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Gustav Mensching 6 Mai 1901 in Hannover 30 September 1978 in Duren war ein deutscher evangelischer Theologe der sich zunehmend der Religionswissenschaft zuwandte deren Eigenstandigkeit und Erkenntnisanspruch in Abgrenzung zur Theologie er betonte und beforderte Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werk 3 Veroffentlichungen Auswahl 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLeben BearbeitenGustav Mensching war der Sohn des Landwirts und Kaufmanns Gustav Mensching 1869 1906 und dessen Ehefrau Anna Vogler Er schloss 1927 die Ehe mit Erika Dombrowski aus der zwei Kinder hervorgingen der Germanist und Schriftsteller Gerhard Mensching und der Philosoph Gunther Mensching Gustav Mensching studierte an den Universitaten Gottingen Marburg und Berlin Philosophie Evangelische Theologie und Religionswissenschaften In Marburg wurde sein pragender Lehrer Rudolf Otto In Marburg wurde er zum Dr theol promoviert 1927 habilitierte er sich an der TH Braunschweig fur das Fach Religionsgeschichte Von 1927 bis 1936 war Mensching ausserordentlicher Professor fur Religionswissenschaften an der Theologischen Fakultat der lettischen Universitat Riga Vom 1 April 1936 bis 1972 war er der erste Professor fur vergleichende Religionswissenschaft an der Philosophischen Fakultat der Universitat Bonn Seine Antrittsvorlesung hielt er im Jahr 1942 zum Thema Der Schicksalsgedanke in der Religionsgeschichte In seiner Eigenschaft als Leiter der Bonner Volksbildungsstatte von 1942 bis 1944 publizierte er wiederholt uber Arbeit und Ziele sowie die kulturellen Aufgaben der Volksbildung u a im Westdeutschen Beobachter dem Amtlichen Organ der NSDAP und samtlicher Behorden 23 Oktober 1942 Aufgrund seiner Mitgliedschaft im NS Dozentenbund wurde Gustav Mensching von 1946 bis 1948 die Lehrerlaubnis entzogen Hamid Reza Yousefi hat jedoch in einer neueren Veroffentlichung Vorwurfe einer Verstrickung Menschings in den Nationalsozialismus zuruckgewiesen 1 Mensching starb am 30 September 1978 im St Augustinus Krankenhaus in Duren Lendersdorf Werk BearbeitenIn Menschings Gesamtwerk sind drei Schwerpunkte erkennbar Religionsphanomenologie und typologie Religionssoziologie sowie Allgemeine und Vergleichende Religionsgeschichte Zudem veroffentlichte er mehrere Textausgaben die im Laufe der Jahre immer wieder nachgedruckt wurden Das lebendige Wort 1952 Buddhistische Geisteswelt 1955 Die Sohne Gottes 1958 Bereits auf seine Rigaer Jahre ging seine Beschaftigung mit dem Toleranzproblem zuruck 1955 legte er seine klassisch gewordene Studie Toleranz und Wahrheit in der Religion vor die in verschiedene Sprachen u a ins Japanische ubersetzt wurde Einen Einstieg in sein Werk bietet Die Religion Strukturtypen und Lebensgesetze aus dem Jahr 1959 Mensching war Vertreter eines heute so genannten substantialistischen Religionsbegriffs Religion ist fur Mensching die erlebnishafte Begegnung mit dem Heiligen und antwortendes Handeln des vom Heiligen bestimmten Menschen 2 Grundlegend fur seinen Ansatz ist die religionsstrukturelle Unterscheidung von Volksreligionen und Universal oder Weltreligionen erstmals in Volksreligion und Weltreligion 1938 sowie das Konzept der Lebensmitte Anmerkung Der von Mensching verwendete Ausdruck Volksreligion ist nicht zu verwechseln mit der Volksfrommigkeit von Anhangern der Buchreligionen sondern meint hier schriftlose eigenstandige ethnische Religionen 3 Mensching sieht den Unterschied zwischen Volks und Weltreligion nicht in erster Linie darin dass Volksreligionen nur von einem bestimmten Volk getragen werden und spezifische Gotter von national beschrankter Reichweite und Machtigkeit haben wahrend Universalreligionen ubernationale transkulturelle Ausbreitung erlangten und eine universal machtige Gottheit bzw ein impersonal Heiliges Brahman Nirvana Dao deitas kennen Sein Ausgangspunkt ist vielmehr die Frage nach dem Heil Schon in den beiden Abhandlungen Die Idee der Sunde 1931 und Zur Metaphysik des Ich 1934 finden sich hierzu vorbereitende Gedanken Mit der Unterscheidung von aktueller und konkretisierter sowie genereller und essentieller Sunde gelang es Mensching zwei grundverschiedene Unheilsstrukturen herauszuarbeiten die wiederum Indikatoren fur zugrundeliegende Unterschiede der Religionsstruktur sind In der Volksreligion ist eine das Heil garantierende Gemeinschaft Familie Sippe Clan Stamm u a Trager der Religion in der Universalreligion das isolierte Individuum Volksreligionen kennen ein kollektives Heil in das der Einzelne hineingeboren wird Kultisch rituelle Vollzuge erhalten die Funktionsfahigkeit volksreligioser Systeme Universalreligionen gehen dagegen von einer existentiellen Unheilssituation aus in welcher sich der Einzelne vorfindet und die durch die Gewinnung des angebotenen Heils aufgehoben werden kann Dabei unterscheidet Mensching zwei Grundtypen Auf der einen Seite gibt es Religionen die die Isolierung in der korperhaften Existenz des einzelnen sehen Auf der anderen Seite wird die existentielle Isolierung darin gesehen dass der einzelne sich von der personlichen Gottheit abgewandt hat S 246 Mensching pragte dafur die Begriffe ichhafte Existenz hier ist das Ich als solches heilshinderlich und ichsuchtige Existenz hier ist nicht die Existenz des Ich an sich das Problem sondern die Tatsache dass der Mensch alle seine Krafte nur darauf richtet Die Religion S 248 Religion an sich gibt es fur Mensching nicht Religion ist nur geschichtlich wirklich in einer Vielzahl von Religionen in denen sowohl die Art der Begegnung mit dem Heiligen als auch die Antwort des Menschen auf diese Begegnung sehr verschieden sein kann Jede Religion hat daher ihre eigene Lebensmitte die jeweilige Besonderheit sowohl der Begegnung mit dem Heiligen als auch der Antwort auf sie 4 Richard Friedli der Menschings Begriff der Lebensmitte um seine Konzeption der Tiefenkultur erweitert hat schreibt dazu Gustav Mensching hat mit seiner Kategorie Lebensmitte eine ausserst wichtige Intuition festgehalten die partikularen religionsgeschichtlichen Aussagen Riten Hierarchieformen ethischen Normen Gebote und Verbote Gemeinschaftsformen und Handlungsanweisungen sind nicht folkloristische oder zufallige Informationen und Fakten sondern ebenso viele Konkretisierungen einer fundamentalen Weltanschauung Von der Lebensmitte her lassen sich die einzelnen dogmatischen moralischen liturgischen organisatorischen und politischen Tatsachen einer religiosen und kulturellen Uberlieferung verstehen 5 Gegen die verbreitete theologische und kirchliche Verengung vertrat Mensching einen freien Protestantismus der ihn zum Bund fur Freies Christentum fuhrte dessen Vorstand er viele Jahre angehorte Seine religionswissenschaftlichen Beitrage spielen bis heute eine wichtige Rolle im interreligiosen Dialog und fur interreligiose Lernprozesse Mensching leistete einen wesentlichen Beitrag dazu die Religionswissenschaft von der Theologie abzukoppeln und als eigenstandige Wissenschaftsdisziplin zu etablieren Zu Menschings wichtigsten Schulern zahlen Hans Joachim Klimkeit Karl Hoheisel und Udo Tworuschka an dessen Lehrstuhl fur Religionswissenschaft der Universitat Jena sich das Gustav Mensching Archiv von 1993 bis 2011 befand In der Schriftenreihe Bausteine zur Mensching Forschung Nordhausen 2002 ff herausgegeben von Hamid Reza Yousefi werden Arbeiten uber das Werk Menschings publiziert Die Praktische bzw Angewandte Religionswissenschaft Richard Friedli Wolfgang Gantke Udo Tworuschka sieht in Gustav Mensching einen ihrer Vordenker Veroffentlichungen Auswahl Bearbeiten nbsp Das heilige Schweigen 1926 Die Bedeutung des Leidens im Buddhismus und Christentum 1924 1930 Das heilige Schweigen 1926 Die Idee der Sunde 1931 Zum Streit um die Deutung des buddhistischen Nirvana 1933 Zur Metaphysik des Ich 1934 Der Katholizismus Sein Stirb und Werde Herausgeber 1937 Das heilige Wort 1937 Volksreligion und Weltreligion 1938 Vergleichende Religionswissenschaft 1938 Allgemeine Religionsgeschichte 1940 19492 Der Schicksalsgedanke in der Religionsgeschichte Bonn 1942 15 S Antrittsvorlesungen als Kriegsvortrage der Rheinischen Friedrich Wilhelms Universitat Bonn Heft 12 Soziologie der Religion 1947 Geschichte der Religionswissenschaft 1948 Die Religionen und die Welt 1947 Gut und Bose im Glauben der Volker 19502 Buddhistische Geisteswelt 1955 Toleranz und Wahrheit in der Religion 1955 Neuausgabe hg von Udo Tworuschka 1996 Leben und Legende der Religionsstifter 1955 Religiose Ursymbole der Menschheit 1955 Die Sohne Gottes 1958 Die Religion Erscheinungsformen Strukturtypen und Lebensgesetze 1959 Idee und Aufgabe der Weltuniversitat 1962 Soziologie der grossen Religionen 1966 Topos und Typos Motive und Strukturen religiosen Lebens hg von Hans Joachim Klimkeit 1971 Die Weltreligionen 1972 Der offene Tempel Die Weltreligionen im Gesprach miteinander Stuttgart 1974 Buddha und Christus 1978 Neuausgabe als Herder TB 2004 Aufsatze und Vortrage Gustav Menschings zur Toleranz und Wahrheitskonzeption Bausteine zur Mensching Forschung 2 hrsg v Hamid Reza Yousefi Wurzburg 2002 Der Irrtum in der Religion Stuttgart 1969 Neu hrsg mit dem neuen Untertitel Eine Einfuhrung in die Phanomenologie des Irrtums hrsg von Hamid Reza Yousefi und Klaus Fischer Nordhausen 2003Literatur BearbeitenUdo Tworuschka Religionsbewertung als Problem und Aufgabe Die Haltung Gustav Menschings zur Religionsmessung In Zeitschrift fur Religions und Geistesgeschichte 27 1975 ISSN 0044 3441 S 122 140 Wolfgang Gantke Peter Parusel Mensching Gustav In Neue Deutsche Biographie NDB Band 17 Duncker amp Humblot Berlin 1994 ISBN 3 428 00198 2 S 86 f Digitalisat Wolfgang Gantke Karl Hoheisel Wilhelm P Schneemelcher Hrsg Religionswissenschaft im historischen Kontext diagonal Marburg 2003 ISBN 978 3 927165 85 4 Religionswissenschaftliche Reihe Band 21 Hamid Reza Yousefi Ina Braun Gustav Mensching Leben und Werk Ein Forschungsbericht zur Toleranzkonzeption Gewidmet Gustav Mensching anlasslich seines 100 Geburtstages Konigshausen und Neumann Wurzburg 2002 ISBN 3 8260 2233 5 Bausteine zur Mensching Forschung Band 1 Hamid Reza Yousefi Ina Braun MENSCHING Gustav Hermann Heinrich Friedrich In Biographisch Bibliographisches Kirchenlexikon BBKL Band 21 Bautz Nordhausen 2003 ISBN 3 88309 110 3 Sp 976 1007 Artikel Artikelanfang im Internet Archive Hamid Reza Yousefi Der Toleranzbegriff im Denken Gustav Menschings Eine interkulturelle philosophische Orientierung Bautz Nordhausen 2004 ISBN 978 3 88309 146 4 Bausteine zur Mensching Forschung Band 7 Hamid Reza Yousefi Angewandte Toleranz Gustav Mensching interkulturell gelesen Bautz Nordhausen 2008 ISBN 978 3 88309 447 2 Interkulturelle Bibliothek Band 49 Nikandrs Gills Gustav Mensching and University of Latvia In The European connection Baltic intellectuals and the history of Western philosophy and theology Riga 2006 S 44 57 Christian Grethlein Gustav Mensching 1901 1978 In Benedikt Kranemann Klaus Raschzok Hrsg Gottesdienst als Feld theologischer Wissenschaft im 20 Jahrhundert Munster 2001 Bd 2 S 722 731 Udo Tworuschka Religionswissenschaft Wegbereiter und Klassiker Bohlau Koln Weimar Wien 2011 S 214 237 Udo Tworuschka Einfuhrung in die Geschichte der Religionswissenschaft WBG Darmstadt 2014Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Gustav Mensching im Katalog der Deutschen NationalbibliothekEinzelnachweise Bearbeiten Vgl Hamid Reza Yousefi Ina Braun Gustav Mensching Leben und Werk Ein Forschungsbericht zur Toleranzkonzeption mit einem Vorwort von Klaus Fischer Wurzburg 2002 409 Die Religion S 18 19 Hamid Reza Yousefi Hrsg u Ina Braun Gustav Mensching Leben und Werk ein Forschungsbericht zur Toleranzkonzeption Auflage Konigshausen amp Neumann Wurzburg 2002 ISBN 978 3 8260 2233 3 S 239 Fussnote 766 Die Religion S 20 Toleranz und Intoleranz als Thema der Religionswissenschaft Frankfurt Main 2003 S 52 53Normdaten Person GND 118732943 lobid OGND AKS LCCN n81120172 NDL 00449772 VIAF 49315714 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Mensching GustavKURZBESCHREIBUNG deutscher vergleichender Religionswissenschaftler evangelischer TheologeGEBURTSDATUM 6 Mai 1901GEBURTSORT HannoverSTERBEDATUM 30 September 1978STERBEORT Duren Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gustav Mensching amp oldid 238140304