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Gratiskultur auch Umsonst oder Kostenloskultur ist ein wiederkehrendes und umstrittenes Schlagwort in den Medien das in den Jahren entstand als sich das Internet zum Massenmedium entwickelte Es bezieht sich auf das uber das Internet verfugbare umfassende Angebot kostenfreier Produkte oder Inhalte etwa in den Bereichen Journalismus Literatur Musik Film und Bild sowie Software und Spiele ebenso wie auf eine generell ablehnende Haltung gegenuber Paid Content Chris Anderson Wer im Netz prasent sein mochte muss seine Inhalte kostenlos anbieten 1 Den entsprechenden Rezipienten wird auch eine Gratismentalitat unterstellt Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Kritik 3 Siehe auch 4 Weblinks 5 BelegeGeschichte BearbeitenIm 20 Jahrhundert entwickelte sich das Medium der Gratiszeitung das neben Anzeigen auch redaktionelle Inhalte bietet In den 1990er Jahren gehorten Zeitungen zu den ersten Medien die das Internet als zusatzlichen Kommunikationskanal zu den Kunden nutzten Da Internetzugange zu dieser Zeit nicht sehr weit verbreitet waren bestand durch das kostenlose Veroffentlichen von Zeitungsartikeln keine wirtschaftliche Gefahr fur die gedruckten Ausgaben es wurde in der Regel als Zusatzdienst angesehen Erst Anfang bis Mitte der 2000er Jahre als sich das Internet starker verbreitete begannen die Online Ausgaben mit den Print Ausgaben zu konkurrieren Beinahe alle Zeitungen einschliesslich Qualitatsblatter betrieben mittlerweile grosse Online Portale in denen neben den Artikeln der gedruckten Ausgabe auch noch zusatzliche aktuelle Berichte zu finden waren Viele Versuche Online Artikel kostenpflichtig anzubieten scheiterten zunachst Eine der letzteren grosseren Zeitungen die bis 2011 ein Bezahlmodell Paywall einfuhrte war die New York Times 2 Am 9 April 2011 wurde fur das Online Angebot der taz eine freiwillige Bezahloption geschaffen 3 4 Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel bietet bis heute ein Archiv vom ersten Heft an das im Januar 1947 erschien 5 Regelmassig tauchte in den Medien bald der Satz Das Ende der Gratiskultur auf 6 etwa in Zusammenhang mit kostenpflichtigen Apps fur Tabletcomputer Durch ein Leistungsschutzrecht im Internet sollen zudem Suchmaschinen fur Pressetexte zahlen 7 Am 12 Dezember 2012 fuhrte Die Welt als erste uberregionale deutsche Tageszeitung fur den Abruf digitaler Inhalte wieder ein Bezahlsystem ein Insbesondere im Zusammenhang mit dem Thema Zeitungssterben werden die Probleme einer Gratiskultur wieder diskutiert 8 Fur Diskussionen sorgte auch das Buch Die Null Grenzkosten Gesellschaft des US amerikanischen Okonomen Jeremy Rifkin der den Begriff Gratis Gesellschaft verwendet 9 und seine Thesen in verschiedenen Vortragen propagiert Kritik BearbeitenDie Initiative Urheberrecht der Berufsverbande aus den Bereichen Journalismus Literatur Musik Film und Bild angehoren forderte eine Anerkennung der Rechte von Kreativen Forderungen nach vergutungsfreiem Kopieren und Veroffentlichen im Internet seien mit den Rechten von Autoren und Kunstlern genauso unvereinbar wie die beliebige Bearbeitungen ihrer Werke durch Dritte 10 Der Wirtschaftsjournalist und Blogger Thomas Knuwer bestritt 2009 die Existenz einer Gratiskultur im Internet und nannte sie einen Mythos der Medienunternehmen Seit jeher wurden Zeitungen durch Werbung subventioniert wie zum Beispiel die New York Sun im Jahr 1834 Damals senkten Zeitungen ihren Preis von mehreren Cent auf einen einzigen um mehr Exemplare zu verkaufen und so fur Werbekunden attraktiv zu werden Heute werden weite Teile der gedruckten Auflage verschenkt andere Teile spielen schon ihre Druck und Vertriebskosten nicht mehr voll ein geschweige denn die Redaktionskosten und es gibt sogar Gratiszeitungen Die Gratiskultur sei eine leichte Ausrede um sich nicht kummern zu mussen was bedeute dass die Medienhauser die Verweilzeit auf ihren Seiten erhohen mussten Dieses funktioniere uber Qualitat Originalitat und Interaktivitat 11 Ebenso nannte Kai Biermann den Begriff Kostenloskultur in seinem Blog Neusprech org eine Luge da erstens die Inhalte durch Aufmerksamkeit bezahlt wurden die wir dann beispielsweise in Preise umsetzen konnen und zweitens durch bezahlte Werbung finanziert wird Die Aufregung sei nur scheinheiliges Gejammer da das Prinzip im Privatfernsehen schon seit fast dreissig Jahren in Form des Free TV umgesetzt werde 12 Stefan Niggemeier stellte in seinem Blog fest dass fur die Printbranche trotz Auflagenruckgangs weiterhin die Reichweite bedeutend sei was etwa fur die Bild Zeitung bedeute dass jeder der sich eine Ausgabe kauft sie im Schnitt an drei andere Leute weitergibt Jeden Tag wurden folglich neun Millionen Menschen das Blatt lesen ohne dafur zu bezahlen und ihre Zahl sei dreimal so hoch wie die derjenigen die brav fur das Blatt zahlen So habe sich im Printbereich eine gewaltige Kostenloskultur entwickelt die von den Verlagen erwunscht sei 13 Sascha Lobo fasste die Kritikpunkte zur angeblichen Gratismentalitat der Internetbenutzer wie folgt zusammen Gratismentalitat sei keine Mentalitat da unter anderem eine Reihe unterschiedlicher Studien darauf hinweise dass Filesharer vermutlich mehr Geld fur Kulturprodukte ausgeben als Nicht Filesharer Zudem erreiche der Verkauf digitaler Guter jedes Jahr neue Rekorde Kostenloser Kulturkonsum sei zudem ein sehr altes Phanomen da sich schon mit der Erfindung von Buchereien Bucher kostenlos lesen liessen Es scheint als ware es ein wiederkehrendes Phanomen des Kulturmarkts Jede erfolgreiche Produktgattung entwickelt wirtschaftlich betriebene kostenlose legale Varianten Bei der Beschreibung der vorhandenen Probleme der Kulturindustrie stimmt beim Begriff Gratismentalitat also weder Mentalitat noch Gratis Letztlich wurde der Begriff Gratismentalitat das Problem verschleiern da das Problem doch bitteschon bei den ungezogenen Kunden lage und nicht im eigenen Angebot Dabei ist der Kauf digitaler Guter auch zweihundert Jahre sic nach Erfindung des Internets noch eine bizarre Zumutung Musik lasst sich fur den Kaufer nicht ohne weiteres auf allen Geraten abspielen populare Filme und TV Serien sind oft gar nicht legal zu kaufen und die E Book Industrie spielt zehn Jahre spater jeden einzelnen Fehler der Musikindustrie nach Als Beispiel nannte Lobo die Digitale Rechteverwaltung DRM die keinen einzigen illegalen Download verhindere sondern nur zum Verdruss des Kunden fuhre 14 Die deutsche Wirtschaftswissenschaftlerin Gisela Schmalz kritisiert in ihrem Buch No Economy die Gratiskultur im Internet 15 Nach ihrer Ansicht fuhren die Gepflogenheiten der Gratisangebote und nachfrage auf lange Sicht zu Qualitatsverlusten Der Handel zum Nulltarif habe eine unfaire okonomische Verteilung zur Folge Es wurden Daten von Onlineunternehmen gespeichert verarbeitet und verkauft diese also nur von einigen Unternehmen monetarisiert Jaron Lanier ruft dazu auf man moge sich neben den Gratis Verlockungen der neuen Netzwelt auch die Kehrseiten vor Augen fuhren Wir kommunizieren regelmassig mit Menschen von deren Existenz wir vor dem Netzwerkzeitalter nicht einmal gewusst hatten Wir konnen jederzeit Informationen zu fast jedem Thema finden Aber wir haben auch erfahren dass unsere Gerate und die aus idealistischen Motiven entstandenen digitalen Netzwerke von ultra machtigen fernen Organisationen genutzt werden um uns auszuspionieren Wir werden starker analysiert als wir analysieren 16 Siehe auch BearbeitenOffentlicher Bucherschrank Konsumverweigerung Schenkokonomie Umsonstokonomie UmsonstladenWeblinks BearbeitenAnarchie im Web Die Gratis Kultur In Der Spiegel Spiegel Special 26 Juni 2007 Bezahlinhalte Medienkonzerne erklaren Gratiskultur zum Jahrhundertirrtum In Der Tagesspiegel 8 November 2010 Warum der Begriff Gratismentalitat Unsinn ist Sascha Lobo in Spiegel Online vom 18 Dezember 2012Belege Bearbeiten Medienkonzerne Das Ende der Gratiskultur im Internet ist gekommen Wirtschaftswoche vom 9 November 2011 Paid Content New York Times fuhrt das Digitalabo ein Spiegel Online abgerufen am 7 April 2011 Nicolai Kuhling Die tzi Analyse Wachstum das Freude macht In taz de 13 April 2017 abgerufen am 4 Marz 2019 Ilija Matusko Einnahmen taz zahl ich Pressefreiheitskampf mal anders In taz de 13 Juni 2017 abgerufen am 9 Marz 2019 DER SPIEGEL 1 1947 In Spiegel Online 1947 abgerufen am 15 Mai 2020 Medienkonzerne Das Ende der Gratiskultur im Internet ist gekommen Handelsblatt abgerufen am 7 April 2011 Leistungsschutzrecht Das Ende der Gratiskultur im Internet In rp online de 29 August 2012 abgerufen am 15 Mai 2020 Urs Meier 100 Jahre Riepl sches Gesetz Besichtigung einer originellen und langlebigen Hypothese In Journal 21 23 Januar 2013 https www tt com artikel 8398017 jeremy rifkin bereitet oesterreich auf die gratis gesellschaft vor Verlage treten Bundnis gegen Gratis Kultur bei heise online vom 26 April 2012 Der Mythos von der Gratiskultur Thomas Knuwer im handelsblatt blog vom 27 Juli 2009 Kostenloskultur Kai Biermann in neusprech org vom 23 September 2011 Gratiskultur Print Stefan Niggemeier vom 3 Januar 2011 Warum der Begriff Gratismentalitat Unsinn ist Spiegel Online vom 19 Dezember 2012 Gisela Schmalz No Economy Warum der Gratiswahn das Internet zerstort Frankfurt am Main Eichborn Verlag 2009 Jaron Lanier Wem gehort die Zukunft 3 Aufl Hamburg 2014 S 22 f Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gratiskultur amp oldid 235695670