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Faserbeugung ist ein Verfahren zur Untersuchung molekularer Strukturen durch die Analyse von Beugungsbildern Diese Bilder entstehen bei Durchstrahlung der Probe Dazu werden meist Rontgenstrahlen Elektronen oder Neutronen benutzt 1 Die Besonderheit der Faserbeugung besteht darin dass sich das Streubild nicht andert wenn die Probe um eine bestimmte Achse die Faserachse rotiert wird Solche uniaxiale Symmetrie ist typisch fur Filamente oder Fasern aus biologischen oder synthetischen Makromolekulen Polymeren Kunststoffen Fur die Kristallographie stellt Fasersymmetrie eine Erschwernis bei der Bestimmung der Kristallstruktur dar Gegenuber dem Beugungsdiagramm des Einkristalls sind die Reflexe im Faserdiagramm verschmiert und konnen einander uberlagern Die Materialwissenschaft betrachtet Fasersymmetrie als Vereinfachung denn nahezu die komplette zugangliche Strukturinformation ist in einem einzigen zweidimensionalen 2D Beugungsbild enthalten So ein Bild wird auf fotografischem Film oder einem 2D Detektor wie bei einer Digitalkamera belichtet 2 anstatt 3 Koordinatenachsen reichen zur Beschreibung von Faserbeugung aus Ideales Faserbeugungsbild eines semikristallinen Materials mit amorphem Halo und Reflexen auf Schichtlinien engl layer line Hohe Intensitat ist durch starke Schwarzung dargestellt Die Faserachse ist vertikalDas ideale Faserstreubild zeigt 4 Quadrantensymmetrie In einem solchen Bild heisst die Richtung der Faserachse Meridian die Richtung senkrecht hierzu ist der Aquator Herrscht Fasersymmetrie dann zeigen sich im 2D Bild viel mehr Reflexe beleuchtete Punkte gleichzeitig als im Beugungsbild des Einkristalls Diese Reflexe erscheinen offensichtlich auf Linien Schichtlinien angeordnet die ungefahr parallel zum Aquator verlaufen So wird im Faserbeugungsbild das Schichtlinienkonzept der Kristallographie augenfallig Die Biegung der Schichtlinien ergibt sich bei Verwendung eines ebenen Films oder Detektors das Beugungsbild muss entzerrt werden um gerade Schichtlinien zu erhalten Reflexe werden identifiziert durch Laue Indizes hkl sie entsprechen den Millerschen Indizes sind jedoch nicht teilerfremd Dies sind 3 Ziffern Reflexe auf der i ten Schichtlinie haben l i wenn die Faserachse der kristallographischen c Achse entspricht Reflexe auf dem Meridian sind 00l Reflexe Kunstliche Faserbeugungsbilder werden auch in der Kristallographie erzeugt Drehkristallmethode Dabei wird ein Einkristall im Rontgenstrahl um eine Achse rotiert Reale Faserstreubilder erhalt man im Experiment Sie zeigen nur Spiegelsymmetrie weil die Faserachse nicht perfekt senkrecht zum einfallenden Strahl orientiert ist Die entsprechende geometrische Verzerrung ist ausfuhrlich von Michael Polanyi im Kaiser Wilhelm Institut fur Faserstoffchemie unter dem Leiter Reginald Oliver Herzog studiert worden Zur Beschreibung der Geometrie hat er das elegante Konzept der Polanyi Kugel ursprunglich Lagenkugel eingefuhrt Spater haben Rosalind Franklin und Raymond Gosling auf der Basis eigener geometrischer Uberlegungen eine Naherungsformel zur Bestimmung des Faserkippwinkels b angegeben Im ersten Analyseschritt wird das Faserstreubild entzerrt und auf die reprasentative Faserebene abgebildet Diese ist die Ebene welche die Zylinderachse des reziproken Raums enthalt In der Kristallographie wird zunachst eine Naherung der Abbildung in den reziproken Raum berechnet die iterativ verfeinert wird Das oft als Fraser Korrektur bezeichnete digitale Verfahren startet mit der Franklin Approximation Es eliminiert die Verkippung entzerrt das Bild und korrigiert die Streuintensitat Die korrekte Formel fur die Bestimmung von b wurde von Norbert Stribeck angegeben Inhaltsverzeichnis 1 Historische Rolle 2 Geometrie der Faserbeugung 3 Korrektur des Streubilds 4 Literatur 4 1 Originalartikel 4 2 Lehrbucher 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseHistorische Rolle BearbeitenDie Faserbeugung fuhrte zu mehreren wichtigen Fortschritten in der Entwicklung der strukturellen Biologie z B die ersten Modelle der a helix und das Watson Crick Modell der doppelstrangigen DNS Geometrie der Faserbeugung Bearbeiten nbsp Die Geometrie der Faserbeugung andert sich beim Kippen der Faser im Rontgenstrahl der Kippwinkel liegt zwischen der blauen starren Achse und der Achse mit der Aufschrift s space Die Information uber die Struktur der Faser liegt im reziproken Raum schwarze Achsen s Raum Sie wird betrachtet als liege sie auf Polanyi Kugeln um den Ursprung des s Raums In der Animation wird 1 Polanyi Kugel mit 1 Reflex beobachtetDie Geometrie der Faserbeugung zeigt die Abbildung Sie basiert auf der von Polanyi vorgeschlagenen Darstellung Die Bezugsrichtung ist der Primarstrahl Aufschrift X ray Wird die Faser aus der Senkrechte um den Winkel b gekippt dann kippt auch die Information uber ihre Struktur im reziproken Raum s Raum Im s Raum ist die Ewaldkugel eine Kugel deren Mittelpunkt in der Probe liegt Ihr Radius ist 1 l wobei l die Wellenlange der einfallenden Strahlung ist Auf der Oberflache der Ewaldkugel liegen all die Punkte des reziproken Raums die vom planaren Detektor gesehen werden Sie werden durch Zentralprojektion auf die Pixel des Detektors abgebildet Im reziproken Raum liegt jeder Reflex auf seiner Polanyi Kugel Eigentlich stellt der ideale Reflex einen Punkt im s Raum dar Wegen der Fasersymmetrie verschmiert er aber zu einem Ring um die Faserrichtung Zwei Ringe reprasentieren einen Reflex auf der Polanyi Kugel weil Streuung punktsymmetrisch zum Ursprung des reziproken Raums ist Auf den Detektor abgebildet werden nur die Punkte die sowohl auf der Ewaldkugel als auch auf der Polanyi Kugel liegen Diese Punkte bilden den Reflexionskreis blauer Ring Auch beim Kippen der Probe andert er sich nicht Er wird wie bei einem Diaprojektor rote Strahlen auf den Detektor abgebildet Detektorkreis blauer Ring Dort erscheinen bis zu 4 Bilder des beobachteten Reflexes rote Punkte Die Lage der Reflexbilder wird durch die Orientierung der Faser im Strahl bestimmt Polanyigleichung Umgekehrt kann aus der Lage der Reflexbilder die Orientierung der Faser bestimmt werden wenn fur die Laue Indizes hkl gilt h k 0 displaystyle h k neq 0 nbsp und l 0 displaystyle l neq 0 nbsp Aus der Polanyi Darstellung leitet man die Beziehungen der Faserabbildung durch Anwendung elementarer und spharischer Geometrie ab Korrektur des Streubilds Bearbeiten nbsp Ein gemessenes Faserstreubild nbsp Faserstreubild von Polypropylen nach der Abbildung in den reziproken RaumDie Abbildung auf der linken Seite zeigt ein typisches Faserstreubild von Polypropylen vor der Transformation in den reziproken Raum Die Spiegelachse des Streubilds ist um den Winkel ϕ displaystyle phi nbsp gegen die Senkrechte verdreht Dieses Defizit wird durch einfache Rotation des Bildes kompensiert 4 gerade Pfeile zeigen auf 4 Reflexbilder des Referenzreflexes Ihre Lagen werden zur Bestimmung des Faserkippwinkels b displaystyle beta nbsp benutzt Das Bild wurde mit einem CCD Detektor aufgenommen Es zeigt die logarithmischen Intensitaten in einer Falschfarbendarstellung Helle Farben bedeuten hier hohe Intensitat Nach der Bestimmung von b displaystyle beta nbsp wird der Abstand zwischen Probe und Detektor aus den bekannten kristallographischen Daten des Referenzreflexes berechnet eine gleichmassig gerasterte Karte der Faserebene des reziproken Raumes angelegt und die Daten des Beugungsbildes in diese Karte eingetragen Die Abbildung auf der rechten Seite zeigt das Ergebnis Durch die Entzerrung andern sich auch die Streuintensitaten Durch die Krummung der Ewaldkugeloberflache bleiben am Meridian weisse Flachen in denen Strukturinformation fehlt Nur im Zentrum des Bildes und bei einem s Wert der zum Streuwinkel 2 b displaystyle 2 beta nbsp gehort gibt es Strukturinformation auf dem Meridian Prinzipiell zeigt das Bild jetzt 4 Quadranten Symmetrie Im Beispiel konnte also ein Teil der fehlenden Information von unten nach oben in die weissen Flachen kopiert werden Es macht also oft Sinn die Faser bewusst zu kippen nbsp 3D Darstellung des reziproken Raums gefullt mit den Streudaten der PolypropylenfaserDas dreidimensionale Bild zeigt dass die im Beispielexperiment gewonnene Information uber die molekulare Struktur der Polypropylenfaser fast vollstandig ist Durch Rotation des ebenen Streubildes im s Raums um den Meridian fullen die in 4 s gemessenen Faserstreudaten ein nahezu kugelformiges Volumen des s Raumes Dabei wurde im Beispiel die 4 Quadranten Symmetrie noch nicht zur Fullung weisser Flecken herangezogen Fur die Demonstration ist aus der Kugel vorn ein Viertel ausgeschnitten worden wobei aber die Aquatorebene selbst nicht entfernt wurde Literatur BearbeitenOriginalartikel Bearbeiten W Bian H Wang I McCullogh G Stubbs WCEN a computer program for initial processing of fiber diffraction patterns In J Appl Cryst 39 2006 S 752 756 W Cochran F H C Crick V Vand The Structure of Synthetic Polypeptides I The Transform of Atoms on a Helix In Acta Cryst 5 1952 S 581 586 R E Franklin R G Gosling The Structure of Sodium Thymonucleate Fibres II The Cylindrically Symmetrical Patterson Function In Acta Cryst 6 1953 S 678 685 R D B Fraser T P Macrae A Miller R J Rowlands Digital Processing of Fibre Diffraction Patterns In J Appl Cryst 9 1976 S 81 94 R P Millane S Arnott Digital Processing of X Ray Diffraction Patterns from Oriented Fibers In J Macromol Sci Phys B24 1985 S 193 227 M Polanyi Das Rontgen Faserdiagramm Erste Mitteilung In Z Physik 7 1921 S 149 180 M Polanyi K Weissenberg Das Rontgen Faserdiagramm Zweite Mitteilung In Z Physik 9 1923 S 123 130 G Rajkumar H AL Khayat F Eakins A He C Knupp J Squire FibreFix A New Integrated CCP13 Software Package Memento vom 4 Oktober 2011 im Internet Archive PDF 3 7 MB In Fibre Diffraction Rev 13 2005 S 11 18 N Stribeck On the determination of fiber tilt angles in fiber diffraction In Acta Cryst A65 2009 S 46 47 Mohamed Saad Low resolution structure and packing investigations of collagen crystalline domains in tendon using Synchrotron Radiation X rays Structure factors determination evaluation of Isomorphous Replacement methods and other modeling PhD Thesis Universite Joseph Fourier Grenoble 1994 Lehrbucher Bearbeiten L E Alexander X Ray Diffraction Methods in Polymer Science Wiley New York 1979 H P Klug L E Alexander X Ray Diffraction Procedures For Polycrystalline and Amorphous Materials 2 Auflage Wiley New York 1974 B E Warren X Ray Diffraction Dover New York 1990 ISBN 0 486 66317 5 Weblinks BearbeitenFibre Diffraction Review Memento vom 4 Oktober 2011 im Internet Archive Publications of the CCP13 Fibre Diffraction Software Project FibreFix Memento vom 4 Oktober 2011 im Internet Archive Windows software for the analysis of fiber patterns WCEN Software Linux Mac Windows for the analysis of fiber patterns Fiber Diffraction an introduction provided by Prof K C Holmes Max Planck Institute for Medical Research Heidelberg Einzelnachweise Bearbeiten Mohamed Saad Low resolution structure and packing investigations of collagen crystalline domains in tendon using Synchrotron Radiation X rays Structure factors determination evaluation of Isomorphous Replacement methods and other modeling PhD Thesis Universite Joseph Fourier Grenoble I Oktober 1994 doi 10 13140 2 1 4776 7844 google com Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Faserbeugung amp oldid 233975194