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Matilde Elisabeth Erna Jaenichen 14 Oktober 1905 in Wormlitz bei Halle an der Saale 8 Mai 1991 in Nurnberg 1 war die Geliebte von Horst Wessel eines Berliner SA Sturmfuhrers den die nationalsozialistische Propaganda als Opfer eines Uberfalls durch Mitglieder der Kommunistischen Partei Deutschlands KPD zu einem politischen Martyrer hochstilisierte Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Tatigkeit 1 1 Herkunft und Werdegang bis 1930 1 2 Der todliche Uberfall auf Horst Wessel 2 Rezeption 3 Weiteres Leben 4 Literatur 5 EinzelnachweiseLeben und Tatigkeit BearbeitenHerkunft und Werdegang bis 1930 Bearbeiten Erna Jaenichen war die Tochter des Bahnnachtwachters August Ludwig Janichen und seiner Frau Marie Ida Janichen geb Schlesiger Nach dem Schulbesuch erlernte sie den Beruf einer Schneiderin In den 1920er Jahren ging Jaenichen nach Berlin wo sie sich schliesslich als Prostituierte zu betatigen begann Der Wessel Biograph Daniel Siemens halt es fur am wahrscheinlichsten dass sie auf der Suche nach Arbeit in die Grossstadt ging und dort als weitgehend mittellose Schlafgangerin und Untermieterin ins Prostituiertenmilieu abrutschte Bis 1929 betatigte Jaenichen sich vor allem in der Munzstrasse als Prostituierte Als ihr Zuhalter fungierte zu dieser Zeit ein Chauffeur namens Georg Ruhnke Im Jahr 1929 lernte Jaenichen den aus gutburgerlichem Hause stammenden Studienabbrecher Horst Wessel kennen der sich seit einigen Jahren in der Sturmabteilung SA dem Strassenkampfverband der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei engagierte Wessel war seit Anfang 1929 im Arbeiterbezirk Friedrichshain Fuhrer des dortigen SA Sturms 5 Angeblich hatte Wessel Jaenichen kennengelernt als er einschritt als diese auf der Strasse vor dem Animierlokal Mexiko Diele von ihrem Zuhalter verprugelt wurde Jaenichen und Wessel gingen jedenfalls im Laufe des Jahres 1929 eine Beziehung miteinander ein die schliesslich in einem Verlobnis mit dem Plan zu heiraten mundete Im Oktober 1929 zog Jaenichen zu Wessel in die Grosse Frankfurter Strasse 62 Dort hatte die Witwe Salm bei ihrem Wegzug aus Berlin ihre zwangsbewirtschaftete Einzimmerwohnung an Wessel vermietet Jaenichen betatigte sich nach dem Zusammenzug mit Wessel nicht langer als Prostituierte sondern erhielt ihren Lebensunterhalt von ihm Ausserdem soll sie sich nun in ihrem angestammten Beruf als Schneiderin etwas Geld dazu verdient haben Der todliche Uberfall auf Horst Wessel Bearbeiten Als Salm nach Berlin zuruckkehrte um ihre Wohnung wieder in Besitz zu nehmen kam es zu erheblichen Spannungen mit dem Paar Wessel Jaenichen Im Januar 1930 verlangte Salm den Auszug ihrer Untermieter aus der Wohnung Diese erklarten sich schliesslich nach wiederholten Zusammenstossen bereit zum 1 Februar 1930 auszuziehen Zu diesem Zeitpunkt war die Ablehnung von Salm gegen die Anwesenheit von Wessel und vor allem Jaenichen in ihrer Wohnung jedoch derart stark ausgepragt dass sie den sofortigen Auszug wunschte Da die Polizei an die Salm sich beschwerdefuhrend wandte ihr zu verstehen gab dass sie Besseres zu tun habe als private Mietkonflikte zu regeln suchte Salm am Abend des 14 Januar 1930 die Gaststatte von Baer in der Dragonerstrasse 48 auf Das Lokal war Treffpunkt einer kommunistischen Sturmabteilung einer illegalen Nachfolgeorganisation des verbotenen Rotfrontkampferbunds Da Salms verstorbener Mann im Rotfrontkampferbund aktiv gewesen war bat sie einige der sich in Baers Gaststatte aufhaltenden Kommunisten ihr dabei zu helfen ihre ungeliebten Untermieter aus ihrer Wohnung zu entfernen Die von ihr angesprochenen Manner erwiesen sich zunachst als desinteressiert und unwillig Als Salm den Namen Wessels als den des Storenfriedes dem es beizukommen gelte erwahnte sprangen die Kommunisten jedoch an da Wessel in den einschlagigen Kreisen als ein SA Hauptling bekannt war und sogar bereits auf kommunistischen Flugblattern als Arbeitermorder angeprangert worden war Die von Salm um Hilfe ersuchten Manner erklarten sich angesichts dieses Umstandes nunmehr dazu bereit Wessel eine proletarische Abreibung zu verpassen Eine Gruppe von rund einem Dutzend Personen aus Baers Gaststatte und der benachbarten Gaststatte von Adolf Galsk begab sich gegen 21 Uhr zu Salms Wohnung in der Grossen Frankfurter Strasse Als Wessel auf das Anklopfen Albrecht Hohlers hin seine Zimmertur offnete schoss dieser ihm sofort ins Gesicht Wahrend der anschliessenden Durchsuchung von Wessels Zimmer durch mehrere andere Angreifer wurden Jaenichen und eine anwesende Freundin mit vorgehaltener Schusswaffe von Hohler in Schach gehalten Nachdem Hohler und die ubrigen Eindringlinge geflohen waren wurde die NSDAP Zentrale verstandigt und ein Krankenwagen herbeigerufen der Wessel ins Krankenhaus Friedrichshain transportierte wo eine Notoperation ihm zunachst das Leben rettete Die Verletzung erwies sich als todlich Als Wessel noch vernehmungsunfahig ihr am 23 Februar 1930 im Krankenhaus erlag hatte sein personlicher Forderer der Berliner NSDAP Gauleiter Joseph Goebbels bereits damit begonnen ihn zum Martyrer zu machen In ihren Vernehmungen durch die Polizei nach der Tat argwohnte Jaenichen einerseits dass die Manner die Wessel uberfallen hatten von Salm in die Wohnung bestellt worden waren um ihrem Verlobten eins auszuwischen und der Vorgang seine Begrundung in Wohnungsstreitigkeiten gehabt hatte Andererseits hielt sie es auch fur moglich dass der Uberfall von ihrem ehemaligen Freund und Zuhalter Ruhnke inszeniert worden sei Von diesem hatte sie sich etwa Anfang 1929 getrennt er habe sie aber seither wiederholt aufgefordert sich von Wessel zu trennen und zu ihm Ruhnke zuruckzukehren Auch habe er sie wiederholt auf der Strasse geschlagen Zudem gab sie vertraulich an einen der Tater Hohler seit etwa 1928 dem Ansehen nach aus der Munzstrasse zu kennen Dieser habe sich dort zur selben Zeit wahrend der sie dort der Prostitution nachging als Zuhalter betatigt Sie wisse dass Hohler den sie unter dem Vornamen Ali gekannt habe mit ihrem ehemaligen Zuhalter Ruhnke gut bekannt sei und Hohler sei eventuell von diesem zu der Tat gegen Wessel veranlasst worden Im nachfolgenden Prozess im Herbst 1930 wegen der Totung Wessels trat Jaenichen als Zeugin auf Rezeption BearbeitenBald nach Wessels Tod setzte eine scharfe Propagandaschlacht um seine Person seinen Werdegang sowie die Umstande und Grunde des Uberfalls ein In dieser nahmen Jaenichen und ihre anruchige Vergangenheit im Rotlichtmilieu eine entscheidende Rolle ein Wahrend die NS Presse Wessel zu einem Heroen mit makelloser Biographie stilisierte der in selbstloser Weise ein abgeglittenes Proletariermadchen aus der Gosse gerettet habe um sie zu heiraten und behauptete dass er von kriminellen Subjekten insbesondere dem Berufskriminellen und Zuhalter Hohler mit denen die kommunistische Partei als eine ihrem Wesen nach kriminelle Vereinigung naturgemass fest verknupft sei aus politischen Grunden aufgrund seiner Erfolge die Arbeiter in Berlin zum Nationalsozialismus zu bekehren ermordet worden sei versuchte die kommunistische Presse der nationalsozialistischen Glorifizierung Wessels entgegenzuwirken Sie distanzierte sich von dem Kriminellen Hohler von dem sie erklarte dass er mit der KPD nichts zu tun habe und verbreitete die Behauptung dass Wessel selbst ein Zuhalter gewesen sei Wessel sei bei einem Streit zwischen zwei Zuhaltern um ein Madchen Jaenichen umgekommen Der ganze Vorfall sei vollig unpolitischer Natur Wahrend Wessel seit 1930 durch die von Goebbels dirigierte nationalsozialistische Propaganda zunachst zum Hauptmartyrer der NS Bewegung und dann in der Zeit des Nationalsozialismus ab 1933 zum Nationalheiligen des nationalsozialistischen Deutschlands erhoben wurde verschwand Jaenichen weitgehend von der Bildflache Wie Wessels Biograph Siemens schrieb war dies wahrscheinlich das Klugste was sie in der Situation in der sie sich befand tun konnte da die NSDAP und dann der nationalsozialistisch gefuhrte deutsche Staat naturgemass wunschten dass die genierliche Beziehung des strahlenden Uberhelden der Partei und Staatspropaganda zu einer ehemaligen Prostituierten so wenig wie moglich thematisiert werden sollte Weiteres Leben BearbeitenNach dem Wesselprozess zog Jaenichen sich ins Privatleben zuruck Jaenichen verheiratete sich in den 1930er Jahren in kurzer Folge zweimal erstmals 1932 mit dem Kraftfahrer Georg Ernst Ruhnke 29 Juni 1907 in Berlin Lichtenberg 16 Februar 1934 im Horst Wessel Krankenhaus in Berlin Friedrichshain 2 Mitte der 1930er Jahre fuhrte sie einen Prozess gegen den Schriftsteller Heinz Ewers und seinen Verlag die Cotta sche Verlagsbuchhandlung wegen der Schilderung ihrer Personlichkeit in einer von Ewers verfassten Wessel Biografie die sie als ehrverletzend bewertete Sie forderte daher den Vertrieb des Buches einzustellen Der Prozess endete mit einem Vergleich Nach Ruhnkes Tod 1934 heiratete Jaenichen am 5 Oktober 1934 den Schlosser und Kraftfahrer Siegfried Eduard Viktor Paul Felgner 4 Februar 1912 in Berlin 9 Januar 1942 in Kutizy Russland 3 4 Diese Ehe wurde durch ein am 6 Juli 1939 rechtskraftig gewordenes Urteil des Landgericht Berlin geschieden Beide Ehepartner heirateten noch im Jahr 1939 erneut Felgner starb im Januar 1942 als Kriegsteilnehmer in Russland 5 Am 17 Oktober 1939 heiratete Janichen dann in dritter Ehe in Berlin Charlottenburg Albin Friedrich Scherzer 9 Januar 1911 in Nurnberg 30 November 1952 ebd 6 1961 heiratete sie in Nurnberg zum vierten Mal Literatur BearbeitenDaniel Siemens Horst Wessel Tod und Verklarung eines Nationalsozialisten Siedler Munchen 2009 ISBN 978 3 88680 926 4 Heinz Knobloch Der arme Epstein Wie der Tod zu Horst Wessel kam Aufbau Taschenbuch Verlag Berlin 1996 ISBN 3 7466 8021 2 Thomas Oertel Horst Wessel Untersuchung einer Legende Bohlau Koln 1988 ISBN 3 412 06487 4 Einzelnachweise Bearbeiten Standesamt Nurnberg Familienbuch 1597 1961 und Sterberegister 2620 1991 Standesamt Berlin VIII Heiratsregister fur das Jahr 1932 Heiratsurkunde Nr 644 1932 Namensverzeichnis des Standesamtes Weissensee fur das Jahr 1934 unter Verweis auf Standesamt Berlin Weissensee Heiratsregister fur das Jahr 1934 Heiratsurkunde Nr 646 1934 PDF 39 MB Landesarchiv Berlin Felgner In Berliner Adressbuch 1935 Teil 1 S 553 Standesamt Berlin IV Geburtsregister fur das Jahr 1912 Geburtsurkunde Nr 368 1912 Ancestry Standesamt Sterbeurkunde 28C4 Ancestry Militarsterbekarte Er gehorte der 6 Kompanie des 12 Infanterieregiments an und wurde in der Nahe des Dorfes Deminka begraben Heiratsregister des Standesamtes Charlottenburg von Berlin fur das Jahr 1939 PDF 151 MB Landesarchiv Berlin S 57 und 223 unter Verweis auf die Heiratsurkunde Nr 3397 1939 Normdaten Person Wikipedia Personensuche Kein GND Personendatensatz Letzte Uberprufung 30 Dezember 2020 PersonendatenNAME Jaenichen ErnaALTERNATIVNAMEN Jaenichen Matilde ElisabethKURZBESCHREIBUNG deutsche Schneiderin und spater ProstituierteGEBURTSDATUM 14 Oktober 1905GEBURTSORT Wormlitz bei Halle an der SaaleSTERBEDATUM 8 Mai 1991STERBEORT Nurnberg Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Erna Jaenichen amp oldid 235117526