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Als Holzmuller Doktrin werden die Kernaussagen einer Entscheidung des deutschen Bundesgerichtshofs BGH vom 25 Februar 1982 BGHZ 83 122 1 bezeichnet Dort nahm der BGH eine Rechtsfortbildung vor die der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft AG die grundsatzlich nur uber die gesetzlich geregelten inhaltlich begrenzten Entscheidungskompetenzen verfugt zusatzliche ungeschriebene Kompetenzen zusprach Hiernach ist die Hauptversammlung an Geschaftsfuhrungsentscheidungen des Vorstands zu beteiligen die so schwerwiegend in die Rechte der Aktionare eingreifen dass der Vorstand nicht davon ausgehen darf sie eigenverantwortlich treffen zu durfen Damit begrundete die Holzmuller Entscheidung eine Ausnahme vom Prinzip des 76 Aktiengesetz AktG dass der Vorstand die AG eigenverantwortlich leitet Beteilige dich an der Diskussion Dieser Artikel wurde wegen formaler oder sachlicher Mangel in der Qualitatssicherung Recht der Redaktion Recht zur Verbesserung eingetragen Dies geschieht um die Qualitat von Artikeln aus dem Themengebiet Recht auf ein akzeptables Niveau zu bringen Hilf mit die inhaltlichen Mangel dieses Artikels zu beseitigen und beteilige dich an der Diskussion Begrundung Es fehlt eine Erlauterung zur Mediatisierungsthese und der quantitativen Schwelle Im zugrundeliegenden Fall bejahte das Gericht die ungeschriebene Kompetenz der Hauptversammlung fur die Entscheidung uber die Ausgliederung eines Betriebs der ca 80 des Vermogens der AG ausmachte auf eine Tochtergesellschaft Diese noch ausserst vage formulierte Holzmuller Doktrin konkretisierte der BGH im Jahr 2004 in seiner Gelatine Entscheidung BGHZ 159 30 Hiernach besteht die ungeschriebene Hauptversammlungskompetenz wenn eine Massnahme ca 80 des Unternehmenswerts ausmacht und den Einfluss der Aktionare erheblich verkurzt sog Mediatisierungseffekt Inhaltsverzeichnis 1 Zugrundeliegender Sachverhalt Die Holzmuller Entscheidung aus Februar 1982 2 Zentrale Aussagen der Holzmuller Entscheidung 2 1 Kein Verstoss gegen 361 AktG a F durch die Ausgliederung 2 2 Anerkennung ungeschriebener Kompetenzen der Hauptversammlung 2 3 Entscheidung uber die Hilfsantrage 3 Rezeption der Holzmuller Entscheidung im juristischen Schrifttum und in der Praxis 3 1 Anfanglich uberwiegende Ablehnung 3 2 Auswirkungen der Entscheidung auf die Praxis 3 3 Durchsetzung einer zustimmenden Sichtweise 4 Weiterentwicklung der Holzmuller Doktrin durch die Gelatine Entscheidungen von 2004 4 1 Sachverhalt 4 2 Entscheidung 4 2 1 Qualitativ Mediatisierungseffekt 4 2 2 Quantitativ Mindestens 80 des Gesellschaftswerts 4 2 3 Rechtsfolge bei Erfullung der genannten Kriterien 4 2 4 Dogmatische Grundlage 5 Weitere Entwicklung 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseZugrundeliegender Sachverhalt Die Holzmuller Entscheidung aus Februar 1982 BearbeitenDie Holzmuller Entscheidung betraf die Ausgliederung eines Seehafens aus einer Aktiengesellschaft auf eine Tochtergesellschaft Die beklagte AG betrieb einen Holzhandel und einen Seehafen Sie plante letzteren auf eine neu zu grundende Gesellschaft auszugliedern auf die Holzmuller KGaA die zu 100 im Eigentum der AG stehen sollte Zu diesem Zweck grundete die AG diese Tochtergesellschaft und brachte den Hafen als Einlage ein 2 Die Besonderheit des Falls die die Ursache des Rechtsstreits darstellte bestand darin dass der Seehafen der mit Abstand wertvollste Betriebsteil der Aktiengesellschaft war Er machte ca 80 ihres Vermogens aus Da der Hafen durch die Einbringung in die KGaA aus dem Vermogen der AG ausschied erhob ein Aktionar Klage gegen die AG Er begehrte die Feststellung dass die Ausgliederung des Seehafens nichtig war weil sie ohne Zustimmung der Hauptversammlung durchgefuhrt wurde Hilfsweise sollte der Hafenbetrieb auf die AG zuruckubertragen werden Wiederum hilfsweise sollte festgestellt werden dass die AG dazu verpflichtet war in ihrer Funktion als Gesellschafterin der Holzmuller KGaA zu Beschlussen die eine Kapitalmehrheit von drei Vierteln erforderten und zu Kapitalerhohungen die Zustimmung der Hauptversammlung der AG einzuholen 2 Zentrale Aussagen der Holzmuller Entscheidung BearbeitenKein Verstoss gegen 361 AktG a F durch die Ausgliederung Bearbeiten Der Fall war noch unter Geltung des mit Wirkung zum 1 Januar 1995 3 aufgehobenen 361 AktG heute 179a AktG zu entscheiden Diese Vorschrift ordnete an dass eine AG sich grundsatzlich nur mit Zustimmung der Hauptversammlung dazu verpflichten konnte ihr gesamtes Vermogen auf einen Dritten zu ubertragen Ein ohne diese Zustimmung geschlossener Vertrag war unwirksam Der BGH ging in Ubereinstimmung mit der Vorinstanz 4 davon aus dass diese Vorschrift nicht verletzt war Zwar machte der Seehafen einen grossen Teil des Gesellschaftsvermogens aus allerdings verblieb mit dem Holzhandel ein eigenstandiges funktionsfahiges Geschaft bei der AG Daher fehlte es an der von 361 Abs 1 S 1 AktG a F vorausgesetzten Ubertragung des gesamten Vermogens 5 Eine Analogie lehnte das Gericht ab da dies zu einer beachtlichen Rechtsunsicherheit gefuhrt hatte Da 361 Abs 1 S 1 AktG a F die Vertretungsmacht des Vorstands beschrankte ein Verstoss also zur Unwirksamkeit von Rechtsgeschaften mit der AG fuhrte war bei der Anwendung dieser Norm in besonderem Mass Rechtsklarheit geboten 6 Auch eine faktische Satzungsanderung verneinte das Gericht da die Satzung ausdrucklich die Ausgliederung gestattete 7 Anerkennung ungeschriebener Kompetenzen der Hauptversammlung Bearbeiten Gleichwohl ging der BGH davon aus dass die Hauptversammlung an der Ausgliederung hatte beteiligt werden mussen Unmittelbar aus dem AktG ergab sich keine Kompetenz der Hauptversammlung Der Vorstand konne jedoch auch bei Sachverhalten ausnahmsweise zur Vorlage an die Hauptversammlung verpflichtet sein die zwingenden geschriebenen Zustandigkeiten der Hauptversammlung wie etwa 361 AktG nahe kommen Von einer ungeschriebenen Hauptversammlungskompetenz sei hiernach auszugehen wenn der Vorstand eine Massnahme plant die so schwer in die Rechte der Aktionare eingreift dass er nicht davon ausgehen kann sie im Alleingang ohne Beteiligung der Hauptversammlung vornehmen zu durfen 8 Gerade bei Ausgliederungen drohe eine beachtliche Verschlechterung der Aktionarsrechte da diese hierdurch etwa die Moglichkeit verlieren die Geschehnisse in der Tochtergesellschaft zu beeinflussen Denn die Kompetenzen der Hauptversammlung beschranken sich auf die AG auf deren Tochtergesellschaften hat sie unmittelbar keinen Einfluss Diese werden vom Vorstand der AG gesteuert 9 Im vorliegenden Fall bejahte der BGH aus diesem Grund eine ungeschriebene Hauptversammlungskompetenz Die Ausgliederung des Hafens spielte sich im Kernbereich der Unternehmenstatigkeit ab betraf den wertvollsten Betriebszweig und anderte die Unternehmensstruktur von Grund auf 10 Daher hatte die Hauptversammlung der AG an der Ausgliederungsentscheidung beteiligt werden mussen Als dogmatische Grundlage fur seine Entscheidung nannte das Gericht 119 Abs 2 AktG 11 Diese Vorschrift gestattet dem Vorstand die Hauptversammlung an einer Entscheidung nach eigenem Ermessen zu beteiligen Dieses Ermessen sei bei schwerwiegenden Eingriffen in Aktionarsrechte auf null reduziert 11 Ungeachtet der Anerkennung einer Hauptversammlungskompetenz wies das Gericht den Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit als unbegrundet ab da die fehlende Beteiligung der Hauptversammlung zwar einen Pflichtverstoss des Vorstands im Innenverhaltnis gegenuber den Aktionaren bedeutete jedoch im Aussenverhaltnis nicht zur Unwirksamkeit der Massnahme fuhrte Schliesslich konnte die Vertretungsmacht des Vorstands gemass 82 Abs 1 AktG nur durch Gesetz beschrankt werden 12 Verallgemeinert erweitert die Holzmuller Doktrin die Kompetenzen der Hauptversammlung auf Entscheidungen die zwar formal in die Zustandigkeit des Vorstandes fallen und auch durch die Satzung gedeckt sind die aber schwerwiegend in die Rechte der Aktionare eingreifen Entscheidung uber die Hilfsantrage Bearbeiten Den ersten Hilfsantrag die Verpflichtung der AG zum Ruckerwerb des Hafenbetriebs wies der BGH ab Das Gericht stellte zwar fest dass der Klager aus seiner Aktionarsstellung heraus einen Anspruch darauf hatte dass die Gesellschaft seine Rechtsstellung nicht verletzt Dieser Anspruch war jedoch aufgrund der kollidierenden gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht ausgeschlossen 13 Der Klager forderte erst zweieinhalb Jahre nach Abschluss der Ausgliederung die Ruckubertragung Deshalb ware die Ruckabwicklung der Ausgliederung so aufwandig gewesen dass sie der Gesellschaft nicht zugemutet werden konnte 14 Zum zweiten Hilfsantrag entschied der BGH dass die Aktionare der Obergesellschaft einen Anspruch darauf haben bei grundlegenden fur ihre Rechtsstellung bedeutsamen Entscheidungen in der Tochtergesellschaft wie eine Kapitalerhohung uber ihre Hauptversammlung so beteiligt zu werden wie wenn es sich um eine Angelegenheit der Obergesellschaft selbst handelte 15 Dies erfasse zwar nicht alle Massnahmen die eine Drei Viertel Mehrheit voraussetzen jedoch zumindest Kapitalerhohungen Rezeption der Holzmuller Entscheidung im juristischen Schrifttum und in der Praxis BearbeitenAnfanglich uberwiegende Ablehnung Bearbeiten Die Holzmuller Entscheidung wurde im Schrifttum unmittelbar nach ihrer Veroffentlichung nur teilweise begrusst da auch dort bereits vertreten wurde dass die Aktionare an grundlegenden Entscheidungen auch ohne geschriebene Hauptversammlungskompetenz zu beteiligen waren 16 Uberwiegend wurde die Holzmuller Entscheidung kritisch gesehen 17 Vorgeworfen wurde der Entscheidung zunachst dass sie zu beachtlicher Rechtsunsicherheit fuhre und dadurch Unternehmen behindere Beklagt wurde insbesondere dass die Entscheidung kaum prazise Kriterien enthalte um zu beurteilen wann von einem schwerwiegenden Eingriff ausgegangen werden kann 18 Der Leitsatz entspreche in seiner Unscharfe einer Generalklausel 19 Kritik wurde weiterhin an der verstarkten Einbindung der Hauptversammlung in die Geschaftsleitung geubt Die Massnahmen die Gegenstand der Holzmuller Entscheidung waren waren Angelegenheiten der Geschaftsleitung die der Vorstand gemass 76 Abs 1 AktG eigenverantwortlich ausubt Die Hauptversammlung sei weder auf die richterrechtliche Entscheidungskompetenz angewiesen noch sei sie entsprechend ausgestattet 20 Schliesslich bemangelten einige Stimmen dass die dogmatische Begrundung der Holzmuller Entscheidung nicht uberzeuge 119 Abs 2 AktG bezwecke den Schutz des Vorstands da er diesem den Weg zum Haftungsausschluss nach 93 Abs 4 S 1 AktG eroffnet es sei unstimmig hierauf eine ungeschriebene Kompetenz zum Schutz der Aktionare zu stutzen 21 Auswirkungen der Entscheidung auf die Praxis Bearbeiten In der Praxis fuhrte die Holzmuller Entscheidung dazu dass Vorstande Hauptversammlungen haufig vorsorglich an Unternehmensentscheidungen beteiligten da sie Risiko verringern wollten ungeschriebene Hauptversammlungskompetenzen zu verletzen allerdings wegen der vagen Vorgaben des BGH nur schwer beurteilen konnten ob im jeweiligen Fall tatsachlich eine solche Kompetenz bestand 22 Durchsetzung einer zustimmenden Sichtweise Bearbeiten Spater setzte sich jedoch eine zustimmende Sichtweise durch da der durch Holzmuller intendierte verstarkte Schutzes der Aktionare von vielen begrusst wurde 23 Im Schrifttum wurden daraufhin zahlreiche Ansatze erortert um die vagen Vorgaben aus der Holzmuller Entscheidung zu konkretisieren Umstritten war vor allem ab wann die Schwelle zur ungeschriebenen Hauptversammlungskompetenz uberschritten war Hier gab es grosse Schwankungen wobei viele Stimmen ungeschriebene Kompetenzen bereits in Sachverhalten fur einschlagig hielten in denen das Gesellschaftsvermogen zu einem deutlich geringeren Anteil betroffen war als im Holzmuller Fall genannt wurden etwa Schwellwerte zwischen 10 und 50 Prozent des Vermogens Weiterentwicklung der Holzmuller Doktrin durch die Gelatine Entscheidungen von 2004 BearbeitenDie Unklarheit der Holzmuller Grundsatze und die zum Teil weit reichenden Konkretisierungsansatze des Schrifttums hatten die Gerichtspraxis verunsichert Im Jahr 2004 prazisierte der BGH daher die Holzmuller Doktrin in den sog Gelatine Entscheidungen 24 In dieser Entscheidung stellte er klar dass sich die ungeschriebene Hauptversammlungszustandigkeit auf Ausnahmefalle beschrankt Sachverhalt Bearbeiten Diese Entscheidungen hatten Umstrukturierung innerhalb eines Konzerns zum Gegenstand Die Beklagte eine Aktiengesellschaft die Gelatine herstellte hatte ihre Beteiligung an zwei im Ausland ansassigen Gesellschaften an eine Tochtergesellschaft ubertragen Als ein Aktionar dies angriff wandte sich der Vorstand an die Hauptversammlung die die Massnahme mit einer Mehrheit von ca 70 genehmigte Im Anschluss ubertrug die Gesellschaft mit einer Mehrheit von knapp 66 eine weitere Beteiligung auf eine ihrer Tochtergesellschaften 24 Der Klager erhob Anfechtungsklage gegen den Beschluss weil er die der Ubertragung der Anteile an den auslandischen Gesellschaften fur unwirksam hielt Bei der Massnahme habe es sich um eine grundlegende Umstrukturierung der Aktiengesellschaft gehandelt weshalb nach den Grundsatzen der Holzmuller Entscheidung die Hauptversammlung zu beteiligen war die in Anlehnung an 179 Abs 2 AktG mit einer Dreiviertelmehrheit fur den Beschluss hatte stimmen mussen 25 Entscheidung Bearbeiten Der BGH bekannte sich zunachst zur Holzmuller Doktrin und stellte fest dass sich auf ihrer Grundlage ungeschriebene Hauptversammlungskompetenzen ergeben konnten 26 Dementsprechend prufte es im Anschluss ob ein hinreichend schwerwiegender Eingriff in die Rechte der Aktionare vorlag 27 Die Schwere beurteilte er anhand zweier Kriterien die kumulativ vorliegen mussten einem qualitativen und einem quantitativen Qualitativ Mediatisierungseffekt Bearbeiten Das qualitative Kriterium bezieht sich auf die Verkurzung der Aktionarsrechte Der BGH knupfte die ungeschriebene Hauptversammlungskompetenz an das Vorliegen eines Mediatisierungseffekts Ein solcher liege vor wenn Aktionarsrechte durch eine Rechtshandlung faktisch verkurzt werden Dies konne insbesondere dadurch geschehen dass eine AG Beteiligungen abgibt Hierdurch verringere sie ihr Vermogen was die Einflussmoglichkeiten der Aktionare reduziere also eine Machtverschiebung zu deren Nachteil bedeute 28 Der BGH begrundete das Mitspracherecht der Aktionare mit der Aufgabe des Vorstands das ihm anvertraute Vermogen der Aktionare zu verwalten 28 Allerdings liege die Geschaftsfuhrung nach dem Konzept des AktG grundsatzlich beim Vorstand Deshalb habe die Hauptversammlung nur ausnahmsweise ein Mitspracherecht 29 Quantitativ Mindestens 80 des Gesellschaftswerts Bearbeiten in quantitativer Hinsicht verlangte der BGH dass die Entscheidung die Grundstruktur der Gesellschaft beruhrt Deren Gestaltung obliege der Hauptversammlung Daher sei diese an Massnahmen zu beteiligen die die Grundstruktur der Gesellschaft erheblich verandern die also faktisch wie eine Satzungsanderung wirken Hiervon sei auszugehen wenn die Massnahme fur die Gesellschaft ahnlich bedeutend sei wie es die Ausgliederung im Fall Holzmuller war die 80 des Gesellschaftsvermogens betraf 30 Ausdrucklich wandte sich der BGH damit gegen Stimmen aus dem Schrifttum die ungeschriebene Kompetenzen bereits moglich hielten wenn lediglich zwischen 10 und 50 des Gesellschaftsvermogens betroffen waren Die ungeschriebene Hauptversammlungskompetenz sollte damit auf seltene Ausnahmefalle beschrankt sein 31 Rechtsfolge bei Erfullung der genannten Kriterien Bearbeiten Ist nach diesen Grundsatzen die Zustimmung der Hauptversammlung fur eine Geschaftsfuhrungsmassnahme einzuholen bedurfe diese einer Dreiviertel Mehrheit des vertretenen Grundkapitals 32 Diese Mehrheit konne nicht durch die Satzung modifiziert werden 33 Die Notwendigkeit der Dreiviertel Mehrheit gewahrleiste eine angemessene Beteiligung der Aktionare an der Massnahme 34 Die ungeschriebene Kompetenz der Hauptversammlung beeinflusse jedoch nur das Innenverhaltnis der Gesellschaft die Vertretungsmacht des Vorstands gegenuber Dritten werde durch die Holzmuller Gelatine Grundsatze nicht begrenzt Handele der Vorstand daher ohne Zustimmung der Hauptversammlung obwohl eine solche hatte eingeholt werden mussen sei dies wirksam Dogmatische Grundlage Bearbeiten In dogmatischer Hinsicht gab der BGH die Anbindung der ungeschriebenen Kompetenzen an 119 Abs 2 AktG im Anschluss an die herrschende Lehre ausdrucklich auf Ebenfalls verwarf er den im Schrifttum favorisierten Begrundungsansatz uber eine Gesamtanalogie zu anderen Mitspracherechten der Hauptversammlung weil diese Normen bei Verstossen regelmassig die Nichtigkeit der jeweiligen Massnahme vorsehen was der BGH in den Holzmuller Fallen nicht wollte Stattdessen begrundete der BGH die ungeschriebenen Kompetenzen mit einer offenen Rechtsfortbildung 35 Weitere Entwicklung BearbeitenDie Gelatine Entscheidung von 2004 ist bislang die letzte Entscheidung des BGH die sich ausfuhrlich mit der Holzmuller Doktrin auseinandergesetzt hat Nachfolgende Urteile griffen diese lediglich knapp auf So verneinte der BGH etwa die Anwendbarkeit der Holzmuller Doktrin als eine AG den Ruckzug von der Borse beschlossen hatte Bei diesem Delisting fehle es an einem Eingriff in die Struktur der Aktiengesellschaft 36 Gleichwohl bejahte der BGH in diesem Fall unter Ruckgriff auf die Eigentumsgarantie des Art 14 GG eine ungeschriebene Hauptversammlungszustandigkeit weil das Delisting die Verkehrsfahigkeit der Aktien erheblich beeintrachtigte Bislang ungeklart ist ob die Holzmuller Doktrin auch die Kompetenzordnung einer KGaA beeinflusst Der BGH hat sich hiermit noch nicht auseinandergesetzt Das uberwiegende Schrifttum bejaht dies ebenso das OLG Stuttgart 37 Das OLG begrundet dies damit dass auch in der KGaA Aktionarsrechte durch Strukturanderungen der Gesellschaft erheblich verkurzt werden konnen weshalb den Aktionaren auch hier ein begrenztes Mitspracherecht einzuraumen sei 38 Die verneinende Gegenansicht halt dem entgegen dass der Konflikt zwischen Gesellschaftern und Geschaftsfuhrern sich bei der KGaA nicht in dem Mass stelle wie er es bei der AG tut Daher sei die Holzmuller Doktrin nicht auf diese Rechtsform ubertragbar 39 Literatur BearbeitenHeiner Feldhaus Der Verkauf von Unternehmensteilen einer Aktiengesellschaft und die Notwendigkeit einer ausserordentlichen Hauptversammlung In Betriebs Berater Verlagsgruppe Deutscher Fachverlag 2009 ISSN 0340 7918 S 562 569 Holger Fleischer Ungeschriebene Hauptversammlungszustandigkeiten im Aktienrecht In Neue Juristische Wochenschrift C H Beck 2004 ISSN 0341 1915 S 2335 2339 Michael Hoffmann Becking Holzmuller Gelatine und die These von der Mediatisierung der Aktionarsrechte In Zeitschrift fur das gesamte Handels und Wirtschaftsrecht Band 172 Verlagsgruppe Deutscher Fachverlag 2008 ISSN 0044 2437 S 231 238 Weblinks BearbeitenBundesgerichtshof Mitteilung der Pressestelle Nr 47 2004 Sebastian Barta Die Gelatine Entscheidung des BGH Auswirkungen auf die Beratungspraxis bei AG und GmbH ohne Jahr Einzelnachweise Bearbeiten BGH Urteil v 25 Februar 1982 Az II ZR 174 80 BGHZ 83 122 Holzmuller a b BGH Urteil v 25 Februar 1982 Az II ZR 174 80 BGHZ 83 122 123 125 Holzmuller BGBl 1994 I S 3210 3263 OLG Hamburg Urt v 5 September 1980 11 U 1 80 Zeitschrift fur Wirtschaftsrecht 1980 1000 1004 f BGH Urteil v 25 Februar 1982 Az II ZR 174 80 BGHZ 83 122 128 Holzmuller BGH Urteil v 25 Februar 1982 Az II ZR 174 80 BGHZ 83 122 129 Holzmuller BGH Urteil v 25 Februar 1982 Az II ZR 174 80 BGHZ 83 122 130 f Holzmuller BGH Urteil v 25 Februar 1982 Az II ZR 174 80 BGHZ 83 122 131 Holzmuller BGH Urteil v 25 Februar 1982 Az II ZR 174 80 BGHZ 83 122 136 f Holzmuller BGH Urteil v 25 Februar 1982 Az II ZR 174 80 BGHZ 83 122 131 f Holzmuller a b BGH Urteil v 25 Februar 1982 Az II ZR 174 80 BGHZ 83 122 131 Holzmuller BGH Urteil v 25 Februar 1982 Az II ZR 174 80 BGHZ 83 122 132 Holzmuller BGH Urteil v 25 Februar 1982 Az II ZR 174 80 BGHZ 83 122 135 f Holzmuller Holger Fleischer Elke Heinrich Holzmuller BGHZ 83 122 S 345 360 in Holger Fleischer Jan Thiessen Hrsg Gesellschaftsrechts Geschichten Mohr Siebeck Tubingen 2018 ISBN 978 3 16 155768 2 In BGHZ 83 122 ist diese Begrundung nicht abgedruckt BGH Urteil v 25 Februar 1982 Az II ZR 174 80 BGHZ 83 122 140 Holzmuller Marcus Lutter Organzustandigkeiten im Konzern S 825 833 ff in Marcus Lutter Hans Joachim Mertens Peter Ulmer Festschrift fur Walter Stimpel zum 68 Geburtstag am 29 November 1985 De Gruyter Berlin 1985 ISBN 3 11 089325 8 in Uwe Huffer Zur Holzmuller Problematik Reduktion des Vorstandsermessens oder Grundlagenkompetenz der Hauptversammlung S 279 286 ff in Peter Ulmer Mathias Habersack Festschrift fur Peter Ulmer zum 70 Geburtstag am 2 Januar 2003 de Gruyter Berlin 2003 ISBN 3 89949 041 X Ausfuhrliche Darstellung des Meinungsspektrums bei Holger Fleischer Elke Heinrich Holzmuller BGHZ 83 122 S 345 361 364 in Holger Fleischer Jan Thiessen Hrsg Gesellschaftsrechts Geschichten Mohr Siebeck Tubingen 2018 ISBN 978 3 16 155768 2 In BGHZ 83 122 ist diese Begrundung nicht abgedruckt Karl Beusch Die Aktiengesellschaft eine Kommanditgesellschaft in der Gestalt einer juristischen Person S 1 in Walther Hadding Ulrich Immenga Hans Joachim Mertens Klemens Pleyer Uwe Schneider Festschrift fur Winfried Werner zum 65 Geburtstag am 17 Oktober 1984 de Gruyter Berlin 1984 ISBN 3 11 009742 7 Theodor Heinsius Organzustandigkeit bei Bildung Erweiterung und Umorganisation des Konzerns in Zeitschrift fur Unternehmens und Gesellschaftsrecht 1984 S 383 Harm Peter Westermann Organzustandigkeit bei Bildung Erweiterung und Umorganisation des Konzerns in Zeitschrift fur Unternehmens und Gesellschaftsrecht 1984 S 352 Detlev Joost Holzmuller 2000 vor dem Hintergrund des Umwandlungsgesetzes In Zeitschrift fur das gesamte Handels und Wirtschaftsrecht 163 1999 S 164 171 Winfried Werner Zustandigkeitsverlagerungen in der Aktiengesellschaft durch Richterrecht in Zeitschrift fur das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht 147 1983 S 429 434 Peter Ulmer Richterrechtliche Entwicklungen im Gesellschaftsrecht 1971 1985 Schwerpunkte Entwicklungslinien und kritische Wurdigung v Decker Muller Heidelberg 1986 ISBN 3 8226 2886 7 S 49 Harm Peter Westermann Organzustandigkeit bei Bildung Erweiterung und Umorganisation des Konzerns in Zeitschrift fur Gesellschaftsrecht 1984 S 352 Klaus Peter Martens Die Entscheidungsautonomie des Vorstands und die Basisdemokratie in der Aktiengesellschaft in Zeitschrift fur das gesamte Handels und Wirtschaftsrecht 147 1983 S 377 383 aus dem neueren Schrifttum ebenso Friedwart Becker Claus Henrik Horn Ungeschriebene Aktionarsrechte nach Holzmuller und Gelatine In Juristische Schulung 2005 S 1067 1069 Holger Fleischer Elke Heinrich Holzmuller BGHZ 83 122 S 345 367 in Holger Fleischer Jan Thiessen Hrsg Gesellschaftsrechts Geschichten Mohr Siebeck Tubingen 2018 ISBN 978 3 16 155768 2 Ulrich Wackerbarth Ulrich Eisenhardt Gesellschaftsrecht II Recht der Kapitalgesellschaften mit Bezugen zum Bilanz Insolvenz und Kapitalmarktrecht 2 Auflage C F Muller Heidelberg 2018 ISBN 978 3 8114 4620 5 Rn 715 Tim Drygala Marco Staake Stephan Szalai Kapitalgesellschaftsrecht Mit Grundzugen des Konzern und Umwandlungsrechts Springer Berlin 2012 ISBN 978 3 642 17175 8 21 Rn 201 AA Barbara Grunewald Gesellschaftsrecht 11 Auflage Mohr Siebeck Tubingen 2020 ISBN 978 3 16 159647 6 10 Rn 120 Ulrich Wackerbarth Ulrich Eisenhardt Gesellschaftsrecht II Recht der Kapitalgesellschaften mit Bezugen zum Bilanz Insolvenz und Kapitalmarktrecht 2 Auflage C F Muller Heidelberg 2018 ISBN 978 3 8114 4620 5 Rn 719 ff a b BGH Urteil vom 26 April 2004 Az II ZR 154 02 BGHZ 159 30 Gelatine I BGH Urteil vom 26 April 2004 Az II ZR 155 02 Gelatine II BGH Urteil vom 26 April 2004 Az II ZR 154 02 BGHZ 159 30 33 Gelatine I BGH Urteil vom 26 April 2004 Az II ZR 154 02 BGHZ 159 30 37 f Gelatine I BGH Urteil vom 26 April 2004 Az II ZR 154 02 BGHZ 159 30 41 ff Gelatine I a b BGH Urteil vom 26 April 2004 Az II ZR 154 02 BGHZ 159 30 41 Gelatine I BGH Urteil vom 26 April 2004 Az II ZR 154 02 BGHZ 159 30 43 Gelatine I BGH Urteil vom 26 April 2004 Az II ZR 154 02 BGHZ 159 30 43 45 Gelatine I BGH Urteil vom 26 April 2004 Az II ZR 154 02 BGHZ 159 30 45 Gelatine I BGH Urteil vom 26 April 2004 Az II ZR 154 02 BGHZ 159 30 45 Gelatine I BGH Urteil vom 26 April 2004 Az II ZR 154 02 BGHZ 159 30 46 Gelatine I BGH Urteil vom 26 April 2004 Az II ZR 154 02 BGHZ 159 30 46 Gelatine I BGH Urteil vom 26 April 2004 Az II ZR 154 02 BGHZ 159 30 42 f Gelatine I BGH Urt v 25 November 2002 II ZR 133 01 BGHZ 153 47 Rn 30 Macrotron OLG Stuttgart Urteil vom 14 Mai 2003 Aktenzeichen 20 U 31 02 Neue Zeitschrift fur Gesellschaftsrecht 2003 S 778 OLG Stuttgart Urteil vom 14 Mai 2003 Aktenzeichen 20 U 31 02 Neue Zeitschrift fur Gesellschaftsrecht 2003 S 778 782 784 Wolfgang Servatius 278 Rn 10 In Hans Christoph Grigoleit Hrsg Aktiengesetz AktG 2 Auflage C H Beck Munchen 2020 ISBN 978 3 406 68983 3 Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Holzmuller Doktrin amp oldid 237512350