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Goygol ist eine Stadt in Aserbaidschan Sie ist Hauptstadt des Bezirks Goygol Die Stadt hat 19 500 Einwohner Stand 2021 2014 hatte Goygol etwa 18 200 Einwohner 2 Der von Schwaben aus dem damaligen Konigreich Wurttemberg als Helenendorf gegrundete Ort trug von 1938 bis 2008 den Namen Chanlar 3 auch Xanlar oder russisch Hanlar GoygolStaat Aserbaidschan AserbaidschanRayon GoygolGegrundet 1819Koordinaten 40 35 N 46 19 O 40 5875 46 316666666667 670 Koordinaten 40 35 15 N 46 19 0 OHohe 670 m Einwohner 19 500 2021 1 Zeitzone AZT UTC 4 Telefonvorwahl 994 2220Postleitzahl AZ2500Kfz Kennzeichen 25 Gemeindeart Stadt seher Goygol Aserbaidschan Goygol Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Entwicklung des Stadtnamens 1 2 Grundung als Siedlung von Kaukasiendeutschen 1 3 Geschichte als deutsche Siedlung bis zum Zweiten Weltkrieg 1 4 Soziale Entwicklung bis zum Zweiten Weltkrieg 2 Kultur 3 Verkehr 4 Sohne und Tochter der Stadt 5 Literatur 6 Film 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenEntwicklung des Stadtnamens Bearbeiten Der ursprungliche Name der Stadt als Helenendorf leitet sich von der Grossherzogin Elena Pawlowna ab der zweiten Tochter des Paul I von Russland 1754 1801 und seiner zweiten Ehefrau Zarin Maria Feodorowna 1759 1828 vor der Heirat bekannt als Prinzessin Sophie Dorothee von Wurttemberg Am 29 November 1938 erhielt der Ort die Stadtrechte bei gleichzeitiger Umbenennung in Xanlar nach dem aserbaidschanischen Arbeiterfuhrer Xanlar Sefereliyev 1885 1907 4 3 Am 25 April 2008 beschloss das aserbaidschanische Parlament die Stadt nach einem nahe liegenden See in Goygol dt etwa blauer See umzubenennen 5 6 7 Grundung als Siedlung von Kaukasiendeutschen BearbeitenAm 10 Mai 1817 genehmigte Zar Alexander I die Umsiedlung von 700 schwabischen Familien nach Transkaukasien Die Stadt Ulm wurde damals als Sammelpunkt ausgewiesen von wo aus die Siedler auf Schiffen die Donau hinunter nach Ismajil Ukraine geschickt wurden Die ersten Siedler aus dieser Gruppe wurden im Winter 1817 zu den in der Ukraine bereits existierenden deutschen Schwarzmeerkolonien wie Peterstal Josefstal Karlstal und anderen gebracht nbsp Von Wurttemberg nach AserbaidschanIn Transkaukasien kamen die Grundungssiedler erst in Begleitung von Kosaken im August des Jahres 1818 an Von den ursprunglichen 700 schwabischen Familien die Ulm verliessen erreichten nur etwa 400 ihre Ziele wobei einige der Auswanderer auf dem Weg nach Transkaukasien an Krankheiten starben und andere wiederum in der Schwarzmeerregion verblieben Zur gleichen Zeit schlossen sich auch etwa weitere 100 Familien aus den Schwarzmeerkolonien den Einwanderern nach Transkaukasien an Ab dem Jahre 1817 wurden in Transkaukasien dann sechs Siedlungen in Georgien und zwei in Aserbaidschan gegrundet Annenfeld und Helenendorf Der Ort wurde im Jahr 1819 von 127 schwabischen Familien ca 600 Siedler als Helenendorf gegrundet Zu den Grundungsvatern gehorten unter anderem Gottlieb Koch Herzog Schimann Jacob Krause oder Johannes Wuchrer 8 Geschichte als deutsche Siedlung bis zum Zweiten Weltkrieg Bearbeiten Helenendorf wurde zu einer der bedeutendsten Kolonien der Kaukasiendeutschen Schon 20 Jahre nach der Grundung gab es in der Kolonie acht Schuhmacher vier Schneider acht Schmiede vier Tischlereien und mehrere Wagnereien fur Fuhrwerke Im Jahre 1843 lebten in der Siedlung 609 Menschen Mit dem sich weiter etablierenden Weinanbau begann ab etwa 1860 der verstarkte wirtschaftliche Aufschwung Ab dem Jahre 1893 organisierte sich die deutsche Gemeinde in Vereinen Als erstes Dorf im gesamten Kaukasus hatte Helenendorf 1912 elektrischen Strom 1916 gar ein funktionierendes Telefonnetz 1908 belief sich die Zahl der deutschen Bevolkerung Helenendorfs auf mehr als 2400 Personen Mit den Namen von Christopher Vohrer und Gebruder Hummel verbindet man die Grundung und Blutezeit der Weinproduktion auch Cognac und Wodka in Aserbaidschan Vor dem Ersten Weltkrieg trugen die beiden Handelshauser Vohrer und Hummel in Helenendorf mit einem Umsatz von 12 3 Millionen Liter Wein fast 50 Prozent des Weinabsatzes der deutschen Kolonistendorfer und hatten zahlreiche Zweigstellen ihrer Weingeschafte in ganz Russland 9 1920 wurde die Winzergenossenschaft Konkordija unter dem Namen Produktionsverbund der Arbeiterwinzer mit Teilen des Grundvermogens der Familienbetriebe Vohrer Hummel Beck sowie der alten Genossenschaften neugegrundet Bis 1929 konnte sie rund 160 Verkaufsstellen in der ganzen Sowjetunion einrichten Concordia stellte nicht nur Wein her sondern richtete Schulen ein finanzierte Kultureinrichtungen und unterhielt chemische Forschungslabors 10 Mit der Grundung der Demokratischen Republik Aserbaidschan ADR im Mai 1918 entstand der Transkaukasische Deutsche Rat der sich auch um Belange der Deutschen in Georgien kummerte Darin waren unter anderem Dr med Wilhelm Hurr und Gottlieb Hummel vertreten In der Nationalversammlung der ADR reprasentierte Lorenz Kuhn aus Helenendorf als Abgeordneter die Interessen der deutschen Bevolkerung Aserbaidschans 11 Ab der zweiten Halfte der 1920er Jahre als Aserbaidschan bereits Teil der Sowjetunion geworden war begann die systematische Enteignung der Dorfgemeinschaft Aufgrund ihres steigenden Wohlstands wurden die Deutschen von Kommunisten als Kulaken gebrandmarkt 1926 fand ein grosser Gerichtsprozess unter anderem gegen Gottlob Hummel Heinrich Vohrer und Fritz Reitenbach statt die prominenten Vorstandsmitglieder der Konkordia aus Helenendorf denen konterrevolutionare und nationalistische Aktivitaten vorgeworfen wurden In der Folge wurden die Angeklagten nach Kasachstan deportiert und ihr Eigentum beschlagnahmt 1935 wurde die Konkordia zerschlagen und 600 Familien aus Helenendorf und aus dem nahegelegenen Annenfeld unter dem Vorwurf der Spionage nach Ostkarelien zwangsdeportiert 12 Im Zuge der deutschen Operation wurden 1937 1938 landesweit zehntausende Deutsche verhaftet In Helenendorf wurden in den Jahren 1933 bis 1941 insgesamt 187 Deutsche verhaftet 1941 wurden die verbliebenen Deutschen auf Befehl des sowjetischen Innenministeriums NKWD unter Lawrenti Beria sowie auf Befehl Stalins mit der Akten Nr 001487 Uber die Umsiedlung der Deutschen aus der Georgischen der Aserbaidschanischen und der Armenischen SSR vom 8 Oktober 1941 13 nach Nordkasachstan Oblast Nowosibirsk Aqmola Gebiet Qaraghandy Gebiet Qostanai Gebiet Gebiet Pawlodar ausgewiesen Auf Lastwagen wurden die deutschen Familien zum Bahnhof von Gandscha gebracht weiter ging es mit der Eisenbahn nach Baku Hier wurden die Deportierten am 25 Oktober auf Schiffe verladen und uber das Kaspische Meer nach Krasnowodsk in Turkmenien gebracht Von Krasnowodsk begann fur die Kaukasusdeutschen eine wochenlange Eisenbahnfahrt in Viehwaggons die bis Mitte November dauerte uber Aschgabat in Turkmenien Samarkand und Taschkent in Usbekistan Richtung Nordwesten bis Orenburg im Uralgebiet nach Omsk in Sibirien und schliesslich wieder Richtung Suden bis Akmolinsk in Kasachstan 14 Nach dem Ende der Sowjetunion 1990 kamen viele der ehemals deportierten Helenendorfer als Spataussiedler nach Deutschland Im Jahre 2007 verstarb der letzte Deutsche im Ort Viktor Klein der als unmittelbarer Nachfahre der deutschen Siedler aus der Grundungszeit stammte 15 Sein Wohn und Elternhaus in der heutigen Goygol wird seit 2014 als Museum genutzt Soziale Entwicklung bis zum Zweiten Weltkrieg Bearbeiten Aufgrund der Tatsache dass es unter den Siedlern auch Lehrer gab hatten die Kinder in der Ortschaft die Moglichkeit Lesen Schreiben und Zahlen sowie spater Geographie und Geschichte zu lernen 1823 wurde in der Siedlung die erste Schule gebaut in der die Kinder in zwei Klassen unterrichtet werden konnten Mit dem Bevolkerungswachstum wuchs auch die Grosse der Schule und der Rahmen der darin unterrichteten Facher 1907 wurde an der Helenendorfer Schule ein Internat fur Kinder aus anderen schwabischen Siedlungen Transkaukasiens eroffnet die dort studieren konnten In den 1920er Jahren wurden fur die padagogische Entwicklung der Siedlerkinder auch Lehrer aus Deutschland und Osterreich eingeladen an der Helenendorfer Schule zu unterrichten So wurde beispielsweise der Musikunterricht an der Schule von Alois Melichar dem spateren Dirigenten der Berliner Philharmoniker unterrichtet 16 Zu den ortlichen Lehrern gehorte insbesondere Jakob Hummel der fur seine wissenschaftlichen Arbeiten uber Archaologie bekannt war In den 1930er Jahren arbeitete auch der bekannte wolgadeutsche Schriftsteller und Dichter Franz Bach an der Helenendorfer Schule 17 In Helenendorf wurden auch musikalische Konzerte und Auffuhrungen organisiert Zu diesem Zweck hatte man ein Brassensemble und Streichorchester sowie ein Theaterstudio mit rund 400 Zuschauerplatzen aufgebaut wo verschiedene Feierlichkeiten und offentliche Veranstaltungen stattfanden Im Jahre 1930 eroffnete eine Musikschule mit Klavier und Saiteninstrumentenunterricht in der Siedlung Viele Musikgruppen aus allen anderen transkaukasischen Kolonien in den 1930er Jahren gab es insgesamt 21 Kolonien kamen in Helenendorf zu Grossfestivals zusammen Kultur Bearbeiten nbsp Ehemalige lutherische St Johannis Kirche 1908 nbsp Ehemalige lutherische St Johannis Kirche 2012 nbsp Ehemalige lutherische St Johannis Kirche Innenansicht nbsp Ehemalige lutherische St Johannis Kirche Blick nach aussenVon der deutschen Besiedlung blieben der Stadt eine lutherische Pfarrkirche die zu Sowjetzeiten als Sporthalle genutzt wurde und heute ein Museum ist die als Alleen angelegten Strassen und die spitzgiebeligen Hauser Ausserdem gibt es ein historisches Museum ein Kino und die Brucke Ag Korpu dt Weisse Brucke die im 12 Jahrhundert erbaut wurde 3 Verkehr Bearbeiten nbsp Hummelstrasse in Goygol Helenendorf Nordlich der Stadt verlauft die Fernstrasse M2 die dort die gut 10 km nordlich Zentrum gelegene Grossstadt Gence umgeht In Gence befindet sich an der Bahnstrecke von Baku zur georgischen Grenze weiter Richtung Tiflis der Azerbaycan Dovlet Demir Yolu auch die nachstgelegene Bahnstation Zur Erinnerung an die Errungenschaften grosser Familienunternehmen wurde eine der Zentralstrassen nach der Familie Hummel umbenannt 18 Sohne und Tochter der Stadt BearbeitenJakob Hummel 1893 1946 sowjetischer Archaologe und Volkskundler deutscher Herkunft Lorenz Jacob Kuhn 1884 1942 Politiker Abgeordneter im Parlament der Demokratischen Republik Aserbaidschan Christopher Vohrer 1827 1916 kaukasiendeutscher WeinproduzentLiteratur BearbeitenUlrich Mohl Schwabischer Pioniergeist im Kaukasus Die russlanddeutsche Kolonie Helenendorf In Schwabische Heimat Heft 2002 3 ISSN 0342 7595 Nazim Allahverdi oglu Ibragimov Heimat in der Fremde Der deutsche Einfluss auf die Entwicklung Aserbaidschans Herausgegeben vom Autor zusammen mit der Rheinland Pfalzischen Gesellschaft fur Ostbeziehungen e V Mainz 1997 ISBN 3 00 001882 4 Jacqueline Grewlich Suchet Wine and Wagons Helenendorf Azerbaijan s First German Settlement In Azerbaijan International Sommer 2004 12 2 S 70 75Film BearbeitenWinfried Schnurbus Abenteuer Seidenstrasse Die Karawane der Hoffnung Erstsendung 4 Dezember 2003 Dokumentation uber einen Hilfstransport nach Afghanistan mit Helenendorf als Etappe Kurzes Interview mit dort lebenden Deutschstammigen Weblinks Bearbeiten Helenendorf Deutsches Erbe von Aserbaidschan Offizielle Webseite von Goygol aserb Einzelnachweise Bearbeiten Population by sex towns and regions urban settlements at the beginning of the 2021 In 2 6en xls Excel Datei The State Statistical Committee of the Republic of Azerbaijan 2021 abgerufen am 27 Februar 2022 englisch Population by sex economic and administrative regions urban settlements of the Republic of Azerbaijan at the beginning of the 2014 Memento vom 16 Juli 2014 im Internet Archive auf der Website des Azerbaycan Respublikasinin Dovlet Statistika Komitesi Staatliches Statistikkomitee der Republik Aserbaidschan a b c azerb com uber Stadt und Rayon S A Melʹnikov C G Ibragimov Azerbajdzanskaja SSR Administrativno territorialʹ noe delenie na 1 janvarja 1977 goda 4 Auflage Baku 1979 russisch online PDF Kurze Informationen uber den Bezirk aserb Izmenilis nazvaniya dvuh gorodov Azerbajdzhana Memento des Originals vom 11 Februar 2012 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www 1news az Azerbaijani Khanlar Region Re named 1 2 Vorlage Toter Link news trendaz com Seite nicht mehr abrufbar festgestellt im April 2019 Suche in Webarchiven nbsp Info Der Link wurde automatisch als defekt markiert Bitte prufe den Link gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis trendaz com Ingo Petz Zu Besuch beim letzten Kaukasus Deutschen 19 Mai 2010 sueddeutsche de abgerufen am 12 April 2020 Vohrer und Hummel Deutsche in Aserbaidschan Memento des Originals vom 15 Dezember 2007 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt 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Stadt amp oldid 234122311