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Die Funktionale Syntax erklart sprachliche Formen durch die kommunikativen Aufgaben und Zwecke fur die sie ausgebildet sind Erste Ansatze dazu finden sich schon bei den Stoikern und durchziehen die ganze Tradition der Grammatikforschung Sie wurden aber bis hin zum 19 Jahrhundert nicht zu einer konsistenten Sprach bzw Grammatiktheorie ausgebaut Philipp Wegener 1848 1916 knupft in den Grundfragen des Sprachlebens 1885 an die geisteswissenschaftliche Psychologie im Gefolge von Wilhelm Wundt an die der Sprache besonderes Augenmerk schenkte Er analysiert Sprechen als zweckhaft und horerbezogen als bestimmt durch die Anforderungen kommunikativer Horersteuerung und Gewahrleistung von Verstehen auf der Horerseite Uber die Gedankenmitteilung hinaus werden Zwecke wie die Beeinflussung der Horenden durch Erregung ihrer Sympathie verfolgt und schlagen sich in der Satzform und in den sprachlichen Mitteln nieder Entwicklungen in der neueren Grammatikforschung BearbeitenDer Sprachpsychologe Karl Buhler hat in seiner Sprachtheorie 1934 den Handlungs und Werkzeugcharakter von Sprache herausgearbeitet Eine funktionale Analyse sprachlicher Mittel wird durch seine Unterscheidung zwischen Zeigfeld und Symbolfeld der Sprache angestossen die von Konrad Ehlich 1986 2007 zu einer Funffelderlehre erweitert wurde Den Feldern entsprechen die folgenden sprachlichen Prozeduren Ehlich die deiktische zeigend den Horer H in einem Verweisraum orientierende Prozedur des Zeigfelds ich da jetzt dann die operative die Verarbeitung des verbalisierten Wissens durch H bestimmende Prozedur des Operationsfelds z B Konjunktoren wie aber Anaphern wie es die symbolische fur H die Verbindung zur Wirklichkeit herstellende Prozedur des Symbolfelds Substantiv Verb Adjektivstamme wie Haus schon versprech die expeditive unmittelbar bei H Wissen Handeln eingreifende Prozedur des Lenkfelds z B Interjektionen Imperativendung Vokativ die expressive H nuancierte Bewertungen bzw Einstufungen ubermittelnde Prozedur des Malfelds z B imitierende Intonationsmodulation An Buhler und die Prager Schule knupft auch die Funktionale generative Beschreibung an Gegenstand der Functional Grammar von Simon C Dik war the grammatical organization of connected discourse Dik 1989 12 Pragmatic adequacy erreicht diese Grammatik sofern ihr gelingt to reveal those properties of linguistic expressions which are relevant to the manner in which they are used Dik 1989 12 Strukturverandernde Operationen Transformationen Filter abstrakte semantische Pradikate etc werden daher abgelehnt Der Aufbau ist durch die Annahme bestimmt dass alle lexikalischen Einheiten als Pradikate aufzufassen sind Diese werden nicht in unabhangig erzeugte syntaktische Strukturen eingesetzt sondern bilden selbst Strukturen aus denen Pradikationen aufgebaut werden konnen Das Lexikon stellt elementare Einheiten z B Pradikatsrahmen predicate frames Terme und Formationsregeln formation rules bereit Durch Term Insertion entstehen nukleare Pradikationen denen semantisch Sachverhalte entsprechen Diese Pradikationen werden durch Operatoren z B temporale und Satelliten verschiedener Level z B Instrument spater Ort schrittweise weiter spezifiziert je nach Skopoi es ergeben sich entsprechend erweiterte Pradikationen core embedded extended predication jeweils wiederum verstanden als Pradikate uber Variablen Bezogen auf die realisierten Sachverhalte werden den Termen syntaktische oder prasentative als points of view Funktionen wie Subjekt und Objekt zugeordnet Nach der Zuordnung syntaktischer Funktionen wird die propositionale Struktur durch Operatoren und Satelliten erweitert die propositionale Einstellungen und Modalisierungen manifestieren bis schliesslich auf der Vollsatzebene illokutive Operatoren und Satelliten die Handlungsrolle spezifizieren und den Konstituenten der Pradikationen je nach informational status pragmatische Funktionen topic focus zugewiesen werden Form Abfolge und Prosodie der Konstituenten werden schliesslich durch die expression rules an der Oberflache realisiert Zur aktuellen Entwicklung dieser Theorie Hengeveld McKenzie 2010 Der Ansatz von Talmy S Givon zur funktionalen Syntax ist strukturell und typologisch orientiert Der Autor argumentiert mit vielfaltigem Datenmaterial aus unterschiedlichen Sprachen Givon geht von den empirisch aufzufindenden Formen und den Strukturen die sie bilden aus Wie ein Biologe die taxonomische Arbeit etwa an verschiedenen Typen von Skeletten als Vorstufe zu einem Verstandnis ihrer Funktion im lebenden Organismus betreibe so habe der Linguist sprachliche Strukturen zu typologisieren und die in ihnen kodierten Funktionen zu untersuchen Die wichtigsten sprachlichen Funktionsbereiche bilden eine Hierarchie Bedeutung als Gegenstand der lexikalischen Semantik kommt dem Wortschatz einer Sprache zu in dem das generische Wissen einer Kultur gespeichert ist Information als Gegenstand der propositionalen Semantik ergibt sich erst wenn lexikalische Einheiten in Propositionen eingebettet werden die syntaktisch in Form von Satzen kodiert werden Givon 1984 31f Funktion im Sinne von Diskursfunktion erhalten diese Propositionen durch Einbettung in einen spezifischen Kontext untersucht von der Diskurspragmatik Das Studium der Syntax erstreckt sich auf die Kodierungsmechanismen in den Bereichen b und c Die strukturellen Moglichkeiten angesetzt werden Wortstellung Flexion Intonation und allgemeine Anwendungsbeschrankungen bilden diskrete Einheiten Dagegen sind die zu kodierenden Funktionsbereiche durch Multidimensionalitat und Skalaritat gekennzeichnet so dass es sprachintern sowie in verschiedenen Sprachen zu unterschiedlichen Verteilungen der Kodierungspunkte in diesen Funktionsbereichen kommen kann Ein mehrperspektivischer Ansatz wird mit der Grammatik der deutschen Sprache von Zifonun Hoffmann und Bruno Strecker 1997 vorgelegt Ein Zugang uber die kommunikativen Funktion oder den sprachlichen Formaufbau sind keine sich ausschliessenden sondern komplementare Alternativen Einerseits ist auszugehen von den elementaren Funktionen fur die sprachliche Mittel ausgebildet sind etwa der Funktion Sachverhalte oder Gegenstande zu entwerfen zu thematisieren oder thematisch fortzufuhren Dabei kommen nicht beliebige Funktionen in den Blick sondern nur solche fur die spezifische sprachliche Formen und Mittel ausgebildet sind Andererseits ist auszugehen von konkreten Formen und Mitteln Laute Wortformen Wortstellung Intonation und dem formalen Aufbau sprachlicher Einheiten beispielsweise der Verbgruppe schenkt ein Buch schenkt seiner Freundin ein Buch Peter schenkt seiner Freundin ein Buch Ansatz ist hier jeweils eine spezifische Formauspragung oder ein spezifisches Mittel das in seiner Formstruktur zu analysieren und soweit moglich in einen funktionalen Erklarungszusammenhang einzuordnen ist Die Untersuchung des Ausserungsaufbaus bedarf gemass der pragmatischen Syntax in Hoffmann 2003 2013 einer funktionalen Analyse aller Konstellationen von Sprachmitteln Die Kombinatorik lasst sich nicht auf einen Grundtyp etwa blosse Konstitution Teile Ganzes reduzieren Vielmehr sind mehrere Grundtypen syntaktischer Prozeduren anzunehmen die auf sich gestellt oder synergetisch die Ausserungsbedeutung schaffen Den Vorbereich einer solchen Prozedur bilden die an die beteiligten sprachliche Mittel gebundenen Funktionen den Nachbereich die Funktion der prozedural entstehenden Einheit Formal kann das funktionale Zusammenwirken durch Verbindung oder Verschmelzung ihrer Ausdrucksgestalt durch ihre unmittelbare oder eine positionsspezifische Abfolge also das Mittel der Serialisierung oder eine gemeinsame Intonationskontur verdeutlicht werden Die gelaufigen Konzepte vom Aufbau des Satzes setzen voraus dass die hierarchische Gliederung durch Relationen derselben Art bestimmt sei entweder Dependenz vgl Dependenzgrammatik oder Konstituenz vgl Konstituentengrammatik oder kompositionale Anbindung vgl die Kategoriale Syntax von Ajdukiewicz Die lineare Ordnung wird durch Ableitung oder direkt oberflachensyntaktisch hergestellt Demgegenuber wird in einer funktionalen pragmatischen Syntax der Aufbau funktional bestimmt Die beiden wichtigsten Typen funktionaler Kombinatorik sind die Synthese ungleichartiger Ausdrucke Mittel zu einer Einheit deren Funktion nicht den Funktionen eines ihrer Teile entspricht die Integration gleicher oder ungleichartiger Ausdrucke Mittel zu einer Einheit deren Funktion sich aus der Grundfunktion eines ihrer Teile ergibt Der Satz erscheint als Resultat einer Synthese Im Verfahren der Synthese wird funktional Ungleichartiges zu einer hoheren selbstandigen Funktionseinheit mit einem ubergeordneten Zweck verbunden Die Verknupfung von Subjektion und Pradikation resultiert im Ausdruck des gegliederten abgeschlossenen Gedankens als Basis eines Satzes In der Prozedur der Integration verbinden sich Sprachmittel zu einer Funktionseinheit wobei die Funktion des einen auf die Funktion des anderen Mittels hingeordnet ist und die Funktion des anderen unterstutzt Die Integration geht im Deutschen in der Regel mit Nachbarschaftsstellung und formaler Anpassung von Flexionsendungen einher Die Funktion des Ganzen ergibt sich aus der dominanten Funktion eines Teils des Kopfes der Konstruktion Nur integrativ sind differenzierte Aufgaben wie Gegenstandsbezug mein alter Freund aus der Karibik oder Pradikation mit Begeisterung Volleyball spielen zu leisten Weitere syntaktische Prozeduren wie die Koordination oder die Implementierung sind in Hoffmann 2003 dargestellt Eine Grammatik auf dieser Basis ist Hoffmann 2013 Literatur BearbeitenK Ajdukiewicz 1935 Die syntaktische Konnexitat in Studia Philosophica 1 Warszawa S 1 28 K Buhler 1934 1965 Sprachtheorie Stuttgart G Fischer S C Dik 1989 The Theory of Functional Grammar I Amsterdam Foris K Ehlich 1986 Funktional pragmatische Kommunikationsanalyse in D Flader Hg 1991 Verbale Interaktion Stuttgart Metzler S 127 143 Wieder in L Hoffmann Hrsg 2000 2 Sprachwissenschaft Berlin New York de Gruyter 183 203 K Ehlich 2007 Sprache und sprachliches Handeln Band 1 3 Berlin New York de Gruyter T S Givon 1995 Functionalism and Grammar Amsterdam Benjamins T S Givon 2001 2002 Syntax Vol I II Amsterdam Benjamins K Hengeveld J L McKenzie 2010 Functional Discourse Grammar In B Heine H Narrog Hg The Oxford Handbook of Linguistic Analysis Oxford University Press 367 400 E Keizer 2015 A Functional Discourse Grammar for English Oxford University Press L Hoffmann ed 2003 Funktionale Syntax Berlin New York de Gruyter L Hoffmann 2021 Deutsche Grammatik Grundlagen fur Lehrerausbildung Schule Deutsch als Zweitsprache und Deutsch als Fremdsprache Berlin Erich Schmidt 4 verbesserte und erweiterte Auflage G Zifonun L Hoffmann B Strecker et al 1997 Grammatik der deutschen Sprache Berlin New York de Gruyter Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Funktionale Syntax amp oldid 213826143