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Als Harzgas wurde ein aus Kolophonium Geigenharz gewonnenes Gasgemisch bezeichnet das wahrend der Mitte des 19 Jahrhunderts als Leuchtgas verwendet wurde Harzgas wurde auch als Additiv anderen Arten von Leuchtgas zugefugt um deren Leuchtkraft zu verbessern und Produktionskosten zu sparen Nach anfanglicher schneller Verbreitung der Harzgases in der Stadtbeleuchtung in Europa und den USA konnte es sich jedoch langfristig nicht gegenuber dem gunstigeren Kohlegas durchsetzen HarzgasApparat zur Herstellung von Harzgas aus dem Jahr 1828 nach John Frederic Daniell Kurzbeschreibung Leuchtgas und spater Additiv zu Leuchtgas in Verwendung wahrend der Mitte des 19 JahrhundertsHerkunft Extraktion aus KolophoniumCharakteristische Bestandteile Kohlenwasserstoffe Wasserstoff Stickstoff Kohlenstoffmonoxid 1 EigenschaftenAggregatzustand gasformigDichte 1 058 kg m3 Verhaltnis 0 818 gegenuber Luft 2 Soweit moglich und gebrauchlich werden SI Einheiten verwendet Wenn nicht anders vermerkt gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen Geschichte Bearbeiten nbsp Apparat zur Herstellung von Harzgas nach Henry Bernard ChaussenotErste Versuche zur Gewinnung und Verwendung von Harzgas wurden gegen Ende der 1820er Jahre in England und Frankreich durchgefuhrt In Frankreich war hierbei der Ingenieur Henry Bernard Chaussenot federfuhrend der im Jahr 1829 in Hagenau im Elsass ein Patent auf einen Apparat zur Erzeugung von Harzgas anmeldete 3 4 Bereits zwei Jahre zuvor und unabhangig von Chaussenot erfolgte 1827 in England die Anmeldung des ersten Patents auf einen ahnlichen Apparat durch John Frederic Daniell 5 Ein im gleichen Jahr durch John Martineau en und Philip Taylor an der London Institution en errichteter Prototyp des Apparats von Daniell produzierte eine Tagesmenge von etwa 1000 Kubikfuss ca 28 m an Harzgas welches in Reinform als Leuchtgas zur Beleuchtung der Institution verwendet wurde Hierbei fielen die deutlich bessere Leuchtkraft Verhaltnis ca 2 5 1 und Reinheit sowie die vermeintlich gunstigeren Produktionskosten im Vergleich zu dem damals verbreiteten Kohlegas auf was internationale Aufmerksamkeit u a auch in Deutschland erregte So berichtete das Polytechnische Journal im Jahr 1828 Diese neue Art von Gasbeleuchtung gewahrt in Hinsicht auf Wohlfeilheit und Reinlichkeit grosse Vortheile 6 7 8 Die hohere Leuchtkraft des Harzgases gegenuber dem Kohlegas ist auf den hoheren Anteil an schweren Kohlenwasserstoffen zuruckzufuhren 1 Die bessere Reinheit im Sinne einer geringeren Geruchsentwicklung beruht darauf dass Harzgas im Gegensatz zum Kohlegas keine schweflige Saure enthalt 2 5 Diese Vorzuge des Harzgases fuhrten dazu dass sich seine Verwendung als Leuchtgas zur Stadtbeleuchtung schnell verbreitete Schon im Jahr 1832 wurde es in vielen Stadten u a Grossbritanniens der Niederlande Frankreichs und der USA verwendet 9 Auch in Deutschland kam das Harzgas bald zum Einsatz In Frankfurt am Main wurde bereits im Jahr 1829 Harzgas zur Stadtbeleuchtung durch die Frankfurter Gasgesellschaft eingefuhrt 10 11 Mit der zunehmenden Verbreitung des Harzgases wurde jedoch deutlich dass dieses nicht grundsatzlich gunstiger als Kohlegas war Oft lagen die Gesamtkosten sogar deutlich daruber 12 Dies lag vor allem daran dass die Produktionskosten des Harzgases anfanglich unterschatzt wurden Dazu kam dass die Kosten des Harzgases von den Kosten seines Ausgangsmaterials des Kolophoniums abhingen Dieses war zu Beginn des 19 Jahrhunderts durch den Import grosser Mengen aus Nordamerika auch in Europa gunstig verfugbar Als sich das Kolophonium jedoch verteuerte wirkte sich dies auch auf den Preis des Harzgases aus 13 14 Gleichzeitig fuhrten Verbesserungen im Produktionsprozess des Kohlegases dazu dass sich dessen Qualitat verbesserte und sein Preis sank 13 Bereits gegen Ende der 1830er Jahre war daher die Verwendung von Harzgas als Leuchtgas in Reinform international rucklaufig und viele Anlagen zur Gewinnung von Harzgas wurden fur die Gewinnung von Kohlegas umgerustet 15 Dies war auch in Deutschland der Fall so dass im Jahr 1845 unter den acht Stadten die bereits uber Gasbeleuchtung verfugten lediglich Frankfurt am Main noch Harzgas verwendete wahrend die anderen sieben auf Kohlegas setzen 16 Die Sonderstellung Frankfurts war darauf zuruckzufuhren dass die Frankfurter Gasgesellschaft welche die Beleuchtung mit Harzgas 1829 eingefuhrt hatte dabei mit der englischen Imperial Continental Gas Association ICGA einen Vertrag uber die Gewinnung von Harzgas auf 18 Jahre abgeschlossen hatte also bis 1847 Die ICGA selbst eroffnete jedoch im Jahr 1844 ebenfalls ein Gaswerk in Frankfurt welches Kohlegas produzierte und in direkter Konkurrenz zum Werk der Frankfurter Gasgesellschaft stand Dies sowie die Verteuerung des Kolophoniums fuhrten dazu dass letztlich auch in Frankfurt das Harzgas durch andere Olgase und Kohlegas abgelost wurde 11 10 17 Nach der Verdrangung durch das Kohlegas wurde das Harzgas diesem noch fur einige Zeit als Additiv beigemischt Dies verbesserte nicht nur die Leuchtkraft des Kohlegases sondern hatte den zusatzlichen und wichtigeren Vorteil dass die bei der Produktion von Kohle und Harzgas entstehenden Abfalle in Kombination als Brennstoff fur den Betrieb des Gaswerks verwendet werden konnten was dessen Betriebskosten verringerte 18 Ein Beispiel fur ein solches Gasgemisch aus Harz und Kohlegas war das von den Stadtwerken Dusseldorf zwischen 1846 und 1866 verwendete Patentgas das durch die Dusseldorfer Firma Sinzig amp Co produziert wurde 19 20 Die Verwendung als Additiv konnte die Verdrangung des Harzgases und anderer Olgase durch das Kohlegas jedoch nicht aufhalten Gegen Ende des 19 Jahrhunderts fand das Harzgas keine kommerzielle Anwendung als Leuchtgas mehr 14 Herstellung BearbeitenZur Gewinnung von Harzgas wurde das Kolophonium zunachst verflussigt Dies geschah entweder durch Losen in Ol oder durch Schmelzen Eine moglichst vollstandige Verflussigung war entscheidend um einen kontinuierlichen Betrieb der Gasgewinnungsanlage ohne Verstopfen zu gewahrleisten Das verflussigte Kolophonium wurde durch rot gluhenden Koks geleitet und dadurch vergast Dieses rohe Harzgas wurde dann zunachst von dem gleichzeitig entstehenden Harzol getrennt gekuhlt und zur Reinigung durch Natronlauge geleitet um das im Gas enthaltene Kohlenstoffdioxid zu entfernen Das gleichzeitig entstandene Harzol wurde bei manchen Verfahren zum Losen von weiterem Kolophonium wieder in den Produktionsprozess eingespeist und dadurch wiederverwertet 1 14 21 22 5 Einzelnachweise Bearbeiten a b c Ullmann Fritz Harzindustrie In Enzyklopadie der Technischen Chemie 1 Auflage Band 6 Urban amp Schwarzenberg Berlin 1919 DNB 992672015 S 404 405 archive org abgerufen am 25 November 2018 a b Bottler Max Verfahren zur Bereitung von Leuchtgas aus Harz In Janecke Max Hrsg Bibliothek der gesamten Technik Band 45 Verlagsbuchhandlung Max Janecke Hannover 1907 S 268 271 archive org abgerufen am 25 November 2018 Ueber die Harzgas 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