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Hans G Honig 5 Marz 1941 in Stuttgart 5 Juli 2004 in Landau war ein deutscher Translationswissenschaftler und Ausbilder von Dolmetschern und Ubersetzern Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werk 2 1 Grundlagen der Translationswissenschaft 2 2 Ausbildung von Dolmetschern und Ubersetzern 2 3 Der mentale Translationsprozess 2 4 Selbstbewusstsein 2 5 Evaluation der translatorischen Leistung 3 Beitrag zur Dolmetschwissenschaft 4 Schriften und Werke Auswahl 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLeben BearbeitenHans G Honig wurde 1941 in Stuttgart geboren Er studierte Anglistik und Germanistik an der Eberhard Karls Universitat Tubingen und am Trinity College Dublin Irland 1967 legte er sein Staatsexamen ab und 1971 erwarb er seine Doktorwurde mit dem literaturwissenschaftlichen Thema Studien zur englischen Short Story am Ende des 19 Jahrhunderts Stevenson Hardy Kipling und Wells Zwischen 1967 und 1969 war Honig als DAAD Lektor an der University of Sussex in England tatig und unterrichtete dort Deutsch Ab 1971 arbeitete er als Dozent am Institut fur Anglistik Amerikanistik und Anglophonie am Fachbereich Angewandte Sprach und Kulturwissenschaft FASK der Johannes Gutenberg Universitat Mainz in Germersheim Honig galt als engagierter Dolmetsch und Ubersetzungswissenschaftler und war nicht nur in Europa sondern weltweit bekannt 1 Er trug massgeblich zur Entwicklung der Ubersetzer und Dolmetschstudiengange in Skopje Ljubljana und Istanbul bei und engagierte sich aktiv fur Programme zur Ausbildung von Lehrkraften in Spanien und Ungarn Am 5 Juli 2004 starb er im Alter von 63 Jahren 1 Werk BearbeitenHonig wurde durch zahlreiche Veroffentlichungen international bekannt Er beschaftigte sich hauptsachlich mit folgenden Themen Grundlagen der Translationswissenschaft Bearbeiten Die Translation als Ubergang von einer Ausgangssprache und kultur in eine Zielsprache und kultur wird als Prozess verstanden in welchem die translatorische Kompetenz des Ubersetzers bzw Dolmetschers von Bedeutung ist um einen Ausgangstext zu verstehen und in der Zielsprache neu zu gestalten Diese Kompetenz die sich durch eine Verbindung von Theorie und Praxis entwickelt umfasst neben mutter und fremdsprachlicher Kompetenz sowie Kulturkenntnissen vor allem das Selbstbewusstsein des Translators und die Reflexion uber seine Translationsstrategien als wichtigen Bestandteil des translatorischen Handelns Im Translationsprozess ist zu beachten dass es keine Symmetrie zwischen Ausgangs und Zieltext gibt Daher erweist sich die Kreativitat des Translators als besonders wichtig Er muss die reale Situation und den Kontext sowie die Adressaten des Translats berucksichtigen Ausbildung von Dolmetschern und Ubersetzern Bearbeiten Honig engagierte sich fur die Ausbildung junger Dolmetscher und Ubersetzer Hierfur publizierte er beispielsweise zusammen mit Paul Kussmaul Strategie der Ubersetzung Ein Lehr und Arbeitsbuch 1982 das auf der Grundlage ihrer Seminare und Ubungen geschrieben wurde In einigen seiner Werke befasst sich Honig mit didaktischen Aspekten Er betrachtet z B das Modell der ubersetzungsrelevanten Textanalyse als ein wichtiges Instrument fur Studenten das in der Didaktik eingesetzt werden sollte Dieses Modell hilft dem angehenden Ubersetzer zu bestimmen ob er alle Kompetenzen hat um einen Text zu ubersetzen und damit Fehler zu vermeiden Die wichtigste Fehlerquelle bleibt fur Honig die translatorische Inkompetenz deren Uberwindung durch fundierte Ubersetzungsstrategien ein zentrales Anliegen der Ausbildung ist Grundlegend im Bereich des Dolmetschens ist Honigs Aufsatz Piece of Cake or Hard to Take 2002 2003 in dem er sich mit der Bewertung des Schwierigkeitsgrads der von Studierenden zu dolmetschenden Texte befasst Er stellt einen Vergleich zwischen den zu dolmetschenden Texten und Notenblattern an Dolmetschprufungen und die Musikprufungen bei denen man vom Blatt spielen muss seien aufgrund der Unvorhersehbarkeit sehr ahnlich Ebenso wie in der Musik musse auch beim Dolmetschen der Schwierigkeitsgrad des Stuckes in die Bewertung mit einfliessen Sein zusammen mit Kollegen am Fachbereich Translations Sprach und Kulturwissenschaft der Johannes Gutenberg Universitat FTSK in Germersheim aufgestelltes Bewertungsmodell umfasst die folgenden Kategorien a Thema und b Struktur des Textes a Sprechakte und b Redundanz Kohasion z B a Thema Rhema Progression b Anaphern und Kataphern Prasentation a Sprechgeschwindigkeit und Benutzung von Notizen b visuelle Hilfsmittel c Abweichung von der Standardsprache z B nicht muttersprachliches Englisch ZahlenDer mentale Translationsprozess Bearbeiten Honig untersuchte wiederholt die mentalen Prozesse die wahrend des Translationsvorganges auftreten Er bezieht sich dabei auch auf die Problematik des Verstehens und unterscheidet zwischen Verstehen und Verbalisierung Der Verstehensprozess spielt wahrend der Ubersetzung eine sehr wichtige Rolle und manifestiert sich in der Verbalisierung Fur didaktische Ansatze ist eine derartige Trennung aber nicht relevant da keine eindeutige Beziehung zwischen Verstandnisproblemen und Fehlern besteht Um dies zu verdeutlichen analysiert Honig die Denkweisen von Studierenden wahrend des Ubersetzens Er unterstreicht dass sich Textverstandnis nicht mit dem Erfassen einer Textbedeutung gleichsetzen lasst sondern dass der Ubersetzer dem Text uberhaupt erst einen Sinn geben muss Beim mentalen Ubersetzungsprozess spielt auch die Intuition eine Rolle die Honig anhand Dialogische Introspektionen seiner Studenten untersucht Fur professionelle Ubersetzer ist es unerlasslich ihre Intuition zu erkennen und sie effektiv anzuwenden Der mentale Prozess enthalt sowohl kognitive als auch intuitive Anteile die eng miteinander verbunden sind wobei die Kognition auf uberindividuellen objektiven und die Intuition auf individuellen subjektiven Faktoren basiert Honig zeigt wie man erfolgreich mit der Intuition umgehen kann namlich wenn man intuitive und kognitive Vorgange koordiniert Fur einen typischen Ubersetzungsprozess gilt die Abwechslung zwischen Kognition und Intuition Bei den Herangehensweisen von Ubersetzern und Dolmetschern an die Translation unterscheidet Honig zwischen Makro und Mikrostrategien Makrostrategien beziehen sich auf Zielpublikum und Verwendungszweck des Translats zu diesen Faktoren werden die Textanalyse und der Recherchebedarf in Beziehung gesetzt Unter Mikrostrategien versteht Honig isolierte Einzelregeln mit einem Absolutheitsanspruch der Translatoren nur in die Irre fuhren kann Mikrostrategien mussen dem makrostrategischen Gesamtkonzept untergeordnet werden Dies gelingt Honig zufolge Dolmetschern oft besser als Ubersetzern und er sieht deswegen die Aufgabe des Ubersetzungsunterrichts auch darin angehende Ubersetzer an eine dolmetscherische Wahrnehmung von Szenen heranzufuhren Im Vergleich zum Ubersetzen ist das Dolmetschen eigentlich das Paradigma funktionsorientierter und handlungsbezogener Translation Aber paradoxerweise werden in der Dolmetschwissenschaft noch die einzelnen sprachlichen Zeichen als Bedeutungstrager betrachtet wahrend die Ubersetzungswissenschaft bereits von einem psycholinguistisch und gehirnphysiologisch abgesicherten Sinngebungsprozess ausgeht Insofern initiiert Honig eine Emanzipation der Dolmetschwissenschaft von der klassischen Systemlinguistik Honig 1995c In seinen Beitragen zum Dolmetschen geht Honig auf Verstehensprozesse vorwiegend aus der Sicht der Gehirnphysiologie sowie der Psycho und Pragmalinguistik ein Er weist darauf hin dass Verstehen subjektiv relativ und begrenzt ist Honig 1992 Der Sinn entsteht durch ein komplexes Zusammenwirken von sprachlicher Darstellung und den im Gehirn bereits vorhandenen kognitiven Strukturen des beteiligten Subjekts Honig 1992 Selbstbewusstsein Bearbeiten Das Bewusstsein dessen Entwicklung das Hauptziel des Ubersetzers sein sollte ist in Honigs Werken ein wichtiger Aspekt genauso wie die Rolle des Ubersetzers in der Gesellschaft Dies wird u a in den Aufsatzen Ubersetzen lernt man nicht durch Ubersetzen 1988 und Von der erzwungenen Selbstentfremdung des Ubersetzers Ein offener Brief an Justa Holz Manttari 1992 deutlich Auch in der Monografie Konstruktives Ubersetzen spricht Honig vom Selbstbewusstsein das Ubersetzer nicht entwickeln konnen da sie mit den Moglichkeiten ihrer mentalen Werkstatt des Gehirns nicht vertraut sind und dadurch die mentalen Prozesse wahrend ihrer Ubersetzungstatigkeit nicht koordinieren konnen Honig ruft zur Forderung des Selbstbewusstseins und Selbstvertrauens des Ubersetzers sowohl wahrend der Ausbildung als auch in der selbststandigen Berufstatigkeit auf In diesem Zusammenhang ubt er Kritik an systemlinguistischen Ansatzen in der Ubersetzungswissenschaft die das translatorische Handeln des Ubersetzers mit Richtigkeitsanspruchen fur die zu liefernden Texte einschranken und seinen Status in der Berufswelt beeintrachtigen Evaluation der translatorischen Leistung Bearbeiten Ein Teil von Honigs Publikationen ist der Evaluation von Translationsergebnissen gewidmet Die Ergebnisse konnen die Situation der professionellen Translatoren im Beruf verbessern und die Qualitat der Translationsarbeit erhohen Honig unterscheidet zwei Ansatze fur die Bewertung translatorischer Leistungen den therapeutischen der auf sprachlicher Ebene nach den Ursachen von Fehlern fragt und den diagnostischen der sich auf die Auswirkungen von Fehlern fur die Nutzer des Textes konzentriert Aus Mangel an festen Regeln erfolgt die Verwendung dieser Methoden willkurlich Sie werden entweder von der konkreten Situation abhangig angewandt oder miteinander vermischt In therapeutischer Hinsicht kann eine sprachlich fehlerhafte Translation als Zeichen translatorischer Inkompetenz beurteilt werden Laut diagnostischem Ansatz herrscht folgende Ansicht Bemerkt der Nutzer des Translats keine Fehler so hat der Translator auch keine Fehler begangen Honigs eigene Herangehensweise ist diagnostisch Sprachkompetenz ist fur ihn kein Selbstzweck Beitrag zur Dolmetschwissenschaft BearbeitenHonig leitete uber viele Jahre die Fachgruppe Dolmetschen am Fachbereich Angewandte Sprach und Kulturwissenschaft FASK In dieser Position war er fur die Koordination des Dolmetschstudiums zustandig Er leitete beispielsweise die sogenannte Freitagskonferenz bei der Studierende in einer realen Konferenzsituation dolmetschen Zudem wirkte er bei der Einfuhrung des Masterstudiengangs Konferenzdolmetschen mit und versuchte die Kriterien und den Inhalt der Aufnahmeprufungen zu vereinheitlichen Die Vertretung des Fachbereichs nach aussen war ebenfalls eine von Honigs wichtigen Aufgaben wobei er Kontakte zu anderen Organisationen knupfte Immer wenn Fragen zum Dolmetschen auftraten war er ein hilfreicher Ansprechpartner Im Rahmen des EMCI European Masters in Conference Interpreting wirkte er beim Aufbau einer Dolmetschausbildung fur die neuen EU Amtssprachen nach der Osterweiterung mit Honigs Beitrag zur Dolmetschwissenschaft kann man in einigen Bereichen als bahnbrechend bezeichnen Fur das Konsekutivdolmetschen entwickelte er ein Modell das leider zu seinen Lebzeiten nie publiziert wurde Zu seinen Verdiensten gehort auch eine Einfuhrung in die Problematik des Schwierigkeitsgrades von Texten worauf die Publikation Piece of Cake or Hard to Take basiert Seine Hauptthese zum Dolmetschen war Ohne Analysefahigkeit auf die er hochsten Wert gelegt hat ohne fundierte Intuition und ohne das entsprechende personliche Rustzeug ist Dolmetschen nicht moglich Der Aspekt des Monitoring Selbstkontrolle spielte fur ihn immer eine grosse Rolle Diese vier Faktoren galten fur Honig als Voraussetzung fur das Dolmetschen Schriften und Werke Auswahl BearbeitenHans G Honig Ubersetzen lernt man nicht durch Ubersetzen Hrsg Andreas F Kelletat und Susanne Hagemann Translationswissenschaftliche Bibliothek 3 SAXA Berlin 2001 Hans G Honig Paul Kussmaul Strategie der Ubersetzung Ein Lehr und Arbeitsbuch Tubinger Beitrage zur Linguistik 205 Narr Tubingen 1982 Hans G Honig Konstruktives Ubersetzen Studien zur Translation 1 Stauffenburg Tubingen 1995 Snell Hornby Mary Hans G Honig Paul Kussmaul und Peter A Schmitt Hrsg Handbuch Translation Stauffenburg Handbucher Stauffenburg Tubingen 1998 Hans G Honig Paul Kussmaul Strategie der Ubersetzung Ein Lehr und Arbeitsbuch Tubinger Beitrage zur Linguistik 205 Narr Tubingen 1982 Hans G Honig Sind Dolmetscher bessere Ubersetzer Jahrbuch Deutsch als Fremdsprache Intercultural German Studies 24 123 133 1998 Hans G Honig Piece of Cake or Hard to Take Objective Grades of Difficulty of Speeches Used in Interpreting Training Teaching Simultaneous Interpretation into a B Language EMCI Workshop 20 21 September 2002 Genf EMCI 38 50 2002 Hans G Honig Kinderspiel oder Hexenwerk Ubers Annie Scrugli Ubersetzen lernt man nicht durch Ubersetzen Von Hans G Honig Hrsg Andreas F Kelletat und Susanne Hagemann Translationswissenschaftliche Bibliothek 3 Berlin SAXA 2011 Deutsche Ubersetzung von Piece of Cake or Hard to Take Hans G Honig Hans macht klick Ein in grimmiger Beitrag zur Ubersetzungstheorie Lebende Sprachen Zeitschrift fur fremde Sprachen in Wissenschaft und Praxis 44 3 1999 97 102 doi 10 1515 les 1999 44 3 97 Hans G Honig Von der erzwungenen Selbstentfremdung des Ubersetzers Ein offener Brief an Justa Holz Manttari TEXTconTEXT Halbjahresschrift zur Translation Theorie Didaktik Praxis 7 1 1 14 1992 Hans G Honig Zur Evaluation von Dolmetsch und Ubersetzungsleistungen Transfer Ubersetzen Dolmetschen Interkulturalitat 50 Jahre Fachbereich Angewandte Sprach und Kulturwissenschaft der Johannes Gutenberg Universitat Mainz in Germersheim Hrsg Horst W Drescher FASK Publikationen des Fachbereichs Angewandte Sprach und Kulturwissenschaft der Johannes Gutenberg Universitat Mainz in Germersheim Reihe A 23 Peter Lang Frankfurt am Main 1997 193 208 Makeeva Aleksandra Tian Chenchen und Liu Danxia Interview mit Dorte Andres FTSK Germersheim 2011 Prunc Erich Entwicklungslinien der Translationswissenschaft Von den Asymmetrien der Sprachen zu den Asymmetrien der Macht TransUD Arbeiten zur Theorie und Praxis des Ubersetzens und Dolmetschens 14 Frank amp Timme Berlin 2007 Hans G Honig Wissen Ubersetzer eigentlich was sie tun In Lebende Sprachen 33 1988 S 10 14 doi 10 1515 les 1988 33 1 10 Hans G Honig Positions Power and Practice Functionalist Approaches and Translation Quality Assessment In Current Issues In Language and Society 4 1997 S 6 34 doi 10 1080 13520529709615477 Hans G Honig Complexity Contrastive Linguistics and Translator Training Comments on Responses In Current Issues In Language and Society 4 1997 S 83 89 doi 10 1080 13520529709615484 Weblinks BearbeitenKurzinformation uber Hans G Honig und Liste seiner Werke englisch Memento vom 6 September 2005 im Internet Archive Liste der Publikationen von Hans G Honig Veroffentlichungen des FASK Ubersetzungswissenschaftler Hans G Honig Nachruf Einzelnachweise Bearbeiten a b Germersheim trauert Dr Hans G Honig gestorben UEPO de 9 Juli 2004 abgerufen am 5 Juni 2021 Normdaten Person GND 102552022X lobid OGND AKS LCCN n82212403 VIAF 76906971 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Honig Hans G KURZBESCHREIBUNG deutscher TranslationswissenschaftlerGEBURTSDATUM 5 Marz 1941GEBURTSORT StuttgartSTERBEDATUM 5 Juli 2004STERBEORT Landau in der Pfalz Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Hans G Honig amp oldid 231865218