstrasse 5 2 Werkstatt Hermann Wolters 5 3 Eigelsteinwerkstatt 5 4 Werkstatt Streithausgasse 6 Siehe auch 7 Anmerkungen 8 Literatur 9 WeblinksGeschichte BearbeitenIn der Mitte des 15 Jahrhunderts begannen auch Kolner Topfermeister mit der Herstellung von echtem Steinzeug In Abgrenzung zu den alteingesessenen Hafnern oder Duppenbacker die Gefasse und Fliesen aus Irdenware herstellten nannten sich die Steinzeugtopfer in Koln Kannenbacker Anfang des 16 Jahrhunderts vollzog das Handwerk in der Freien Reichsstadt den Schritt vom Handwerk zum Kunsthandwerk und wurde in Formgebung und Oberflachengestaltung massgebend fur die Herstellung von Rheinischem Steinzeug wahrend der Renaissance Die Vorbildfunktion der Kolner Topfer wirkte sich auch auf die Topfereien in den anderen rheinischen Topferzentren in Siegburg Frechen Langerwehe und Raeren aus Obwohl das rheinische Steinzeug auch bei den Kolner Burgern hochst popular war waren die Steinzeugtopfer selbst in der Bevolkerung unbeliebt Die Bevolkerung furchtete die Brandgefahr durch die Brennofen die zur Steinzeugherstellung oft wochenlang befeuert wurden Zudem fuhlten sie sich durch den Chlorgestank belastigt den der Anguss der Salzglasur mit sich brachte Durch den hohen Bedarf an Brennholz fur die Ofen waren ganze Walder in der Umgebung von Koln im 16 Jahrhundert abgeholzt worden was den Holzpreis rasant angestiegen liess Auch politisch waren die Kolner Steinzeugtopfer benachteiligt da es ihnen nie gelungen war eine eigene schutzende Gilde zu grunden Gemass dem Zunftzwang waren sie der fachfremden Steinmetzgilde angegliedert in der es jedoch standig Hegemoniestreitigkeiten der angeschlossenen Handwerke gab Zudem beschnitt der Rat der Stadt deren Arbeitsmoglichkeiten indem er ab 1534 den Betrieb der Ofen nur mit ausdrucklicher Genehmigung erlaubte und den Import von Ton aus den Frechener Lagerstatten verhinderte 1547 liess der Rat alle Steinzeugofen einreissen Auch die Zahl der Topfermeister wurde stark begrenzt Waren 1536 noch elf Topfer gelistet so blieben 1554 nur noch vier Zur Bekraftigung dieser Reduktion liess der Rat 1555 erneut alle Brennofen bis auf die vier genehmigten einreissen Ab 1566 waren innerhalb der Kolner Stadtmauern keine Steinzeugtopfer mehr zugelassen Die Topfer waren in die Topferzentren Frechen Siegburg und Raeren abgewandert und brachten hier als Werkleute neue Impulse in die Ausgestaltung der lokalen Steinzeugerzeugnisse Die Metropole Koln blieb jedoch auch nach der Vertreibung der eigenen Steinzeugtopfer weiterhin der wichtigste Umschlagsplatz fur Rheinisches Steinzeug Zentrum des Handels war der Alter Markt Auch die Erzeugnisse aus den benachbarten Topferzentren wurden von Koln aus nach ganz Europa gehandelt Bedeutende Abnehmer waren vor allem das Konigreich England und die Niederlande Der Umstand dass fur den Endverbraucher das Steinzeug augenscheinlich aus Koln kam fuhrte dazu dass das gesamte Spektrum des Rheinischen Steinzeugs weiterhin undifferenziert als Kolner Steinzeug angesehen wurde Technik BearbeitenErstmals brannten Kolner Topfer in der Mitte des 15 Jahrhunderts ein vollkommen versintertes Steinzeug dass sie mit einer von ihnen entwickelten Salzglasur versahen 1 Dennoch blieb das fruhe Steinzeug in der Regel unglasiert Die Oberflache wurde haufig geflammt wodurch eine Unterscheidung von fruher Siegburger Ware auf den ersten Blick schwierig ist Um 1500 hatte sich die Glasur jedoch durchgesetzt Die Tonlagerstatten westlich von Koln auf die die Kolner und spater ebenso die Frechener Topfer zuruckgreifen konnten lieferten sehr eisenhaltige Tone die zu einem gelben oder rotbraunen Scherben brannten Durch den Eisenanteil wirkten die Gefassoberflachen schmutzig braun Durch dicke Angusse aus Salzglasuren wurde das Oberflachenbild harmonischer was den Gefassen ein fleckiges oder schildpattartiges Aussehen verlieh Darin ist es vom Frechener Steinzeug nicht zu unterscheiden Um 1520 waren es wiederum Kolner Topfer die als erste mit kobaltblauen Glasuren experimentierten Die blaue Glasur auf ansonsten rotbraunen Gefassen traf aber nicht den Zeitgeschmack und konnte sich zu diesem Zeitpunkt nicht durchsetzten Erst 1584 zur Zeit der Hochrenaissance nahmen Jan Emens Mennicken in Raeren und drei Jahre spater Anno Knutgen in Siegburg diese Technik wieder auf und erzielten damit Erfolge Dennoch legten die Kolner Topfer damit den Grundstein fur eine Technik die im 17 Jahrhundert als Westerwalder Steinzeug bekannt wurde Signaturen von Topfern oder Formenschneidern wie sie aus Siegburg oder Raeren bekannt sind finden sich bei Kolner Steinzeug in der Regel nicht Auch sind Kolner Gefasse selten durch eine aufgetragene Jahreszahl datiert Formenentwicklung BearbeitenDie ersten noch spatgotischen Steinzeuggefasse aus Kolner Produktion waren vor allem Trichterhalsbecher nach Siegburger Vorbild und bauchige Kruge Anfangs waren diese Gefasse mit einem Wellenfuss ausgestattet Ab etwa 1500 wurden profilierte gedrehte Bodenplatten bevorzugt Am Ende des 15 Jahrhunderts begann in den Kolner Werkstatten die kunstlerische Gestaltung der Gefassoberflachen Eine Mode die sich von Koln aus in alle Topferzentren des Rheinlandes ausbreitete Anfangs bediente man sich einfacher Rundmedaillons die von Munzen oder Medaillen abgeformt wurden Bald wurden die aufgelegten Dekore aufwandiger und erreichten das Niveau eines Kunsthandwerks Fur die Dekore wurden eigens Formmodel und Matrizen angefertigt Typisch fur Kolner Steinzeug der Fruhrenaissance sind Reliefauflagen von verastelten Rankenornamenten meist von Rosenranken Eichenzweigen oder der alttestamentlichen Wurzel Jesse Gewohnlich wird ein Mittelast dargestellt von dem ausgehend sich beidseitig symmetrisch die Ranken abzweigen Uber den floralen Ranken sind oft Wappen oder Tierdarstellungen platziert Die Dekore der Fruhrenaissance nehmen in Koln bereits grosse Bereiche der Gefassoberflachen ein wahrend die Werkstatten der anderen rheinischen Topferzentren zu Beginn des 16 Jahrhunderts noch weitgehend ohne Dekorauflagen auskommen oder sich einfacher Rundreliefs bedienen und noch weitgehend im Stil der Gotik verhaftet sind Im ersten Drittel des 16 Jahrhunderts werden die Formen strenger und klarer umrissen Ab etwa 1520 werden die gotischen Trichterhalsbecher durch Schnellen und Pinten ersetzt Auch diese werden zunachst reich mit Rankenmotiven im Renaissancestil und Wappenauflagen verziert Vermutlich erstmals in der Eigelsteinwerkstatt wurden die zylindrischen geraden Oberflachen der Trinkgefasse bald darauf in drei Bildfelder geteilt und mit figurlichen Darstellungen dekoriert Beliebt waren hier vor allem allegorische und religiose Motive nach Stichen deutscher und niederlandischer Kleinmeister wie Virgil Solis oder Heinrich Aldegrever Formenspektrum BearbeitenDas Formenspektrum der Kolner Werkstatten war im Vergleich zu den Produkten der Topferzentren in Siegburg Frechen Langerwehe und Raeren eher sparlich Charakteristisch fur Kolner Gebrauchskeramik aus Steinzeug sind bauchige Kruge mit einem kugelformigen Korper Bartmannkrug Bearbeiten Als Bartmannkrug werden birnenformige Trink und Ausschankkruge bezeichnet die auf Hals und Gefassschulter eine einzelne bartige mannliche Gesichtsmaske tragen Ausgehend von Krugen mit primitivwirkenden eingeritzten Gesichtskonturen des 15 Jahrhunderts wurden in Koln ab etwa 1500 diese Sonderform von Krugen entwickelt die sich im 16 Jahrhundert in nahezu allen rheinischen Topfereizentren wiederfindet Der Bartmannkrug wurde spater zum typischen Erzeugnis der Frechener Steinzeugproduktion wo er noch bis ins 18 Jahrhundert hinein gefertigt wurde Werkstatten BearbeitenNach heutigem Forschungsstand sind fur das Stadtgebiet Kolns vier Werkstatten bekannt in denen Steinzeug von kunstgeschichtlicher Bedeutung hergestellt wurde Diese sind die Werkstatt im Eigelstein in der Maximinenstrasse in der Streitzeuggasse 2 und die Topferei des Hermann Wolters in der Komodienstrasse Werkstatt Maximinenstrasse Bearbeiten Nach heutigem Kenntnisstand war die Topferwerkstatt in der Maximinenstrasse die grosste der Kolner Steinzeugtopfereien Sie begann ihre Produktion ab etwa 1500 mit birnenformigen Krugen und Trichterhalsbechern Ihre Blutezeit erlebte die 1897 bei Ausschachtungen entdeckte Werkstatt zwischen 1520 und 1540 Einige der fruhesten Bartmannkruge stammen aus dieser Produktionsstatte Typisches Merkmal sind hier Rankenreliefs aus Eichenlaubzweigen und ein umlaufendes Fries mit einer um einen Stab gewickelten Blattgirlande um die Gefassmitte Ab etwa 1540 werden in dieser Werkstatt vor allem Vorlagen von Heinrich Aldegrever fur Reliefauflagen verwendet Daneben treten tropfenformige Erhebungen auf die Silbergefasse nachahmen Werkstatt Hermann Wolters Bearbeiten nbsp Sonderform eines Bartmannkrugs aus der Werkstatt Hermann Wolters 2 Viertel 16 Jahrhundert Die Topferwerkstatt des Hermann Wolters in der Komodiengasse produzierte etwa ab 1550 bis zur Vertreibung der Kolner Steinzeugtopfer nach 1566 Hermann Wolters ist der einzige der Kolner Topfermeister der namentlich uberliefert ist Neben der zeitgenossischen Massenware topferte Wolters Bartmannkruge deren Bauch eng mit Traubennoppen besetzt ist Charakteristisch fur diese Werkstatt sind auffallend kleine Bartmannauflagen auf engen Gefasshalsen Die montierten Metalldeckel gaben dieser Sonderform des Bartmannkrugs das Aussehen von Paradesoldaten Eigelsteinwerkstatt Bearbeiten In der Eigelsteinwerkstatt wurden erstmals Schnellen mit einem dreigeteilten Bildfeld hergestellt Besonders bevorzugt wurden hierfur Reliefauflagen nach Motiven von Peter Flotner Eine Sonderform aus der Eigelsteinwerkstatt sind kantig aussehende Pinten und Kannen Werkstatt Streithausgasse Bearbeiten Die Werkstatt in der Streithausgasse wurde 1951 entdeckt und archaologisch untersucht Leider sind die Grabungsergebnisse bis heute nur durftig in einem Aufsatz von Franz Brill aus dem Jahr 1969 vorgelegt Im Dekor scheinen die Erzeugnisse dieser Werkstatt den Produkten von Wolters und denen aus der Maximinenstrasse zu ahneln Siehe auch BearbeitenFrechener SteinzeugAnmerkungen Bearbeiten Bock 1986 S 56 Bock 1986 S 58 Literatur BearbeitenOtto von Falke Das rheinische Steinzeug 2 Bande Berlin 1908 Karl Koetschau Rheinisches Steinzeug Munchen 1924 David R M Gaimster German Stoneware 1200 1900 Archaeology and Cultural History British Museum Press London 1997 Karl Gobels Rheinisches Topferhandwerk Gezeigt am Beispiel der Frechener Kannen Duppen und Pfeifenbacker Rheinland Verlag Koln 1971 Gisela Reineking von Bock Steinzeug Kunstgewerbemuseum der Stadt Koln Koln 1986 Ingeborg Unger Kolner und Frechener Steinzeug der Renaissance Die Bestande des Kolnischen Stadtmuseums Hrsg von Werner Schafke Publikationen des Kolnischen Stadtmuseums Band 8 549 Seiten Verlag Kolnisches Stadtmuseum Koln 2007 ISBN 978 3 940042 01 9Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Cologne Stoneware Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kolner Steinzeug amp oldid 219034128