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Bei dem Gleichwahrscheinlichkeitsmodell von J C Harsanyi handelt es sich um ein Gedankenexperiment zur Modellierung einer hypothetischen Ausgangssituation fur eine rationale und ethisch begrundbare Entscheidung John Harsanyi spricht sich in seiner Theorie fur eine Moralphilosophie aus die sich nicht auf die Fundamente von Institutionen stutzt sondern die Handlungen an einem nachweisbaren gesellschaftlichen Nutzen misst Dabei versucht Harsanyi die moralischen Entscheidungssituationen in denen sich die Menschen befinden konsequentialistischen Rationalitatspostulaten zu unterwerfen und entwickelt so seine moderne Fassung eines klassischen Utilitarismus Harsanyi sieht dabei die Ethik als Teiltheorie einer allgemeinen Theorie des Rationalen Handelns 1 2 Inhaltsverzeichnis 1 Einordnung der Theorie 2 Basis des Modells 3 Das Modell des Durchschnittsnutzenprinzip 4 Maximierung des Durchschnittsnutzens als Entscheidungsregel 5 EinzelnachweiseEinordnung der Theorie BearbeitenDie Theorie Harsanyis zahlt zu einer utilitaristischen Ethik und lasst sich somit der normativen Ethik zuschreiben Harsanyi selbst spricht sich fur den Praferenzutilitarismus aus In Bezug auf die Debatte zwischen Regel und Handlungsutilitaristen halt er den Regelutilitarismus fur geeigneter um Kooperation und verlassliche Verhaltenserwartungen unter mehreren Akteuren sicherzustellen Basis des Modells BearbeitenDie Basis der Theorie Harsanyis bilden mehrere Saulen 3 Zum einen ist die moderne Entscheidungstheorie aufzufuhren Sie ist ein Zweig der Wahrscheinlichkeitstheorie und dient dazu die Folgen von Handlungen zu evaluieren Als zweite Saule nennt Harsanyi die Spieltheorie Ihr geht es um die Modellierung von Situationen in Interaktionssystemen die aus mindestens zwei Individuen bestehen Eine weitere Grundlage stellen die Uberlegungen von Adam Smith dar Er hat die Figur eines objektiven und mitfuhlenden Beobachters der Gesellschaft entworfen 4 Bei Harsanyi ist jeder Entscheider ein Beobachter Jedoch im Unterschied zu Smith wohnt Harsanyis Beobachter in der Gesellschaft und ist von seinen Entscheidungen selbst betroffen was naturlich eine Ausblendung personlicher Interessen wahrend des moralischen Entscheidungsprozesses erschwert Auch auf Immanuel Kant lasst Harsanyi seine Theorie basieren Bei Harsanyi spielt ebenfalls die kantsche Universalisierbarkeit eine wichtige Rolle Eine nicht universalisierbare Entscheidung kann keine moralische sein Schliesslich stellt der Utilitarismus wie bereits gesehen das moralphilosophische Fundament Wie der Utilitarismus nimmt auch Harsanyi die Maximierung des gesellschaftlichen Nutzens hier Durchschnittsnutzen als Basisprinzip Das Modell des Durchschnittsnutzenprinzip BearbeitenDas Gedankenexperiment beruht auf der Tatsache dass eine moralische Entscheidung um uberhaupt als solche qualifiziert zu sein nicht von personlichen Praferenzen des Entscheiders abhangen darf Da solche personlichen Praferenzen nur schwerlich zu unterdrucken sind konstruiert Harsanyi das Gleichwahrscheinlichkeitsmodell equiprobability model Dabei handelt es sich um folgende Entscheidungssituation Eine Gesellschaft besteht aus n displaystyle n nbsp Mitgliedern Es soll nun zwischen mehreren Alternativen entschieden werden Dabei hat keines der n displaystyle n nbsp Individuen Kenntnis davon in welcher Position es sich spater wenn man sich fur eine Alternative entschieden hat befinden wird Es konnte sowohl den besten Platz Platz 1 als auch den schlechtesten Platz Platz n displaystyle n nbsp einnehmen Das Individuum muss damit rechnen jede der n displaystyle n nbsp Positionen in der spateren Gesellschaft mit derselben Wahrscheinlichkeit zu erreichen Das Individuum muss sich in seiner Entscheidung nach seinem erwarteten Nutzen U displaystyle U nbsp dem Erwartungsnutzen E U displaystyle operatorname E U nbsp richten Der Erwartungsnutzen E U s displaystyle operatorname E U s nbsp der aus den Umweltzustanden s i displaystyle s i nbsp mit den Eintrittswahrscheinlichkeiten p i displaystyle pi i nbsp mit i N displaystyle i in mathbf N nbsp 0 p i 1 displaystyle 0 leq pi i leq 1 nbsp und p i 1 displaystyle sum pi i 1 nbsp resultiert ist definiert durch E U s i 1 n p i U s i displaystyle operatorname E U s sum i 1 n pi i U s i nbsp Harsanyi geht es jedoch nicht um die Maximierung des Nutzens einer einzelnen Person sondern darum dass ein unparteilicher Entscheider das Individuum i displaystyle i nbsp die gesamte gesellschaftliche Wohlfahrt W i displaystyle W i nbsp maximiert Die Gesellschaft besteht dabei aus j displaystyle j nbsp Individuen deren Praferenzen alle gleich gewichtet werden mussen Wie bereits oben genannt wohnt der Entscheider i displaystyle i nbsp in der Gesellschaft ist also ein Teil von j displaystyle j nbsp Bei Gleichwahrscheinlichkeit aller Positionen also bei p 1 p 2 p n displaystyle pi 1 pi 2 cdots pi n nbsp und bei der Gleichgewichtung aller Praferenzen ergibt sich als gesamtgesellschaftliche Wohlfahrtsfunktion einer Alternative W i 1 n j 1 n U j displaystyle W i frac 1 n sum j 1 n U j nbsp Diese Gleichung stellt die gesamtgesellschaftliche Wohlfahrt als arithmetisches Mittel aller individuellen Nutzenfunktionen dar Da ein Mittelmass auch als Durchschnitt bezeichnet werden kann wird die Gleichung als Durchschnittsnutzenprinzip bezeichnet Sind alle Umweltzustande gleich wahrscheinlich ist der Betrag des Erwartungsnutzens eines individuellen Akteurs im Gleichwahrscheinlichkeitsmodell gleich dem Durchschnittsnutzen Maximierung des Durchschnittsnutzens als Entscheidungsregel BearbeitenFur alle zur Verfugung stehenden Alternativen werden zunachst die Nutzenauspragungen in jeder moglichen Situation bestimmt jede Auspragung erhalt dabei dieselbe Wahrscheinlichkeit Danach wird fur alle erreichbaren Alternativen jeweils der resultierende Durchschnittsnutzen berechnet Im Anschluss wird die Alternative mit dem maximalen Durchschnittsnutzen gewahlt nbsp Maximierung des DurchschnittsnutzensHarsanyi sieht in der Maximierung des Durchschnittsnutzens die einzige Entscheidungsregel deren Anwendung in der Situation des Gleichwahrscheinlichkeitsmodells zulassig ist In dem verwandten Konzept des Schleiers des Nichtwissens von John Rawls wird eine Entscheidung nach der Maximin Regel gefordert Gegen ein solches Vorgehen wehrt sich Harsanyi entschieden 5 Ein weiterer Unterschied zu Rawls ist dass Harsanyi jeder Stimme ein Gewicht von 1 n displaystyle frac 1 n nbsp zuordnet wahrend Rawls jeder Stimme ein unendliches Gewicht gibt Bei Harsanyi sind somit Mehrheitsentscheidungen moglich Bei Rawls hingegen kann jedes Individuum durch ein Veto die Entscheidung verhindern Einzelnachweise Bearbeiten HARSANYI JOHN C 1977 Morality and the Theory of Rational Behavior in Social Research 44 S 625 HOMANN KARL 1988 Rationalitat und Demokratie Die Einheit der Gesellschaftswissenschaften 57 Tubingen Mohr Siebeck S 220 HARSANYI JOHN C 1977 Morality and the Theory of Rational Behavior in Social Research 44 S 623 630 Vgl SMITH ADAM 1790 Theorie der ethischen Gefuhle Felix Meiner Verlag Hamburg 2004 HARSANYI JOHN C 1975 Can the Maximin Principle Serve as a Basis for Morality A Critique of John Rawls s Theory in American Political Science Review 69 S 594 606 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gleichwahrscheinlichkeitsmodell amp oldid 238857198