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Geomathematik ist ein Zweig der Mathematik Sie hat als Aufgabe eine Brucke zwischen der mathematischen Theorie und der geotechnischen Anwendung zu spannen Der besondere Reiz dieser Tochter der Mathematik begrundet sich im regen Gedankenaustausch zwischen der mehr an Modellbildung theoretischer Fundierung und approximativer sowie numerischer Problembewaltigung interessierten Gruppe angewandter Mathematiker und der mehr mit Messtechnik Methodik der Datenanalyse Implementation von Routinen und Software Anwendung vertrauten Gruppe der Geoingenieure und physiker Inhaltsverzeichnis 1 Geomathematik als Kulturgut 2 Geomathematik als Aufgabe und Ziel 3 Geomathematik als Losungspotential 4 LiteraturGeomathematik als Kulturgut BearbeitenDen altesten schriftlich uberlieferten Zeugnissen nach ist Mathematik hervorgegangen im sumerischen Babylon aus den praktischen Aufgaben des Messens Zahlens und Rechnens zur Feldbewirtschaftung und Vorratshaltung Ihre erste Blute erlebte die mit geowissenschaftlichen relevanten Fragen befasste Mathematik in der Antike z B mit der Berechnung des Erdradius durch den Alexandriner Eratosthenes 176 195 v Chr Von den Arabern ist etwa fur das Jahr 827 n Chr eine nordwestlich von Bagdad ausgefuhrte Gradmessung uberliefert Weitere Schlusseletappen geomathematischer Forschung fuhren uns uber den Orient ins abendlandische Mittelalter und die Neuzeit Nicolaus Kopernikus 1473 1543 gelingt der Ubergang vom geozentrischen Weltsystem des Ptolemaos zum heliozentrischen System Johannes Kepler 1571 1630 findet die Gesetze der Planetenbewegungen Weitere Meilensteine aus historischer Sicht sind z B die Begrundung der Lehre des Erdmagnetismus durch W Gilbert 1544 1608 die Entwicklung von Triangulationsmethoden bei Gradnetzbestimmungen durch Tycho Brahe 1547 1601 und Willibrord van Roijen Snellius 1580 1626 die Fallgesetze des Galileo Galilei 1564 1642 und die Grundzuge der Ausbreitung von Erdbebenwellen durch Christiaan Huygens 1629 1695 Die vom Englander Isaac Newton 1643 1727 formulierten Gravitationsgesetze machen klar dass die Erdanziehungskraft auch Schwere genannt mit der Entfernung von der Erde abnimmt Im 17 und 18 Jahrhundert ubernimmt Frankreich eine wesentliche Rolle durch die Grundung der Akademie in Paris 1666 Erfolgsetappen sind die Theorie des isostatischen Ausgleichs der Massenverteilung in der Erdkruste durch Pierre Bouguer 1698 1758 die Berechnung der Erdfigur insbesondere der Polabplattung durch P L Maupertuis 1698 1759 und Alexis Claude Clairaut 1713 1765 sowie die Entwicklung des Kalkuls der Kugelfunktionen durch Adrienne Marie Legendre 1752 1833 und Pierre Simon Laplace 1749 1829 Das 19 Jahrhundert ist wesentlich gepragt durch das Werk von Carl Friedrich Gauss 1777 1855 Besonders hervorzuheben sind die Berechnung der ersten Fourierkoeffizienten der Kugelfunktionsentwicklung des Erdmagnetfeldes die Hypothese elektrischer Strome in der Ionosphare sowie die Definition der Niveauflache des Geoids der Begriff Geoid stammt allerdings vom Gauss Schuler Johann Benedict Listing 1808 1882 Ende des 19 Jahrhunderts wurde die Grundidee der Dynamotheorie in der Geomagnetik durch B Stewart 1851 1935 geboren u v a Diese unvollstandige nicht einmal das letzte Jahrhundert enthaltende Liste zeigt bereits dass historisch gesehen Geomathematik eine der grossen Errungenschaften der Menschheit ist Geomathematik als Aufgabe und Ziel BearbeitenGeomathematik aus heutiger Sicht widmet sich den qualitativen und quantitativen Eigenschaften der aktuell vorhandenen oder moglichen Strukturen unseres Erdsystems Sie ist Garant und Patin zugleich fur den Begriff von Wissenschaftlichkeit in der Erdsystemforschung Das System Erde besteht dabei aus einer Anzahl von Elementen die selbst wieder Systeme darstellen Die Komplexitat des Gesamtsystems Erde wird bestimmt durch interagierende physikalische biologische und chemische Prozesse die Energie Material und Information transformieren und transportieren Es ist gekennzeichnet durch naturliche soziale und okonomische Prozesse die zur gegenseitigen Beeinflussung fuhren Folglich ist fur ein Verstehen ein simples Ursache Wirkungsdenken vollig ungeeignet Erforderlich ist ein Denken in dynamischen Strukturen und das Bewusstsein multipler unvorhergesehener und manchmal unerwunschter Effekte bei Eingriffen Inharente Vernetzungen mussen erkannt und genutzt werden Selbstregulierung ist zu beachten Alle diese Aspekte machen eine Mathematik unabdingbar die mehr als eine Ansammlung von Theorien und numerischer Verfahren sein muss Die sich den Geowissenschaften widmende Mathematik ist ihrem Wesen nach nichts anderes als die Organisation der Komplexitat des Systems Erde Dazu gehoren anschauliches Denken zur Verdeutlichung abstrakter komplexer Sachverhalte richtige Vereinfachung der komplizierten Interaktionen ein angemessenes mathematisches Begriffssystem zur Beschreibung und die Genauigkeit im Denken und Formulieren Geomathematik wird somit zur Schlusselwissenschaft des komplexen Systems Erde Wo immer es Daten und Beobachtungen gibt z B bei den diversen skalaren vektoriellen und tensoriellen Clustern von Satellitendaten wird es mathematisch Statistik dient z B der Entrauschung konstruktive Approximation der Komprimierung und Auswertung spezielle Ansatzsysteme von Funktionen geben georelevante graphische und numerische Darstellungen dies alles mit mathematischen Algorithmen Das Spektrum moderner Geowissenschaften welches im Fokus der Geomathematik steht ist nicht zuletzt wegen immer starker werdender Beobachtungsdiversitat breit gefachert Gleichzeitig vergrossert sich der Kasten mathematischer Werkzeuge Eine Besonderheit liegt darin dass Geomathematik sich vornehmlich mit jenen Gebieten der Erde befasst die fur direkte Messungen nur unzureichend oder selbst durch Fernerkundungsmethoden nicht zuganglich sind Inverse Methoden zur mathematischen Auswertung sind dann unumganglich Diese laufen meist darauf hinaus dass ein physikalisches Feld nahe der Erdoberflache bzw auf Satellitenhohe ausgemessen wird um es dann mit mathematischen Methoden in die interessierenden Tiefenbereiche fortzusetzen engl downward continuation Geomathematik als Losungspotential BearbeitenDie bisherige Methodik der angewandten Mess und Auswertungsverfahren variiert stark je nach der untersuchten Messgrosse Erdbeschleunigung elektrische bzw magnetische Feldstarke Temperatur und Warmefluss Spannungs Dehnungsverhalten etc dem beobachteten Frequenzbereich und der dabei auftretenden grundlegenden Feldcharakteristik Potenzialfeld Diffusionsfeld oder Wellenfeld jeweils abhangig von den zugrunde liegenden Differenzialgleichungen Insbesondere hat die Differenzialgleichung grossen Einfluss auf die Auswertungsverfahren Daher seien hier wie in den Geowissenschaften ublich die typischen mathematischen Erkundungsverfahren nach der zutreffenden Feldcharakteristik aufgefuhrt Potenzialverfahren Potenzialfelder elliptische Differenzialgleichungen in Gravimetrie Geomagnetik Geoelektrik Geothermie Diffusionsverfahren Diffusionsfelder parabolische Differenzialgleichungen in Magnetotellurik Geoelektromagnetik Wellenverfahren Wellenfelder hyperbolische Differenzialgleichungen in Seismologie und Seismik Georadar Der Vorteil und der Nutzen dieser mathematischen Vorgehensweise bestehen in der besseren schnelleren billigeren und sichereren Problemlosung und zwar mit den Mitteln der Simulation der Visualisierung und der Reduktion von Datenfluten Die Geomathematik steht in enger Wechselbeziehung mit Geoinformatik Geoingenieurwesen und Geophysik Aber Geomathematik unterscheidet sich auch grundsatzlich von diesen Disziplinen Ingenieure und Physiker benotigen die mathematische Sprache als Hilfsmittel und Werkzeug Inhalt der Geomathematik ist aber auch die Fortentwicklung der Sprache selbst Gegenstand der Geoinformatik ist Design und Architektur von Prozessoren und Computern Datenbanken und Programmsprachen usw im georeflektierten Umfeld Fur Geomathematik sind Computer allerdings nicht Studienobjekte sondern technische Hilfsmittel zum Losen mathematischer Probleme der Georealitat Literatur BearbeitenWilli Freeden Geomathematik was ist das uberhaupt Jahresbericht der Deutschen Mathematiker Vereinigung Band 111 2009 S 125 152 und die darin enthaltenen Zitate Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Geomathematik amp oldid 212833213