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Als Gorlitzer Schekel bezeichnet man im deutschen Sprachraum 1 Medaillen unabhangig vom Herstellungsort die Munzpragungen des Judischen Krieges als religiose Objekte kopieren Andere Bezeichnungen sind Weihrauchmunzen censer pieces oder Falsche Schekel Diese hatten bei Numismatikern lange den Ruf billiger Falschungen was aber ihre Bedeutung als Devotionalien verkennt Inhaltsverzeichnis 1 Entstehung des Motivs Weihrauchfass 2 Judischer Kontext 3 Christlicher Kontext 4 Literatur 5 EinzelnachweiseEntstehung des Motivs Weihrauchfass Bearbeiten nbsp Echter Halbschekel aus dem zweiten Jahr des AufstandsIn der Fruhen Neuzeit wurden Exemplare der antiken silbernen Jerusalemer Schekel in Europa bekannt Gorlitzer Schekel sind Nachahmungen dieser Munzen sie sind grosser und meist nicht aus Edelmetall Die Kopisten ersetzten die ihnen unverstandlichen althebraischen Buchstaben durch Quadratschrift woran diese Munzen leicht zu erkennen sind Der Text der Inschriften ist mit dem Vorbild identisch namlich Vorderseite Raucherfass שקל ישראל Schekel Jisrael Schekel Israels Ruckseite Pflanze ירושלים הקדושה Jeruschalajim haKedoscha Heiliges Jerusalem Die haufigste antike Pragung war die des Jahres 2 des Aufstandes 67 68 n Chr Auf dem Foto sieht man auf der Vorderseite das zentrale Motiv des Kelchs und daruber zwei Buchstaben in althebraischer Schrift Schin und Bet als Abkurzung fur Jahr 2 Diese Buchstaben wurden als aufsteigender Rauch interpretiert der Kelch als Rauchergefass missverstanden 2 Kopien dieser Munze nennt man deshalb auch Weihrauchmunzen censer pieces Die Form des Kelches wurde oft durch Amphoren oder andere Phantasieformen ersetzt Aus dem stilisierten Blutenstab des Hohenpriesters auf der Ruckseite des antiken Schekels wurde beim Gorlitzer Schekel ein uppig grunendes Gewachs Judischer Kontext BearbeitenDas alteste bekannte Exemplar einer solchen Medaille der Meysel Schekel wurde 1584 in Joachimsthal angefertigt 3 Diese gegossene silberne Medaille hat einen Durchmesser von 38 mm Eine Ose wurde spater hinzugefugt um den Schekel als Schmuckstuck tragen zu konnen Die Jahreszahl steht in pseudo hebraischen Zahlen unter dem Weihrauchfass auf der Vorderseite Vielleicht diente dieser Schekel in der judischen Gemeinde als symbolische Wahrung bei der Pidjon haBen Zeremonie oder als Chanukka Geld Es kann sich um ein sentimentales Erinnerungsstuck an die judische Heimat 4 handeln Ein spaterer Besitzer der Medaille pragte dafur den Namen Meysel Schekel nach Mordechai Meysel der im 16 Jahrhundert die judische Gemeinde zu Prag leitete Christlicher Kontext Bearbeiten nbsp Christus als Schmerzensmann Links die dreissig Silberlinge in Gestalt von Gorlitzer Schekeln Lucas van Leyden zugeschrieben 16 Jahrhundert Uffizien Als Arma Christi wurden im Mittelalter auch Silberlinge aus dem Judaslohn verehrt doch handelt es sich bei den betreffenden Munzen in den Reliquienschatzen verschiedener Kirchen um spatantike oder byzantinische Stucke 5 Erst der Humanismus vermittelte die Kenntnis echter antiker Schekel und daran schliessen sich die falschen Gorlitzer Schekel an Man datierte die antiken Schekel in die Makkabaerzeit und meinte sie seien identisch mit den Silberlingen die im Neuen Testament erwahnt werden insbesondere bei dem Verrat des Judas Auf einem Lucas van Leiden zugeschriebenen Gemalde in den Uffizien sind die Silberlinge als Falsche Schekel dargestellt Im katholischen Raum wurden sie seit dem 17 Jahrhundert nachgegossen um bei Passionsspielen ausgegeben zu werden Mancher Teilnehmer bewahrte seinen Schekel als Talisman auf 6 Gorlitzer Schekel dienten zur Meditation der Passionsgeschichte gerade im protestantischen und humanistischen Kontext 7 Philipp Melanchthon schenkte Furst Georg III von Anhalt eine Weihrauchmunze 8 Er schrieb dazu diese Munze gleiche der im Buch von Guillaume Postel Postellus abgebildeten Munze in diesem Fall ware es allerdings eine antike Pragung 9 Ambrosius Blarer schickte Heinrich Bullinger einen Gorlitzer Schekel dieser hielt die Munze fur antik aber Blarer klarte ihn auf 8 Manche Gorlitzer Schekel wurden mit einem Loch versehen und als Anhanger getragen Mit einem solchen Schmuckstuck liess sich der reformierte Landgraf Georg I zu Hessen Darmstadt auf seinem Epitaph in der Darmstadter Stadtkirche darstellen 3 In den Turmknopf der Berliner Nikolaikirche wurde 1671 ein Gorlitzer Schekel eingelegt 10 Das Zentrum der Medaillenproduktion im deutschen Sprachraum war Gorlitz offenbar verkaufte man schon seit dem spaten 16 Jahrhundert die Stucke an die Besucher des dortigen Nachbaus des Heiligen Grabes Im 18 Jahrhundert wurden diese Souvenirs dann beworben das Material war Silber oder Zinn Man erhielt die Schekel beim Custos des Heiligen Grabes dies soll bis in die NS Zeit ublich gewesen sein Die stadtische Munzsammlung besass eine Sammlung von mindestens 36 Gorlitzer Schekeln Seit 1945 sind diese verschollen 11 Im anglo amerikanischen Raum wurden Gorlitzer Schekel im Lauf des 19 Jahrhunderts als Massenware mit zunehmend vereinheitlichtem Design hergestellt Sie wurden verkauft als Faksimiles des echten Schekels der angeblich im Jerusalemer Tempel verwendet worden sei und dienten beispielsweise als Anschauungsmaterial in Sonntagsschulen Der private Besitz einer solchen Kopie war eine Moglichkeit zu zeigen dass man an die Irrtumslosigkeit der Bibel glaubte 12 Literatur BearbeitenLeopold Kretzenbacher Verkauft um dreissig Silberlinge Apokryphen und Legenden um den Judasverrat In Schweizerisches Archiv fur Volkskunde Archives suisses des traditions populaires Band 57 1961 1 17 doi 10 5169 seals 115534 Marvin Tameanko False Shekels The Medals that Influenced Modern History In The Shekel Jg 33 Mai Juni 2000 S 3 10 IArchive Shekel2000v33n3MayJun Lars Gunter Schier Yerushalayim haKedoshah Eine numismatisch kulturhistorische Reflexion der Gorlitzer Schekel In Studien zur Oberlausitzer Numismatik Krobnitzer Hefte 8 Krobnitz 2015 S 205 224 Einzelnachweise Bearbeiten Gorlitzer Schekel In Friedrich von Schrotter Hrsg Worterbuch der Munzkunde 2 Auflage De Gruyter Berlin 1970 S 227 Marvin Tameanko False Shekels 2000 S 3 4 a b Lars Gunter Schier Yerushalayim haKedosha 2015 S 211 Marvin Tameanko False Shekels 2000 S 5 Leopold Kretzenbacher Verkauft um dreissig Silberlinge 1961 S 13 Leopold Kretzenbacher Verkauft um dreissig Silberlinge 1961 S 16 Lars Gunter Schier Yerushalayim haKedoshah 2015 S 214 a b Lars Gunter Schier Yerushalayim haKedoshah 2015 S 210 No 5075 In Corpus Reformatorum S 964 abgerufen am 26 April 2018 Ich schicke einen silbernen Siclus beziehungsweise eine Tetradrachme mit Inschrift wie sie abgemalt ist im Buch des Postellus Ich habe auch kleine Verse hinzugefugt die den bluhenden Stab Aarons und den Weihrauchkelch erklaren Lars Gunter Schier Yerushalayim haKedoshah 2015 S 213 Lars Gunter Schier Yerushalayim haKedoshah 2015 S 220 Marvin Tameanko False Shekels 2000 S 10 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gorlitzer Schekel amp oldid 223813315