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Frechener Steinzeug ist eine keramische Warenart die ab der fruhen Neuzeit in Frechen hergestellt wurde Am Standort Frechen wurden Steinzeuggefasse ohne Unterbrechung vom beginnenden 16 Jahrhundert bis ins spate 19 Jahrhundert produziert wobei die Hauptproduktionsphase im 16 und 17 Jahrhundert lag Das Spektrum umfasst vor allem Kruge fur den Gebrauch in Privathaushalten und Schankstuben Zu den bekanntesten Erzeugnissen der Frechener Steinzeugproduktion zahlen Bartmannkruge die zum Markenzeichen des rheinischen Renaissancesteinzeugs wurden Wappen der Stadt FrechenDie Stadt Frechen fuhrt einen Bartmannkrug im Wappen Bartmannbrunnen in der Frechener Fussgangerzone von Olaf HohnenInhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Technik 3 Formenspektrum und Entwicklung 3 1 Bartmannkrug 4 Steinzeugrohre 5 Brennhilfen 6 Produktionsstandorte 7 Museen und Sammlungen 8 Literatur 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenDie erste urkundliche Erwahnung eines Topferbetriebs in Frechen der echtes Steinzeug herstellte stammt aus dem Jahr 1544 1 Jedoch kann eine Aufnahme der Steinzeugproduktion fur kurz nach 1500 angenommen werden Bereits in der Mitte des 15 Jahrhunderts hatten auch Kolner Topfermeister mit der Herstellung von echtem Steinzeug begonnen Die technisch und kunsthandwerklich hochstehenden Erzeugnisse der Kolner Kannenbacker waren bei den Kolner Burgern popular und entwickelten sich rasch zum Exportschlager Jedoch furchtete die Bevolkerung das hohe Brandrisiko durch den Betrieb der Brennofen Zudem brachte die Steinzeugproduktion fur die Anwohner weitere Unannehmlichkeiten mit sich wie den belastigenden Chlorgestank durch den Anguss der Salzglasur oder gestiegene Preise fur Brennholz Noch vor der Mitte des 16 Jahrhunderts schrankte der Rat der Stadt die Steinzeugproduktion immer weiter ein Ein Grossteil der Kolner Kannenbacker liess sich im benachbarten Frechen nieder von wo sie seit jeher den Ton als Rohmasse bezogen hatten Die anderen Kolner Topfer waren in die traditionellen Topferzentren von Siegburg und Raeren abgewandert Ab 1566 waren innerhalb der Kolner Stadtmauern keine Steinzeugofen mehr zugelassen Die Hansestadt blieb jedoch auch fur die abgewanderten Steinzeugtopfer weiterhin der wichtigste Umschlagsplatz fur Rheinisches Steinzeug So gelangten auch die Frechener Steinzeugkruge uber den Rhein in die Niederlande und von dort weiter nach England wo sie bereits ab der Mitte des 16 Jahrhunderts stetig Gefasse aus Raeren ablosten Gerade die Frechener Bartmannkruge erfreuten sich auf der britischen Insel grosser Beliebtheit In englischen Werkstatten wurden verschiedentlich den Steinzeugkrugen Deckel aus Zinn oder Silber montiert wodurch sie an Wert gewannen Anders als in den meisten anderen rheinischen Steinzeugzentren konnten die Frechener Topfereien ohne Unterbrechung durch wirtschaftliche Einbussen oder Kriegseinwirkungen bis ins spate 19 Jahrhundert produzieren 1856 grundeten die Topfermeister die Frechener Topferinnung Technik BearbeitenAufgrund der gemeinsamen Geschichte und der technischen Nahe zu den Kolner Kannenbackern ist die Ware der Frechener Steinzeugproduktion des 16 Jahrhunderts nur schwer von der Ware aus den Kolner Werkstatten zu unterscheiden Die Tonlagerstatten westlich von Koln auf die die Frechener Topfer ebenso wie zuvor die Kolner zuruckgreifen konnten lieferten eisenarme weissbrennende Steinzeugtone Daneben nutzten sie sehr eisenhaltige Tone fur die Engobe Durch den Eisenanteil wirkten die Gefassoberflachen schmutzig braun Durch dicke Angusse aus Salzglasuren wurde das Oberflachenbild harmonischer was den Gefassen ein fleckiges oder schildpattartiges Aussehen verlieh Darin ist es vom Kolner Steinzeug nicht zu unterscheiden Formenspektrum und Entwicklung BearbeitenDas Formenspektrum der Kolner Werkstatten war im Vergleich zu den Produkten der Topferzentren in Siegburg Langerwehe und Raeren bereits eher sparlich Das Formenspektrum des Frechener Steinzeugs ist gegenuber dem Kolner nochmals verringert Charakteristisch fur das Frechener Steinzeug sind bauchige Kruge mit einem kugelformigen Korper Becher oder ahnliche Gefasstypen kommen im Spektrum eher selten vor Bis zur Mitte des 16 Jahrhunderts sind die Kruge von Kolner Produkten kaum zu unterscheiden Die Form der Kruge wandelt sich aus bauchigen gedrungenen Renaissanceformen mit kurzem Hals und weiter Mundung zu barocken Gefasstypen Diese werden im Verlauf des spaten 16 und des 17 Jahrhunderts stetig gestreckter Die Gefasshalse werden langer und die Mundungen enger In der spaten Phase der Frechener Steinzeugproduktion erganzen grosse Vorratsgefasse das Spektrum Bartmannkrug Bearbeiten nbsp Frechener Bartmannkrug 17 Jh Als Bartmannkrug werden birnenformige Trink und Ausschankkruge bezeichnet die auf Hals und Gefassschulter eine einzelne bartige mannliche Gesichtsmaske tragen Ausgehend von Krugen mit primitivwirkenden eingeritzten Gesichtskonturen des 15 Jahrhunderts wurde in Koln ab etwa 1500 diese Sonderform von Krugen entwickelt die sich im 16 Jahrhundert in nahezu allen rheinischen Topfereizentren wiederfindet Im Spektrum des Frechener Steinzeugs ist der Bartmannkrug besonders haufig und kunsthandwerklich hochstehend vertreten Bartmannkruge wurden in Frechen noch bis ins 18 Jahrhundert hinein gefertigt Im Verlauf des spaten 16 Jahrhunderts wandelt sich der ursprunglich gutliche Gesichtsausdruck der aufgelegten Bartmannmaske in eine lachelnde Mimik Im 17 Jahrhundert wird daraus eine groteske Fratze Steinzeugrohre BearbeitenNachdem die Frechener Produktion von Gebrauchskeramik aus Steinzeug im 18 Jahrhundert ihre uberregionale Bedeutung verloren hatte gewann im 19 Jahrhundert mit der industriellen Fertigung von Leitungsrohren ein weiteres Steinzeugprodukt wirtschaftliche Bedeutung fur die Region 1852 grundete Heinrich Eduard Sticker die erste Steinzeugrohrenfabrik in der Breite Strasse Bereits funf Jahre spater 1857 wurde die Fabrik jedoch nach Koln Lindenthal verlegt 2 Weitere Fabrikgrundungen in der Umgebung der Breite Strasse folgen Noch heute ist die Herstellung von Kanalrohren ein wichtiger Wirtschaftszweig in Frechen Brennhilfen Bearbeiten nbsp Fur Frechener Steinzeug typische BrennhilfeDie bei der Frechener ebenso wie bei der Kolner Steinzeugproduktion verwendeten Brennhilfen wurden Platze oder Platzton genannt Sie waren die Brennhilfen rechteckig bzw quadratisch und auf der Oberseite mit feinem Sand bedeckt 3 Die ca 0 6 1 cm dicken Plattchen waren mit einem Messer aus der flach ausgewalzten Tonmasse geschnitten worden und weisen oft noch die Abdrucke des Krugrands auf Trotz des anhaftenden Sandes der das Abtrennen vom Gefass erleichtern sollte blieben manche Stucke durch die Salzglasur dem Gefassboden oder rand verbacken In sekundarer Verwendung wurden die flachen Platten mit den glasierten Schmalseiten nach oben als Platztonbodenbelag zu Fischgratornamenten oder anderen ornamentalen Mustern verlegt 4 Auch in der westmunsterlandischen Steinzeugproduktion fanden diese Stapelhilfen Verwendung Die dortigen Werkstatten waren von abgewanderten Frechener Topfern gegrundet worden 5 Weitere gangige Frechener Brennhilfen waren vorgeformte kleine Tonballen Die sogenannten Bums wurden zum Brand in Henkelosen oder auch zwischen zwei Gefasse geschoben 6 Produktionsstandorte BearbeitenNeben den bekannten Werkstatten im Topfereibezirk von Frechen produzierte der Topfermeister Joost Loosen dem Frechener Steinzeug zuzuordnendes Steinzeug auf dem Heilig Geist Gut bei Benzelrath 7 Der Ort ging beim Abbau des Tagebaus Frechen verloren Museen und Sammlungen Bearbeiten nbsp Keramion Museum in FrechenDie Topfereierzeugnisse aus Frechen bilden einen Schwerpunkt in der Dauerausstellung des Keramikmuseums Keramion Neben zahlreichen Exponaten aus eigenen Bestanden zeigt das Museum Gefasse aus dem Besitz der Stadt Frechen Weitere bedeutende Sammlungen von historischem Frechener Steinzeug befinden sich im Kolner Museum fur Angewandte Kunst MAKK sowie im Hetjens Museum in Dusseldorf Literatur BearbeitenOtto von Falke Das rheinische Steinzeug 2 Bande Berlin 1908 Karl Koetschau Rheinisches Steinzeug Munchen 1924 David R M Gaimster German Stoneware 1200 1900 Archaeology and Cultural History British Museum Press London 1997 Karl Gobels Rheinisches Topferhandwerk Gezeigt am Beispiel der Frechener Kannen Duppen und Pfeifenbacker Rheinland Verlag Koln 1971 Gisela Reineking von Bock Steinzeug Kunstgewerbemuseum der Stadt Koln Koln 1986 Stiftung KERAMION Hrsg Frechener Bartmannkruge Frechen 2006 ISBN 3 9810415 3 4 Ingeborg Unger Kolner und Frechener Steinzeug der Renaissance Die Bestande des Kolnischen Stadtmuseums Hrsg von Werner Schafke Publikationen des Kolnischen Stadtmuseums Band 8 549 Seiten Verlag Kolnisches Stadtmuseum Koln 2007 ISBN 978 3 940042 01 9Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Frechener Steinzeug Sammlung von BildernEinzelnachweise Bearbeiten John G Hurst David S Neal H J E van Beuningen Pottery produced and traded in north west Europe 1350 1650 Rotterdam Papers VI A contribution to medieval archaeology Den Haag 1986 S 214 Theodor Ostermann Chronik der Stadt Frechen Frechen 1967 Nachdruck 2000 S 41 Digitalisat Memento des Originals vom 24 September 2015 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www frechener geschichtsverein de Manfred Rech Frechener Keramik im 16 und 17 Jahrhundert Bonner Jahrbucher 190 1990 S 343 Nr 24 und 25 Brennhilfen gef sudlich Ofen 2 Gobels 1971 Abb S 131 133 Wilhelm Elling Steinzeugtopferei in Stadtlohn und Vreden In Wingolf Lehnemann Hrsg Topferei in Nordwestdeutschland Beitrage zur Volkskultur in Nordwestdeutschland 2 Aufl 1980 S 125 216 Brennhilfen S 159 Abb 27 Gobels 1971 Abb S 103 Reineking von Bock 1986 S 60 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Frechener Steinzeug amp oldid 219034222