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Martin Ewald Wollny 20 Marz 1846 in Berlin 8 Januar 1901 in Munchen war ein deutscher Agrarwissenschaftler Ewald WollnyIm letzten Drittel des 19 Jahrhunderts hat er dem damals stark agrikulturchemisch ausgerichteten Landbau eine agrikulturphysikalische Lehr und Forschungskonzeption an die Seite gestellt Er gilt als Begrunder der Agrikulturphysik Inhaltsverzeichnis 1 Lehrzeit und Studium 2 Professor fur Pflanzenproduktionslehre 3 Eine neue Forschungsrichtung im Pflanzenbau 4 Herausgeber einer Fachzeitschrift 5 Forschungsschwerpunkte 6 Untersuchungen zur Regenwurm Frage 7 Ein Leben fur Wissenschaft und Praxis 8 Wichtigste Publikationen 9 Literatur 10 WeblinksLehrzeit und Studium BearbeitenEwald Wollny war der Sohn eines Geheimen Oberfinanzrates Er besuchte zunachst ein Gymnasium und anschliessend die Berliner Gewerbeschule Seit seiner fruhesten Jugend galt sein Interesse der Landwirtschaft Nach einer dreijahrigen praktischen Lehrzeit auf den Gutern Deutsch Neudorf in Schlesien und Hohenschonhausen bei Berlin studierte er von 1866 bis 1868 an der Landwirtschaftlichen Akademie Proskau in Oberschlesien Die Abschlussprufung bestand er mit Auszeichnung Dann arbeitete er ein Jahr lang als Verwalter auf einer Domane in Wanzleben bei Magdeburg Im Sommersemester 1869 setzte er sein Landwirtschaftsstudium an der Universitat Halle fort und wechselte dann an das neu gegrundete Landwirtschaftliche Institut der Universitat Leipzig 1870 wurde er dort mit einer Arbeit uber Fett und Fleischbildung im tierischen Organismus zum Dr phil promoviert Professor fur Pflanzenproduktionslehre BearbeitenNach kurzer Assistentenzeit bei dem Agrarwissenschaftler Adolph Blomeyer in Leipzig wurde Wollny im Fruhjahr 1871 als Lehrer fur Landwirthschaft nach Proskau berufen Hier beschaftigte er sich zunachst mit Fragen der Tierzucht doch alsbald wurde der Pflanzenbau sein eigentliches Lehr und Forschungsgebiet Die kritische Auswertung aller an dieser landwirtschaftlichen Akademie seit 1851 durchgefuhrten Feldversuche war fur ihn ein besonderes Anliegen Im September 1872 folgte Wollny einem Ruf an die neu gegrundete landwirtschaftliche Abteilung der Technischen Hochschule Munchen Als a o Professor sollte er vorrangig das Fachgebiet Pflanzenproduktionslehre vertreten In den 28 Jahren seiner Lehrtatigkeit seit 1880 als o Professor hielt er Vorlesungen uber Ackerbau Wiesenbaukunde Urbarmachung von Boden sowie uber Landtechnik Fur seine Forschungstatigkeit stand ihm ein Versuchsfeld zur Verfugung das er jedoch wegen der baulichen Erweiterung Munchens zweimal vollig neu anlegen musste Eine neue Forschungsrichtung im Pflanzenbau BearbeitenZwischen 1840 und 1870 waren unter dem dominierenden Einfluss Justus von Liebigs die Ziele und Aufgaben der Landbauforschung eindeutig agrikulturchemisch ausgerichtet Man glaubte allein mit den Mitteln und Methoden der Chemie die Ertrage der Kulturpflanzen zu steigern Pflanzenbauliche Versuche in jener Zeit waren deshalb vor allem Dungungsversuche Auf die grosse Bedeutung der physikalischen Bodeneigenschaften und der Witterung fur das Wachstum der Kulturpflanzen hatten zwar bereits zahlreiche Wissenschaftler aufmerksam gemacht doch eine gezielte Forschung daruber wie sich Bodenstruktur Bodenwasser Bodenwarme und Bodenluft oder Regen Schnee Verdunstung und Licht auf das Wachstum der Kulturpflanzen auswirken gab es nur in zaghaften Ansatzen Wollnys primares Ziel seiner Forschungstatigkeit in Munchen war es der Agrikulturchemie eine wissenschaftlich fundierte Agrikulturphysik an die Seite zu stellen In seinen ersten Feldversuchen konnte er uberzeugend nachweisen dass das Aufbringen von Stroh oder von anderen organischen Stoffen auf die Ackerflachen die physikalischen Bodeneigenschaften deutlich verbessert und vor allem den Humusgehalt und damit auch die Bodenfruchtbarkeit erhoht Durch die Erkenntnisse aus diesen Versuchen wurde Wollnys Versuchsfeld weit uber die Landesgrenzen Bayerns hinaus beruhmt Viele Wissenschaftler und Landwirte besuchten fortan seine klassische Arbeitsstatte der Pflanzenbauwissenschaft und erhielten nachhaltige Anregungen Herausgeber einer Fachzeitschrift BearbeitenDa Wollny offenbar Schwierigkeiten hatte die Ergebnisse seiner umfangreichen Forschungstatigkeit in landwirtschaftlichen Zeitschriften zu veroffentlichen grundete er 1878 ein eigenes Publikationsorgan die Forschungen auf dem Gebiete der Agrikultur Physik Bis 1898 hat er 20 Bande herausgegeben und redaktionell betreut Wahrend dieser Zeit war seine Zeitschrift das zentrale Publikationsorgan fur alle Forschungen auf dem Gebiet der Agrikulturphysik Nach dem Wissenschaftsverstandnis Wollnys gehoren zur Agrikulturphysik drei Teilgebiete die Physik des Bodens die Physik der Pflanze und die Agrar Meteorologie In dieser thematischen Reihenfolge hat Wollny alle Beitrage in den Einzelheften der 20 Bande publiziert Er selbst ist mit uber 100 eigenen Beitragen vertreten Der Wert dieser Zeitschrift liegt aber nicht allein in den Originalarbeiten sondern auch in dem umfangreichen Referateteil Somit sind diese 20 Bande zugleich eine wertvolle Bibliographie uber die Agrikulturphysik in jener Zeit Forschungsschwerpunkte BearbeitenWollny betrachtete die von ihm konzipierte Agrikulturphysik als eine Grund bzw Hilfswissenschaft fur die Pflanzenproduktionslehre Schwerpunkte seiner bodenphysikalischen Versuchstatigkeit waren Untersuchungen uber Bodentemperatur Bodenfarbe Bodenstruktur Bodenluft und Bodenverdichtungen Besonders eingehend studierte er Fragen des Bodenwasserhaushaltes Er untersuchte die kapillare Leitung des Wassers im Boden die Wasserkapazitat der verschiedenen Bodenarten die Sickerwasserbewegung im Boden die Bodenverdunstung in ihrer Abhangigkeit von der Bodenbedeckung und den Wasserverbrauch landwirtschaftlicher Kulturpflanzen bei unterschiedlichen Witterungsbedingungen Ein weiterer Schwerpunkt seiner Forschungstatigkeit waren Versuche uber den Einfluss des Standraumes der Saattiefe und der Behaufelungskultur auf die Ertrage der Kulturpflanzen Beachtenswert sind auch seine ertragsphysiologischen Studien z B seine Experimente uber den Einfluss des Anwelkens des Kartoffelpflanzgutes auf den Knollenertrag Wiederholt untersuchte er den Einfluss der Unkrauter auf das Wachstum der Kulturpflanzen Er konnte nachweisen dass die Kulturpflanzen in ihrem Wachstum vor allem dadurch geschadigt werden dass die Unkrauter als Lichtkonkurrenten auftreten und dem Boden erhebliche Mengen an Wasser entziehen Besondere Aufmerksamkeit widmete Wollny dem Wasserhaushalt der Kulturlandschaft Er machte konkrete Vorschlage Hochwasserschaden durch den Erhalt der Walder Anlegen von Grasflachen an Gebirgsabhangen Errichtung von Sammelteichen und durch den Bau von Kanalen zu vermindern Nur eine sachgerechte Bodenkultur also eine den lokalen Gegebenheiten angepasste Bedeckung des Bodens mit Pflanzen konne die Extreme im Wasserhaushalt der Kulturlandschaft ausgleichen und damit grossflachige Boden und Nahrstoffaustrage reduzieren Untersuchungen zur Regenwurm Frage BearbeitenVor 1870 glaubten die meisten Wissenschaftler dass die Regenwurmer Pflanzenschadlinge sind Der Kieler Physiologe Victor Hensen und der englische Naturforscher Charles Darwin Die Bildung der Ackererde durch die Tatigkeit der Wurmer die die Lebensweise der Regenwurmer intensiv studiert hatten konnten sich dieser weitverbreiteten Lehrmeinung allerdings nicht anschliessen Sie waren von der Nutzlichkeit dieser Tiere fur die Erhaltung und Vermehrung der Bodenfruchtbarkeit uberzeugt und veroffentlichten 1881 1882 daruber mehrere Beitrage Wollny der diese Veroffentlichungen in seiner Zeitschrift Forschungen auf dem Gebiete der Agrikultur Physik rezensierte war mit den Schlussfolgerungen beider Wissenschaftler zunachst gar nicht einverstanden Er versuchte deshalb ab 1883 diese These von der Nutzlichkeit der Regenwurmer mit eigenen Experimenten zu widerlegen In Kleingefassen auf unterschiedlichen Bodenarten liess er mit und ohne Regenwurmbesatz eine Vielzahl von Kulturpflanzenarten bis zur Reife heranwachsen Doch nach mehrjahrigen Versuchen musste Wollny schliesslich eingestehen dass alle seine Experimente ein uberraschendes Resultat zu Gunsten der Wirkung der Wurmer erbracht hatten In keinem seiner Versuche konnte er durch Regenwurmer verursachte Schaden an den Kulturpflanzen feststellen Die Pflanzenertrage waren in den mit Wurmern besetzten Versuchsgefassen stets deutlich hoher als in den wurmfreien Gefassen Gleichzeitig wurde die Krumelstabilitat und die Durchlassigkeit fur Wasser und Luft der Boden durch das Vorhandensein von Regenwurmern verbessert 1890 veroffentlichte Wollny seine Befunde in seiner Zeitschrift Forschungen auf dem Gebiete der Agrikulturphysik Dieser Beitrag hatte Signalwirkung Viele Wissenschaftler und Landwirte untersuchten fortan verstarkt die ackerbauliche Bedeutung der Regenwurmer Die Richtigkeit der Befunde Wollnys und damit auch die von Victor Hensen und Charles Darwin wurde auch unter Praxisbedingungen immer wieder bestatigt Regenwurmer sind keine Schadlinge sondern wertvolle Nutzlinge im Landbau Ein Leben fur Wissenschaft und Praxis BearbeitenWollny war seit 1872 verheiratet Er war Vater von zwei Kindern Sein Sohn Walter 1872 1911 studierte Landwirtschaft promovierte an der Universitat Halle Sa und war spater als praktischer Landwirt tatig Ewald Wollny verstarb bereits im Alter von 55 Jahren Ein Nierenleiden und eine Erkrankung des Gefasssystems fuhrten zu seinem fruhzeitigen Tod Seine letzte Ruhestatte fand er auf dem Nordfriedhof in Munchen Disziplinhistorisch war Wollny vorrangig Pflanzenbauwissenschaftler fur den es zu den Selbstverstandlichkeiten gehorte die aus den Ergebnissen seiner experimentellen Forschungen abgeleiteten praktischen Schlussfolgerungen unmittelbar an die Landwirte weiterzugeben Fast alle wissenschaftlichen Beitrage die Wollny in seinen Forschungen auf dem Gebiete der Agrikultur Physik veroffentlichte hat er den Bedurfnissen der Praxis entsprechend umgestaltet und oft zeitgleich in den fuhrenden landwirtschaftlichen Wochenzeitungen publiziert Durch diese produktive schriftstellerische Tatigkeit galt Wollny weit uber die Grenzen Bayerns hinaus als ein vorbildlicher Wissenschaftler fur die landwirtschaftliche Praxis Seine aus Forschungsergebnissen abgeleiteten Ratschlage sollten die Landwirte auch ein wenig zum Nachdenken anregen und sie vor allem dazu bewegen bei ihren pflanzenbaulichen Massnahmen die lokalen Standortverhaltnisse starker zu berucksichtigen Ewald Wollny hat mit seinen experimentellen Arbeiten auf dem Gebiet der Agrikulturphysik die grundlegenden wissenschaftlichen Beweise geliefert dass neben chemischen Faktoren auch die physikalischen Standortbedingungen das Wachstum der Kulturpflanzen nachhaltig beeinflussen Das Kuratorium der Liebig Stiftung verlieh ihm 1892 die Goldene Liebig Medaille seinerzeit die hochste Auszeichnung auf dem Gebiet des Landbaus Wichtigste Publikationen BearbeitenUber die Anwendung der Elektricitat bei der Pflanzenkultur Fur die Bedurfnisse der Landwirthschaft und des Gartenbaues dargestellt Verlag Theodor Ackermann Munchen 1883 Saat und Pflege der landwirthschaftlichen Kulturpflanzen Handbuch fur die Praxis Verlag von Paul Parey Berlin 1885 Die Kultur der Getreidearten mit Rucksicht auf Erfahrung und Wissenschaft Carl Winter s Universitatsbuchhandlung Heidelberg 1887 2 unveranderte Aufl ebd 1891 Die Zersetzung der organischen Stoffe und die Humusbildungen mit Rucksicht auf die Bodenkultur Carl Winter s Universitatsbuchhandlung Heidelberg 1897 Digitalisat Forschungen auf dem Gebiete der Agrikultur Physik Herausgegeben von Dr E Wollny Professor in Munchen Carl Winter s Universitatsbuchhandlung Heidelberg Bd 1 20 1878 1898 Literatur BearbeitenWolfgang Bohm Ewald Wollny Bahnbrecher fur eine neue Sicht des Pflanzenbaus Auretim Verlag Gottingen 1996 ISBN 3 930354 05 5 Mit Foto Ewald Wollny Bibliographie und Verzeichnis aller Veroffentlichungen uber Wollny Weblinks Bearbeiten nbsp Wikisource Ewald Wollny Quellen und Volltexte Normdaten Person GND 119297469 lobid OGND AKS VIAF 77122561 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Wollny EwaldALTERNATIVNAMEN Wollny Martin Ewald vollstandiger Name KURZBESCHREIBUNG deutscher AgrarwissenschaftlerGEBURTSDATUM 20 Marz 1846GEBURTSORT BerlinSTERBEDATUM 8 Januar 1901STERBEORT Munchen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ewald Wollny amp oldid 169259620