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Ferdinand Hundt seltener auch Ferdinand Hund 2 Juli 1703 in Ebersbach bei Altshausen 28 Februar 1758 in Bruchsal war ein deutscher Kunstschreiner Er war einer der herausragenden Kunstschreiner und Zierratenschnitzer des deutschen Rokoko Seine Arbeiten im Audienzzimmer der Wurzburger Residenz gelten als stilpragend und unerreicht 1 Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Literatur 3 Weblinks 4 EinzelnachweiseLeben BearbeitenFerdinand Hundt wurde am 2 Juli 1703 in Ebersbach bei Altshausen geboren Sein Vater war dort als Schreiner tatig dessen Arbeiten fur das Schiffsgestuhl und eine Kanzel in der Klosterkirche Schussenried nachgewiesen sind Er gab seinem Sohn Ferdinand wohl die erste Ausbildung Uber die Lehr und Wanderjahre Ferdinand Hundts ist bisher nichts Genaues bekannt doch ist eine Verbindung nach Wien in Betracht zu ziehen Er kam wahrscheinlich durch die Bekanntschaft zu Franz Benedikt Schlecht der im Ebersbacher Nachbarort Altshausen aufgewachsen ist nach Wurzburg Schlecht war ab 1720 als Kunstschreiner in der Residenz tatig und dort auch um 1736 mit Ausstattungsarbeiten in der sogenannten Zweiten Bischofswohnung betraut Ferdinand Hundt tritt in den Protokollen ab 1735 in der Residenz Wurzburg als ein Kunstschreiner in Erscheinung und liess bereits 1736 mindestens neun Gesellen unter sich arbeiten Im selben Jahr erlangte er seine Meisterwurde in Wurzburg Er fertigte nach Entwurfen von Johann Rudolf Byss 1660 1738 fur die Zweite Bischofswohnung und die Paradezimmer der Residenz hervorragende Gussmodelle fur die vergoldeten Zinnornamente der Wanddekoration Auch die Zierraten am Hauptportal der Schonbornkapelle in Wurzburg stammen wohl von ihm 2 nbsp Ein Kaminschirm um 1738 Wurzburger Residenz zugeschrieben Ferdinand Hundt heute im METDa die Zweite Bischofswohnung der Wurzburger Residenz dem sich wandelnden Zeitgeschmack zum Opfer fiel ist nur Weniges erhalten geblieben Aus dieser Zeit haben sich ein Kaminschirm jetzt im Spiegelkabinett der Residenz und ein weiterer aufwendig gestalteter Kaminschirm im Metropolitan Museum of Art erhalten die beide Hundt zugeschrieben werden Die 1740 erfolgte Raumausstattung im Audienzzimmer der Wurzburger Residenz gilt als das Hauptwerk im kunstlerischen Schaffen von Ferdinand Hundt Das Ornamentschnitzwerk dieses Raumes gilt als eine der schonsten Schopfungen die der deutsche Rokoko hervorgebracht hat Bei Sedlmeier Pfister wird Ferdinand Hundt zudem als schopferischer Ornamentiker beschrieben dessen Neigung zum wildbewegten tropfend flussigen Rocaille zum Turbulenten Rotierenden wogenartig sich bewegenden dabei palmettenartig aber schon ganz unsymmetrisch Strahlenden im Wurzburger Kunstkreis 1740 ganz neuartig ist 3 Ferdinand Hundt gilt vor allem als hochqualifizierter Zierraten Schnitzer Allgemein gebrauchlich sind die Begriffe Zierratenschnitzer oder Ornamentschnitzer manchmal findet sich auch die Bezeichnung Zierratenschneider Grundsatzlich wird dieses Handwerk der Bildhauerei zugeordnet Die Grundqualifikation ist hierbei der Kunstschreiner welcher auch als Ebenist fur komplexe Mobel Marketerien entwirft und mit feinste Furnieren ausfuhrt Fur Ferdinand Hundt passt letztlich die Bezeichnung Zierratenschnitzer am besten auf seine herausragende Arbeitsweise Eine andere von Ferdinand Hundt selbst entwickelte und ab 1740 im Audienzzimmer der Wurzburger Residenz ganz neue Formensprache ist die frei bewegte Rocaille quasi als eine Steigerung naturalistischer Formenvielfalt Diese gestaltet sich bei Hundt quirlig und fast uberschaumend sich von einem Motiv in ein weiteres wandelnd gleich dem Vorgang einer lebendigen sich stetig verandernden Metamorphose Diese schopferische Leistung in Entwurf und Ausfuhrung durch Ferdinand Hundt ist bei Verena Friedrich fur die Residenz Wurzburg als der konsequente Stilwandel vom Regence hin zum Rokoko mit dem freien Rocaille Ornament herausgearbeitet worden Beginnend wohl im Venezianischen Zimmer findet dieser Prozess in der Ausstattung des Audienzzimmers seinen Hohepunkt 4 Als charakteristisch fur den von Ferdinand Hundt entwickelten Ornamentstil notiert Friedrich man konne fast an einen Unterschied im verwendeten Material glauben so weich und geschmeidig gleichzeitig in ihrer Form asymmetrisch und vollig unabhangig wirkend sind die Rocaillen auf den Ecken der Lambrisrahmen in Wurzburg Es scheint fast als habe Ferdinand Hundt die Modelle fur seine Schnitzzieraten in einem plastischen Material in Ton Wachs vielleicht auch in Stuck angefertigt 5 Gleichzeitig integriert Ferdinand Hundt die ihm vertrauten vegetabilen Formen und weitere Ornamente aus dem Regence in den neuen Stil Die einschneidendste da strukturelle Veranderung ist jedoch die Umkehrung des Verhaltnisses zwischen Ornamentmotiv und Rahmen 6 Das Ornament dekorierte in der Folge nicht mehr bloss den Korpus von Rahmen Konsolen oder Fullungen sondern gestaltete diese selbst aus Der herausragende Kaminsspiegelaufsatz im Wurzburger Audienzzimmer veranschaulicht ebendies Er ist vollstandig aus Ornament und frei bewegten Rocailleformen gebildet Die schier uberbordende Vielfalt an ineinander fliessenden Motiven zeugt von einem grossen schopferischen Potenzial dieses ausserordentlichen Kunstlers In seinen spateren Jahren zeigten seine Arbeiten nie wieder jenen filigranen und an Ideen schier uberquellenden imposanten sowie expressiven Charakter des Audienzzimmers Die Supraporten die Spiegeltrumeaux an der Fensterseite des Audienzzimmers der Residenz Wurzburg und vor allem der diese nochmals uberstrahlende Kaminspiegelaufsatz haben glucklicherweise das Kriegsbombardement von 1945 unbeschadigt uberstanden Sie sind Zeugnisse von einer ausserordentlichen unerreichten kunstlerischen Erfindungsgabe und ebensolcher handwerklichen Qualitat Ferdinand Hundt ist in der Residenz Wurzburg noch bis 1746 mit Rechnungen nachweisbar allerdings nicht mit konkreten Arbeiten Als letzte Wurzburger Arbeit sind ihm die im Jahr 1746 entstandenen und sehr gut erhaltenen Kirchenbanke der Schlosskirche nachgewiesen Die Qualitat der geschnitzten Seitenwande wird aber als seinen anderen Arbeiten nicht ebenburtig beschrieben Dennoch zeigen deren in Eiche geschnitzte Seitenwangen ein anspruchsvoll gestaltetes Ornament mit eleganter raumlicher Tiefe Weitere Arbeiten Hundts fur Kirchenraume sind ansonsten bisher nicht bekannt geworden Vor seinem durch Balthasar Neumann vermittelten Wechsel nach Bruchsal in die Dienste des Furstbischofs von Hutten ab November 1751 war Hundt dann spatestens ab Anfang 1750 fur Schloss Seehof in Memmelsdorf bei Bamberg tatig Er trat hier in die Dienste des Furstbischofs von Bamberg Johann Philipp Anton von und zu Franckenstein 1746 53 7 Ferdinand Hundt fertigt fur Schloss Seehof einige Ausstattungsstucke innerhalb des Corps de Logis an welche zu den harausragendsten Schnitzmobeln des deutschen Rokoko gezahlt werden Hierzu zahlen die Kaminspiegel und Supraportenrahmen im Weissen Saal die Jahreszeitentische der Konsoltisch mit Jagdemblemen die Supraportenrahmen im Schlafzimmer und Audienzzimmer sowie die beruhmte Treillage Garnitur 8 Wohl auf Vermittlung Balthasar Neumanns hin kam Ferdinand Hundt dann in Bruchsal in die Dienste des Speyerer Furstbischofs Franz Christoph von Hutten und wird dort erstmals auch als Hofschreiner gefuhrt Zeitgleich mit ihm waren im Bruchsaler Schloss eine ganze Reihe herausragender Kunstler tatig die sich unter Balthasar Neumann bereits in Wurzburg bewahrt hatten und nun fur die Ausstattung der Festraume sowie der Paradezimmer beauftragt wurden Hier sind der Stuckateur Johann Michael Feuchtmayer 1709 1772 der Freskomaler Johann Zick 1702 1762 dessen Sohn Januarius Zick 1730 1797 und zuletzt der Maler Johann Nikolaus Treu 1734 1786 zu nennen die Schloss Bruchsal zu einem Juwel des Barock ausgestalteten 9 Ferdinand Hundt ist in dieser Zeit zustandig fur die wandfeste Ausstattung fur Turfullungen zahlreiche Trumeauspiegelrahmen und wohl auch mehrere Konsoltische im Corps de Logis Die Ausstattung all dieser Wohnraume von Schloss Bruchsal ging durch Bombeneinschlage und Brand Ende des Zweiten Weltkrieges fast vollstandig verloren da nur Weniges ausgelagert wurde Von den wesentlichen Raumlichkeiten sind glucklicherweise noch rund vierhundert sehr gute Fotografien erhalten Literatur BearbeitenRichard Sedlmaier Hundt Hund Ferdinand In Hans Vollmer Hrsg Allgemeines Lexikon der Bildenden Kunstler von der Antike bis zur Gegenwart Begrundet von Ulrich Thieme und Felix Becker Band 18 Hubatsch Ingouf E A Seemann Leipzig 1925 S 138 139 Ursula Rohlig Hund t Ferdinand In Neue Deutsche Biographie NDB Band 10 Duncker amp Humblot Berlin 1974 ISBN 3 428 00191 5 S 61 f Digitalisat Richard Sedlmaier Rudolf Pfister Die furstbischofliche Residenz zu Wurzburg Munchen 1923 Friedrich Verena Rokoko in der Residenz Wurzburg Studien zu Ornament und Dekoration des Rokoko in der ehemaligen furstbischoflichen Residenz zu Wurzburg 1 Auflage Bayerische Schlosserverwaltung Munchen 2004 ISBN 3 932982 57 6 Reiner Schulz Die Tatigkeit Ferdinand Hundts als Kunstschreiner und Zierratenschnitzer in Schloss Seehof unter Furstbischof Johann Philipp Anton von Franckenstein Historischer Verein Bamberg 135 Bericht Dezember 2017 S 211 240 link siehe unten Reiner Schulz Der Kunstschreiner und Zierratenschnitzer Ferdinand Hundt als Hofschreiner in Schloss Bruchsal Badische Heimat 4 2018 S 570 583 link siehe unten Ulrike Grimm Respect massig meubliret Zur Ausstattung der furstbischoflichen Residenz in Bruchsal Ferdinand Hundt in Schloss Bruchsal Die Beletage Barocke Pracht neu Entfaltet Mainz 2018 S 208 219 Reiner Schulz Ferdinand Hundt Ein Rokoko Kunstler in der Residenz Wurzburg im Spiegel vom Skizzenbuch Balthasar Neumanns und einer hochwertigen Qualitat von Vergoldungen im 18 Jahrhundert Mainfrankisches Jahrbuch 2018 S 277 308 Reiner Schulz Ferdinand Hundt als schopferischer Zeichner der Skizzenblatter del III fol 50r und fol 43r Ein Nachtrag zum Aufsatz im Mainfrankischen Jahrbuch Nr 70 2018 Mainfrankisches Jahrbuch 2019 S 247 250 Reiner Schulz Schloss Seehof Ein frankisches Juwel uns seine Rokoko Ausstattung durch Ferdinand Hundt Historischer Verein Bamberg 137 Bericht Dezember 2019 S 171 197 Reiner Schulz Die wandfeste Ausstattung der Beletage in Schloss Bruchsal und der pragende Einfluss von Hofschreiner Ferdinand Hundt auf die Bruchsaler Raumkunst um 1755 Badische Heimat 4 2020 S 534 550 Reiner Schulz Das figural plastische Werk von Kunstschreiner und Zierratenschnitzer Ferdinand Hundt insbesondere seine um 1740 entstandene meisterliche Fruhlingsallegorie am Kaminspiegelrahmen im sudlichen Audienzzimmer der Residenz Wurzburg Mainfrankisches Jahrbuch 2021 S 235 270 Reiner Schulz Der Hofschreiner Ferdinand Hundt und seine geschnitzten Mobel fur die Beletage von Schloss Bruchsal Badische Heimat 2 2022 S 199 211 Weblinks BearbeitenFerdinand Hundt bei sueddeutscher barock ch sueddeutscher barock ch Aufsatz zu Ferdinand Hundt in Schloss Seehof PDF 5 5 MB https www sueddeutscher barock ch PDF Schulz Ferdinand Hundt Badische 20Heimat 202018 04 pdf https www infranken de lk bamberg ein genie im schloss seehof art 3263758Einzelnachweise Bearbeiten Verena Friedrich Rokoko in der Residenz Wurzburg Munchen 2004 S 453 465 Verena Friedrich Rokoko in der Residenz Wurzburg Munchen 2004 S 99 106 Richard Sedlmeier Rudolf Pfister Die furstbischofliche Residenz zu Wurzburg Munchen 1923 S 204 Verena Friedrich Rokoko in der Residenz Wurzburg Munchen 2004 S 453 462 Verena Friedrich Rokoko in der Residenz Wurzburg Munchen 2004 S 212 Verena Friedrich Rokoko in der Residenz Wurzburg Munchen 2004 S 213 Sigrid Sangl Das Bamberger Hofschreinerhandwerk Munchen 1990 S 106 Reiner Schulz Die Tatigkeit Ferdinand Hundts in Schloss Seehof unter Furstbischof Johann Phillip Anton von Franckenstein In Historischer Verein Bamberg Hrsg 153 Bericht des historischen Vereins Bamberg 1 Auflage Band 153 2017 Verlagsdruckerei Schmidt Bamberg 2017 ISBN 978 3 87735 218 2 S 211 bis 240 Petra Pechacek Die Zimmer sind von allerbestem Geschmack In Historische Ansichten Glanzvolle Aussichten Bruchsal 2006 S 33 39 Normdaten Person GND 129791792 lobid OGND AKS VIAF 45391525 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Hundt FerdinandALTERNATIVNAMEN Hund FerdinandKURZBESCHREIBUNG deutscher KunstschreinerGEBURTSDATUM 2 Juli 1703GEBURTSORT Ebersbach bei AltshausenSTERBEDATUM 28 Februar 1758STERBEORT Bruchsal Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ferdinand Hundt amp oldid 225718826