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Das Graberfeld Borgstedt umfasst elf Grabanlagen des Fruh und Mittelneolithikums 4000 2800 v Chr nach nordischer Terminologie Dies sind zwei Rundhugel und neun Langbetten Zusammen mit einer nahegelegenen Siedlung und Grabenwerk bildet es die neolithische Kleinregion Budelsdorf Borgstedt Die Region bietet einen Einblick in die neolithische Lebenswelt indem sowohl profane Siedlungsaktivitaten als auch sakrale und rituelle Aktivitaten und deren Zusammenhange erfasst werden konnen Zudem bietet die Region einen Einblick in die Entwicklung verschiedener Phanomene Es lasst sich die Etablierung sowie die Entwicklung der Grabarchitektur erfassen es kann die Entstehung Entwicklung und der Zerfall einer Siedlung dokumentiert werden Aus diesem Grunde erwies sich die Kleinregion als hervorragendes Studienobjekt fur die intensive Erforschung des von Johannes Muller geleiteten DFG Schwerpunktprogramms 1400 Fruhe Monumentalitat und soziale Differenzierung Teilprojekt Monumentale Grabenwerke nichtmegalithische und megalithische Grabbauten des Fruh und Mittelneolithikums in Schleswig Holstein Untersuchungen zu Baugeschichte Datierung Funktion und Landschaftsbezug der Kleinregionen Budelsdorf und Albersdorf In diesem Rahmen wurde das Graberfeld von Franziska Hage umfassend analysiert und publiziert 1 Inhaltsverzeichnis 1 Architektur und Datierung der Graber 2 Funde 3 Aufwandsberechnung 4 Bedeutung fur die Forschung 5 Literatur 6 EinzelnachweiseArchitektur und Datierung der Graber BearbeitenDas Graberfeld Borgstedt umfasst elf Grabanlagen des Fruh und Mittelneolithikums Dies sind zwei Rundhugel und neun Langbetten Der pauschalisierende Begriff des Langbettes ist jedoch nicht adaquat fur die Vielfalt der hier vertretenen Grabanlagen Die Langbetten variieren erheblich in ihren Ausmassen und konstruktiven Elementen Die Ausmasse reichen von 38 9 m uber 60 15 m 60 11 m 115 11 m 190 7 m und 200 12 m Alle sind nordost sudwestlich orientiert nur zwei Befunde folgen diesem Muster nicht nord sud bzw nordwest sudost Mit der Hauptorientierung zeigen beinahe alle Graber in Richtung des Grabenwerkes Hierunter auch der 200 m lange Befund Die Langbetten sind zum Teil mit Findlingen umgeben zum Teil durch Gruben begrenzt und in jeweils einem Fall durch eine Pfosten bzw Doppelpfostenreihe Alle drei der uber 100 m messenden Langhugel waren mit Gruben eingefasst 1 LA Nr Art Ausrichtung Lange m Breite m Umhegung Grabkammern Erdgraber 22 Langbett NE SW 59 5 11 Doppelpfosten 1 23 Rundhugel 1 25 Langbett NE SW 2 26 Langbett N S 60 15 Findlinge 3 4 27 Langbett NE SW 200 12 Gruben 1 28 Rundhugel 13 Findlinge 1 29 Langbett NE SW 38 9 Gruben 1 1 30 Langbett NE SW 38 9 Pfosten 2 4 31 Langbett NE SW 115 11 Gruben 1 1 32 Langbett NE SW 190 7 Gruben 1 69 Langbett NE SW Findlinge 1 1 Die Bestattungen wurden vor allem in den megalithischen Kammern vorgenommen Die Kammern lassen sich nur schwer rekonstruieren In funf der Langbetten liegt nur eine Grabkammer vor In den Grabanlagen LA 25 LA 26 und LA 30 sind jeweils zwei Grabkammern nachzuweisen LA 28 stellt einen Rundhugel mit einer Grabkammer dar Sie sind alle ca 50 cm eingetieft 1 4 1 8 m breit und 1 8 3 m lang Die Grundrisse soweit dies zu entscheiden ist sind rund bis oval in einem Fall leicht rechteckig Die Kammern werden von funf bis elf Tragersteinen begrenzt Zwei der Kammern sind jeweils eine in LA 28 und LA 30 als Grossdolmen anzusprechen Die anderen sind es recht kleine Dolmen wie sie haufig in Langbetten zu beobachten sind z B Flintbek 2 Die Entwicklung fuhrt von Urdolmen uber Polygonaldolmen zu sowohl Gross als auch Kleindolmen wie sie beide hier nachgewiesen sind Die nachste Stufe sog Ganggraber sind junger und nicht in Borgstedt nachgewiesen Weiterhin wurden mindestens 13 womoglich sogar 18 Flachgraber entdeckt Zwei der Befunde sind mit Steineinbauten versehen und als Steinkistengraber bzw Miniaturdolmen anzusprechen Diese sind 25 40 cm breit 60 100 cm lang und 30 40 cm hoch Die restlichen Gruben sind rechteckig zwei bis drei m lang und im Profil wannenformig und bis zu 60 cm tief Generell sind solche Flachgraber ohne erkennbare Einbauten ins Fruhneolithikum I 4000 3500 v Chr zu datieren doch sind auch spatere Befunde des Mittelneolithikums bekannt Wangels Es ist nicht ganz klar doch scheinen einige der Befund Graber vom Typ Konens Hoj darzustellen wie sie mehrfach aus Sud und Ostdanemark oder auch viermal aus Flintbek bekannt sind Diese Befunde datieren vor allem ins FN II 3500 3300 v Chr 2 3 4 Drei dieser Befunde lagen verstreut zwischen den Befunden LA 27 LA 28 und LA 29 womit hier womoglich ein nicht erkannter Hugel zu verorten ist Funf Befunde wurden an den Aussenseiten von Langbetten angetroffen und zehn Befunde innerhalb der Langbetten Wahrend die ausseren Bestattungen gleichzeitig oder junger als die Langbetten sein mussen sind die inneren Bestattungen gleich alt oder alter Das zeigt dass das Graberfeld bereits im Fruhneolithikum angelegt wurde und da keine neueren Architekturen nach den Gross und Kleindolmen errichtet wurden stoppte der Baubetrieb vor 3350 v Chr 1 4 Die Datierung der Architektur bestatigt sich im Fundmaterial und ist durch 14C Daten verifiziert Die Masse an Funden datiert ins FN II 3500 3300 v Chr oder MN I 3300 3200 v Chr Das MN II 3200 3100 v Chr und vor allem MN III IV 3100 30 2900 v Chr sind sparlich vertreten Im Folgenden seien nur einige der Graber naher vorgestellt Fur viele liegen keine absoluten Daten vor Das Langbett LA 22 wurde mit 5 Messungen datiert Eine Probe aus einem Pfostenloch aus der das Grab einhegenden Pfostenreihe wurde auf 3971 3806 calBC also ins FN I datiert was der fruhen Datierung weniger anderer Befunde in Danemark entspricht Die Einhegung ist deutlich alter als der Dolmen Der Dolmen wurde vermutlich 3697 3652 cal BC Standspur Findling Kammer errichtet wobei vom Kammerboden die Daten 3506 3357 und 3495 3093 calBC stammen Die keramischen Funde sowie die Bernsteinperlen u a doppelaxtformige Perlen sprechen fur mittelneolithische Belegungen MN I und MN III IV Hier wurde also ein fruhneolithisches Langbett 250 Jahre nach seiner Errichtung um einen Dolmen erganzt der bis ins MN III IV genutzt wurde Der Rundhugel LA 28 wurde laut den 14C Daten bereits im 40 39 Jahrhundert genutzt wobei die dieses Datum generierende Probe kurzlebiges Rosengewachs 3941 3800 calBC aus dem Kammerboden nicht zwangslaufig mit der Errichtung zusammenhangen muss sondern eingetragen worden sein kann Definitiv wurde das Grab im 36 Jahrhundert aufgesucht 5 Das Grab LA 32 erbrachte Daten von 3516 3372 und 3505 3367 calBC Auch die Funde zeigen die Phase FN II an Das Grab LA 69 barg Fundmaterial des MN I die absolute Datierung ergab 3505 3367 calBC was dem FN II entspricht Fur das Graberfeld Borgstedt erwies sich die absolute Datierung als sehr wichtig Diese zeigte oft dass die Graber ein wenig bis bedeutend alter als die Funde sind Das ist vor allem beim Langbett LA 22 sowie dem Rundhugel LA 28 der Fall 1 Die oben angesprochene Vielfalt der der Begriff des Langbettes nicht gerecht wird ergibt sich aus der Architektur Datierung der Anzahl und Art der Graber mit oder ohne steinernen Grabkammern So sind relativ kurze Langbetten belegt die im vornhinein megalithisch geplant oder in kurzer Zeit zu megalithischen Anlagen ausgebaut wurden Solch ein Befund liegt auch in Flintbek vor Andere Langbetten datieren sehr fruh und fallen durch ihre Lange auf In der Primarphase sind diese zudem ausschliesslich nicht megalithisch sind In Abgrenzung zu den anderen Langbetten werden diese auch earthen long barrows genannt 4 Funde BearbeitenEs wurden insgesamt 11 045 Scherben von Keramikgefassen gefunden die zu 169 Gefasseinheiten zusammengefasst werden konnten Es sind dieselben Typen wie in der nahegelegenen Siedlung anzutreffen mit dem Unterschied dass Becher relativ betrachtet haufiger sind Hervorzuheben sind eine Osenkranzflasche aus einer Erdentnahmegrube am Langbett LA 32 die in der hier gefundenen Form zum Formengut des Fruhneolithikums tendenziell FN II 3500 3300 v Chr zahlt Daneben wurde ebenfalls im Langbett LA 32 eine sog Dolmenflasche ebenfalls v a FN II gefunden Im Befund LA 30 wurden zwei sog Prunkbecher gefunden das sind reichverzierte Becher des fruhen MN Eine sog Fruchtschale wurde im Befund LA 30 gefunden Auch wenige Tonscheiben und sog Tonloffel sind hervorzuheben Zudem wurden 33 Querschneider zwei dunnnackige Flachbeile und viel Bernstein grosser Vielfalt gefunden Der Bernstein umfasst zwei Rohstucke bis zu 23 g 56 rohrenformige Perlen 20 uneindeutige Fragmente drei spulenformige Perlen zwei Anhanger und jeweils zwei doppelaxtformige und prismenformige Perlen Im Jungneolithikum Endneolithikum Schnurkeramik Einzelgrabkultur erfolgten Nachnutzungen einiger der Graber Erwahnenswert ist die Deponierung dreier Becher am Rand des Langbettes LA 31 Diese sind Becher des Typs D3 nach Hubner 6 die in Schleswig Holstein recht selten sind Diese und vergleichbare Becher verschiedene Wulst und Wellenleistenbecher sind in Mittel und Suddeutschland vor allem aus Siedlungskontexten belegt in Norddeutschland und Danemark hingegen vor allem als Deponierung an Grabern zu beobachten aber nicht in den Kammern als Grabbeigaben 7 Der Rundhugel LA 28 wurde fur eine besondere jungneolithische Nachbestattung genutzt Hier wurde eine Grube angelegt in der ein kompletter Schadel eines Pferdes zusammen mit Artefakten deponiert wurde Sicher wurden vier Bernsteinperlen eine Pfeilspitze und ein Schleifstein zusammen mit dem Pferdeschadel deponiert Das Grab wurde rezent gestort sodass nur zu vermuten ist dass die naheliegenden Objekte Streitaxt Querbeil Gefass zwei Pfeilspitzen ebenfalls hierzu gehoren Die Typochronologie des Gefasses des Beils der Streitaxt Typ K und der Pfeilspitzen Spanpfeilspitze bezeugt ein spatjungneolithisches Datum spate Einzelgrabkultur Aufwandsberechnung BearbeitenDer Bau von Siedlungen Grabenwerken und Grabmonumenten benotigt die Arbeitskraft von verschiedenen Anzahlen an Menschen s hierzu Bautrupptheorie Es beginnt mit der Suche nach geeigneten Baustoffen wie Findlingen und Baumen richtige Art und Proportionen und das Heranschaffen dieser an die Baustelle Es ist zwar davon auszugehen dass die Baustoffe in der naheren Umgebung erhaltlich waren dichter Waldbaumbestand wahrend des Neolithikums Findlinge sind Teil des Geschiebes jener Gletscher die die Jungmorane formten dennoch mussten sie prapariert und transportiert werden was besonders bei den mehrere Tonnen schweren Findlinge den zeitintensivsten Teil der Arbeit ausmacht Da einige Graber des Graberfeldes mit etlichen Findlingen errichtet wurden andere hingegen uberwiegend Holz Erde Konstruktionen darstellen sind grosse Unterschiede im Arbeitsaufwand berechnet worden Diese liegen zwischen etwa 2 300 und 10 400 Stunden Wurden zehn Personen angenommen die zehn Stunden am Tag arbeiten waren die Monumente in knapp drei Wochen bzw uber drei Monaten errichtet worden Das Langbett LA 26 wurde umfunktioniert Zunachst wurde ein kleiner Aufwand der genannten 2 300 Stunden betrieben Dieses wurde aber spater mit einer megalithischen Einfassung umgeben deren Erstellung auf 20 000 Arbeitsstunden kalkuliert wird 1 Da die megalithischen Graber und Einfassungen junger als die primaren Holz Erde Konstruktionen sind zeigt sich dass sich der kollektive Aufwand im Laufe der Zeit deutlich vergrosserte Bedeutung fur die Forschung BearbeitenDas Graberfeld Borgstedt erwies sich als sehr bedeutend So wurde verifiziert dass die nicht megalithischen Langbetten besonders fruhe Monumente darstellen Ebenso konnte hier verifiziert werden dass die Phase bestehende Langbetten megalithisch umzustrukturieren um 3650 v Chr begann Erstaunlich ist die potenzielle fruhe Datierung des Rundhugels LA 28 Dieses Grab wurde direkt mit Findlingen errichtet und wenn die Probe aus dem Kammerboden 3941 3800 calBC tatsachlich mit dem Bau zusammenhangt ware dies das fruheste bekannte Megalithgrab Norddeutschlands und Sudskandinaviens 5 Literatur BearbeitenW Dorfler J Muller W Kirleis Hrsg MEGALITHsite CAU Ein Grosssteingrab zum Anfassen Wachholtz Murmann Publishers 2015 J Muller K Rassmann Fruhe Monumente soziale Raume Das neolithische Mosaik einer neuen Zeit In E Banffy K P Hofmann P v Rummel Hrsg Spuren des Menschen 800 000 Jahre Geschichte in Europa WBG Darmstadt 2020 S 134 158Einzelnachweise Bearbeiten a b c d e Franziska Hage Budelsdorf Borgstedt Eine trichterbecherzeitliche Kleinregion In Johannes Muller Hrsg Fruhe Monumentalitat und soziale Differenzierung Band 11 verlag Dr Rudolf Habelt GmbH Bonn 2016 ISBN 978 3 7749 4043 7 a b Doris Mischka Flintbek LA 3 biography of a monument In Journal of Neolithic Archaeology 20 Dezember 2010 S 2010 Megaliths and Identities doi 10 12766 JNA 2010 43 uni kiel de abgerufen am 13 Dezember 2021 Kossian 2005 R Kossian Nichtmegalithische Grabanlagen der Trichterbecherkultur in Deutschland und den Niederlanden Landesamt fur Denkmalpflege und Archaologie Sachsen Anhalt Landesmuseum fur Vorgeschichte Halle Saale 2005 a b c Muller 2019 J Muller Boom and bust hierarchy and balance From landscape to social meaning Megaliths and societies in Northern Central Europe In J Muller M Hinz M Wunderlich Hrsg Megaliths Societies Landscapes Early monumentality and social differentiation in Neolithic Europe Verlag Rudolf Habelt GmbH Bonn 2019 29 74 a b Mischka Furholt 2019 D Mischka M Furholt The phasing of megalithic construction activities and its implications for the development of social formations in Northern Central German In J Muller M Hinz M Wunderlich Hrsg Megaliths Societies Landscapes Early monumentality and social differentiation in Neolithic Europe Verlag Rudolf Habelt GmbH Bonn 2019 921 938 Hubner 2005 E Hubner Jungneolithische Graber auf der Jutischen Halbinsel Typologische und chronologische Studien zur Einzelgrabkultur Nordiske Fortidsminder Serie B 24 1 Kopenhagen 2005 Sebastian Schultrich Das Jungneolithikum in Schleswig Holstein In Johannes Muller und Wiebke Kirleis Hrsg Scales of Transformations Band 1 Sidestone Press Leiden 2018 ISBN 978 90 8890 742 5 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Graberfeld Borgstedt amp oldid 232587023