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Die Verfolgung und Ermordung Jean Paul Marats dargestellt durch die Schauspielgruppe des Hospizes zu Charenton unter Anleitung des Herrn de Sade heute meist kurz Marat Sade genannt ist ein 1964 uraufgefuhrtes Drama in zwei Akten von Peter Weiss Das international erfolgreiche Theaterstuck wurde 1966 mit dem US amerikanischen Theater und Musicalpreis Tony Award als Bestes Theaterstuck ausgezeichnet Inhaltsverzeichnis 1 Werkbeschreibung 1 1 Inhalt und Figurenantithetik 1 2 Kompositionsstruktur 1 3 Versform 2 Historischer Hintergrund 3 Werkbiographische Einordnung 4 Rezeption 5 Ausgaben 5 1 Textausgabe 5 2 Horspiele 5 3 Tontrager 5 4 Verfilmung 5 5 Musiktheater 6 Literatur 6 1 Sekundarliteratur 6 2 Sachliteratur zu den historischen Hintergrunden der Dramenhandlung 7 EinzelnachweiseWerkbeschreibung BearbeitenInhalt und Figurenantithetik Bearbeiten Im Mittelpunkt des Dramas um die Franzosische Revolution stehen die beiden zentralen Charaktere Marat und de Sade und ihre kontraren Weltanschauungen mit den damit einhergehenden Staatsentwurfen Wahrend Marat der Gesellschaft zum Wohle aller wie er glaubt Moral und Tugend aufzwingen will das Volk vertritt und die Revolution blutig wie sie langst geworden ist rechtfertigt resigniert de Sade angesichts der unabanderlichen Natur des Menschen verlacht Marats sozialistische Ideen und sieht das Heil in der Loslosung des Einzelnen aus der Gesellschaft Kompositionsstruktur Bearbeiten nbsp Das Hopital Esquirol ehemals Asile d alienes in Saint Maurice ehemals Charenton Saint Maurice in dem de Sade von 1803 bis 1814 lebteDie Handlung ist verfremdet und von grotesken und absurden Elementen gepragt Dabei ist wie der Titel schon andeutet die Ermordung Marats nur ein Stuck im Stuck das von der Schauspielgruppe des Irrenhauses Hospiz zu Charenton unter zahlreichen Storungen geprobt und unter der Leitung des dort untergebrachten Herrn de Sade zur Auffuhrung gebracht wird Das Stuck umfasst zwei eigentlich sogar drei Zeit und Handlungsebenen Zum einen die Zeit der Franzosischen Revolution in der am 13 Juli 1793 Marat die letzten Stunden seines Lebens zur Linderung einer Hautkrankheit in der Badewanne verbringt arbeitend bis er seine Morderin Charlotte Corday empfangt Den letzten Stunden Marats steht zum anderen die Handlungsebene der napoleonischen Zeit entgegen in der de Sade das Buhnenstuck mit seinen irren Schauspielern vor einem gutburgerlichen Publikum zu diesem Anlass gonnerhaft zu Gast im Irrenhaus inszeniert Die dritte Zeitebene schliesslich die Gegenwart der realen Zuschauer des Stuckes wird ebenfalls bewusst gemacht und durch Einschube in die Dramenhandlung verdeutlicht So wechselt die Handlung standig zwischen diesen Ebenen hin und her Auf diese Weise werden das Schauspiel sowie das Schauspiel im Schauspiel entlarvt und sollen die Zuschauer von Mitleidenden zu Mitdenkenden gemacht werden Versform Bearbeiten Die Sprache des Stucks ist stark stilisiert und durch Blankverse aber auch je nach Sprecher und Thema durch Knittelverse gekennzeichnet wodurch zusatzlich die Kunstlichkeit und der Inszenierungscharakter des Schauspiels hervorgehoben werden und damit weitere Momente der Absurditat ins Spiel kommen Historischer Hintergrund BearbeitenDas Stuck basiert ungeachtet der dramatischen Fantasie mit der Weiss zu Werke geht zumindest in Teilen auf historischen Fakten Dazu zahlt neben den tatsachlichen Umstanden der Ermordung Marats insbesondere die Kulisse des Hospizes zu Charenton heute Saint Maurice Val de Marne In dem Hospiz war de Sade nach langjahrigem Gefangnisaufenthalt in den letzten Jahren seines Lebens 1803 1814 eingesperrt weil seine Zeitgenossen furchteten er gefahrde die offentliche Moral Auch die Theaterauffuhrungen von kleineren Stucken de Sades vor einem bourgeoisen Publikum der napoleonischen Zeit entsprechen durchaus der Realitat Werkbiographische Einordnung BearbeitenWeiss Theaterstuck enthalt Ambivalenzen die sich besonders in der Figurenkonstellation zwischen Marat und de Sade niederschlagen Die dichotomische Dramaturgie des Stucks spiegelt Weiss offene politische Positionierung wahrend der Entstehungszeit des Texts wider Auf der einen Seite der Skeptiker de Sade der an keine revolutionare Veranderung glaubt und diese Skepsis in den gewaltsamen Ausschreitungen nach der franzosischen Revolution bewiesen sieht und auf der anderen Seite der sozialistisch gestimmte Marat der die politischen Unruhen fur seine Zwecke nutzen will und gleichsam an die Kraft des Vierten Standes glaubt Nach 1965 fand Weiss seine politische Antwort auf die Ungerechtigkeit der Gegenwart im Sozialismus Diese Entscheidung deutet sich am Ende des Stuckes mit einer wie versteckt gehaltenen Botschaft an die von Roux suggeriert wird Wann werdet ihr sehen lernen Wann werdet ihr endlich verstehen Rezeption Bearbeiten nbsp Marat Sade Inszenierung an der University of California San Diego 2005 Regie Stefan Novinski Auf der Tagung der Gruppe 47 im Oktober 1963 in Saulgau las und sang Weiss erstmals Moritaten und Monologe aus dem Stuck und begleitete sich dabei auf einer Trommel Das Stuck wurde am 29 April 1964 im West Berliner Schillertheater unter vehementen Beifallssturmen und vereinzelten Buhrufen 1 uraufgefuhrt Regie fuhrte Konrad Swinarski die Buhnenmusik stammte von Hans Martin Majewski Marat Sade erlebte seitdem weltweit eine Fulle Inszenierungen Fast hundert hat man zwischen 1964 und 1976 von West Berlin bis Rostock und Stockholm von London bis Buenos Aires Tokio und Sydney von Castrop Rauxel bis Kingston Jamaika registriert 2 Marat Sade wurde 1966 mit dem US amerikanischen Theater und Musicalpreis Tony Award fur das Beste Theaterstuck ausgezeichnet Im Jahr 1967 ist es unter der Regie von Peter Brook mit der Royal Shakespeare Company verfilmt worden In den Hauptrollen traten Patrick Magee als Marquis de Sade Ian Richardson als Jean Paul Marat und Glenda Jackson als Charlotte Corday auf Regisseur Bernhard Rubenach erarbeitete 1969 fur den Bayerischen Rundfunk und den Sudwestfunk eine 115 minutige Horspielfassung Theaterproben an einer Inszenierung des Marat Sade waren auch Gegenstand von Andres Veiels ZDF Dokumentarfilm Winternachtstraum von 1992 Ausgaben BearbeitenTextausgabe Bearbeiten Peter Weiss Die Verfolgung und Ermordung Jean Paul Marats Drama in zwei Akten Mit einem Kommentar von Arnd Beise Frankfurt Main Suhrkamp 2004 Suhrkamp Basis Bibliothek 49 ISBN 3 518 18849 6Horspiele Bearbeiten Peter Weiss Die Verfolgung und Ermordung Jean Paul Marats dargestellt durch die Schauspielgruppe des Hospizes zu Charenton unter Anleitung des Herrn de Sade SFB NDR 1964 75 Min Regie Konrad Swinarski Ausschnitte der Urauffuhrungsinszenierung Peter Weiss Die Verfolgung und Ermordung Jean Paul Marats dargestellt durch die Schauspielgruppe des Hospizes zu Charenton unter Anleitung des Herrn de Sade DDR 1965 112 Min Regie Hanns Anselm Perten 3 Peter Weiss Die Verfolgung und Ermordung Jean Paul Marats dargestellt durch die Schauspielgruppe des Hospizes zu Charenton unter Anleitung des Herrn de Sade BR SWF 1969 115 Min Regie Bernhard Rubenach Tontrager Bearbeiten Das Drama erschien 1966 bei drei Labels 4 5 Peter Weiss Die Verfolgung und Ermordung Jean Paul Marats dargestellt durch die Schauspielgruppe des Hospizes zu Charenton unter Anleitung des Herrn de Sade Auffuhrung des Theaters Rostock Regie Hanns Anselm Perten Fur die Schallplatte bearbeitet von Hanns Anselm Perten Berlin VEB Deutsche Schallplatten Berlin um 1966 LITERA 8 60 100 101 Hamburg Deutsche Grammophon Gesellschaft Literarisches Archiv Nr 44 026 27 o J Verfilmung Bearbeiten Peter Weiss Marat Sade Regie Peter Brook Mit Patrick Magee als Marquis de Sade Ian Richardson als Jean Paul Marat und Glenda Jackson als Charlotte Corday United Artists 1967 Peter Weiss Die Verfolgung und Ermordung des Jean Paul Marat Regie Peter Schulze Rohr Fernsehfilm 1967Musiktheater Bearbeiten Walter Haupt MARAT Oper Prolog 2 Teile und Epilog Libretto Gerd Uecker UA 1984 Kassel Literatur BearbeitenSekundarliteratur Bearbeiten Christine Frisch Geniestreich Lehrstuck Revolutionsgestammel zur Rezeption des Dramas Marat Sade von Peter Weiss in der Literaturwissenschaft und auf den Buhnen der Bundesrepublik Deutschland der Deutschen Demokratischen Republik und Schwedens Stockholm Almqvist amp Wiksell 1992 Thomas Hocke Artaud und Weiss Untersuchung zur theoretischen Konzeption des Theaters der Grausamkeit und ihrer praktischen Wirksamkeit in Peter Weiss Marat Sade Berlin Freie Univ Diss 1977 Materialien zu Peter Weiss Marat Sade Frankfurt a M Suhrkamp 1967 Carl Pietzcker Lesend interpretieren zur psychoanalytischen Deutung literarischer Texte Wurzburg Konigshausen amp Neumann 1992 Franz Rieping Reflexives Engagement Studien zum literarischen Selbstbezug bei Peter Weiss Frankfurt am Main u a Lang 1991 Laura Sormani Semiotik und Hermeneutik im interkulturellen Rahmen Interpretationen zu Werken von Peter Weiss Rainer Werner Fassbinder Thomas Bernhard und Botho Strauss Frankfurt am Main u a Lang 1998 Josemaria Taberner Prat Uber den Marat Sade von Peter Weiss artistische Kreation und rezeptive Missverstandnisse Stuttgart Heinz 1976 Sachliteratur zu den historischen Hintergrunden der Dramenhandlung Bearbeiten Arnd Beise Charlotte Corday Karriere einer Attentaterin Marburg Hitzeroth 1992 Marburger Studien zur Literatur Band 5 ISBN 3 89398 099 7 Louis R Gottschalk The Life of Jean Paul Marat Kessinger Publishing 2006 ISBN 1 4286 0012 4 Hugues Jallon D A F Marquis de Sade Eine Einfuhrung Dusseldorf Parerga 1997 ISBN 3 930450 36 4Einzelnachweise Bearbeiten Jochen Vogt Peter Weiss Reinbek Rowohlt 1987 rowohlts monographien 376 S 83 Jochen Vogt Peter Weiss Reinbek Rowohlt 1987 S 84 Die Rezeption des Stuckes in Deutschland und Schweden resumiert Christine Frisch Geniestreich Lehrstuck Revolutionsgestammel zur Rezeption des Dramas Marat Sade von Peter Weiss in der Literaturwissenschaft und auf den Buhnen der Bundesrepublik Deutschland der Deutschen Demokratischen Republik und Schwedens Stockholm Almqvist amp Wiksell 1992 Die Verfolgung und Ermordung Jean Paul Marats Abgerufen am 28 Juli 2021 Eintrag in der ARD Horspieldatenbank Die Verfolgung Und Ermordung Jean Paul Marats Discogs abgerufen am 22 April 2021 auf drei Label erschienen Litera 860100 101 DDR 1966 Deutsche Grammophon Gesellschaft 44026 27 D 1966 Ex Libris XL 172 625 CH 1966 Die Verfolgung und Ermordung Jean Paul Marats Berlin Dt Schallplatten 1966 DNB bibliografischer Nachweis unter DNB 920478182Marquis de Sade Werke Aline und Valcour Dialog zwischen einem Priester und einem Sterbenden Die 120 Tage von Sodom Justine Juliette Die Philosophie im BoudoirSekundar Pasolini 120 Tage Weiss Marat Sade Normdaten Werk GND 4196577 2 lobid OGND AKS LCCN n80018609 VIAF 175406960 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Die Verfolgung und Ermordung Jean Paul Marats dargestellt durch die Schauspielgruppe des Hospizes zu Charenton unter Anleitung des Herrn de 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