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Die Blatthuhnchen oder Jacanas Jacanidae sind eine Familie von Wasservogeln in der Ordnung der Regenpfeiferartigen Charadriiformes Ihr Lebensraum sind von Wasserpflanzen uberwachsene Gewasseroberflachen auf denen sie mit ihren ubergrossen Fussen Halt finden und nach Nahrung suchen Nester bauen und die Jungen aufziehen Blatthuhnchen gehoren zu den wenigen Vogeln bei denen die Mannchen die Aufgaben von Brutgeschaft und Jungenaufzucht ubernehmen Der auch im Deutschen manchmal verwendete Name Jacana entstammt einer brasilianischen Indianersprache BlatthuhnchenBlaustirn Blatthuhnchen Actophilornis africanus Systematikohne Rang Sauropsidaohne Rang ArchosauriaKlasse Vogel Aves Unterklasse Neukiefervogel Neognathae Ordnung Regenpfeiferartige Charadriiformes Familie BlatthuhnchenWissenschaftlicher NameJacanidaeStejneger 1885 Inhaltsverzeichnis 1 Merkmale 2 Verbreitung und Lebensraum 3 Lebensweise 3 1 Ernahrung 3 2 Fortpflanzung 4 Systematik 4 1 Aussere Systematik 4 2 Innere Systematik 5 Menschen und Blatthuhnchen 6 Quellen und weiterfuhrende Informationen 6 1 Zitierte Quellen 6 2 Literatur 6 3 WeblinksMerkmale BearbeitenDie Grosse der Blatthuhnchen schwankt zwischen 15 cm Zwergblatthuhnchen und 30 cm mehrere Arten das Fasanblatthuhnchen weicht von den anderen Arten durch stark verlangerte Schwanzfedern ab wodurch seine Gesamtlange bis 58 cm betragen kann Das Gewicht betragt 40 bis 260 g Weibchen sind stets grosser und schwerer als Mannchen Im Durchschnitt ist ein weibliches Blatthuhnchen 78 schwerer als ein Mannchen beim Fasanblatthuhnchen sind es sogar 100 Bei keiner anderen Vogelart sind die Weibchen so deutlich grosser als bei den Blatthuhnchen Das auffalligste Merkmal der Blatthuhnchen sind die extrem verlangerten Zehen die ebenfalls im Vogelreich beispiellos sind Mit ihnen verteilt sich das Gewicht des Blatthuhnchens auf eine grosse Flache das Gehen auf treibenden Wasserpflanzen wird ermoglicht Ein Fuss kann eine Flache von 15 20 cm uberspannen Auch die Beine sind verhaltnismassig lang Bei den Gefiederfarben dominieren schwarz rotbraun und oliv Manche Arten haben eine weisse Unterseite Einen farblichen Geschlechtsdimorphismus gibt es nicht Unterschiedliche Pracht und Schlichtkleider gibt es nur bei einer Art dem Fasanblatthuhnchen Dieses entwickelt auch nur im Prachtkleid seine uberlangen Schwanzfedern Kennzeichnend fur die meisten Arten sind nackte Hautpartien an Stirn und Kehle die leuchtend blau oder rot gefarbt sind Es kann zu einem stimmungsabhangigen Farbwechsel dieser Partien kommen Beim Kammblatthuhnchen andert sich die Farbe bei Erregung von Gelb zu Rot Blatthuhnchen sind in der Regel schlechte Flieger die nur kurze Entfernungen zurucklegen Drei Arten haben an den Flugeln scharfe Sporen als Verlangerung des Metacarpus die im Revierkampf eingesetzt werden konnen Blatthuhnchen konnen schwimmen und tauchen nutzen diese Fahigkeiten aber nur selten Nur Jungvogel tauchen regelmassig um sich vor Feinden zu verbergen dann sind nur ihre Schnabel uber der Wasseroberflache zu sehen Verbreitung und Lebensraum Bearbeiten nbsp Ein Blaustirn Blatthuhnchen in seinem typischen LebensraumTrotz der geringen Artenzahl haben die Blatthuhnchen eine weite Verbreitung die mehrere Kontinente umfasst Von den acht Arten sind zwei in Afrika sudlich der Sahara eine auf Madagaskar zwei in Sud und Sudostasien eine in Australien und Sudostasien eine in Mittelamerika und eine in Sudamerika verbreitet Fur gewohnlich sind Blatthuhnchen Standvogel Einzige Ausnahme ist das Fasanblatthuhnchen dessen chinesische und im Himalaya brutende Populationen sudwarts nach Sudostasien ziehen Das Habitat sind tropische und subtropische stehende Gewasser die von Wasserpflanzen uberwachsen sind Geeignete Pflanzen sind etwa Seerosen Heusenkrauter Schwimmfarne Laichkrauter und Vogelknoteriche Lebensweise BearbeitenErnahrung Bearbeiten nbsp Gelbstirn Blatthuhnchen bei der Nahrungssuche nbsp Rotstirn Blatthuhnchen im Tierpark Dahlholzli in BernBlatthuhnchen sind vorwiegend Fleischfresser Ihre Hauptnahrung sind Insekten die auf den Wasserpflanzen oder im Wasser leben oder aber ins Wasser gefallen sind Auf der Nahrungssuche werden auch unter der Oberflache liegende Pflanzenteile hervorgeholt und die daran lebenden Krebstiere Schnecken und Insekten abgestreift Die Schwimmblatter der Pflanzen werden mit den Fussen umgedreht um auch an die an der Unterseite lebenden Tiere zu kommen Nur sehr selten werden kleine Fische gefressen und dies auch nur wenn sie sich an der Oberflache aufhalten In Sudamerika hat man Blatthuhnchen dabei beobachtet dass sie Zecken von Capybaras picken und auch in Afrika gibt es ein ahnliches Verhalten bei dem die Vogel auf dem Rucken von Flusspferden stehen und sie von Parasiten befreien Pflanzliche Nahrung findet sich in geringen Mengen im Magen der Blatthuhnchen Es ist ungeklart ob diese versehentlich bei der Insektenjagd mitgeschluckt oder absichtlich gefressen wird Fortpflanzung Bearbeiten nbsp Ei Sammlung Museum WiesbadenSieben der acht Arten haben ein polyandrisches Fortpflanzungssystem bei dem sich dominante Weibchen mit mehreren Mannchen paaren Die Brut und Jungenaufzucht ist anschliessend allein Sache der Mannchen wahrend die Weibchen weiter uber die Reviergrenzen wachen Einzige Ausnahme ist hier das Zwergblatthuhnchen das in saisonaler Monogamie lebt und bei dem beide Partner gleichermassen an der Brut beteiligt sind Die im Folgenden geschilderten Besonderheiten gelten daher fur alle Blatthuhnchen mit Ausnahme des Zwergblatthuhnchens Sowohl die Mannchen als auch die Weibchen verteidigen Reviere jedoch in unterschiedlichen Grenzen Ein Mannchen verteidigt die Umgebung seines Nestes ein Weibchen aber all seine Mannchen mitsamt deren Revieren Die Reviergrenzen andern sich hierbei Die zuerst brutenden Mannchen unterhalten recht grosse Reviere Oft sind sie zu diesem Zeitpunkt die einzigen Partner der Weibchen Sobald die Eier aber gelegt sind und die Brut beginnt konnen die Mannchen nur noch ein verkleinertes Revier verteidigen In den ausseren Gebieten des ehemaligen Reviers bauen nun weitere Mannchen Nester und grunden eigene kleine Reviere Das Weibchen verteidigt nicht nur sein grosses Revier nach aussen sondern hilft auch seinen Mannchen bei der Verteidigung ihrer Reviere auch gegen die eigenen Partner Dies ist jedoch die einzige Aufgabe des Weibchens nach der Eiablage hat es mit Eiern und Jungvogeln keinerlei Beruhrung Auch unter den Weibchen kommt es zu Revierkampfen Wird ein Weibchen aus seinem Revier vertrieben hat dies fur alle dort brutenden Mannchen schwerwiegende Folgen Das neue Weibchen versucht das gesamte Revier fur sich zu erobern gelegentlich gelingt es aber auch Weibchen benachbarter Reviere einzelne Mannchen fur sich zu gewinnen so dass das alte Revier neu aufgeteilt wird In jedem Fall werden die Bruten des vertriebenen Weibchens zerstort Das gilt ebenso fur Eier wie fur Jungvogel die von dem neu eingetroffenen Weibchen zu Tode gepickt werden Lediglich altere Jungvogel konnen in einem solchen Fall fliehen Die Mannchen pflanzen sich bald nach dem Verlust ihrer Brut mit dem neuen Weibchen fort Die meisten Weibchen haben drei oder vier Partner es konnen aber auch weniger oder mehr sein Bei sehr kleinen Teichen ist oft nur Platz fur ein Mannchenrevier so dass es hier doch zu monogamen Paarbildungen kommen kann Das Nest ist eine aus Wasserpflanzen gebaute schwimmende Plattform Oft besteht der Unterbau aus Zweigen die obere Lage bilden Blatter und andere grune Pflanzenteile Fur den Bau ist allein das Mannchen zustandig Oft baut es mehrere solche Schwimmnester Das Paar kopuliert auf einer dieser Plattformen spater sucht sich das Weibchen ein Nest zum Ablegen seiner Eier aus Wahrend der gesamten Brut wird das Nest vom Mannchen immer wieder ausgebessert und erweitert Erweist sich ein Nest als instabil kann das Mannchen mit seiner Brut in ein anderes Nest umziehen Hierzu werden die Eier auf eine benachbarte Plattform gerollt oder wenn dies nicht moglich ist zwischen Schnabel und Kinn geklemmt und hinubertransportiert Ein Gelege besteht immer aus vier Eiern Theoretisch ist es auch denkbar dass ein Mannchen die Eier eines Konkurrenten in sein Nest gelegt bekommt Ob und wie gewahrleistet ist dass jedes Mannchen die ihm gehorenden Eier bekommt ist ungeklart Die Eier haben eine glanzende feucht wirkende Oberflache und sind beim Fasanblatthuhnchen einfarbig bei allen anderen Arten mit schwarzen Markierungen uberzogen Die Brut dauert 22 bis 28 Tage in dieser Zeit verlasst das Mannchen das Nest immer wieder zur Nahrungssuche und lasst das Gelege unbewacht Die Jungen schlupfen gleichzeitig Anschliessend werden die Eierschalen wenigstens 10 m vom Nest fortgebracht dieses auch von manchen Mowen bekannte Verhalten soll verhindern dass die Aufmerksamkeit von Raubern auf das Nest gelenkt wird Die Jungen sind nach zehn bis zwolf manchmal sogar schon nach sechs Wochen selbstandig Bei manchen Arten tragen die Mannchen ihre Jungen zwischen den Flugeln umher Die Fusse der Jungen ragen dabei aus dem Gefieder heraus Der Bruterfolg der Blatthuhnchen ist niedrig Weniger als die Halfte der Gelege bleiben bis zum Schlupfen der Jungen intakt Dies liegt an den Revierkampfen an der Wetterlage starke Regenfalle schwemmen Eier in das Wasser an Feinden oder an unbeabsichtigter Zerstorung durch Huftiere die einen Teich durchqueren und dabei das Nest vernichten Systematik BearbeitenAussere Systematik Bearbeiten Wegen ihrer ausseren Ahnlichkeit zu den Rallen wurden Blatthuhnchen fruher gelegentlich den Kranichvogeln zugeordnet Zu den Huhnervogeln gibt es trotz des Namens keinerlei Verwandtschaft Heute steht die Zugehorigkeit der Blatthuhnchen zu den Regenpfeiferartigen fest Innerhalb dieser Gruppe wurde schon fruh eine enge Verwandtschaft mit den Goldschnepfen Rostratulidae angenommen wegen Gemeinsamkeiten im Skelettbau und der beiden gemeinen Anzahl von zehn Handschwingen alle anderen Regenpfeiferartigen haben elf Handschwingen In DNA Analysen wurde ein Schwestergruppenverhaltnis zwischen Blatthuhnchen und Goldschnepfen bestatigt das aus diesen beiden gebildete Taxon manchmal Jacanoidea genannt ist wiederum Schwestergruppe der Hohenlaufer und diese drei zusammen sind ein Schwestertaxon der Schnepfenvogel 1 Fossil sind Blatthuhnchen seit dem Oligozan bekannt Die erste rezente Gattung taucht fossil im Pliozan auf Innere Systematik Bearbeiten Die acht Arten werden wie folgt auf sechs Gattungen verteilt nbsp BronzeblatthuhnchenActophilornis Blaustirn Blatthuhnchen Actophilornis africanus Madagaskarblatthuhnchen Actophilornis albinucha Irediparra Kammblatthuhnchen Irediparra gallinacea Jacana Gelbstirn Blatthuhnchen Jacana spinosa Rotstirn Blatthuhnchen Jacana jacana Hydrophasianus Fasanblatthuhnchen oder Wasserfasan Hydrophasianus chirurgus Metopidius Bronzeblatthuhnchen Metopidius indicus Microparra Zwergblatthuhnchen Microparra capensis Blatthuhnchen verteilen sich auf zwei monophyletische Taxa Eine wird durch die amerikanischen Arten der Gattung Jacana und das Fasanblatthuhnchen gebildet die andere durch die ubrigen Arten Ein Kladogramm sieht wie folgt aus 2 Jacanidae N N Jacana Hydrophasianus N N Actophilornis N N Metopidius N N Microparra IrediparraMenschen und Blatthuhnchen BearbeitenFur den Menschen hatten Blatthuhnchen nie eine sonderliche Bedeutung Wegen der schlechten Erreichbarkeit ihrer Lebensraume spielten sie nie eine Rolle als Fleisch und Eierlieferanten oder als Schadlinge oder Nutzlinge Weil Blatthuhnchen auf dicht bewachsene Sumpfe und Seen angewiesen sind sind sie gegenuber Landschaftsveranderungen sehr empfindlich Durch Trockenlegungen von Sumpfen schwindet der Lebensraum der Blatthuhnchen In anderen Fallen haben Menschen den Blatthuhnchen aber auch neue Lebensraume geschaffen so beim Kariba Stausee Geeignet sind kunstliche Seen allerdings nur solange der Bewuchs nicht aus asthetischen Grunden entfernt wird Indirekt schadet der Mensch auch durch die Einschleppung von Tieren und Pflanzen in neue Lebensraume den Blatthuhnchen So breiten sich in manchen afrikanischen Seen die aus Sudamerika stammenden Wasserhyazinthen aus diese wachsen zu dicht und hoch als dass sie einen geeigneten Bewuchs bilden konnten In Australien sind es die vielen eingefuhrten Huftiere die ganze Seen von Wasserpflanzen leer fressen Trotz alldem ist keine der acht Arten im globalen Massstab gefahrdet 3 Quellen und weiterfuhrende Informationen BearbeitenZitierte Quellen Bearbeiten Die Informationen dieses Artikels entstammen zum grossten Teil der unter Literatur angegebenen Quelle daruber hinaus werden folgende Quellen zitiert Per Ericson Ida Envall Martin Irestedt amp Janette A Norman Inter familial relationships of the shorebirds Aves Charadriiformes based on nuclear DNA sequence data In BMC Evolutionary Biology 2003 Bd 3 Nr 16 L A Whittingham F H Sheldon S T Emlen Molecular phylogeny of jacanas and its implications for morphologic and biogeographic evolution In The Auk 2000 Bd 117 1 S 22 32 Jacanidae in der Roten Liste gefahrdeter Arten der IUCN Abgerufen am 20 Juni 2009 Literatur Bearbeiten Josep del Hoyo et al Handbook of the Birds of the World Band 3 Hoatzins to Auks Lynx Edicions Barcelona 1996 ISBN 84 87334 20 2 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Blatthuhnchen Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien nbsp Dieser Artikel wurde am 30 Juni 2009 in dieser Version in die Liste der lesenswerten Artikel aufgenommen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Blatthuhnchen amp oldid 240613465