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Die unschuldige Morderin ist ein Mare von Heinrich Kaufringer und gehort zum Themenkreis der moralisch exemplarischen Maren Die Erzahlung ist in der Handschrift von Munchen cgm 270 uberliefert die 1464 in Augsburg oder Landsberg entstand Das Marchen handelt von einer zukunftigen Konigin die durch eine List in eine missliche Lage gebracht wird und sich nicht anders zu helfen weiss als im Verlauf der Erzahlung mehrere Morde zu begehen In der Geschichte nimmt der Erzahler seine Hauptfigur immer wieder in Schutz und stattet ihre Gegner mit schlechten Charaktereigenschaften aus 1 Inhaltsverzeichnis 1 Stoffgeschichte 2 Inhalt 3 Vergleich mit der franzosischen lateinischen und englischen Fassung 4 Ausgaben 5 Literatur 6 EinzelnachweiseStoffgeschichte BearbeitenDieses Mare existiert in einer lateinischen 2 3 franzosischen 3 englischen 4 irischen und persischen Fassung 5 wobei moglicherweise auch hier der Orient als stoffgeschichtlicher Vorreiter gilt 6 Der Ausgangspunkt der irischen und persischen Fassungen unterscheidet sich von den vermutlich spateren In diesen fuhrt die Prinzessin ihren heimlichen Geliebten mit in den Palast wird dort von ihrem Vater uberrascht und bringt den Geliebten in ein Versteck in welchem er erstickt In dieser persischen Fassung fehlt der Schluss welcher in der irischen durch einen christlich moralischen erganzt wurde Daher geht man davon aus dass die irische Fassung der Ausgangspunkt fur alle folgenden war 7 Die lateinische franzosische und englische Fassung sind sich inhaltlich sehr ahnlich Hier geschehen drei Morde wobei sich der zweite und dritte durch logischen Zwang aus dem ersten Mord ergeben 8 Die hier besprochene Version von Heinrich Kaufringer fallt bei dieser Stoffgeschichte aus dem Rahmen da Kaufringer im Gegensatz zu den anderen Fassungen dem Ritter einen Knappen an die Seite gestellt hat der als Anstifter und direktes viertes Opfer fungiert Ausserdem hat Kaufringer das mirakelhafte Ende weggelassen 9 Inhalt BearbeitenAm Anfang von Kaufringers Mare wird die Morderin vom Erzahler in Schutz genommen Gott helfe denen die vollends auf Gott vertrauen Eine edle Grafin wird einem Konig zur Frau versprochen Der Ritter des Konigs hort von seinem Knecht Geruchte dass die Grafin unzuchtig sei Er glaubt der Erzahlung und schmiedet mit seinem Knecht einen Plan Am Abend verlasst der Bruder der Grafin die Burg und lasst sie alleine mit einem Wachter und einem Torhuter zuruck Wahrend der Knecht mit beiden Pferden vor der Burg wartet spricht der als Konig verkleidete Ritter zum Wachter Die edle Grafin solle den Konig zu sich rein lassen er musse mit ihr sprechen Die Frau uberlegt hin und her und lasst schliesslich ihren zukunftigen Mann im Bewusstsein zu sich hinein dass er sich dann ungehemmt etwas herausnehmen kann was ihre Ehre verletzen konnte In der Kemenate angelangt bedrangt der Ritter die Grafin so lange bis sie sich ihm hingibt Nach dem Liebesakt verplappert sich der Ritter und erzahlt von seinem Knecht der ihm die Wahrheit uber die Zukunftige des Konigs gesagt habe Die Grafin erschrickt sehr daruber dass der Mann bei ihr nicht der Konig ist und als er eingeschlafen ist kopft sie den Mann durch den sie ihre Ehre verlor Dies bringt die edle Grafin in weitere Bedrangnis denn der Korper ist zu schwer fur sie So bittet sie den Torwachter um Hilfe um die Leiche zu entsorgen und verspricht ihm dafur grossen Reichtum Doch der Torwachter will den gleichen Lohn den der Ritter erfahren hatte und als er sich durch abermaliges Bitten nicht umstimmen lasst gibt sich die verzweifelte Grafin dem Torwachter hin Danach hilft er ihr den Leichnam in die Zisterne zu werfen Als er sich uber diese beugt um den Rumpf leise ins Wasser zu lassen damit der Wachter den Aufprall nicht hort ergreift die Grafin die Gelegenheit packt den Torhuter an seinen Fussen und wirft ihn ebenfalls in die Zisterne Die Dame geht eilig zuruck in ihre Kemenate und beseitigt bis zum Morgen alle Spuren der letzten Nacht Der Knecht wartet noch immer mit den zwei Pferden vor der Burg auf seinen Herren Als nun der Bruder der Grafin auf seine Burg zuruckkehrt erkennen er und sein Gefolge den Mann mit den zwei Pferden Doch auf die Frage was er denn hier tue kann der Knecht keine ehrliche Antwort geben und so wird er als Pferdedieb verurteilt und gehangt Am nachsten Tag wird die Grafin mit dem Konig verheiratet Doch die Hochzeitsnacht kann sie nicht mit ihm verbringen da sie ja schon entehrt worden war So bittet sie eine ihrer Edelfrauleins um Hilfe zu der sie am meisten Vertrauen hat Diese will sie mit grossem Reichtum belohnen wenn sie sich an der Stelle der Konigin zum Konig ins Bett lege und mit ihm die Hochzeitsnacht verbringe und danach das Bett verlasse wenn die Konigin sie dazu auffordere Die Zofe verspricht der Konigin all ihre Wunsche zu erfullen Doch nachdem der Konig mit dem Fraulein die Hochzeitsnacht vollzogen hat und eingeschlafen ist will die Zofe das Bett nicht verlassen denn sie will selbst Konigin werden Der rechtmassigen Konigin bleibt in dieser Situation nichts anders ubrig als auch das Fraulein aus dem Weg zu raumen Die Konigin wartet also ab bis auch die Zofe eingeschlafen ist und legt dann Feuer im Schlafgemach Den Konig weckt die Konigin auf fuhrt ihn hinaus und schiebt den Riegel vor die Tur sodass die Zofe drinnen verbrennt 32 Jahre verbringen der Konig und die Konigin dann glucklich miteinander Doch jungst hat die Konigin vom Schicksal des Knechts vor der Burg erfahren und auch die anderen Opfer machen sie nachdenklich Der Konig war mit dem Kopf in ihrem Schoss eingeschlafen und da sie an die Geschehnisse denken muss Reue empfindet und zu weinen beginnt wird er von ihren Tranen geweckt Der Konig will das Leid seiner geliebten Konigin beenden und schwort ihr alles dafur zu tun Als er auch verspricht nicht zornig zu werden erzahlt die Konigin ihm die ganze Geschichte Der Konig verzeiht ihr und vergibt ihr anschliessend all ihre Taten Zum Schluss ergreift der Erzahler das Wort und bekraftigt die Vergebung des Konigs und die Unschuld der Konigin Er bejaht ihr Handeln und fande es gut wenn mit allen Menschen so verfahren wurde wie mit jenen in der Geschichte die Boses getan haben Auch versichert er dass Gott der Konigin die ganze Zeit beigestanden sei da sie ja unschuldig in Bedrangnis gekommen sei 10 Vergleich mit der franzosischen lateinischen und englischen Fassung BearbeitenDie lateinische 2 und auch die englische 4 Fassung gehen ganz allgemein weniger ins Detail bei ihren Beschreibungen als die Fassung von Kaufringer In der franzosischen 3 Fassung wird die Grafin dafur getadelt dass sie ihren zukunftigen Mann vor der Hochzeitsnacht in ihre Kemenate lasst Die englische Fassung weicht bezuglich des Entsorgens der Leiche kaum von derjenigen Kaufringers ab In der franzosischen Fassung bittet die Grafin eine Magd um Hilfe um den Leichnam des Ritters in der Zisterne zu entsorgen Es ist dann auch die gleiche Magd die sich in der Hochzeitsnacht der Konigin zum Konig ins Bett legt Auch in der lateinischen Fassung hilft der Konigin beim Entsorgen der Leiche eine Magd welche hier noch einen Kuchenburschen zur Unterstutzung holt Dieser will ahnlich wie in der Fassung Kaufringers die Liebe der Magd Nun nutzt diese zusammen mit der Konigin die Gunst der Stunde fur den Mord am Kuchenburschen In dieser lateinischen Fassung fehlt die Szene mit der Hochzeitsnacht Dies ist wohl darauf zuruckzufuhren dass sich die Magd bereits dem Kuchenburschen hingegeben hatte und nun der Konigin keinen Nutzen mehr bringen kann In allen drei Fassungen endet die Geschichte mit einem christlichen Mirakel welches bei Kaufringer fehlt In der lateinischen und der franzosischen Fassung beichtet die Konigin nicht ihrem Mann die ganze Geschichte sondern einem Geistlichen Auch dieser verlangt von ihr dass sie sich ihm hingibt doch diesmal will die Konigin nicht Daraufhin geht der Geistliche zum Konig und erzahlt ihm alles In der lateinischen Fassung bekommt die Dame das Konigsrecht aberkannt und muss das Land verlassen in der franzosischen wird sie von einer Versammlung der Grossen des Landes zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilt In beiden Fassungen greift ein Einsiedler als Retter ein In der lateinischen Fassung wird als Busse ein Zweikampf zwischen dem Geistlichen und der Konigin ausgetragen Der Eisenspitz der Lanze wird dabei gegen ihre der Holzschaft gegen seine Brust gedruckt Das Duell endet damit dass der gemeine Geistliche von der Lanze durchbohrt wird In der franzosischen Fassung bekommt der Einsiedler im Traum die Aufgabe die Strafe aufzuhalten was er dann auch tut 9 In der englischen Fassung ist die Konigin sehr von Reue geplagt und sucht einen Beichtvater auf Dieser tragt ihr auf jeden Freitag eine Kutte zu tragen nur Wasser und Brot zu sich zu nehmen und arme Manner zu ernahren Dies ist der Konigin jedoch als Strafe nicht genug und sie sucht einen Priester auf der sie aber wie in den anderen Fassungen erpresst Wenn sie sich ihm nicht hingibt wird er dem Konig alles sagen Auch in dieser Fassung weigert sich die Konigin Anders als in der franzosischen und lateinischen Fassung beschimpft der Konig daraufhin die Konigin heftig Doch dann greift Gottes Macht ein denn als der Konig ihr die Kleider vom Leib reisst findet er ein schones Gewand anstatt der Kutte vor das Wasser wurde zu Wein und das Brot schmeckt wie das beste Fleisch 9 In allen drei Fassungen hat sich die Konigin selbst rehabilitiert indem sie dem Geistlichen widerstanden hat Ausgaben BearbeitenJoseph Klapper Hrsg Erzahlungen des Mittelalters Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1978 Von der Konigin die ihren Seneschall totete In Franzosische Volksmarchen Marchen der Weltliteratur 2 Bande Bd 1 Aus alteren Quellen hier Zwolftes und dreizehntes Jahrhundert 13 Altfranzosische Marienlegenden Ubersetzung von Ernst Tegethoff Eugen Diederichs Jena 1923 OCLC 717687230 S 109 113 Volltext bei zeno org Kurt Ruh Kaufringers Erzahlung von der Unschuldigen Morderin In Kathryn Smits Werner Besch Victor Lange Hrsg Interpretation und Edition deutscher Texte des Mittelalters Festschrift fur John Asher Erich Schmidt Verlag Berlin 1981 ISBN 3 503 01670 8 Text teilw mittelniederdt teilw engl Literatur BearbeitenKarl Euling Studien uber Heinrich Kaufringer Germanistische Abhandlungen H 18 Verlag von M amp H Marcus Breslau 1900 DNB 579771989 Digitalisat des Kap 14 Die unschuldige Morderin in der Google Buchsuche Nachdruck Olms Hildesheim New York 1977 ISBN 3 487 06172 4 Klaus Grubmuller Hrsg Novellistik des Mittelalters Marendichtung Deutscher Klassiker Verlag Frankfurt am Main 1996 Sidney J H Herrtage Hrsg The early English Version of the Gesta Romanorum Early English Text Society Extra series Oxford University Press London New York Toronto 1962 OCLC 484985 Erstausgabe 1879 Wolfgang Stammler Begr Kurt Ruh Hrsg Die deutsche Literatur des Mittelalters Verfasserlexikon Bd 4 Zweite neu bearbeitete Auflage Walter de Gruyter Verlag Berlin New York 1983 S 1078 Marga Stede Schreiben in der Krise Die Texte des Heinrich Kaufringer Wissenschaftlicher Verlag Trier 1993 Ralf Henning Steinmetz Heinrich Kaufringers selbstbewusste Laienmoral In Beitrage zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur Bd 121 1999 S 47 74 Arthur Ludwig Stiefel Zu den Quellen Heinrich Kaufringers In Zeitschrift fur deutsche Philologie Band 35 1903 S 492 506 Textarchiv Internet Archive Einzelnachweise Bearbeiten Wolfgang Stammler Begr Kurt Ruh Hrsg Die deutsche Literatur des Mittelalters Verfasserlexikon Bd 4 Zweite neu bearbeitete Auflage Walter de Gruyter Verlag Berlin New York 1983 S 1078 a b Joseph Klapper Hrsg Erzahlungen des Mittelalters Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1978 S 128 f und S 330 f a b c Friedrich von der Lenen Paul Zaunert Hrsg Die Maren der Weltliteratur Jena Dietrichs Verlag 1923 S 109 113 a b Sidney J H Herrtage Hrsg The early English Version of the Gesta Romanorum Oxford University Press London New York Toronto 1962 S 394 f Klaus Grubmuller Hrsg Novellistik des Mittelalters Marendichtung Deutscher Klassiker Verlag Frankfurt am Main 1996 S 1286 f Karl Euling Studien uber Heinrich Kaufringer Verlag von M amp H Marcus Breslau 1900 S 88 Digitalisat in der Google Buchsuche Kurt Ruh Kaufringers Erzahlung von der Unschuldigen Morderin In Kathryn Smits Werner Besch Victor Lange Hrsg Interpretation und Edition deutscher Texte des Mittelalters Festschrift fur John Asher Erich Schmidt Verlag Berlin 1981 S 165 177 hier S 167 Anm 8 Kurt Ruh Kaufringers Erzahlung von der Unschuldigen Morderin In Kathryn Smits Werner Besch Victor Lange Hrsg Interpretation und Edition deutscher Texte des Mittelalters Festschrift fur John Asher Erich Schmidt Verlag Berlin 1981 S 165 177 hier S 170 a b c Klaus Grubmuller Hrsg Novellistik des Mittelalters Marendichtung Deutscher Klassiker Verlag Frankfurt am Main 1996 S 1287 Klaus Grubmuller Hrsg Novellistik des Mittelalters Marendichtung Deutscher Klassiker Verlag Frankfurt am Main 1996 S 798 839 Abgerufen 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