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Als gesetzliche Lizenz bezeichnet man im Urheberrecht eine Befugnis zur Nutzung eines geschutzten Werkes die von Gesetzes wegen gewahrt wird fur die der Urheber bzw Rechteinhaber aber vergutet werden muss 1 Die gesetzliche Lizenz wird im deutschsprachigen Schrifttum ublicherweise von der urheberrechtlichen Zwangslizenz abgegrenzt bei welcher vor der Nutzung die Einwilligung des Urhebers bzw Rechteinhabers eingeholt werden muss Die Terminologie ist international allerdings uneinheitlich 2 Inhaltsverzeichnis 1 Einordnung und Rechtfertigung 2 Situation in Deutschland 2 1 Stellung und Rechtsfolgen 2 2 Einzelfalle 3 Literatur 4 AnmerkungenEinordnung und Rechtfertigung BearbeitenDas Urheberrecht als ausschliessliches gegen jedermann wirkendes absolutes Recht verleiht dem Urheber genuin die Befugnis frei daruber zu bestimmen ob wie und unter welchen Bedingungen ein anderer sein Werk nutzen darf 3 Ungeachtet dessen ob man die moralische Rechtfertigung des Urheberrechtsschutzes eher in personalistischen oder utilitaristischen Erwagungen sehen will 4 ist jedoch in allen Urheberrechtsordnungen der Welt anerkannt dass dieser Rechtsposition auch Grenzen gesetzt werden mussen um sie mit verschiedensten kulturellen sozialen technologischen okonomischen und politischen Bedurfnissen in Einklang zu bringen 5 Ein solcher Ausgleich erfolgt neben Beschrankungen des urheberrechtlichen Schutzgegenstandes insbesondere durch Schrankenregelungen wie beispielsweise der Freiheit der Privatkopie Der Gesetzgeber nimmt hierbei bestimmte Nutzungshandlungen von der Verfugungsmacht des Urheber aus Diese Nutzungsbefugnis wird wiederum in einigen Fallen vergutungsfrei erteilt in anderen Fallen halt der Gesetzgeber mit Blick auf den erforderlichen Interessenausgleich eine Vergutung des Urheber fur erforderlich 6 Solcherlei vergutungspflichtige Nutzungsfreistellungen bezeichnet man als gesetzliche Lizenzen Situation in Deutschland BearbeitenStellung und Rechtsfolgen Bearbeiten Im Katalog der im deutschen Urheberrechtsgesetz UrhG gewahrten Schrankenbestimmungen ist die gesetzliche Lizenz neben der vollstandigen Ausnahme vom Urheberrechtsschutz die vorherrschende Form der Nutzungsfreistellung 7 Sie ist dadurch gekennzeichnet dass der Gesetzgeber an eine tatsachliche objektive Nutzungshandlung die Rechtsfolge eines gesetzlichen Schuldverhaltnisses knupft die Nutzungshandlung stellt dabei also einen so genannten Realakt dar das heisst das Schuldverhaltnis entsteht unabhangig davon ob diese Rechtsfolge vom Nutzer gewollt ist oder nicht 7 Ausnahmsweise entsteht das Schuldverhaltnis bei der Vervielfaltigung zum privaten und sonstigen eigenen Gebrauch nach 53 UrhG wohl bereits vorgelagert mit dem Inverkehrbringen der zur Vervielfaltigung geeigneten Gerate bzw Leermedien 8 Der Hauptinhalt dieses Schuldverhaltnisses ist der Vergutungsanspruch zwischen dem Nutzer bzw im Fall von 53 dem Gerater bzw Leermedienhersteller und dem Urheber bzw Rechteinhaber daneben bestehen als Nebenpflichten zum Teil auch Auskunfts und Benachrichtigunganspruche gegen den Nutzer So kann beispielsweise der Urheber von Gerate und Leermedienherstellern Auskunft uber Art und Stuckzahl der von ihnen verausserten oder anderweitig in Verkehr gebrachten Gerate und Speichermedien verlangen 54f Abs 1 UrhG dadurch wird es dem Urheber bzw Rechteinhaber erst ermoglicht seine Vergutungsforderungen zu stellen Bei der ebenfalls einer gesetzlichen Lizenz unterliegenden Werkvervielfaltigung im Rahmen von Sammlungen fur den religiosen Gebrauch 46 muss der Nutzer sogar vor Vornahme der Nutzungshandlung dem Urheber bzw hilfsweise dem Rechteinhaber seine Absicht zur Nutzung durch eingeschriebenen Brief mitteilen und darf erst zwei Wochen nach dessen Absendung mit der Nutzung beginnen 46 Abs 3 Satz 1 UrhG Mit dieser Mitteilungspflicht wird insbesondere bezweckt den Urheber in die Lage zu versetzen gegebenenfalls von seinem Verbotsrecht wegen gewandelter Uberzeugung aus 46 Abs 5 UrhG Gebrauch machen zu konnen 9 Das Verhaltnis zwischen der gesetzlichen Lizenz und der vertraglichen Lizenz als solcher ist in der Literatur vereinzelt umstritten Teilweise wird insbesondere hinsichtlich 53 UrhG angenommen durch gesetzliche Lizenzen wurden gleich den vertraglichen Lizenzen aber eben auf gesetzlichem Wege Nutzungsrechte eingeraumt Das gesetzliche Schuldverhaltnis ware dann zweiseitig Auf der einen Seite bestunde ein Nutzungsanspruch des Nutzers auf der anderen Seite als Gegenleistung die besagten Vergutungsanspruche samt Nebenpflichten gegen den Nutzer Die vorherrschende Meinung sieht in der gesetzlichen Lizenz demgegenuber ein einseitig verpflichtendes gesetzliches Schuldverhaltnis das Ausschliesslichkeitsrecht des Urhebers wird durch den Gesetzgeber beschrankt und dem Nutzer bzw im Fall von 53 UrhG einem Dritten werden einseitig Pflichten auferlegt ohne dass diese selbst im Gegenzug einen Nutzungsanspruch erwurben 10 Einzelfalle Bearbeiten Als gesetzliche Lizenzen sind im UrhG namentlich folgende Schranken ausgestaltet Stand August 2018 11 Die Freistellung zugunsten behinderter Menschen 45a UrhG fur die nach 45a Abs 2 Satz 1 UrhG eine angemessene Vergutung zu zahlen ist Der Vergutungsanspruch kann nur durch eine Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden 45a Abs 2 Satz 2 UrhG Die Freistellung von Sammlungen fur den religiosen Gebrauch 46 UrhG fur die nach 46 Abs 4 UrhG eine angemessene Vergutung zu zahlen ist Die Freistellung von Aufnahmen von Schulfunksendungen die am Ende des Schuljahres nicht geloscht werden 47 Abs 2 UrhG fur die nach 47 Abs 2 Satz 2 UrhG eine angemessene Vergutung zu zahlen ist Die Freistellung des Nachdrucks und der offentlichen Wiedergabe einzelner Rundfunkkommentare und Artikel 49 Abs 1 UrhG fur die nach 49 Abs 1 Satz 2 UrhG eine angemessene Vergutung zu zahlen ist Der Vergutungsanspruch kann nur durch eine Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden 49 Abs 1 Satz 3 UrhG Die Freistellung bestimmter Formen der offentlichen Wiedergabe veroffentlichter bzw erschienener Werke 52 UrhG fur die nach 52 Abs 1 Satz 2 Abs 2 Satz 2 UrhG grundsatzlich eine angemessene Vergutung zu zahlen ist Die Freistellung der Vervielfaltigung zum privaten und sonstigen eigenen Gebrauch 53 UrhG fur die nach 54 ff UrhG die Hersteller Importeure und Grossbetreiber von Geraten und von Speichermedien deren Typ allein oder in Verbindung mit anderen Geraten Speichermedien oder Zubehor zur Vornahme solcher Vervielfaltigungen benutzt wird grundsatzlich eine angemessene Vergutung zu zahlen haben Der Vergutungsanspruch kann nur durch eine Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden Die Freistellung zur Veranschaulichung des Unterrichts und der Lehre an Bildungseinrichtungen zu nicht kommerziellen Zwecken 60a UrhG mit denselben Vergutungsfolgen wie bei der Vervielfaltigung zum privaten und sonstigen eigenen Gebrauch siehe uberstehend nebst einem zusatzlichen verwertungsgesellschaftspflichtigen Anspruch auf angemessene Vergutung 60h UrhG Die Freistellung zur Aufnahme kleiner Teile von veroffentlichten Werken in Unterrichts und Lehrmedien 60b UrhG mit denselben Vergutungsfolgen wie bei der Vervielfaltigung zum privaten und sonstigen eigenen Gebrauch siehe uberstehend nebst einem zusatzlichen verwertungsgesellschaftspflichtigen Anspruch auf angemessene Vergutung 60h UrhG Die Freistellung zur Nutzung kleiner Teile von Werken zur nicht kommerziellen wissenschaftlichen Forschung 60c UrhG mit denselben Vergutungsfolgen wie bei der Vervielfaltigung zum privaten und sonstigen eigenen Gebrauch siehe uberstehend nebst einem zusatzlichen verwertungsgesellschaftspflichtigen Anspruch auf angemessene Vergutung 60h UrhG Die Freistellung bestimmter Nutzungen im Kontext der automatisierten Nutzung Text und Data Mining im Rahmen der wissenschaftlichen Forschung 60d UrhG mit denselben Vergutungsfolgen wie bei der Vervielfaltigung zum privaten und sonstigen eigenen Gebrauch siehe uberstehend nebst einem zusatzlichen verwertungsgesellschaftspflichtigen Anspruch auf angemessene Vergutung 60h UrhG Die Freistellung bestimmter Nutzungen durch offentlich zugangliche Bibliotheken und offentlich zugangliche Archive Museen und Bildungseinrichtungen 60e 60f UrhG mit denselben Vergutungsfolgen wie bei der Vervielfaltigung zum privaten und sonstigen eigenen Gebrauch siehe uberstehend nebst einem zusatzlichen verwertungsgesellschaftspflichtigen Anspruch auf angemessene Vergutung 60h UrhG Die Freistellung bestimmter Nutzungen durch offentlich zugangliche Bibliotheken 60e UrhG mit denselben Vergutungsfolgen wie bei der Vervielfaltigung zum privaten und sonstigen eigenen Gebrauch siehe uberstehend nebst einem zusatzlichen verwertungsgesellschaftspflichtigen Anspruch auf angemessene Vergutung 60h UrhG Die Freistellung der Vervielfaltigung und der offentlichen Zuganglichmachung bestimmter verwaister Werke 61 ff die einem Rechteinhaber der erst nach Beginn der privilegierten Nutzung in Erscheinung tritt einen Anspruch auf angemessene Vergutung gewahrt 61b Abs 2 UrhG Literatur BearbeitenFriedrich Karl Beier Ausschliesslichkeit gesetzliche Lizenzen und Zwangslizenzen im Patent und Musterrecht In Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Band 100 Nr 3 4 1998 S 185 195 Anmerkungen Bearbeiten Vgl Dreier in Dreier Schulze Urheberrechtsgesetz 6 Aufl 2018 Vor 44a 63a Rn 11 Melichar in Schricker Loewenheim Urheberrecht 4 Aufl 2010 Vor 44a ff Rn 23 Schunke in Artur Axel Wandtke Hrsg Urheberrecht 5 Aufl De Gruyter Berlin 2016 ISBN 978 3 11 040123 3 S 274 f zur Schweiz Barrelet Egloff Das neue Urheberrecht 3 Aufl 2008 Art 19 Rn 2 Cherpillod in von Buren David Urheberrecht und verwandte Schutzrechte SIWR II 1 3 Aufl 2014 Rn 740 zu Osterreich Walter Osterreichisches Urheberrecht 2008 Rn 1412 Dillenz Gutmann Kommentar zum UrhG amp VerwGesG 2 Aufl 2004 Vor 41 ff Rn 11 zur DDR Puschel in Heinz Puschel Hrsg Urheberrecht 2 Aufl Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik Berlin 1986 S 52 Vgl Reto M Hilty Urheberrecht Stampfli Bern 2011 ISBN 978 3 7272 8660 5 Rn 212 Sterling World Copyright Law 3 Aufl 2008 32 03 differenziert etwa zwischen der Zwangslizenz compulsory license im weiteren Sinne statutorily granted licence to do an act covered by an exclusive right without the prior authority of the rightowner und der Zwangslizenz im engeren Sinne a licence granted on application to the authority court tribunal etc specified in the law die er von der gesetzlichen Lizenz statutory licence effective by the mere fulfilment of the statutory conditions without the necessity of prior application to an authority abgrenzt Ahnlich wie hier fur die gesetzliche Lizenz Paul Goldstein und Bernt Hugenholtz International Copyright 3 Aufl Oxford University Press New York 2013 ISBN 978 0 19 979429 4 S 372 compensated limitation Vgl Schack Urheber und Urhebervertragsrecht 8 Aufl 2017 Rn 4 Dazu im Detail Malte Stieper Rechtfertigung Rechtsnatur und Disponibilitat der Schranken des Urheberrechts Mohr Siebeck Tubingen 2009 ISBN 978 3 16 150177 7 Teil 1 Vgl Paul Goldstein und Bernt Hugenholtz International Copyright 3 Aufl Oxford University Press New York 2013 ISBN 978 0 19 979429 4 S 372 Malte Stieper Rechtfertigung Rechtsnatur und Disponibilitat der Schranken des Urheberrechts Mohr Siebeck Tubingen 2009 ISBN 978 3 16 150177 7 S 9 ff 96 Zu dieser Systematik der urheberrechtlichen Beschrankungen vgl Ricketson Ginsburg International Copyright and Neighboring Rights Bd 1 2 Aufl 2005 13 01 a b Vgl Melichar Stieper in Schricker Loewenheim Urheberrecht 5 Aufl 2017 Vor 44a ff Rn 10 Vgl Loewenheim in Schricker Loewenheim Urheberrecht 5 Aufl 2017 54 Rn 16 Dreier in Dreier Schulze Urheberrechtsgesetz 6 Aufl 2018 54 Rn 11 Dreyer in Dreyer Kotthoff Meckel Urheberrechtsgesetz 3 Aufl 2013 54 Rn 25 So mehr oder minder ausdrucklich noch 54 Abs 1 54a Abs 1 Satz 1 a F vom 1 August 1994 neugefasst mit Wirkung zum 1 Januar 2008 BGBl 2007 I S 2513 vgl BGH Urteil vom 29 November 1984 I ZR 96 83 GRUR 1985 280 282 Herstellerbegriff II Vgl Melichar in Schricker Loewenheim Urheberrecht 5 Aufl 2017 46 Rn 23 Dreier in Dreier Schulze Urheberrechtsgesetz 6 Aufl 2018 46 Rn 16 Loewenheim in Loewenheim Handbuch des Urheberrechts 2 Aufl 2010 31 Rn 199 Zu dieser Streitfrage vgl im Einzelnen Malte Stieper Rechtfertigung Rechtsnatur und Disponibilitat der Schranken des Urheberrechts Mohr Siebeck Tubingen 2009 ISBN 978 3 16 150177 7 S 139 ff Vgl Dreier in Dreier Schulze Urheberrechtsgesetz 6 Aufl 2018 Vor 44a 63a Rn 14 Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gesetzliche Lizenz amp oldid 180372657