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Fernand Gustave Gaston Labori 18 April 1860 in Reims 14 Marz 1917 in Paris war ein franzosischer Jurist Journalist und Politiker Er verteidigte im Rahmen der Dreyfus Affare unter anderem Emile Zola wegen einer Verleumdungsklage sowie Alfred Dreyfus im zweiten Kriegsgerichtsverfahren und Henriette Caillaux im Mordprozess gegen sie Fernand Labori 1914 Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Prozess gegen Zola 1 2 Zweites Kriegsgerichtsverfahren gegen Alfred Dreyfus 1 3 Nach Ende der Dreyfus Affare 2 Literatur 3 EinzelnachweiseLeben BearbeitenFernand Labori Sohn eines Inspektors der Eisenbahngesellschaft Chemins de fer de l Est 1 2 studierte ab 1880 Jus an der Juristischen Fakultat in Paris Bereits 1884 wurde er in die Anwaltschaft aufgenommen Parallel wurde er zum Chefredakteur der Gazette de Paris Sein erster grosser Fall war 1894 die Verteidigung des Anarchisten Auguste Vaillant der ein Attentat auf die Franzosische Nationalversammlung durchgefuhrt hatte 1897 grundete er die Literaturzeitschrift La Revue de Palais Labori war sehr fruh einer der sogenannten Dreyfusarden d h eine der Personen die davon uberzeugt waren dass Alfred Dreyfus zu Unrecht wegen Landesverrats verurteilt worden war Im Prozess gegen Esterhazy zu Beginn des Jahres 1898 vertrat er Alfred Dreyfus Ehefrau Lucie Dreyfus Esterhazy wurde in diesem Prozess auf Grund gefalschter Beweise von einem Kriegsgericht freigesprochen Emile Zola hatte bereits mehrfach zuvor in wortgewaltigen Artikeln die Sache der Dreyfusarden vertreten Am 13 Januar 1898 erschien auf der Titelseite der Literaturzeitung L Aurore Zolas offener Brief J accuse Ich klage an an Staatsprasident Felix Faure in dem Zola nun den Freispruch Esterhazys anprangerte 3 Prozess gegen Zola Bearbeiten Zola nahm in seinem Artikel rhetorisch die Rolle eines Staatsanwalts ein Er klagte den Generalstabsmitarbeiter Armand du Paty de Clam die ehemaligen Kriegsminister Auguste Mercier und Jean Baptiste Billot den stellvertretenden Generalstabschef Charles Arthur Gonse und den Leiter des franzosischen Generalstabs Raoul Le Mouton de Boisdeffre an Drahtzieher eines Komplotts zu sein warf der Schmutzpresse antisemitische Propaganda vor und beschuldigte Esterhazy erneut der wahre Landesverrater zu sein Zola warf auch die entscheidende und fur den weiteren Fortgang der Dreyfus Affare prophetische Frage auf inwieweit diese Militarrichter noch zu einem unabhangigen Urteil in der Lage gewesen waren Eine Verurteilung von Esterhazy ware auch ein Urteil uber das Kriegsgericht gewesen das im Fall Dreyfus entschieden hatte und jedem der uber Esterhazy urteilenden Militarrichter war bekannt dass ihr Kriegsminister unter dem Beifall der Abgeordneten bekraftigt hatte dass Dreyfus zu Recht verurteilt worden sei Zola ging so weit dass er das erste Kriegsgericht beschuldigte 4 das Recht verletzt zu haben indem es einen Angeklagten auf der Grundlage eines geheim gebliebenen Beweisstucks verurteilt hat und ich klage das zweite Kriegsgericht an diese Gesetzwidrigkeit auf Befehl gedeckt und dabei seinerseits das Rechtsverbrechen begangen zu haben wissentlich einen Schuldigen freizusprechen Noch am Tag der Veroffentlichung forderten konservative Parlamentarier und der Generalstab ein Vorgehen gegen Zola Am 18 Januar 1899 beschloss der Ministerrat dass der Kriegsminister eine Verleumdungsklage gegen Zola und Alexandre Perrenx den Geschaftsfuhrer von L Aurore einreichen solle 5 Anders als von Zola erwartet konzentrierte sich die Staatsanwaltschaft in ihren Beschuldigungen auf die Textpassage in der Zola dem Kriegsgericht vorgeworfen hatte Esterhazy auf Befehl freigesprochen zu haben Damit war die Anklage gegen Zola ohne Bezug zur Verurteilung von Dreyfus 5 Der Prozess erstreckte sich uber zwei Wochen An jedem Prozesstag warteten vor den Toren des Justizpalastes nationalistische Demonstranten auf Zolas Erscheinen um ihn dann mit Gejohle Steinen und Todesdrohungen zu empfangen 6 Im Gerichtssaal gelang es Fernand Labori und Albert Clemenceau durch ihre geschickte Befragung den Zeugen immer wieder Aussagen zur Dreyfus Affare zu entlocken obwohl der vorsitzende Richter standig versuchte ihre Fragen auf Sachverhalte der Anklage zu beschranken In die Enge getrieben brachte General Pellieux erneut ein Dokument ins Spiel das angeblich eindeutig die Schuld Dreyfus belege und zitierte dann den Wortlaut des faux Henry Als Labori darum bat dem Gericht das Dokument vorzulegen griff General Gonse ein dem anders als Pellieux bewusst war dass es sich um eine der Falschungen im Geheimdossier handelte Er bestatigte die Existenz des Dokuments behauptete jedoch es konne nicht offentlich vorgelegt werden 7 Das Gericht liess daraufhin den Generalstabschef Boisdeffre als Zeugen auftreten Boisdeffre bestatigte Pellieux Aussagen und wandte sich dann als Mahner an das Gericht 8 Sie sind das Gericht Sie sind die Nation wenn die Nation kein Vertrauen in die Fuhrer ihrer Armee hat in die Manner welche die Verantwortung fur die nationale Verteidigung tragen dann sind diese Manner bereit ihre schwere Aufgabe anderen zu uberlassen Sie mussen es nur sagen Das ist mein letztes Wort Nach Leon Blums Ansicht machte der Prozess deutlich dass die Behauptungen Zolas zutrafen 9 Boisdeffres Worte mit denen er eine Entscheidung zwischen der Armee und Zola sowie den Dreyfusarden verlangte hatten jedoch in der Offentlichkeit und im Gerichtssaal einen starken Eindruck hinterlassen Am 23 Februar wurde Zola zu einer Geldstrafe von 3 000 Franc und zu einem Jahr Gefangnis verurteilt 10 Ministerprasident Meline bezeichnete am nachsten Tag in der Abgeordnetenkammer die Falle Zola und Dreyfus als abgeschlossen 11 Das Oberste Berufungsgericht hob das Urteil gegen Zola jedoch wegen eines Verfahrensfehlers zunachst wieder auf 12 Am 18 Juli wurde Zola ein zweites Mal schuldig gesprochen Labori und Clemenceau rieten ihm daraufhin Frankreich sofort zu verlassen da damit das Urteil nicht zugestellt und nicht vollstreckt werden konnte Nach am selben Tag reiste Zola nach London ab Zweites Kriegsgerichtsverfahren gegen Alfred Dreyfus Bearbeiten nbsp Demange und Labori die beiden Verteidiger von DreyfusNach der Verteidigung Zolas ubernahm Labori weitere Falle von Dreyfusarden die im Zusammenhang mit der Dreyfus Affare angeklagt worden waren Er vertrat 1899 unter anderem Joseph Reinach gegen die Verleumdungsklage der Witwe des Hauptmanns Hubert Henry dessen Beweisfalschungen erheblich zur Verurteilung Alfred Dreyfus beigetragen hatten Er verteidigte ausserdem Marie Georges Picquart den ehemaligen Leiter des Nachrichtendienstes im Generalstab der den wahren Landesverrater Ferdinand Walsin Esterhazy identifiziert hatte und sich anschliessend den Forderungen seiner Vorgesetzten widersetzte das Fehlurteil gegen Dreyfus bestehen zu lassen Gemeinsam mit Edgar Demange ubernahm er auch die Verteidigung von Alfred Dreyfus nachdem das Oberste Berufungsgericht das Urteil von 1894 aufgehoben und den Prozess erneut an ein Kriegsgericht verwiesen hatte Die Prozessfuhrung erwies sich als nicht einfach Alfred Dreyfus war von seiner fast funfjahrigen Isolationshaft auf der Teufelsinsel erheblich geschwacht Louis Begley weist auch darauf hin dass Dreyfus mit seinem starren Gesichtsausdruck und seiner emotionslosen monotonen Stimme kein Angeklagter war der die Richter fur sich einnahm 13 Wahrend der Verhandlung kam es zwischen Labori und dem Gerichtsprasidenten verschiedentlich zu Auseinandersetzungen Auch mit seinem Mitverteidiger Demange war sich Labori in der Prozessfuhrung nicht einig und wahrend des Gerichtsprozesses unterliefen ihnen einige Fehler Obwohl schon vom Obersten Berufungsgericht geklart war dass Dreyfus den Landesverrat nie gestanden hatte und die Panizzardi Briefe keine Beweiskraft hatten nahmen die beiden Anwalte es beispielsweise hin dass die Anklage diese Beweise dem Militargericht erneut vorlegte 14 Wahrend des Prozesses kam es ausserdem zu einem Attentat auf Labori Er wurde am 14 August in Rennes auf offener Strasse in den Rucken geschossen der Attentater wurde nie gefasst Labori war zwar in der Lage nach einer Woche wieder seine Verteidigung aufzunehmen das Attentat verunsicherte ihn jedoch nachhaltig 15 Wesentliches Problem fur die Verteidigung war jedoch dass die Richter Offiziere waren die dem Einfluss oder gar dem Druck der obersten Chefs der Armee ausgesetzt waren erneut zu einer Verurteilung zu kommen 16 Mit funf zu zwei Richterstimmen wurde Dreyfus entsprechend ein zweites Mal des Landesverrats fur schuldig gesprochen Joseph Reinach Mathieu Dreyfus sowie widerstrebend auch der Dreyfusard Georges Clemenceau rieten zu einem Begnadigungsgesuch da Alfred Dreyfus korperliche Verfassung bezweifeln liess dass er eine weitere Haft langere Zeit uberstehen wurde Tatsachlich wurde er wenige Tage spater vom franzosischen Staatsprasidenten begnadigt Labori gehorte zu den Dreyfusarden die diesen Schritt strikt ablehnten Viele Dreyfusarden hatten personliche Opfer gebracht da sie wegen ihres Einsatzes fur eine Rehabilitierung Dreyfus beruflich und sozial benachteiligt worden waren 17 Vielen war es bei ihrem Einsatz weniger um die Person Dreyfus als um grundlegende Fragen des Rechtsverstandnisses und der Rolle der Armee im Staat gegangen Aus dieser rein rechtsstaatlichen Sicht war ein Einspruch gegen das Urteil von Rennes eine zwingende Notwendigkeit Labori brach deswegen alle Kontakte zur Familie Dreyfus ab Zwei Massnahmen von Ministerprasident Pierre Waldeck Rousseau und dem neuen Kriegsminister Garcon de Galliffet verscharften die Spaltung innerhalb der Dreyfusarden noch Beide Politiker waren von Dreyfus Unschuld uberzeugt ihnen war aber wesentlich daran gelegen die Affare in einer fur die Armee gesichtswahrenden Form zu beenden Galliffet gab dazu zwei Tage nach der Begnadigung einen Tagesbefehl aus der in jeder Kompanie verlesen wurde und in dem es hiess 18 Der Fall ist abgeschlossen Die Militarrichter haben begleitet vom Respekt aller ihren Schuldspruch vollkommen unabhangig gefallt Wir verneigen uns ohne jede Einschrankung vor ihrer Entscheidung Wir verneigen uns auch vor dem tiefen Mitgefuhl das den Prasidenten der Republik geleitet hat Am 19 November 1899 legte Waldeck Rousseau dem Senat ein Amnestiegesetz vor unter das alle im Zusammenhang mit der Affare begangenen Straftaten fallen sollten Ausgenommen davon war lediglich das Verbrechen fur das Dreyfus in Rennes verurteilt worden war Damit blieb ihm die Moglichkeit erhalten durch ein Revisionsverfahren eine vollstandige Rehabilitation zu erreichen Das Amnestiegesetz das im Dezember 1900 in Kraft trat beendete viele schwebende Verfahren wie beispielsweise die gegen Picquart und Zola es verhinderte aber auch ein gerichtliches Vorgehen gegen Personen wie Mercier Boisdeffre Gonse und du Paty die in die Intrige verstrickt waren 19 Zu den entschiedenen Gegnern dieses Amnestiegesetzes gehorte auch Fernand Labori Nach Ende der Dreyfus Affare Bearbeiten In dem Jahr in dem Dreyfus vollstandig rehabilitiert wurde wurde Labori zum Abgeordneten gewahlt Er unterstutzte zunachst die Regierung von Clemenceau und setzte sich gleichzeitig fur die Enteignung von Kirchengutern und die Abschaffung von Kriegsgerichten ein 1911 wurde er zum Prasidenten der Anwaltschaft gewahlt Im Jahr 1914 verteidigte Labori Henriette Caillaux die den Figaro Chefredakteur Gaston Calmette ermordet hatte nachdem dieser ihre Liebesbriefe an den Politiker Joseph Caillaux veroffentlichen wollte Die Briefe waren zu einem Zeitpunkt entstanden als Caillaux noch mit seiner ersten Frau verheiratet war Labori erreichte einen umstrittenen Freispruch Literatur BearbeitenMaurice Barres Scenes et doctrines du nationalisme Editions du Trident Paris 1987 ISBN 2 87690 040 8 Louis Begley Der Fall Dreyfus Teufelsinsel Guantanamo Alptraum der Geschichte Suhrkamp Frankfurt 2009 ISBN 978 3 518 42062 1 Leon Blum Beschworung der Schatten Die Affare Dreyfus Aus dem Franzosischen mit einer Einleitung und mit Anmerkung von Joachim Kalka Berenberg Berlin 2005 ISBN 3 937834 07 9 Jean Denis Bredin The Affair The Case of Alfred Dreyfus George Braziller New York 1986 ISBN 0 8076 1109 3 James Brennan The reflection of the Dreyfus affair in the European Press 1897 1899 Peter Lang New York 1998 ISBN 0 8204 3844 8 Leslie Derfler The Dreyfus Affair Greenwood Press Westport Connecticut 2002 ISBN 0 313 31791 7 Vincent Duclert Die Dreyfusaffare Militarwahn Republikfeindschaft Judenhass Wagenbach Berlin 1994 ISBN 3 8031 2239 2 Eckhardt Fuchs Gunther Fuchs J accuse Zur Affare Dreyfus Decaton Verlag Mainz 1994 ISBN 3 929455 27 7 Ruth Harris The Man on Devil s Island Alfred Dreyfus and the Affair that divided France Penguin Books London 2011 ISBN 978 0 14 101477 7 Martin P Johnson The Dreyfus Affair Honour and Politics in the Belle Epoque Macmillan Press Ltd Houndmills 1999 ISBN 0 333 68267 X Elke Vera Kotowski Julius H Schoeps Hrsg J accuse ich klage an Zur Affare Dreyfus Eine Dokumentation Begleitkatalog zur Wanderausstellung in Deutschland Mai bis November 2005 Hrsg im Auftrag des Moses Mendelssohn Zentrum Verlag fur Berlin Brandenburg Potsdam 2005 ISBN 3 935035 76 4 Alain Pages Hrsg Emile Zola Die Dreyfus Affare Artikel Interviews Briefe Ubersetzt und erganzt von Karl Zieger Haymon Verlag Innsbruck 1998 ISBN 3 85218 265 4 Uwe Wesel Geschichte des Rechts in Europa Von den Griechen bis zum Vertrag von Lissabon Beck Munchen 2010 ISBN 978 3 406 60388 4 S 516 522 George Whyte Die Dreyfus Affare Die Macht des Vorurteils Peter Lang Frankfurt am Main 2010 ISBN 978 3 631 60218 8 Einzelnachweise Bearbeiten Fernand Labori 1860 1917 bei dreyfus culture fr Abgerufen am 10 Februar 2020 Fernand Labori bei Wiki Rennes Metropole Abgerufen am 26 Januar 2023 Pages S 102 113 zitiert nach Pages S 113 a b Kotowski et al S 41 42 Pages S 42 43 Begley S 151 zitiert nach Begley S 152 Blum S 82 Pages S 34 Begley S 152 153 Pages S 35 Begley S 174 Begley S 170 173 Harris S 322 323 Begley S 174 175 Begley S 183 zitiert nach Begley S 184 Begley S 185 Normdaten Person GND 132431297 lobid OGND AKS LCCN n87151089 VIAF 7531904 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Labori FernandALTERNATIVNAMEN Labori Fernand Gustave Gaston vollstandiger Name KURZBESCHREIBUNG franzosischer Jurist Journalist und PolitikerGEBURTSDATUM 18 April 1860GEBURTSORT ReimsSTERBEDATUM 14 Marz 1917STERBEORT Paris Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Fernand Labori amp oldid 238161485