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Die Justizanstalt Wien Simmering ist eine osterreichische Strafvollzugsanstalt Sie befindet sich im Ortsteil Kaiserebersdorf des 11 Wiener Gemeindebezirks Simmering im Gebaude von Schloss Kaiserebersdorf einer ehemaligen Kaiserresidenz sowie im daran angebauten Neubautrakt Bis 1973 befand sich in dem Schloss die Bundesanstalt fur Erziehungsbedurftige Kaiserebersdorf die als sogenanntes Endstationenheim fur schwer erziehbare Jugendliche galt Aussenansicht der JA Simmering Neubautrakt Einfahrt AltbauSudsudostansicht des Altbereiches Schloss Kaiserebersdorf Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Konzeption 3 Weblinks 4 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenNach dem Inkrafttreten des am 18 Juli 1928 beschlossenen Jugendgerichtsgesetzes 1 wurde mit 1 Janner 1929 das ehemalige Schlossareal als Bundesanstalt fur Erziehungsbedurftige zur Unterbringung schwer erziehbarer Kinder und Jugendlicher genutzt Geleitet wurde die fur die damalige Zeit moderne Erziehungsanstalt von Richard Seyss Inquart dem Bruder des spateren nationalsozialistischen Bundeskanzlers Arthur Seyss Inquart Richard Seyss Inquart setzte jedoch auf padagogische und psychologische Massnahmen sein Grundsatz war Ihr sollt nicht strafen bessern sollt ihr Nach dem Anschluss Osterreichs an Deutschland musste er die Umgestaltung der Erziehungsanstalt zu einem Jugendgefangnis hinnehmen Roland Freisler Prasident des nationalsozialistischen Volksgerichtshofes hielt nichts von Richard Seyss Inquarts Ideen und bezeichnete sie als exzentrische Erziehungsexperimente mit denen man den Jugendarrestvollzug verschonen sollte Die unmundigen Zoglinge wurden in andere Heime uberstellt die anstaltseigenen Schulen und Lehrwerkstatten geschlossen und qualifizierte Erzieher entlassen Noch am 11 Marz 1941 klagte Richard Seyss Inquart in einem Referat am Deutschen Institut fur Psychologische Forschung und Psychotherapie in Berlin uber die Veranderungen und starb drei Monate spater Der Anstaltsarzt Dr Mras untersuchte ab 1939 280 Zoglinge auf kriminalbiologischer Grundlage und bekam nach einem Besuch von Robert Ritter und Eva Justin am 2 September 1941 eine kriminalbiologische Forschungsstation eingerichtet Zu diesem Zeitpunkt befanden sich 210 Jugendliche in Kaiser Ebersdorf 168 davon waren Zoglinge des Erziehungsheimes und 42 waren Strafgefangene Am 1 Marz 1944 waren es 388 Strafgefangene Die Jugendlichen wurden wegen Delikten wie kleiner Diebstahle dem Horen der falschen Radiosender Arbeitsvertragsbruch allein im Marz 1944 kamen 54 Wiener Jugendliche wegen Arbeitsvertragsbruch vor den Jugendrichter weil sie keine Lust hatten sich in die Hitlerjugend einzureihen und zunehmend auch wegen aktivem Widerstand gegen das NS Regime inhaftiert Ernst Kaltenbrunner Chef der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes meinte uber sie Es ist nur zu hoffen dass es uns bald gelingt mit Hilfe des im Entwurf vorliegenden Gesetzes uber die Behandlung Gemeinschaftsfremder den Erbstrom der Minderwertigen die den Verbrechernachwuchs stellen demnachst zum Versiegen zu bringen Als im Jahr 1945 das Ende der Nationalsozialistischen Herrschaft immer deutlicher wurde schickte man auch zahlreiche Jugendliche aus Kaiser Ebersdorf als letztes Aufgebot an die Front etwa zum Bewahrungsbataillon 500 Ein Teil der Haftlinge wurde am 5 April noch in die Haftanstalt Regensburg evakuiert Wer sich noch in Kaiser Ebersdorf befand wurde am 7 April 1945 durch die Rote Armee befreit Die nach Regensburg Evakuierten wurden dort am 26 April von US amerikanischen Truppen befreit 2 Nach 1945 wurde die Anstalt zu der auch eine Zweigstelle in Kirchberg am Wagram gehorte dem Justizministerium unterstellt und ohne grosse Personalwechsel als Bundesanstalt fur Erziehungsbedurftige weitergefuhrt Sie blieb eine Totale Institution ebenso wurde die Anwendung von Gewalt gegen die Jugendlichen fortgefuhrt Die rund 400 mannlichen Kinder und Jugendlichen 1952 waren 30 von ihnen unter 14 Jahren aus ganz Osterreich mussten graue Hosen blaue Jacken und grobe Schuhe als Anstaltskleidung tragen Bei Wohlverhalten bekamen sie an einem Sonntag im Monat Ausgang gewahrt den sie in gelben Anzugen absolvieren mussten Der Aufenthalt betrug mindestens ein Jahr Straftater konnten nach Verbussung ihrer Strafe noch bis zur Vollendung des 20 Lebensjahres in der Anstalt belassen werden Zweimal taglich mussten die Zoglinge zum Appell antreten nach dem Fruhsport der aus Dutzenden Liegestutzen bestand arbeiteten sie unter Sprechverbot in den anstaltseigenen Werkstatten wie etwa einer Korbflechterei oder einer Buchbinderei fur zehn Schilling im Monat die Halfte davon wurde als Rucklage einbehalten Die Arbeit erfolgte im Akkord Wer die Vorgaben an zu bearbeitenden Splinten oder zu stopfenden Feuerzeugen etc nicht erfullte wurde verprugelt Es wurde zwischen normalen Schlagen Faustschlagen sogenannten Hirnbussis Faustschlage gegen die Stirn und Jacky Puffs Kniestosse gegen die Oberschenkel unterschieden Wer sich mehrfach auflehnte oder die Heimordnung missachtete etwa trotz Sprechverbot mit seinem Nachbarn sprach wurde in die Strafgruppe versetzt wo die grune Minna ein metallener mit Hartgummi uberzogener Schlagstock Tag und Nacht im Einsatz war Ofter lagen Zoglinge danach bewusstlos am Boden 3 Die Jugendlichen kamen alle aus armlichen Verhaltnissen fast alle aus unvollstandigen Familien viele hatten als Waisen bereits lange Heimkarrieren hinter sich oder sie kamen deshalb nach Kaiser Ebersdorf weil ihre Stiefvater sie misshandelten Auch sexuell missbrauchte und Kinder von Opfern des Nationalsozialismus waren darunter In den Schriftstucken wie Fuhrungsakten Erhebungs und Gerichtsberichten beschrieben die Verantwortlichen die Jugendlichen mit Adjektiven wie zum Beispiel muffig grenzdebil hemmungslos hinterhaltig renitent primitiv faul oder tiefgehend verwahrlost Sie sahen nichts Positives in den jungen Menschen Die Erziehung beruhte auf einem ausgeklugelten Kaposystem militarischem Drill Zwang Gewalt und willkurlichem Entzug oder Gewahrung von Vergunstigungen Zusatzlich zu den Schuler und Lehrlingsgruppen gab es auch Strafgruppen Wer zu entweichen versuchte bekam eine Glatze geschoren und wurde fur ein bis zwei Wochen in eine finstere Zelle gesperrt die nur mit einem Strohsack ausgestattet war Bei Ruckkehr in ihre Gruppe mussten sie diese mit einer Decke uber dem Kopf betreten wobei die anderen dazu angehalten waren den versuchten Ausbrecher zu verprugeln 4 Die Verlegung in die Aussenstelle Kirchberg galt als die harteste Strafe Die dortigen Erzieher hatten den Ruf die brutalsten zu sein sie schoren ankommende Straflinge kahl und steckten sie in Einzelzellen Eine der Zellen verwendeten sie nur zum Prugeln und nannten diese Lachkabinett Die Zoglinge mussten von funf Uhr fruh bis zehn Uhr abends Splinte bearbeiten oder Papiersacke kleben Meistens mussten sie diese Arbeiten in Handschellen verrichten Essenholen oder auf die Toilette mussten sie im Laufschritt Unterbrochen wurde die Arbeit von 16 bis 17 Uhr um Fussball zu spielen Dabei gab es fur jedes Verlusttor Schlage Am 19 November 1952 kam es infolge eines missgluckten Ausbruchsversuchs dreier Jugendlicher zu einem Zoglingsaufstand in Kaiser Ebersdorf Gemeinsam mit zwei weiteren Jugendlichen verbarrikadierten sie sich in einer Zelle und verweigerten die Arbeit Dem Schuss eines vermutlich betrunkenen Beamten in die Zelle und seiner Drohung er werde allen in den Schadel schiessen folgte ein allgemeiner Aufstand bei dem die Jugendlichen Mobel zerschlugen und Strohsacke anzundeten Das sechzehnkopfige Uberfallkommando das die Anstalt sturmte musste sich wieder zuruckziehen Schliesslich wurden 140 Polizeischuler mit Helmen und Gummiknuppeln eingesetzt die die Jugendlichen verprugelten und sechzig von ihnen in Gefangnisse abtransportierten Es gab mehrere Schwerverletzte Die funf Radelsfuhrer bekamen bedingte Strafen von mehreren Jahren Als Folge kam es zum teilweisen Auswechseln des Personals Padagogen und Psychologen wurden angestellt 5 Am 25 Marz 1971 demonstrierten etwa 1000 von der Gruppe Spartakus organisierte Jugendliche vor der Anstalt Ihre Forderungen waren u a die Abschaffung von Kaiser Ebersdorf und allen anderen geschlossenen Erziehungsheimen und stattdessen die Schaffung offener und selbstverwalteter Heime Spartakus kritisierte bereits im Jahr davor in einer 20 seitigen Dokumentation die gewalttatigen Methoden in den Erziehungsheimen Kaiser Ebersdorf wurde als Jugend KZ und Prugellager bezeichnet 6 Die Bundesanstalt fur Erziehungsbedurftige Kaiser Ebersdorf wurde schliesslich im Jahr 1974 geschlossen An ihre Stelle traten von der Bewahrungshilfe gefuhrte offene Wohngemeinschaften Ab dem Jahr 1975 wurde die Justizanstalt Simmering als Strafanstalt fur Erwachsene eingerichtet Von 1994 bis 1999 wurde auf dem Gelande der Justizanstalt ein Neubautrakt zur Aufnahme von Untersuchungshaftlingen errichtet Im Zuge der Bauarbeiten wurden auf dem Gelande auch umfangreiche Ausgrabungen zu den Aussenanlagen des ehemaligen Schlosses durchgefuhrt 7 Konzeption BearbeitenDie Justizanstalt Wien Simmering ist eine Strafvollzugsanstalt fur mannliche Strafgefangene mit kurzen bis mittellangen bis zu etwa 5 Jahren Freiheitsstrafe Besonderes Augenmerk wird in der Anstalt auf die Berufsausbildung der Inhaftierten gelegt So konnten seit dem Jahr 1975 mehr als 1 000 erfolgreiche Berufsabschlusse ermoglicht werden Weiters werden in der Justizanstalt Simmering mit etwa 6 000 Ausgangen pro Jahr uberdurchschnittlich viele Vollzugslockerungen gewahrt Auf einem Gelande von etwa 36 000 m waren zum Stichtag 30 August 2007 genau 487 Gefangene untergebracht Bei 429 Planhaftplatzen ergibt das eine Gesamtauslastung von 113 5 was knapp unterhalb der osterreichischen Durchschnittsauslastung von Strafvollzugseinrichtungen liegt Weiters ist die Justizanstalt Simmering in Bezug auf die verfugbaren Haftplatze die funftgrosste Justizanstalt Osterreichs Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Justizanstalt Wien Simmering Sammlung von Bildern Webauftritt der Justizanstalt Simmering im Justizressort Einzelnachweise Bearbeiten Jugendgerichtsgesetz 1928 Osterreichische Nationalbibliothek abgerufen am 19 Marz 2014 Herbert Exenberger Gefangnis statt Erziehung Jugendgefangnis Kaiser Ebersdorf 1940 1945 Dokumentationsarchiv des osterreichischen Widerstandes Hans Weiss Tatort Kinderheim Ein Untersuchungsbericht Deuticke im Paul Zsolnay Verlag Wien 2012 ISBN 978 3 552 06198 9 S 53 58 Hansjorg Schlechter Revolte in der Erziehungsanstalt Zurichtung der Jugend Die harte Tour ist schon einmal gescheitert Nicht mehr online verfugbar In Augustin 24 Oktober 2007 archiviert vom Original am 8 April 2014 abgerufen am 22 Marz 2014 nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www augustin or at Hans Weiss Tatort Kinderheim Ein Untersuchungsbericht Deuticke im Paul Zsolnay Verlag Wien 2012 ISBN 978 3 552 06198 9 S 53 58 Michael Genner Verleitung zum Aufstand Mandelbaum Wien 2012 ISBN 978 3 85476 616 2 S 65 66 Johann Werfring Einstmals Feste heute nur Tristesse Artikel in der Wiener Zeitung vom 16 Dezember 2010 Beilage ProgrammPunkte S 7 Justizanstalten in Osterreich Asten Eisenstadt Feldkirch Garsten Gerasdorf Gollersdorf Graz Jakomini Graz Karlau Hirtenberg Innsbruck Klagenfurt Korneuburg Krems Leoben Linz Ried Salzburg St Polten Schwarzau Sonnberg Stein Suben Wels Wien Favoriten Wien Josefstadt Wien Mittersteig Wien Simmering Wiener Neustadt 48 159166666667 16 473055555556 Koordinaten 48 9 33 N 16 28 23 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Justizanstalt Wien Simmering amp oldid 237961501