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Das Heiligenstadter Testament ist ein Brief des Komponisten Ludwig van Beethoven 1770 1827 an seine Bruder Kaspar Karl und Johann von 1802 in dem er seine Verzweiflung uber die fortschreitende Ertaubung und den nahe geglaubten Tod ausdruckte Erste Seite des BriefesDas Haus Probusgasse 6 in dem Beethoven das Testament verfasste Inhaltsverzeichnis 1 Entstehung 2 Wie kam Beethoven zu seinem Gehorleiden 3 Ort der Niederschrift 4 Inhalt 5 Literatur 6 Internet 7 NachweiseEntstehung BearbeitenBeethoven suchte von Mai bis Oktober 1802 die mineralhaltige Quelle der Badeanstalt in Heiligenstadt bei Wien auf um die gastritischen Beschwerden behandeln zu lassen an denen er verbunden mit heftigen Koliken haufig litt Sein Arzt Johann Adam Schmidt stellte auch die Heilung seines fortschreitenden Gehorleidens in Aussicht Wie kam Beethoven zu seinem Gehorleiden BearbeitenBeethoven kehrte im Juni 1796 nach einer uber vier Monate dauernden Konzerttournee von Berlin nach Wien zuruck Dort wurde er mit grosser Wahrscheinlichkeit durch einen Rattenflohbiss mit Flohfleckfieber infiziert Nach Auffassung des Arztes Aloys Weissenbach der mit Beethoven in den 1810er Jahren in Verbindung stand litt Beethoven an gemeinem Typhus Dieser wurde erst nach 1836 mit dem Flohfleckfieber in Verbindung gebracht Dieses sogenannte murine Fleckfieber verlief in der Zeit vor Antibiotikaentdeckung bei 4 Prozent der Patienten todlich 15 Prozent der Erkrankten erlitten als Folgeerkrankung eine Schadigung des Nervensystems wozu die unheilbare Schadigung des Gehors bei relativ wenigen Menschen gehorte Ort der Niederschrift BearbeitenBeethoven wohnte in einem freistehenden Bauernhaus ausserhalb von Heiligenstadt auf dem Weg nach Nussdorf in der Herrengasse 6 heute Probusgasse 6 Dort schrieb der 31 Jahrige 1 am 6 Oktober einen Brief an seine Bruder in dem er in emphatischen Worten die Sorge um sein schlechter werdendes Gehor seine gesellschaftliche Isolation die daraus keimenden und uberwundenen Suizidgedanken beschreibt und seinen Nachlass regelt Obwohl er am 10 Oktober noch eine Nachschrift verfasste den Papierbogen faltete und versiegelte schickte er den Brief der erst 1827 im Nachlass aufgefunden wurde nicht ab Neben dem Brief an die Unsterbliche Geliebte gehort er zu den personlichsten Schriftstucken Beethovens Inhalt BearbeitenAnlass zur Niederlegung des Testamentes war der sich zunehmend verschlechternde Gesundheitszustand Beethovens besonders aber die Verzweiflung aufgrund seiner fortschreitenden Ertaubung die sich bereits ab 1796 abzeichnete Die ersten zwei Drittel der Schrift nimmt die Rechtfertigung Beethovens gegenuber seiner Mitwelt ein der er zu verstehen gibt dass er nicht Feindseelig storisch oder Misantropisch sei sondern dass muste ich fruh mich absondern einsam mein Leben zubringen 2 da er durch seine Taubheit zuruckgestossen sei denn es war ihm unmoglich kundzugeben sprecht lauter schreyt denn ich bin Taub Den Verlust seines Gehorsinns der bey mir in einem Vollkommenern Grade als bey andern seyn sollte einen Sinn denn ich einst in der grosten Vollkommenheit besass in einer Vollkommenheit wie ihn wenige von meinem Fache gewiss haben noch gehabt haben zu entbehren schliesst ihn von der Gesellschaft aus und er bittet drum verzeiht wenn ihr mich da zuruckweichen sehen werdet wo ich mich gerne unter euch mischte doppelt Wehe thut mir mein ungluck Er vermerkt dann sein Erlebnis in Gegenwart von Ferdinand Ries als er bei einer Wanderung die Schmach empfand aber welche Demuthigung wenn jemand neben mir stund und von weitem eine Flote horte und ich nichts horte oder jemand den Hirten Singen horte und ich auch nichts horte Dies sturzte ihn in Verzweiflung und es fehlte wenig und ich endigte selbst mein Leben nur sie die Kunst sie hielt mich zuruck Erst danach geht Beethoven zum testamentarischen Teil uber der in dieser Form nach der gegebenen osterreichischen Rechtsprechung ohnehin in Beethovens Sinn gegriffen hatte Die spateren Testamente von 1823 und 1827 sahen die Aufteilung des Erbes unter den Brudern dann nicht mehr vor Er bittet seine Bruder sobald ich Tod bin und Professor schmid lebt noch so bittet ihn in meinem Namen dass er meine Krankheit beschreibe erklart sie sodann zu seinen Erben bittet sie theilt es redlich und vertragt und helft euch einander was ihr mir zuwider gethan das wist ihr war euch schon langst verziehen dir Bruder Carl danke ich noch in s besondre fur deine in dieser leztern spatern Zeit mir bewiesene Anhanglichkeit So macht er doch noch Unterscheidungen zwischen den Brudern besonders dadurch dass er Nikolaus Johann den er bei anderer Gelegenheit einen Pseudo Bruder nennt namentlich gar nicht erwahnt sondern an den drei entsprechenden Stellen einen Leerraum lasst Er erwahnt noch die Instrumente die er von Furst Lichnowsky empfangen hatte wendet sich dann wieder an die Allgemeinheit indem er schreibt mit freuden eil ich dem Tode entgegen kommt er fruher als ich Gelegenheit gehabt habe noch alle meine Kunst Fahigkeiten zu entfalten so wird er mir troz meinem Harten Schicksaal doch noch zu fruhe kommen bevor er sich wieder zu seinen Brudern wendend schliesst lebt wohl und Vergesst mich nicht ganz im Tode ich habe es um euch verdient indem ich in meinem Leben oft an euch gedacht euch glucklich zu machen seyd es Die Nachschrift vom 10 Oktober zeigt ihn wieder in melancholischer Stimmung Er gibt jegliche Hoffnung auf sie muss mich nun ganzlich verlassen wie die blatter des Herbstes herabfallen gewelkt sind so ist auch sie fur mich durr geworden fast wie ich hieher kamm gehe ich fort selbst der Hohe Muth der mich oft in den Schonen Sommertagen beseelte er ist verschwunden und schliesst Wann o Gottheit kann ich im Tempel der Natur und der Menschen ihn wider fuhlen Nie nein o es ware zu hart Auf dem Dokument finden sich noch zwei Besitzereintrage von fremder Hand von Jakob von Hotschevar der es am 21 September 1827 von Artaria entgegennahm und von Johanna van Beethoven die es von diesem empfing Erst nach Beethovens Tod im Marz 1827 wurde das Dokument gefunden ebenso wie der Brief an die Unsterbliche Geliebte und erhielt bald den Namen Heiligenstadter Testament Das Original befindet sich als Schenkung der schwedischen Sangerin Jenny Lind seit 1888 in der Staats und Universitatsbibliothek Hamburg 3 Literatur BearbeitenLudwig van Beethoven Heiligenstadter Testament hrsg von Sieghard Brandenburg Beethoven Haus Bonn 1997 Jahresgaben des Vereins Beethoven Haus 14 1997 ZDB ID 991144 3 Faksimile Ausgabe Ludwig van Beethoven Briefwechsel Gesamtausgabe hrsg von Sieghard Brandenburg Band 1 Munchen 1996 S 121 125Internet Bearbeiten nbsp Wikisource Heiligenstadter Testament Quellen und Volltexte ND VI 4281 Heiligenstadter Testament gesprochen von Konstantin MarschNachweise Bearbeiten Auffallig ist die falsche Altersangabe in meinem 28 Jahre in dem Brief Beethoven war bereits 31 Jahre alt Gewohnlich hielt er sich fur zwei Jahre junger als er war da er glaubte 1772 geboren zu sein weil der Vater den Dreizehnjahrigen als elf jahriges Wunderkind hatte auftreten lassen Zur Dokumentation dieser und der folgenden Passagen siehe das Heiligenstadter Testament in der Originalfassung bei Wikisource Signatur ND VI 4281 Staats und Universitatsbibliothek Hamburg abgerufen am 18 August 2014 Normdaten Werk GND 4389869 5 lobid OGND AKS LCCN nr00002153 VIAF 185411768 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Heiligenstadter Testament amp oldid 235650612