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Gerhard Kleining 22 Juni 1926 in Nurnberg 21 Juli 2022 war ein deutscher Soziologe Er war der Begrunder der qualitativ heuristischen Sozialforschung Von 1976 bis 1993 war er Professor fur Allgemeine Soziologie an der Universitat Hamburg Gerhard Kleining 2009 Inhaltsverzeichnis 1 Biografie 2 Wissenschaftliche Laufbahn 3 Qualitativ heuristische Sozialforschung 4 Wissenschaftliche Bedeutung 5 Lebensweltforschung 6 Publikationen Auswahl 7 Literatur 8 Weblinks 9 Quellen 10 EinzelnachweiseBiografie BearbeitenGerhard Kleining wurde ohne das Abitur abgelegt zu haben wahrend des Zweiten Weltkrieges 1944 mit knapp 18 Jahren als Soldat zur deutschen Wehrmacht eingezogen Im Mai 1945 geriet er zu Kriegsende in amerikanische Gefangenschaft aus der er nach vier Monaten entlassen wurde Von 1945 bis 1948 studierte er an der Universitat Erlangen mit einer Sondergenehmigung Kunstgeschichte im Hauptfach sowie Anglistik und Psychologie im Nebenfach 1949 wurde er in Kunstgeschichte mit einer Arbeit uber Veranderungen im mitteleuropaischen Baustil zwischen den Jahren 1050 und 1350 promoviert Nach privaten Aufenthalten in der Schweiz und Italien erhielt er Ende 1949 eine Anstellung bei Siemens in der damals noch sehr kleinen Werbeabteilung 1954 wechselte er zum Konzern Reemtsma Cigarettenfabriken Dieser schickte ihn zunachst auf eine halbjahrige Forschungsreise in die USA um die dortige in Deutschland noch weitgehend unbekannte empirische Sozialforschung umfassend kennenzulernen Auf diese Weise kam er in Kontakt mit den bekanntesten amerikanischen Soziologen und Sozialpsychologen Mit Harriett B Moore ergab sich daraus eine langjahrige wissenschaftliche Kooperation Zuruck in Deutschland wurde Gerhard Kleining 1955 Leiter der Marktforschung von Reemtsma eine Position die er bis zu einer Berufung als Professor 1976 an die Universitat Hamburg innehatte Er verstarb am 21 Juli 2022 kurz nach seinem 96 Geburtstag 1 Wissenschaftliche Laufbahn BearbeitenObwohl er an seiner Arbeitsstelle in der Wirtschaft uberwiegend mit kommerzieller angewandter Marktforschung befasst war fand er auch immer wieder Zeit zu grundlegenden soziologischen und sozialpsychologischen Analysen Seine wissenschaftlichen Hauptthemen zu denen er in den funfziger und sechziger Jahren publizierte waren soziales Image und Sozialstruktur Nachdem er in der industriellen Marktforschung sowohl qualitative als auch quantitative Studien durchgefuhrt hatte konzentrierte er sich in Forschung und Lehre an der Universitat auf die qualitative Sozialforschung 1982 publizierte er seinen grundlegenden Aufsatz Umriss zu einer Methodologie qualitativer Sozialforschung in der Kolner Zeitschrift fur Soziologie und Sozialpsychologie Dieser Aufsatz enthalt die qualitative Heuristik als systematische Methodologie fur die qualitative empirische Sozialforschung Zweites Standbein seiner akademischen Tatigkeit in Hamburg war die Beschaftigung mit Dialektik in Philosophie und Soziologie Er gab Vorlesungen und Seminare zu Georg Wilhelm Friedrich Hegel und Karl Marx sowie zur Theorie der Frankfurter Schule Seit seiner Pensionierung widmet er sich gemeinsam mit einer Gruppe von Hamburger Soziologen und Psychologen der Wiederaufnahme und der Verfeinerung der Introspektion als qualitativer Erkenntnismethode unter dem Namen dialogische Introspektion Qualitativ heuristische Sozialforschung BearbeitenKleining beschreibt das Vorgehen in der qualitativen Sozialforschung mit vier grundlegenden Regeln Offenheit der Forschungsperson der Forschungsgegenstand ist erst am Ende des Forschungsprozesses bekannt maximale strukturelle Variation der Perspektiven und Analyse auf Gemeinsamkeiten Sein Ansatz ist einerseits eine Fortfuhrung zweier klassischer Richtungen der deutschen Denkpsychologie der qualitativen Methoden der Wurzburger Schule Karl Buhler Oswald Kulpe und der Berliner Schule der Gestaltpsychologie Max Wertheimer Wolfgang Kohler Andererseits ist seine Methodologie aber auch als Weiterentwicklung der Konzepte der Grounded Theory Anselm L Strauss Barney Glaser zu verstehen mit erkenntnistheoretischen Begrundungen aus der Dialektik von Hegel Wissenschaftliche Bedeutung BearbeitenNachdem seit dem Zweiten Weltkrieg in der Psychologie und den Sozialwissenschaften in Deutschland nahezu dreissig Jahre quantitative Methoden die akademische Diskussion beherrschten kam es auch unter dem Einfluss gesellschaftskritischer Stromungen in den Sozialwissenschaften und der Psychologie zu einer gewissen Renaissance qualitativer Methoden in den 1980er Jahren Gerhard Kleining lieferte mit seinem programmatischen Umriss Aufsatz von 1982 dabei einen der ersten und wichtigsten Impulse fur diese neuen Ansatze qualitativer Sozialforschung in der akademischen Forschung und Lehre Damit leistete er einen wesentlichen Beitrag zu ihrer institutionellen Etablierung im deutschen Sprachraum Zu seinem 77 Geburtstag erschien 2003 eine Festschrift zu der seine wichtigsten Schuler und Mitarbeiter Beitrage verfassten Sein engster Mitarbeiter an der Universitat Hamburg war der Soziologe Gerhard Stapelfeldt Lebensweltforschung BearbeitenSeit den 1990er Jahren beschaftigte sich Gerhard Kleining mit den Lebenswelten einer Segmentation der Bevolkerung nach typischen Lebensumstanden bzw Lebenslagen Sie erganzen Konzepte der sozialen Schichtung mit dem dynamischen Aspekt der zeitlichen Abfolge von Lebensphasen wie sie durch soziale Institutionen gepragt sind Familien Bildungs und Arbeitsorganisation geben den Rahmen ab fur die unterschiedlichen Lebensformen die Menschen im Laufe ihres Lebens eingehen Menschen werden ausgebildet legen Prufungen ab verrichten Erwerbsarbeit heiraten ziehen Kinder auf treten in den Ruhestand siehe Kleining et al 2006 S 213 nbsp BiografischeLW nbsp FamilienLWEntwickelt wurden zunachst die Biografischen Lebenswelten als Segmentation von Personen anhand von Clusteranalysen grosser Datensatze Krotz 1990 und der Typologie der Wunsche TdW Die Biografischen Lebenswelten differenzieren z B gut das Interesse an verschiedenen Zeitschriftenthemen die Anschaffungsneigung und das Sparverhalten Mit Daten des GfK Haushaltspanels und der TdW wurden schliesslich anhand von Clusteranalysen die Familien Lebenswelten als Segmentation von Haushalten ermittelt Die Familien Lebenswelten berucksichtigen die Haushaltszusammensetzung z B ob Kinder im Haushalt sind ob es sich um Ein oder Mehrpersonenhaushalte handelt und analog zu den Biografischen Lebenswelten auch die soziale Schicht und die Lebensphasen Ausbildung Beruf Ruhestand Sie differenzieren sehr gut das Haushaltsnettoeinkommen aber auch z B Preis und Markenbewusstsein und etliche Aspekte des Kaufverhaltens Die Abbildungen stammen aus Kleining et al 2006 Die Lebenswelten werden in einigen Marktforschungsinstrumenten als Segmentation eingesetzt z B im GfK Verbraucherpanel und in der Typologie der Wunsche spater aufgegangen in der b4p Best for Planning Publikationen Auswahl BearbeitenUmriss zu einer Methodologie qualitativer Sozialforschung in Kolner Zeitschrift fur Soziologie und Sozialpsychologie Jg 34 1982 S 224 253 urn nbn de 0168 ssoar 8619 Lehrbuch entdeckende Sozialforschung Von der Hermeneutik zur qualitativen Heuristik Beltz Psychologie VerlagsUnion Weinheim 1995 ISBN 3 621 27285 2 Qualitativ heuristische Sozialforschung Schriften zur Theorie und Praxis Fechner Hamburg 1994 ISBN 3 929215 02 0 Literatur BearbeitenHagemann Otmar Krotz Friedrich Hrsg Suchen und Entdecken Beitrage zu Ehren von Gerhard Kleining Rhombos Berlin 2003 Krotz Friedrich 1990 Lebenswelten in der Bundesrepublik Deutschland Eine EDV gestutzte qualitative Analyse quantitativer Daten Opladen Kleining Gerhard Prester Hans Georg 1999 Familien Lebenswelten eine neue Marktsegmentation von Haushalten in Jahrbuch der Absatz und Verbrauchsforschung 45 Jg Heft 1 S 4 25 GfK Kleining Gerhard Prester Hans Georg und Frank Ronald 2006 Lebenswelten in der Marktforschung Ergebnisse aus der Praxis in Jahrbuch der Absatz und Verbrauchsforschung 46 Jahrgang Heft 3 S 212 241 GfK Lebensweltaufsatz 2006Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Gerhard Kleining im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek uber Qualitative Heuristik uber Dialogische Introspektion Literatur von Gerhard Kleining Open Access auf SSOARQuellen BearbeitenWitt Harald 2004 September Von der kommerziellen Marktforschung zur akademischen Lehre eine ungewohnliche Karriere Gerhard Kleining im Interview mit Harald Witt 248 Absatze Forum Qualitative Sozialforschung Forum Qualitative Social Research Online Journal 5 3 Art 40 Verfugbar uber http www qualitative research net fqs texte 3 04 04 3 40 d htmEinzelnachweise Bearbeiten Gunter Mey Gerhard Kleining 1926 2022 Mailingliste Qualitative Sozialforschung 1 August 2022 Normdaten Person GND 124886280 lobid OGND AKS LCCN nr95043074 VIAF 37863138 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Kleining GerhardKURZBESCHREIBUNG deutscher Soziologe Begrunder der qualitativ heuristischen SozialforschungGEBURTSDATUM 22 Juni 1926GEBURTSORT NurnbergSTERBEDATUM 21 Juli 2022 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gerhard Kleining amp oldid 236273577