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J Kerntopf i Syn auch Kerntopf Jan oder Kerntopf Jan i Syn Sp spater J Kerntopf i Syn Spolka Akcyjna war ein Klavierbauunternehmen in Warschau Die Manufaktur bestand rund 100 Jahre und gehorte zu den bedeutendsten Klavierbauern Polens 1 Hier produzierte Instrumente wurden mehrfach auf internationalen Ausstellungen ausgezeichnet und auch ausserhalb Polens verkauft Der Niedergang des Unternehmens setzte in der Zwischenkriegszeit ein Ein Kerntopf Flugel aus den 1920er Jahren Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Grunder und Aufbau 1 2 Zweite Generation 1 3 Niedergang und Zweiter Weltkrieg 2 Firmensitze 3 Beziehung zu Ignacy Paderewski 4 Bedeutende Kunden 5 Literatur 6 Einzelnachweise 7 WeblinksGeschichte BearbeitenIm Jahr 1840 grundete der deutschstammige Jan Aleksander Kerntopf 1812 1883 eine Klavierwerkstatt in Warschau Das Unternehmen gehorte schon bald neben Krall i Seidler A Hofer und J Malecki zu den bedeutendsten Klaviermanufakturen der Stadt 2 Drei seiner funf Sohne sollten spater die Tradition als Klavierbauer fortfuhren Edward 1846 1901 Henryk 1858 1914 sowie Jozef Kerntopf 1864 1922 3 Grunder und Aufbau Bearbeiten Kerntopf war 1830 als junger Mann aus Bromberg nach Warschau gekommen und hatte in der Klavierfabrik Buchholtz i Mannling von Fryderyk Buchholtz und Jerzy Mannling in der ul Swietokrzyska 24 eine Lehre begonnen Noch im Jahr 1830 hatte er sich im Novemberaufstand zur polnischen Armee gemeldet und war bei einem Einsatz gegen russische Einheiten schwer verletzt worden Nach der langwierigen Genesung kehrte er 1833 zu seinem Arbeitgeber Buchholtz zuruck bei dem er bis zum Erhalt seines Meisterbriefes 1840 arbeitete 4 1840 eroffnete er dann seine eigene Werkstatt Um 1846 kaufte er den Buchholtz schen Erben die fur den Instrumentenbau notwendigen Werkzeuge und Materialvorrate ab Zunachst bis 1849 baute er Klaviere mit sieben Oktaven Halbmetallrahmen und vier Stutzen Bauteile importierte er aus Belgien und Deutschland 1853 stellte er das erste Klavier Polens nach dem belgischen System des Belgiers Charles Joseph Sax 1790 1865 her das sich dadurch auszeichnete dass die Saiten wechselweise an der Oberflache und durch das Innere des Korpus verliefen um den Druck auf den Resonanzboden zu neutralisieren Dieses Klavier wurde komplett aus bei Kerntopf selbst erstellten Bauteilen hergestellt Auf der 1857 in Warschau organisierten Grossen Industrieausstellung prasentierte Jan Kerntopf ein dekoratives Klavier mit einer Mechanik nach franzosischem System und einem Doppelrahmen das mit Diplom ausgezeichnet wurde Zu der Zeit wurden die Halfte der bei Kerntopf gebauten Klaviere in das Russische Kaiserreich ohne das Weichselland geliefert Im Jahr 1862 entstand bei Kerntopf der erste Flugel Polens ohne Verwendung importierter Teile Zehn Jahre spater baute das Unternehmen den ersten Konzertflugel nach dem amerikanischen System Einzeltastenmechanik wie es Steinway amp Sons verwendeten Es kam auch die englische Mechanik Stosszungenmechanik zum Einsatz 5 Die Verwendung dieses Systems bedeutete den Bruch mit der Wiener Mechanik Prellmechanik die bis dahin in der polnischen Produktion vorherrschend war Zweite Generation Bearbeiten Im Jahr 1878 trat Kerntopfs Sohn Edward Konstanty der in Berlin Dresden und Leipzig gelernt und mehrere Jahre als Klavierstimmer gearbeitet hatte in das vaterliche Geschaft ein Fortan firmierte die Manufaktur unter J Kerntopf i Syn 4 1881 wurde auch der zweite Sohn Henryk Kerntopf der ebenfalls bei deutschen Klavierbauern sowie bei der von Sebastien Erard gegrundeten Klaviermanufaktur in Paris in die Lehre gegangen war Gesellschafter des Unternehmens Er leitete ab 1892 eine Filiale in Kiew in der Chreschtschatyk Nr 33 Diese Filiale bestand bis zum Ersten Weltkrieg Im selben Jahr trat auch der dritte Sohn Jozef Kerntopf dem Unternehmen bei Nach dem Tod des Vaters 1883 ubernahmen zunachst Edward und Henryk die Fabrik die dank ihres guten Rufes ihre Umsatze steigern konnte in den 1880er Jahren arbeiteten zwischen 30 und 60 Arbeiter in der Warschauer Manufaktur die rund 100 bis 200 Instrumente im Jahr herstellten Kerntopf Instrumente errangen verschiedene Auszeichnungen auf Ausstellungen 4 Allrussische Industrie und Handwerksausstellung 1882 Silbermedaille fur ein Klavier mit belgischem System Warschau 1885 Goldmedaille fur verschiedene Instrumente mit Steinway System Warschau 1887 Anerkennungsdiplom anlasslich einer Ausstellung im Industrie und Landwirtschaftsmuseum Muzeum Przemyslu i Rolnictwa Paris 1889 Goldmedaille Grand Prix fur ein Klavier und einen Konzertflugel Allrussische Industrie und Handwerksausstellung 1896 Nischni Nowgorod Goldmedaille Kiew 1897 Goldmedaille Genf 1927 Grand Prix L Exposition internationale de la musique Nach dem Tod von Edward Kerntopf im Jahr 1901 leiteten seine Bruder Henryk und Jozef die Geschafte Niedergang und Zweiter Weltkrieg Bearbeiten Henryk Kerntopf starb 1914 sein Bruder Jozef fuhrte das Unternehmen weiter Der Erste Weltkrieg beeintrachtigte das Geschaft erheblich Finanzielle Probleme fuhrten in Folge zur Umfirmierung des Unternehmens in eine Aktiengesellschaft durch die Erben sowie die Bank Polski Seit Beginn der 1920er Jahre lautete der Name der Firma entsprechend J Kerntopf i Syn Spolka Akcyjna Kurz darauf 1922 starb auch Jozef Kerntopf In der Enkelgeneration des Grunders war nur noch Zofia Maria Kerntopf Romaszkowa 1896 1974 die Tochter von Jozej Kerntopf in der Musikbranche wenn auch nicht im Unternehmen beruflich engagiert Sie war Pianistin und Hochschullehrerin an der Musikakademie in Lodz Auch verfasste sie etliche Schulbucher zum Thema 6 Mitte der 1930er Jahre arbeiteten nur noch zehn Personen in der Kerntopf Fabrik Die Unternehmensanteile befanden sich spater gemass einem Warschauer Unternehmensverzeichnis von 1942 in den Handen von Aleksander und Stefania Granke Julia Gising Jozef Arnold und Teodor Misiorowski 1944 wurde das Fabrikgebaude wahrend der Kampfe im Rahmen des Warschauer Aufstandes zwar kaum beschadigt das Geschaft selbst kam aber zum volligen Erliegen Nach dem Krieg wurde die Tradition des Unternehmens unter dem Vorkriegs Vorstandschef Aleksander Granke in der Klavierabteilung der Musikinstrumente Genossenschaft Ton Spoldzielnia Instrumentow Muzycznych Ton fortgefuhrt es wurden noch Klaviere in kleiner Auflage gebaut Mit dem Tode Grankes im Jahr 1952 endete auch die letzte Verbindung zum traditionsreichen Unternehmen Kerntopf i Syn 4 Firmensitze BearbeitenIm Laufe der Jahre wechselte das Unternehmen mehrfach seinen Warschauer Firmensitz Die Fertigung befand sich in chronologischer Reihenfolge in der ul Elektoralna am pl Krasinskich 549a 1841 1886 in der ul Miodowa 14 im heutigen Chodkiewicz Palast 1886 1909 in der ul Przemyslowa 31 33 einem Gebaude im Eigenbesitz 1909 1922 in der ul Szpitalna 9 1922 1945 sowie in der ul Kapucynska 5 in der Nachkriegszeit Beziehung zu Ignacy Paderewski BearbeitenDer Pianist und spatere Politiker Ignacy Jan Paderewski lernte Edward Kerntopf bei einem Besuch im Verkaufssalon des Unternehmens in den 1870er Jahren kennen 1 Da die Familie Paderewski nicht wohlhabend war stellte das Unternehmen auf Anregung Edwards dem jungen Pianisten der am Konservatorium der Musikakademie Warschau angenommen worden war ein Instrument zur Verfugung 7 Der Klavierbauer wurde in Folge ein Forderer und Freund des jungeren Paderewski 8 Der junge Student lebte mehrere Jahre im Haus der Familie von Edward Kerntopf 7 und 1887 finanzierte Kerntopf ihm ein Studienjahr in Wien 9 Uber das erste Zusammentreffen zwischen Paderewski und Kerntopf schrieb der Komponist spater Das war wirklich Liebe auf den ersten Blick und der Beginn einer echten Freundschaft Damit begann das Interesse von Edward Kerntopf an meiner Person Bereits in jenem ersten Augenblick des Kennenlernens erwies er mir einem kleinen Jungen eine herzliche Freundlichkeit und bis zu seinem Tode blieb er mein ergebener Freund So viele Jahre ist es her dass er mir geholfen hat es war eine gluckliche Fugung in meinem Leben Ignacy Jan Paderewski Erinnerungen Pamietniki Warschau 1972 S 56 f 10 Dank seiner Beziehungen konnte sich Paderewski 1889 auf der Weltausstellung in Paris erfolgreich dafur einsetzen dass die ausstellende Kerntopf sche Fabrik eine Goldmedaille erhielt Die Beziehung zwischen Paderewski und den Kerntopfs hielt auch uber den Tod des fruhen Forderers hinaus so schickte die 1895 gegrundete New Yorker Paderewski Stiftung Paderewski Fund wahrend des Zweiten Weltkrieges Unterstutzungspakete an einen Neffen von Edward Ignacy Jan Kerntopf nach Warschau Bedeutende Kunden BearbeitenViele Kerntopf Instrumente wurden in den Osten verkauft So besass auch die Zarenfamilie wenigstens einen Flugel der Kerntopfs Dieses aussergewohnliche Instrument war nach einer Ausschreibung um die Jahrhundertwende vom Kunstler Stanislaw Witkiewicz im Zakopane Stil mit Volkskunstelementen dekoriert worden 4 Fur ihr 12 jahriges Wunderkind erwarben auch die Eltern von Marian Filar 1917 2012 einem spateren Konzertpianisten einen Kerntopf Flugel 11 Auf Kerntopf Instrumenten spielten neben Paderewski u a folgende Kunstler Antoni Katski Emanuel Kania Rudolf Strobl Jozef Wieniawski Aleksander Michalowski Antoni Rutkowski Eugeniusz Pankiewicz Harold Bauer Boleslaw Domaniewski Annetta Essipowa Jozef Hofmann Henryk Melcer Szczawinski Alfred Reisenauer Antonina Adamowska Szumowska Zbigniew Sliwinski Jozef TurczynskiLiteratur BearbeitenTomasz Markiewicz Tadeusz W Swiatek Krzysztof Wittels Polacy z wyboru Rodziny pochodzenia niemieckiego w Warszawie w XIX i XX wieku Polen aus freier Wahl Deutschstammige Familien in Warschau im 19 und 20 Jahrhundert ISBN 978 83 62020 46 1 Fundacja Wspolpracy Polsko Niemieckiej Dom Spotkan z Historia Warschau 2012 S 153 158 Wieslaw Glebocki Fabryka fortepianow i pianin firmy J Kerntopf i syn PDF 5 7 MB In Almanach Muzealny 1 1997 S 55 64 in Polnisch Einzelnachweise Bearbeiten a b Adam Zamoyski Paderewski ISBN 978 0002166423 Verlag Collins 1982 S 16 Rudiger Ritter Wem gehort Musik Warschau und Wilna im Widerstreit nationaler und stadtischer Musikkulturen vor 1939 Band 19 der Reihe Forschungen zur Geschichte und Kultur des ostlichen Mitteleuropa ISBN 978 3515083461 Verlag Steiner 2004 Martha Novak Clinkscale Makers of the Piano 1820 1860 Band 2 ISBN 978 0198166252 Oxford University Press 1999 S 209 Kiesselstein a b c d e Jerzy S Majewski Przemyslowa 31 33 auf der Website von Gazeta Wyborcza am 12 Juli 2007 in Polnisch abgerufen am 22 Marz 2014 Wladyslaw Konopczynski Polski slownik biograficzny Band 12 Wspolpracownicy Polska Akademia Umiejetnosci Polska Akademia Nauk Hrsg 1967 S 350 Stanislaw Dybowski Slownik pianistow polskich ISBN 978 8391051559 Verlag Selene 2003 S 281 in Polnisch a b Music and Musicians International Band 36 Verlag Filmtrax 1987 S 29 f Charles Joseph MacConaghy Phillips Paderewski the story of a modern immortal Kosciuszko Foundation Hrsg Verlag The Macmillan Company 1933 S 67 Anna Gillespie und John Gillespie Notable twentieth century pianists a bio critical sourcebook Band 2 ISBN 978 0313296963 Greenwood Press 1995 S 647 f entnommen Tomasz Markiewicz Tadeusz W Swiatek Krzysztof Wittels Polacy z wyboru Rodziny pochodzenia niemieckiego w Warszawie w XIX i XX wieku Polen aus freier Wahl Deutschstammige Familien in Warschau im 19 und 20 Jahrhundert s LitVerz S 157 Marian Filar und Charles Patterson From Buchenwald to Carnegie Hall Willie Morris books in memoir and biography ISBN 978 1578064199 University Press of Mississippi 2002 S 9Weblinks Bearbeiten nbsp Commons J Kerntopf i Syn Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Tadeusz Wladyslaw Swiatek Fabryka Fortepianow i Pianin J Kerntopf i Syn auf der Website der polnischen evangelisch okomenischen Zeitschrift Jednota vom 1 Mai 2005 in Polnisch abgerufen am 23 Marz 2014 Kurzabriss zur deutschstammigen Familie Anders Wedel Niemcy ktorzy stali sie Polakami Rodzina Kerntopfow Website der Gazeta Wyborcza in Polnisch abgerufen am 23 Marz 2014 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title J Kerntopf i Syn amp oldid 225407253