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Ein Rufer in der Wusteist ein Zeitroman vonJakob Bosshart der 1921 erschienen ist Es geht darin um eine kritische Auseinandersetzung mit den moralischen Schwachen der Vorkriegsgesellschaft und um den gescheiterten Versuch ihrer Rettung durch den jugendlichen Protagonisten Reinhart Stapfer Ein Rufer in der Wuste ist der erste Teil einer von Bosshart geplanten Romantrilogie deren andere Teile aber nicht fertiggestellt wurden Der Roman ist Bossharts Hauptwerk 1 und hat ihm viel Anerkennung eingebracht so 1922 jeweils den Grossen Schillerpreis der Schweizerischen Schiller Stiftung sowie den Gottfried Keller Preis der Martin Bodmer Stiftung 2 Inhaltsverzeichnis 1 Inhalt 2 Entstehungsgeschichte 3 Interpretation 4 Form und Stil 5 Kritik 6 Wirkungsgeschichte 7 Literatur 7 1 Textausgaben 7 2 Sekundarliteratur 8 EinzelnachweiseInhalt BearbeitenEin Rufer in der Wuste spielt in den Jahren 1908 bis 1914 in einer Schweizer Stadt die nie genannt wird die aber leicht als Zurich erkannt werden kann 3 Reinhart Stapfer hat die Mittelschule erfolgreich abgeschlossen und mochte Geschichte und Philosophie studieren Sein Vater Ferdinand ein erfolgreicher Unternehmer Politiker und hoher Offizier verlangt stattdessen von ihm dass er in die familieneigene Textilfabrik eintritt Reinhart beugt sich dem vaterlichen Willen vor allem um seiner gesundheitlich angeschlagenen Mutter Ulrike einen familiaren Zwist zu ersparen den sie nur schwer ertragen wurde Ferdinand der mit seiner Familie in einer Villa nahe am See in der Stadt lebt stammt vom Golsterhof einem Bauerngut das von seinem Bruder Hans Rudolf bewirtschaftet wird und wo auch noch Reinharts Grosseltern Abraham und Annabab sowie Hans Rudolfs Kinder Adelheid Esther und Walter leben Bei einem Besuch auf dem Golsterhof erfahrt Reinhart vom Grossvater dass er befurchte auf dem Hof stunden grossere Veranderungen bevor denn Hans Rudolf ziehe es in die Stadt wo der denke zu leichterem Verdienst zu gelangen Als Geschaftsfuhrer steht Ferdinand der deutsche Helmut Geierling zur Seite Geierling ist von wilhelminischem Imperialismus und Militarismus durchdrungen und betrachtet die Schweiz etwa so wie wenn sie bald eine Kolonie des deutschen Reichs werden musste Er hat ein Auge auf Kungold geworfen die Schwester Reinharts und Ferdinand sahe die Verbindung nicht ungerne da sie Geierling starker an die Familie binden wurde Reinhart trifft in der Fabrik auf David Holzer einen Kameraden aus der Primarschulzeit Holzer stammt aus einfachen Verhaltnissen und ist in der Fabrik als Arbeiter tatig Durch ihn kommt Reinhart in Kontakt zu einem weiteren Bruder des Vaters Melchior der die Beziehung zur Familie vollig abgebrochen hatte nachdem ihn Abraham ungnadig behandelt hatte Reinhart erfahrt wie viel Ungluck Melchior und seine Frau in ihrem Leben durchmachen mussten und er sieht wie glucklich die beiden trotzdem dank ihrer bescheidenen Art sind Durch David Holzer der sich in seiner Freizeit mit sozialistischer Literatur abgibt erfahrt Reinhart auch die Ressentiments die den Reichen von vielen Proletariern entgegengebracht werden Als Kinder waren sie sich noch unbelastet begegnet Mit Davids Schwester Paula hatte er im Park der Villa sogar erste unschuldige Kusse getauscht Sie hatten sich danach wahrend Jahren aus den Augen verloren doch in beiden ist die Erinnerung an diese Szene noch lebendig Paula wurde gerne die Beziehung zu Reinhart an dieser Stelle wieder aufnehmen doch Reinhart ist in eine andere Frau verliebt Es ist Jutta von Homberg die Schwester Georgs eines Schulkameraden aus dem Gymnasium Ihre Familie sieht diese Verbindung allerdings nicht gern denn die Stapfers als Neureiche werden nicht als dem eigenen patrizischen Stand gleichwertig empfunden Auf dem Golsterhof stirbt der Grossvater Beim Leichenmahl geraten Ferdinand und Hans Rudolf aneinander weil Hans Rudolf den Eindruck hat Ferdinand habe lange Zeit von einem viel zu tiefen Zins profitiert den ihm Abraham fur einen Kredit gewahrt hat Es stellt sich heraus dass Hans Rudolf finanzielle Probleme hat mit seinen Unternehmungen die er in der Stadt angefangen hat Ferdinand stellt ihm einen Betrag in Aussicht doch sind auch seine Moglichkeiten begrenzt denn auch er hat in letzter Zeit Geld verloren Um wieder Geld hereinzuholen will Ferdinand die Firma auf Export umstellen Er der bis dahin seinen politischen Einfluss noch nie eigennutzig eingesetzt hat deutet Reinhart gegenuber an dass es gerade jetzt wichtig sei bei der Gestaltung der Exportbedingungen gesetzgeberisch mitreden zu konnen Obwohl ihn Juttas Oberflachlichkeiten manchmal irritieren halt Reinhart bei ihrem Vater um ihre Hand an Der lehnt ab mit der Begrundung es konne von seiner Hombergs Familie keine Verbindung geben zu einer Familie die dem Gelderwerb nachgehe Reinharts Frage ob denn das Zinsnehmen so viel besser sei wird emport zuruckgewiesen Gleichzeitig wird bekannt dass die von Hombergs eine Textilfabrik in Aarwald ahnlich der Stapferschen erben Ferdinand macht Reinhart Hoffnung mit der Bemerkung die von Hombergs konnten letzten Endes doch noch an einem Schwiegersohn interessiert sein der etwas vom Geschaft verstehe Der ehrgeizige Dr Waspi ein Schulkamerad Reinharts aus dem Gymnasium wird bei Ferdinand vorstellig Er mochte in der Zeitung die Ferdinand kontrolliert und auf deren Redaktion er nur eine untergeordnete Stellung hat eine verantwortliche Funktion da er meint vieles besser machen zu konnen als es bisher gemacht wird Ausserdem halt er um die Hand von Kungold an Er droht Ferdinand zur Konkurrenz zu gehen wenn er die Stelle nicht erhalte Ferdinand lasst sich das nicht bieten lehnt beide Ansinnen ab auch weil Kungold und Geierling so gut wie verlobt sind Waspi lasst aber durchblicken dass Geierling bereits Kontakte zu von Hombergs geknupft habe was Ferdinand verunsichert In Ferdinands Firma kommt es zu einem Aufruhr Geierlings Umgangston wird von den Untergebenen nicht goutiert In Abwesenheit von Ferdinand eskaliert die Situation David Holzer organisiert Widerstand Geierling will Holzer entlassen was zu einem Streik der Arbeiter fuhrt Reinhart gelingt es die Situation zu beruhigen Der zuruckgekehrte Ferdinand entscheidet gegen die Entlassung Holzers Reinhart bietet seinem Vater an die Funktionen von Geierling zu ubernehmen Eigentlich gegen seine ursprungliche Absicht engagiert er sich starker fur den Betrieb Geierling verlasst die Firma besitzt aber noch einen kleinen Anteil Ferdinand fuhrt im Betrieb ein rationelleres Farbeverfahren ein Reinhart hegt den Verdacht dass es den qualitativen Anforderungen nicht genugt Geierling fugt seinem Namen ein von zu und steigt bei der Firma Homberg ein Waspi ist Redaktor einer neuen Zeitung namens Schweizerspiegel Der Schweizerspiegel ist ein Revolverblatt Taglich reitete er Attacken gegen Ferdinand Stapfer Bei den anstehenden Wahlen tritt Waspi gegen Ferdinand an Auch wenn er seine Anschuldigungen nicht beweisen kann bleibt doch etwas hangen David Holzer aussert gegenuber Reinhart dass Ferdinand besser auf seine Kandidatur verzichten wurde denn die Linken wurden mit dem Schweizerspiegel zusammengehen Fur Ferdinand ist es schliesslich wie eine Niederlage dass er bloss 200 Stimmen mehr erhalt als Waspi Er tritt aus allen Amtern zuruck Im Auftrag Hans Rudolfs erscheint uberraschend Reinharts Cousine vom Golsterhof die bucklige Esther in der Stadtvilla und bittet Ferdinand um einen grosseren Geldbetrag Da dieser selber in finanziellen Noten steckt und nichts geben kann verkauft Ulrike ihren Schmuck um der verschuchterten mitleiderregenden Esther zu helfen Ferdinand ist auch sonst unter Druck In einem Gerichtsprozess den er gegen den Schweizerspiegel angestrengt hat wird Waspi zwar mit einer Busse belegt aber nur weil es ihm nicht gelungen war die gegen Ferdinand erhobenen Anschuldigungen zu beweisen Dieser fuhlt dass er auf dem gesellschaftlichen Parkett seinen guten Ruf verloren hat Er verzichtet auf die Teilnahme an der Seefahrt zu Ehren des die Stadt besuchenden Monarchen zu der er eigentlich eingeladen ware Dieser Monarch wird mit fur Schweizer Verhaltnisse untypischem Prunk empfangen Anlasslich seines Besuchs wird ein Feuerwerk gegeben die ganze Stadt ist in Feststimmung In einer Gartenwirtschaft feiert auch Geierling mit Gesinnungsgenossen Er fuhlt sich provoziert von Romands die franzosische Lieder singen Die beiden Gruppen geraten aneinander der Wirt versucht zu schlichten Reinhart ist zufallig auch anwesend Geierling spielt hamisch auf die verlorene Ehre des Vaters an Reinhart schlagt drein Die beiden werden getrennt Reinhart ist vom Vorfall dermassen aus der Fassung geraten dass er sich betrinkt Auf einer Parkbank schlaft er seinen Rausch aus Als er sich in der Fruhe der elterlichen Villa nahert trifft er im Garten auf seine Schwester neben der Leiche der Mutter die sich wegen der verlorenen Ehre des Vaters im See ertrankt hat Reinhart merkt dass Kungold sich fur den Tod der Mutter verantwortlich fuhlt und den Verstand verloren hat Im Haus drin schlaft der Vater seinerseits einen Rausch aus er hat vom Tod Ulrikes noch nichts mitbekommen Reinhart beschliesst Kungold von der Unglucksstatte wegzubringen Er will mit ihr auf den Golsterhof gehen Doch Hans Rudolf immer noch wutend auf Ferdinand und dessen Familie will ihr kein Zimmer geben Auf dem Ruckweg in die Stadt bricht die Nacht herein Sie lagern auf einem Bergrucken Kungold will sterben schlaft aber nach einiger Zeit ein Reinhart gibt sich seinen Gedanken hin die zunachst ebenfalls um Selbstmord kreisen Aber der Blick in die Sterne weckt in ihm das Bewusstsein dafur was fur eine Gnade das Leben ist auf der Erde die vielleicht der einzige bewohnte Ort im ganzen Universum ist Er nimmt sich vor sein Leben zu andern sich nicht mehr der Welt auszuliefern keine faulen Kompromisse mehr zu schliessen nur seinem Gewissen zu gehorchen Der Tod der Mutter hat ihm den Weg in die Freiheit gewiesen denn er muss nun keine Rucksicht mehr nehmen auf sie Am nachsten Morgen bringt er Kungold zu Melchior und Bethli Reinhart besucht Jutta an ihrem neuen Wohnort in Aarwald Er mochte sie fur das Leben in Freiheit gewinnen Er trifft sie beim Tennisspiel mit Geierling Der schlagt ihm den Tennisschlager uber den Kopf dass es blutet Jutta tut seine Ideen ab als Ergebnis des Schocks und nimmt ihn nicht ernst Sie verarztet ihn leicht und organisiert ein Automobil das ihn nach Hause bringen soll Nach kurzer Strecke steigt er aber aus Er findet Unterkunft im Haus Avera wo er mehrere Wochen bleiben kann Es gehort Enzio Kraus einem Asienruckkehrer der sich meditierend dem buddhistischen Ideal der Bedurfnislosigkeit hingibt Er hofft in Reinhart einen Gesinnungsgenossen gefunden zu haben Nach einiger Zeit erkennt Reinhart aber dass diese Bedurfnislosigkeit auch mit Verantwortungslosigkeit gepaart ist Enzio vernachlassigt insbesondere seine Tochter Imma die sich vom unheimlichen Diener Klas bedroht fuhlt Reinhart verabschiedet sich und wandert zu Fuss in die Stadt zuruck Er quartiert sich in einer Mietskaserne im Arbeiterviertel ein Dort erlebt er nicht nur die materielle Not der armen Leute sondern sieht auch wie Neid Missgunst und Hame anstelle der erhofften Solidaritat herrschen Besaufnisse und Kindsmisshandlungen sind an der Tagesordnung Um Melchior fur Kungolds Aufenthalt unterstutzen zu konnen gibt er Nachhilfestunden dabei setzt er sich Demutigungen aus die er tapfer ertragt aus Solidaritat mit den Arbeitern die ihre Stelle oft nicht so leicht verlassen konnen An Weihnachten verteilt er im Haus Geschenke an bedurftige Kinder was argwohnisch beobachtet wird Durch einen der Bewohner findet er Zugang zu einem Kreis von Kommunisten Anarchisten Pazifisten Individualisten und Anhangern der Freigeldlehre Klub der Narren genannt Er wird Mitglied einer linken Partei und betatigt sich in der Weiterbildung der Jugend Unter dem Einfluss eines russischen Revolutionars radikalisiert sich die Stimmung in der Partei und der Narrenklub stellt sich mehrheitlich auf die Seite des Revolutionars Reinhart kann sich dieser Haltung nicht anschliessen er will nicht den Klassenhass schuren Zusammen mit Gesinnungsgenossen bildet er den Bauernklub eine lose Vereinigung von meist jungen Mannern die an Sonntagen Ausfluge aufs Land unternehmen und im Landleben eine erstrebenswerte Alternative zur Stadt und zur Versklavung durch die Maschine sehen Reinhart versucht seine Ideen von einem besseren Leben mit missionarischem Eifer zu verbreiten Sein Vater nach dem Tod Ulrikes und wegen den finanziellen Problemen demoralisiert hat sich in der Zwischenzeit wieder aufgefangen Seine neue Frau hat Vermogen in die Ehe gebracht die Firma floriert jetzt wieder Er bietet Reinhart an in die Villa zuruckzukehren Doch dieser kann sich das nicht mehr vorstellen Hans Rudolf hingegen ist seinen finanziellen Problemen erlegen Er musste in eine Trinkerheilanstalt eingewiesen werden Adelheid hat den Knecht geheiratet die beiden fuhren nun den Golsterhof In der Partei trifft Reinhart wieder auf David Holzer der schlecht auf ihn zu sprechen ist weil er inzwischen von Ferdinand doch noch entlassen wurde Und er trifft auch auf Waspi der beim Schweizerspiegel wegen einer Unterschlagung entlassen wurde und nun die Seiten gewechselt hat Reinhart erfahrt von einer fruheren Geliebten Davids dass der sie mit einem Kind hat sitzen lassen Er stellt David zur Rede will ihn an seine Verantwortung mahnen David reagiert aggressiv sie gehen im Streit auseinander Die radikalen Krafte in der Partei zu denen auch David gehort arbeiten auf einen Generalstreik hin Am Tag als der ausbricht will Reinhart Melchior besuchen Er trifft ihn gerade bei seiner versuchten Abreise von der Stadt denn er hat beschlossen mit seiner Frau auf den Golsterhof zuruckzukehren Die Streikenden blockieren die Abfahrt des Fuhrwerks mit dem der Hausrat transportiert werden sollte Reinhart gelingt es dank seinen Beziehungen zu den Streikenden den Wagen mit einem Trick frei zu bekommen In der Partei wird er wegen seiner massigenden Art mehr und mehr angefeindet Es wird ihm allerdings erlaubt seinen Standpunkt an einer Versammlung zu verteidigen Seine Rede in der er nicht so sehr den Umsturz der Verhaltnisse sondern die Anderung der Menschen selbst einfordert endet in einem Tumult Er muss den Saal durch den Hinterausgang verlassen Draussen trifft er auf seine Jugendliebe Paula die ihn zu trosten versucht Sie hat inzwischen Georg von Homberg den Bruder von Jutta geheiratet und wird mit ihm ins Ausland gehen Reinhart ist sich bewusst dass ihm aufgrund der feindseligen Stimmung in der Partei Gewalt droht insbesondere von David Doch er bewegt sich unbekummert in der Stadt Imma die inzwischen in den Fangen von Klas ebenfalls in der Stadt lebt trifft er zufallig in einem Park Er verhilft ihr zur Flucht was ihm zusatzlich die Feindschaft von Klas eintragt Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges steht kurz bevor Der Bahnhof uberquillt von Auslandern die ihren Heimatlandern zustreben Reinhart trifft dort zufallig auf Jutta Sie ist mit Geierling verlobt der nach Deutschland abreist Beim Gedanken einer Verbindung von Jutta und Geierling ist Reinhart wie vor den Kopf geschlagen obwohl ihm schon lange klar war dass er sich keine Hoffnungen mehr auf sie machen kann Beim Weggang vom Bahnhof trifft Reinhart auf David Holzer und auf Klas Die beiden verfolgen ihn David schlagt ihn mit einem Schlagring nieder Ein Heilsarmist findet ihn und will ihn ins Spital einliefern Reinhart aber mochte auf den Golsterhof gebracht werden Dort stirbt er nach wenigen Tagen gerade als Adelheid ein Kind zur Welt bringt Entstehungsgeschichte BearbeitenDie ersten Notizen zum Rufer entstanden 1916 4 Bevor es zur Ausarbeitung kam verfasste Bosshart dann aber die Novelle Der Friedensapostel in der es um einen von missionarischem Wahn ergriffenen Pazifisten 5 geht Vorbild fur diese Figur war Max Daetwyler der 1917 die Bestreikung zweier Munitionsfabriken initiierte Die Novelle die als eine Art Vorstudie zum Roman angesehen werden kann 6 fand Aufnahme in dem Sammelband Neben der Heerstrasse der aber erst nach dem Rufer 1923 veroffentlicht wurde Die erste zusammenhangende Niederschrift des Rufers erfolgte 1918 Nach mehreren Umarbeitungen und Kurzung erschien der Roman 1921 von Mai bis Juli als Vorabdruck in der Neuen Zurcher Zeitung und im Dezember als Buch im Verlag von Grethlein amp Co Leipzig und Zurich 7 Interpretation BearbeitenDer Roman beginnt mit der Abschlussfeier einer Maturaklasse einer Szene die im Kern bereits wesentliche Elemente des ganzen Romans enthalt Die Jugendlichen stehen an der Schwelle des Lebens 8 Nachdem die Professoren das Fest verlassen haben sind die Abiturienten unter sich Die Stimmung ist bierselig angeheitert die Atemluft rauchgeschwangert Der Klassenprimus genotigt eine Rede zu halten beginnt mit einem Zitat Das Leben ist der Guter hochstes nicht 9 Doch bevor er es vollstandig hersagen kann wird er unterbrochen Er setzt neu an doch schliesslich geht was er sagen wollte ganz unter im Tumult der losbricht Das Zitat stammt aus Friedrich Schillers Drama Die Braut von Messina und lautet vollstandig Das Leben ist der Guter hochstes nicht Der Ubel grosstes aber ist die Schuld 10 dd Die beiden Zeilen als Blankverse gebundene Rede und mit einem Chiasmus veredelt stellen ein hoch artifizielles Gebilde dar Der Klassenprimus er ware nicht Primus wenn er nicht gut aufgepasst hatte im Unterricht zitiert hier also einen Brocken idealistisches Bildungsgut aus dem Fundus der Weimarer Klassik Aber er kann sich damit kein Gehor verschaffen Die idealistische Position ist auf verlorenem Posten Derbere Tone sind gefragt Der nachste Redner Oswald Waspi vertritt die Gegenposition Wer nicht auf beiden Augen blind ist sieht ein dass das Leben der Guter hochstes ist fraglos Es erhalt freilich seinen Preis erst durch den Zweck und dieser Zweck ist die Herrschaft 11 dd Der zielstrebige Waspi wird denn auch alles daran setzen in seinem Leben Karriere zu machen und in Machtpositionen zu gelangen Dazu geht er uber Leichen und wechselt bei Bedarf opportunistisch das politische Lager Ganz anders Reinhart Stapfer Bei der gleichen Gelegenheit gefragt was er vom Leben halte entwickelt er die Vision eines geheimnisvollen und wunderbaren Erkenntnisprozesses den er mit Hilfe eines Hochschulstudiums hofft durchleben zu konnen Mir ist zumute wie einem Blinden vor der Operation die ihm das Augenlicht geben soll Er weiss es ihn uberflutet das was man Licht nennt und Farbe und Glanz und Heiterkeit Es muss etwas Hohes Herrliches Freudvolles sein eine Speise der Seele und ein Trank des Verlangens Er ahnt es im ganzen und im einzelnen wird alles anders ausfallen als er es sich vorstellte aber herrlich herrlich wird es immer sein 12 dd Der Gegensatz konnte nicht grosser sein Dort das Machtstreben das immer auch ein Streben nach materiellen Gutern ist Bei Reinhart das Verlangen nach Erkenntnis nach geistiger Nahrung aber auch eine Verkennung der Realitat Das Leben das er erfahren wird ist nicht nur etwas Hohes Herrliches Freudvolles Sein Vater wird kurze Zeit spater zu ihm und auf ihn gemunzt sagen Weh denen die Wirklichkeiten nicht ernst nehmen konnen Man nennt sie Narren 13 Reinhart ist nicht nur ein Idealist er ist auch ein Illusionist 14 Und darin lieg der Grund dass er am Ende sterben muss Etwas auf das der kundige Leser mit dem anfanglichen Schiller Zitat vorbereitet wird Denn die zwei Verse in Schillers Braut von Messinakommentieren den Selbstmord Don Cesars der damit seinen Mord an seinem Bruder suhnen will Der Tod Don Cesars am Ende von Schillers Drama weist voraus auf Reinharts Tod am Ende des Romans von Jakob Bosshart Reinhart der Idealist konnte das grosste Ubel das Schuldigwerden an den eigenen Idealen vermeiden aber er konnte den eigenen Tod nicht vermeiden Das Schiller Zitat deutet aber nicht nur voraus auf den Tod des Protagonisten Es relativiert auch die Tragik dieses Todes das hochste Gut ist nicht verloren auch wenn der Held stirbt Im Laufe des Romans werden Reinhart Stapfer die Augen tatsachlich geoffnet Und das Bild der Welt das er sieht ist nicht erfreulich Auch dieses Bild ist schon vorgezeichnet in der Maturafeier Szene Dort wirft Waspi namlich einen boshaften aber zugleich scharfsichtigen Blick auf die soziale Realitat im Land 15 Dies geschieht in provokativer Absicht und mit dem Ressentiment des Angehorigen einer Unterschicht der in der Gymnasialklasse wo die Reichen und Alteingesessenen den Ton angeben nur geduldet war und nicht fur voll genommen wurde Trotzdem trifft Waspi einen wahren Kern Was Reinhart spater selber erlebt was der Leser im Gang der Handlung vorgefuhrt bekommt bestatigt im Nachhinein die zynischen Aussagen Waspis Reinhart erfahrt das Machtstreben das Waspi als eigentlichen Lebenszweck propagiert hat in allen sozialen Schichten 16 Die Patrizier im Roman also die Angehorigen der Familie von Homberg sind mit einem lacherlichen und heuchlerischen Standesdunkel behaftet den sie von den uberlieferten Heldentaten ihrer Vorfahren in vergangenen Jahrhunderten herleiten Die Demenz der alten Grossmutter macht die Blindheit fur die Realitaten der Gegenwart augenfallig 17 Die Grossburger dargestellt an der Figur Ferdinands vereinen politische und wirtschaftliche Macht mit militarischen Fuhrungsfunktionen und konnen ihre Beziehungen bei Bedarf diskret spielen lassen Die Kleinburger also die Bewohner der Mietskaserne in der sich Reinhart im letzten Teil des Romans einquartiert hat verdrangen die Sorgen des Existenzkampfs im Alkohol und in der Hame uber die Fehltritte anderer die Manner geben den Druck weiter an die Schwacheren also an ihre Frauen und Kinder Die Bauern werden der Scholle untreu es zieht sie in die Stadt des vermeintlich leichten Gewinns wegen wie Hans Rudolf der sich dabei verspekuliert und alles verliert Die Arbeiter schliesslich unter ihnen David Holzer lassen sich von Parteifunktionaren manipulieren verharten sich in ihrem Kampf um materielle Besserstellung wollen mit Gewalt ergreifen was ihnen vorenthalten wird und verraten durch ihre Mittel die sie von ihren Gegnern ubernommen haben 18 jenes Ziel fur das sie ursprunglich angetreten sind namlich Gerechtigkeit Bis zum Tod seiner Mutter hatte sich Reinhart in den Trubel der Welt einspannen lassen Nach ihrem Tod fuhlt er sich befreit auf sein Gewissen zu horen und seinen Idealen nachzuleben Er leitet in seinem Leben Die Wende ein so der Titel des Kapitels in dem die Mutter stirbt Mehrere Sinnangebote bieten sich ihm an Im Haus Avera die buddhistische Weltentsagung im Narrenklub Anarchismus Pazifismus Sozialismus und die Freigeldlehre von Silvio Gesell Nichts scheint fur ihn zu passen bis er seinen eigenen Bauernklub grundet Doch auch dieser ist mit seiner ruckwartsgewandten Zivilisationskritik kein Erfolgsrezept 19 Reinhart der Narr der reine Tor 20 versucht nichts weniger als die Welt zu retten Vor bald zweitausend Jahren kam einer mit dem Rufe in die Welt Kommet zu mir alle die ihr muhselig und beladen seid Er wollte erlosen Oh dass er nochmals kame sein verdorbenes Werk neu beganne und den Schattenmenschen die Sonne den Entseelten wieder eine Seele brachte Hatte ich doch die Kraft und das Feuer und das Wort So verlangte es in Reinhart 21 dd So ist Reinhart der Rufer in der Wuste wie er sich nach der gescheiterten Rede in der Parteiversammlung selber bezeichnet 22 nicht nur eine Figur wie der neutestamentliche Johannes der Taufer 23 sondern gleichzeitig auch eine moderne Variante der Jesus Figur 24 Dies zeigt sich in vielen Details so schart er in seinem Bauernklub einen Kreis von Freunden und Gleichgesinnten um sich wie Jesus seine Junger und wohl nicht ganz zufallig sind es etwa ein Dutzend 25 also gleich viele wie die Zahl der Junger bei Jesus In einem Traum sieht er sich im Rahmen einer nur leicht verfremdeten Kreuzigungsszene 26 und einmal denkt er Es muss sich ein jeder selber zum Opfer bringen 27 Dieser hohe ja ubersteigerte Anspruch Reinharts der von keinem Menschen zu erfullen ist fuhrt letztlich zu seinem fruhen Tod Reinhart muss deswegen untergehen weil er den in den Augen des Autors hybriden Anspruch erhebt die Welt zu verandern statt den Menschen Ihm war er sei fur die ganze Menschheit verantwortlich heisst es von ihm 28 Das dustere Bild das Bosshart in seinem Roman von der schweizerischen Gesellschaft in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg zeichnet ist Ausfluss einer tiefsitzenden Sorge Er der sich in fruheren Werken mehr mit zeitlosen Fragen befasst hat wendet sich mit dem Rufer der Zeitdiagnose zu 29 In seinen Aufzeichnungen finden sich zahlreiche Notizen die den Materialismus der Vorkriegszeit anprangern so etwa diese Eine reiche Generation ist elend im Materialismus ertrunken Gibt es eine grossere Welttragik Und fast eine ganze Generation verblutete in den Schutzengraben Das ist die zweite 30 Es ist das Grauen der Kriegsereignisse das Bosshart den Anstoss zu dieser Diagnose gab Bosshart wollte im Lichte der grell zutage getretenen Schaden die Ursachen derselben aufzeigen 31 Der Roman war geradezu darauf angelegt Kritik Anklage Protest 32 zu sein Und wie Bosshart in den Notizen zum Roman schreibt Wenn es mir nicht gelingt durch den Roman unserm Volke und Land besonders den fuhrenden Schichten den Spiegel vorzuhalten ohne lehrhaft zu werden so ist die Sache verfehlt 33 Bosshart hatte in seinen spateren Jahren immer mehr Sympathien fur die Linke entwickelt 34 Auf sein Wesen das mit allen Entrechteten und Verwahrlosten so tief mitfuhlte hatte die Verheissung des sozialistischen Ideals einen tiefen Eindruck gemacht Doch hatte ihn der organisierte Sozialismus grundlich enttauscht 35 Seine Haltung deckt sich also weitgehend mit der Reinharts was die Ziele angeht nicht aber was den Weg angeht Er war uberzeugt dass gesellschaftlicher Wandel sehr viel Zeit benotige und von Einzelnen und kleinen Gruppen ausgehen musse Hier setzte seine Kritik an der Jugend an Die rebellische Jugend sah zwar die Schwachen des Systems sehr gut aber sie war zu ungeduldig sie uberschatzte auch immer wieder ihre eigenen Moglichkeiten 36 Bemerkenswert ist auch Bossharts Sensibilitat fur die prekare Stellung der Frau in der Gesellschaft Er prangert ganz klar die sexistischen Ausserungen an die Geierling und Georg von Homberg von sich geben 37 Ausserdem werden Tochter auf dem Heiratsmarkt eingesetzt wenn es gilt Geschaftsbeziehungen anzuknupfen oder zu festigen In dem Zusammenhang sagt Kungold einmal zu ihrem Vater Ja ich weiss Unter Euch Geschaftsleuten ist man ja Ware 38 Form und Stil BearbeitenDer Roman gliedert sich in drei Teile Die ersten beiden Teile umfassen je 10 Kapitel der dritte Teil ist deutlich langer mit 17 Kapiteln Das neunte Kapitel des zweiten Teils also das insgesamt 19 und damit zentrale Kapitel von den total 37 ist mit Die Wende betitelt Es leitet einen markanten Umschlag nicht nur der Handlung auch der Form ein Schon Eduard Korrodi vermerkte in seiner Rezension dass Bosshart mit dem Haus Avera im ersten Kapitel des dritten Teils gewissermassen in die grelle Realistik ein Traumspiel einlegt 39 und fur Max Konzelmann ist es marchenhaft 40 Der Roman der bis zu diesem Punkt in der Tradition des klassischen Entwicklungsromans 41 steht entwickelt nun Zuge eines expressionistischen Stationendramas 42 Man kann etwa folgende Stationen unterscheiden 43 Haus Avera buddhistische Weltentsagung Mietskaserne Erfahrung des sozialen Elends Narrenklub Anarchismus Pazifismus Sozialismus Freigeldlehre Sozialdemokratische Partei Bauernklub Die weitere Entwicklung Reinharts sein Tod auf dem Golsterhof ist nicht nur das individuelle Scheitern eines Protagonisten es ist auch die Zurucknahme des traditionellen Erziehungsromans 44 denn Die Selbstverwirklichung eines jungen Menschen und seine freie Entfaltung sind in einer vom Materialismus erfassten und durchdrungenen Gesellschaft nicht mehr moglich 45 Der dritte Teil des Rufers unterscheidet sich aber auch stilistisch von den ersten beiden indem nun vermehrt Elemente des Expressionismus zum Tragen kommen auch wenn man kaum von einem ausserlich expressionistischen Stil sprechen 46 kann Das Modell des Stationendramas ist dabei nur ein Beispiel Martin Stern verweist etwa auf die Geburt des Kindes am Schluss des Romans das als vitalisisches Trost Motiv 47 besonders in expressionistischen Dramen haufig vorkommt Ebenso darauf dass Reinhart am Ende des Romans in die Nahe zahlreicher anderer einsamer Propheten jener Zeit 48 gerat die in expressionistischer Literatur ebenfalls gelaufig sind Und Francois Comment verweist darauf dass die ganze christliche Thematik 49 Reinhart als Johannes der Taufer als Erloser sein Leidensweg als Passion expressionistisch beeinflusst ist Weiter ist auch der Ruf nach einem neuen Menschen in Reinharts Partei Rede ein typisch expressionistisches Motiv Es zeigt sich also dass Bossharts Hinwendung zu den zeitbedingten Problemen seiner Gegenwart und unmittelbaren Vergangenheit auch mit einem Wandel seiner Ausdrucksweise einhergeht War er in seinen fruheren Novellen einem reinen psychologisierenden Realismus verpflichtet 50 so baut er nun Motive und Elemente des damals aktuellen Expressionismus ein Kritik BearbeitenDer Rufer in der Wuste wurde allgemein sehr positiv aufgenommen 51 und mit ihm erreichte Bosshart eine Breitenwirkung die er fruher nicht gekannt hatte 52 Eduard Korrodi empfiehlt in der Neuen Zurcher Zeitung das Buch fur ernste Leser die sich und andere nur mit einem dauerhaften Buche beschenken will sagen geistig bereichern wollen 53 Und er wurdigt die Schwierigkeit die sich Bosshart stellte Querschnitte durch mehrere Schichten des Volkes zu geben die schicksalhafte Verzahnung durch die funf Lebensspharen die proletarische die industrielle die politische die halbfeudale und die unwirkliche glaubwurdig zu machen 54 Und Otto von Greyerz schreibt im Berner Bund Sein Werk leuchtet von farbigem Leben es schwirrt und summt vom bunten Treiben der Menschen es treibt und sprosst von Fruhlingskraften die alle Mattigkeit des Gefuhls alle Nuchternheit des Verstandes uberwinden Es hat das Geheimnis der innern Einheit den urkraftigen Lebenskeim aus dem ein gesundes Kunstwerk wie ein gesundes Menschenleben hervorwachst 55 In beiden Rezensionen wird auch schon der Vergleich mit Gottfried Kellers Martin Salandergezogen ebenfalls ein Zeitroman ebenfalls ein Alterswerk Als noch alteren Vorganger kann man Jeremias Gotthelfs Zeitgeist und Berner Geist erwahnen 56 Die Anerkennung materialisierte sich ausserdem im Preis der Schweizerischen Schiller Stiftung und im damals erstmals vergebenen Gottfried Keller Preis der Martin Bodmer Stiftung 57 Freilich wurden auch Schwachen bemangelt So zum Beispiel eine klischeehafte Antithetik der Charaktere 58 bei den Nebenfiguren die oft einem klaren Schwarz Weiss Schema unterliegen Es gibt die positiven Gestalten zum Beispiel Ulrike Kungold die Grossmutter Melchior und Bethli sowie die Nichten auf dem Golsterhof und die negativen allen voran Waspi Geierling die von Hombergs und Ferdinand Bosshart scheut dabei nicht vor Ubertreibungen zuruck die ins Karikaturistische 59 hinuberspielen Dies ist einerseits darauf zuruckzufuhren dass die Nebenfiguren nicht von der Warte eines objektiven und allwissenden Erzahlers sondern aus der Perspektive des Romanhelden gesehen werden 60 und andererseits sind die Figuren abgesehen von ihrer Funktion in der Romanhandlung Typen charakteristische Vertreter von Gesinnungskreisen Standen Weltanschauungen Sie sind nicht einfach aus dem Leben ubersetzt keine photographischen Abbilder 61 Ausserdem kann das Tendenziose des Romans dadurch erklart werden dass Bosshart eine Gesellschaftskritik und eine Warnung geben wollte die massiv dreinfahren und uberlaut schreien musste wollte sie Gehor finden Es handelte sich um die Verteidigung eines absoluten Gutes vor der die Schonung und Rucksicht auf relative Werte und Biederkeiten zurucktreten mussten 62 Ein anderer Vorwurf bezieht sich auf die mangelnde Geschlossenheit des Romans Bosshart gruppiert die Geschehnisse um einige Hauptpunkte die er novellistisch behandelt Die Handlung zerfallt wie von selber in kleinere Kapitel die ihre Eigenstandigkeit haben 63 moniert etwa Werner Gunther Dagegen betont Francois Comment den konsequenten Aufbau des Werks 64 Der innere Zusammenhalt und die bewusste Gliederung zeigt sich nach ihm zum Beispiel daran dass am Ende von jedem der drei Teile des Romans ein Mitglied der Familie stirbt zuerst der Grossvater dann die Mutter am Ende Reinhart selber Trotz solcher Strukturelemente lasst sich der Eindruck eines Bruchs im erzahlerischen Duktus beim Beginn des Avera Kapitels nicht ganz vermeiden was schon Korrodi aufgefallen ist Verbluffen mag manche Leser das Kapitel Haus Avera in dem Bosshart gewissermassen in die grelle Realistik ein Traumspiel einlegt So dichterisch gesattigt dieses Haus geschildert wird ohne Einwand mochte man doch nicht erlauben dass Reinhart wie etwa in Stifters Nachsommer ohne weiters unter einem fremden Dach herbergt er ist doch zu sehr Realist Interessanterweise vollzieht sich dieser Bruch nach der Wende die Reinhart vollziehen will also an dem Punkt wo er sich auf den Weg zu sich selber macht Die Gestaltung dieses Wegs sehen manche Interpreten in Analogie zur Stationentechnik 65 die fur die expressionistischen Dramen typisch ist Und so sieht denn auch Francois Comment Besonderheiten im letzten Teil des Romans wenn er schreibt Wollte man einen neuen Fachbegriff pragen durfte man mindestens den dritten Teil des Rufers zu Recht als Stationenroman bezeichnen 66 Zusammenfassend kann man mit Francois Comment sagen dass Ein Rufer in der Wuste ein Werk ist in dem sich die verschiedenartigsten Bestandteile zu einem Ganzen verbinden Einmal der historische Hintergrund der Schweiz vor dem Ersten Weltkrieg dann die geistesgeschichtlich literarische Stromung des Expressionismus mit dem Ruf nach einem neuen Menschen weiter die damit verbundene personliche Wende Jakob Bossharts die im Kampf gegen den Materialismus gipfelt und schliesslich die Schweizer Tradition des zeitkritischen Romans im Gefolge Gotthelfs und Kellers Der Roman nimmt alle diese Elemente auf und verarbeitet sie wirkt aber zugleich auf die folgende Schriftstellergeneration weiter In dieser Vielfalt und Offenheit ist der Rufer in der Wuste ein Zeitroman im besten Sinn 67 Wirkungsgeschichte BearbeitenMeinrad Inglins Schweizerspiegel von 1938 ist stark beeinflusst vom Rufer Nicht nur nimmt Inglin den Begriff Schweizerspiegel der fur den Rufer immer wieder verwendet worden ist 68 unmittelbar als Titel seines Werks auf er fuhrt insbesondere auch Bossharts Ansatz mit den Vertretern einer weitverzweigten Familie verschiedene Schichten der Gesellschaft zu reprasentieren weiter und baut ihn aus Dazu kommen inhaltliche Gemeinsamkeiten unter anderem ein Schutzenfest und der Kaiserbesuch 69 Literatur BearbeitenTextausgaben Bearbeiten Ein Rufer in der Wuste Roman Grethlein amp Co Leipzig Zurich 1921 413 Seiten Erstausgabe Ein Rufer in der Wuste Verlag Huber amp Co AG Frauenfeld 1951 400 Seiten Werke in sechs Banden Funfter Band Ein Rufer in der Wuste Roman mit einem Nachwort von Martin Stern Buchclub Ex Libris Zurich 1982 431 Seiten in der Reihe Fruhling der Gegenwart herausgegeben von Charles Linsmayer der Textteil ist seitenidentisch mit der Ausgabe Werke in sechs Banden Ein Rufer in der Wuste Roman Suhrkamp weisses Programm Schweiz Suhrkamp Frankfurt am Main 1990 430 Seiten mit einem Nachwort von Martin Stern ISBN 3 518 40268 4Sekundarliteratur Bearbeiten Jakob Job Jakob Bosshart als Erzahler Dummert Stuttgart 1923 Diss Max Konzelmann Jakob Bosshart Eine Biographie Rotapfel Verlag Erlenbach Zurich und Leipzig o J 1929 197 Seiten Werner Gunther Dichter der neueren Schweiz 3 Bande Francke Bern Munchen 1963 1986 Band 1 Martin Stern Nachwort zur Ausgabe Ein Rufer in der Wuste Roman mit einem Nachwort von Martin Stern Buchclub Ex Libris Zurich 1982 431 Seiten in der Reihe Fruhling der Gegenwart herausgegeben von Charles Linsmayer Francois Comment Der Erzahler Jakob Bosshart Sprache und Dichtung NF 40 Verlag Paul Haupt Bern und Stuttgart 1990 ISBN 3 258 04137 7 291 SeitenEinzelnachweise Bearbeiten Francois Comment Der Erzahler Jakob Bosshart Sprache und Dichtung NF 40 Verlag Paul Haupt Bern und Stuttgart 1990 Seite 124 Vgl Jakob Bosshart Ein Rufer in der Wuste Roman Mit einem Nachwort von Martin Stern Buchclub Ex Libris Zurich 1982 Seite 404 Einige Anzeichen die Stadt liegt an einem See war Schauplatz des Besuchs von Kaiser Wilhelm II hat eine Gasse die so steil ist dass man der ganzen Lange nach Treppenstufen angbracht hatte Seite 301 vgl die Trittligasse in der Zurcher Innenstadt und vor allem auf dem Golsterhof der etwa 2 bis 3 Stunden Fussmarsch von der Stadt entfernt liegt stehen Eichen von denen der Grossvater sagt die haben schon zugeschaut als Zwingli an ihnen vorbei in den Tod ging Seite 32 Martin Stern Nachwort zu Jakob Bosshart Ein Rufer in der Wuste Roman Buchclub Ex Libris Zurich 1982 Seite 406 Martin Stern Nachwort zu Jakob Bosshart Ein Rufer in der Wuste Roman Buchclub Ex Libris Zurich 1982 Seite 408 Martin Stern Nachwort zu Jakob Bosshart Ein Rufer in der Wuste Roman Buchclub Ex Libris Zurich 1982 Seite 408 Martin Stern Nachwort zu Jakob Bosshart Ein Rufer in der Wuste Roman Buchclub Ex Libris Zurich 1982 Seite 408 Titel des ersten Kapitels vgl Jakob Bosshart Ein Rufer in der Wuste Roman Mit einem Nachwort von Martin Stern Buchclub Ex Libris Zurich 1982 Seite 9 Jakob Bosshart Ein Rufer in der Wuste Roman Mit einem Nachwort von Martin Stern Buchclub Ex Libris Zurich 1982 Seite 10 Friedrich Schiller Die Braut von Messina Schluss Hier zitiert nach Friedrich Schiller Werke in drei Banden Band III Hanser Verlag Munchen 1966 Seite 552 Jakob Bosshart Ein Rufer in der Wuste Roman Mit einem Nachwort von Martin Stern Buchclub Ex Libris Zurich 1982 Seite 13 Jakob Bosshart Ein Rufer in der Wuste Roman Mit einem Nachwort von Martin Stern Buchclub Ex Libris Zurich 1982 Seite 14 Jakob Bosshart Ein Rufer in der Wuste Roman Mit einem Nachwort von Martin Stern Buchclub Ex Libris Zurich 1982 Seite 43 Darin blieb seine Hauptfigur fur Bosshart trotz der offenkundigen Sympathie mit der er sie zeichnete und begleitete ein Illusionist Martin Stern Nachwort zu Jakob Bosshart Ein Rufer in der Wuste Roman Buchclub Ex Libris Zurich 1982 Seite 424 Jakob Bosshart Ein Rufer in der Wuste Roman Mit einem Nachwort von Martin Stern Buchclub Ex Libris Zurich 1982 Seiten 11 13 Vgl Martin Stern Nachwort zu Jakob Bosshart Ein Rufer in der Wuste Roman Buchclub Ex Libris Zurich 1982 Seite 413 Jakob Bosshart Ein Rufer in der Wuste Roman Mit einem Nachwort von Martin Stern Buchclub Ex Libris Zurich 1982 Seiten 72f In der Parteirede sagt Reinhart Welches sind eure Ziele und eure Waffen Das Ziel ist die Macht und die Waffe heisst Gewalt Wisst ihr nicht dass das auch Ziel und Waffen eurer Gegner sind Ihr ubernehmt sie und billigt sie damit Jakob Bosshart Ein Rufer in der Wuste Roman Mit einem Nachwort von Martin Stern Buchclub Ex Libris Zurich 1982 Seite 374 Dort redete man einem missverstandenen retour a la nature das Wort bekampfte alle Industrialisierung als Geist und Seele totendes Maschinenwesen und wollte zum alten Handwerk und einfachen Landbau zuruck Martin Stern Nachwort zu Jakob Bosshart Ein Rufer in der Wuste Roman Buchclub Ex Libris Zurich 1982 Seite 418 So bezeichnet ihn Georg von Homberg einmal vgl Jakob Bosshart Ein Rufer in der Wuste Roman Mit einem Nachwort von Martin Stern Buchclub Ex Libris Zurich 1982 Seite 104 Jakob Bosshart Ein Rufer in der Wuste Roman Mit einem Nachwort von Martin Stern Buchclub Ex Libris Zurich 1982 Seite 326 Jakob Bosshart Ein Rufer in der Wuste Roman Mit einem Nachwort von Martin Stern Buchclub Ex Libris Zurich 1982 Seite 378 Matthaus 3 1 3 ZB vgl auch Martin Stern Nachwort zu Jakob Bosshart Ein Rufer in der Wuste Roman Buchclub Ex Libris Zurich 1982 Seite 419 Trotz des johanneischen Titels ist der Rufer in der Wuste eigentlich eine moderne Gestaltung des Christus Stoffes Max Konzelmann Jakob Bosshart Eine Biographie Rotapfel Verlag Erlenbach Zurich und Leipzig o J 1929 Seite 148 Vgl auch Francois Comment Der Erzahler Jakob Bosshart Sprache und Dichtung NF 40 Verlag Paul Haupt Bern und Stuttgart 1990 Seite 142 Imitatio Christi Jakob Bosshart Ein Rufer in der Wuste Roman Mit einem Nachwort von Martin Stern Buchclub Ex Libris Zurich 1982 Seite 378 Jakob Bosshart Ein Rufer in der Wuste Roman Mit einem Nachwort von Martin Stern Buchclub Ex Libris Zurich 1982 Seite 382 Jakob Bosshart Ein Rufer in der Wuste Roman Mit einem Nachwort von Martin Stern Buchclub Ex Libris Zurich 1982 Seite 369 Francois Comment Der Erzahler Jakob Bosshart Sprache und Dichtung NF 40 Verlag Paul Haupt Bern und Stuttgart 1990 Seite 149 Binnenzitat Jakob Bosshart Ein Rufer in der Wuste Roman Mit einem Nachwort von Martin Stern Buchclub Ex Libris Zurich 1982 Seite 296 Francois Comment Der Erzahler Jakob Bosshart Sprache und Dichtung NF 40 Verlag Paul Haupt Bern und Stuttgart 1990 Seite 137 Jakob Bosshart Bausteine zu Leben und Zeit Zusammengestellt und herausgegeben von Elsa Bosshart Forrer Verlag Grethlein amp Co Zurich und Leipzig 1929 S 191 Max Konzelmann Jakob Bosshart Eine Biographie Rotapfel Verlag Erlenbach Zurich und Leipzig o J 1929 Seite 142 Max Konzelmann Jakob Bosshart Eine Biographie Rotapfel Verlag Erlenbach Zurich und Leipzig o J 1929 Seite 143 Zitiert nach Max Konzelmann Jakob Bosshart Eine Biographie Rotapfel Verlag Erlenbach Zurich und Leipzig o J 1929 Seite 142 Vgl Max Konzelmann Jakob Bosshart Eine Biographie Rotapfel Verlag Erlenbach Zurich und Leipzig o J 1929 Seite 144 und Martin Stern Nachwort zu Jakob Bosshart Ein Rufer in der Wuste Roman Buchclub Ex Libris Zurich 1982 Seiten 420 425 Max Konzelmann Jakob Bosshart Eine Biographie Rotapfel Verlag Erlenbach Zurich und Leipzig o J 1929 Seite 144 Martin Stern Nachwort zu Jakob Bosshart Ein Rufer in der Wuste Roman Buchclub Ex Libris Zurich 1982 Seite 424 Jakob Bosshart Ein Rufer in der Wuste Roman Mit einem Nachwort von Martin Stern Buchclub Ex Libris Zurich 1982 Seiten 105 107 Jakob Bosshart Ein Rufer in der Wuste Roman Mit einem Nachwort von Martin Stern Buchclub Ex Libris Zurich 1982 Seite 184 Eduard Korrodi Neue Zurcher Zeitung Nr 1822 vom 19 Dezember 1921 Max Konzelmann Jakob Bosshart Eine Biographie Rotapfel Verlag Erlenbach Zurich und Leipzig o J 1929 Seite 159 Francois Comment Der Erzahler Jakob Bosshart Sprache und Dichtung NF 40 Verlag Paul Haupt Bern und Stuttgart 1990 Seite 157 Martin Stern Nachwort zu Jakob Bosshart Ein Rufer in der Wuste Roman Buchclub Ex Libris Zurich 1982 Seite 418 und Francois Comment Der Erzahler Jakob Bosshart Sprache und Dichtung NF 40 Verlag Paul Haupt Bern und Stuttgart 1990 Seite 137 Francois Comment Der Erzahler Jakob Bosshart Sprache und Dichtung NF 40 Verlag Paul Haupt Bern und Stuttgart 1990 Seiten 144ff Francois Comment Der Erzahler Jakob Bosshart Sprache und Dichtung NF 40 Verlag Paul Haupt Bern und Stuttgart 1990 Seite 149 Francois Comment Der Erzahler Jakob Bosshart Sprache und Dichtung NF 40 Verlag Paul Haupt Bern und Stuttgart 1990 Seiten 148f Francois Comment Der Erzahler Jakob Bosshart Sprache und Dichtung NF 40 Verlag Paul Haupt Bern und Stuttgart 1990 Seite 141 Martin Stern Nachwort zu Jakob Bosshart Ein Rufer in der Wuste Roman Buchclub Ex Libris Zurich 1982 Seite 418 Martin Stern Nachwort zu Jakob Bosshart Ein Rufer in der Wuste Roman Buchclub Ex Libris Zurich 1982 Seite 419 Francois Comment Der Erzahler Jakob Bosshart Sprache und Dichtung NF 40 Verlag Paul Haupt Bern und Stuttgart 1990 Seite 141 Francois Comment Der Erzahler Jakob Bosshart Sprache und Dichtung NF 40 Verlag Paul Haupt Bern und Stuttgart 1990 Seite 141 Martin Stern Nachwort zu Jakob Bosshart Ein Rufer in der Wuste Roman Buchclub Ex Libris Zurich 1982 Seite 408 Martin Stern Nachwort zu Jakob Bosshart Ein Rufer in der Wuste Roman Buchclub Ex Libris Zurich 1982 Seite 404 Eduard Korrodi Neue Zurcher Zeitung Nr 1822 19 Dezember 1921 Eduard Korrodi Neue Zurcher Zeitung Nr 1822 19 Dezember 1921 Otto von Greyerz Der Bund 23 April 1922 zitiert nach Martin Stern Nachwort zu Jakob Bosshart Ein Rufer in der Wuste Roman Buchclub Ex Libris Zurich 1982 Seiten 410f Francois Comment Der Erzahler Jakob Bosshart Sprache und Dichtung NF 40 Verlag Paul Haupt Bern und Stuttgart 1990 Seite 157 Vgl Martin Stern Nachwort zu Jakob Bosshart Ein Rufer in der Wuste Roman Buchclub Ex Libris Zurich 1982 Seite 404 Francois Comment Der Erzahler Jakob Bosshart Sprache und Dichtung NF 40 Verlag Paul Haupt Bern und Stuttgart 1990 Seite 137 Martin Stern Nachwort zu Jakob Bosshart Ein Rufer in der Wuste Roman Buchclub Ex Libris Zurich 1982 Seite 412 Francois Comment Der Erzahler Jakob Bosshart Sprache und Dichtung NF 40 Verlag Paul Haupt Bern und Stuttgart 1990 Seite 138 Max Konzelmann Jakob Bosshart Eine Biographie Rotapfel Verlag Erlenbach Zurich und Leipzig o J 1929 Seite 145 Max Konzelmann Jakob Bosshart Eine Biographie Rotapfel Verlag Erlenbach Zurich und Leipzig o J 1929 Seite 145 Werner Gunther Dichter der neueren Schweiz 3 Bande Bern Munchen Francke 1963 1986 hier Band 1 Seite 323 Francois Comment Der Erzahler Jakob Bosshart Sprache und Dichtung NF 40 Verlag Paul Haupt Bern und Stuttgart 1990 Seite 140 Martin Stern Nachwort zu Jakob Bosshart Ein Rufer in der Wuste Roman Buchclub Ex Libris Zurich 1982 Seite 418 Und Francois Comment Der Erzahler Jakob Bosshart Sprache und Dichtung NF 40 Verlag Paul Haupt Bern und Stuttgart 1990 Seite 141 Francois Comment Der Erzahler Jakob Bosshart Sprache und Dichtung NF 40 Verlag Paul Haupt Bern und Stuttgart 1990 Seite 144 Francois Comment Der Erzahler Jakob Bosshart Sprache und Dichtung NF 40 Verlag Paul Haupt Bern und Stuttgart 1990 Seite 159f So schon Eduard Korrodi in seiner Rezension in der Neuen Zurcher Zeitung vom 19 Dezember 1921 und Otto von Greyerz in Der Bund 23 April 1922 zitiert nach Martin Stern Nachwort zu Jakob Bosshart Ein Rufer in der Wuste Roman Buchclub Ex Libris Zurich 1982 Seite 410 Vgl dazu Beatrice von Matt Meinrad Inglin Eine Biographie Zurich 1976 S 177 f Normdaten Werk GND 1153843110 lobid OGND AKS VIAF 3091152080591307230004 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ein Rufer in der Wuste amp oldid 233758376