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Die Testamentseroffnung englisch Reading of a Will auch The Reading of the Will ist der Titel eines Genrebildes des schottischen Malers David Wilkie aus dem Jahr 1820 Im Auftrag des bayerischen Konigs Maximilian I Joseph geschaffen hing es bis zu dessen Tod im koniglichen Schlafgemach auf Schloss Tegernsee Konig Ludwig I erwarb es 1826 bei einer Versteigerung des vaterlichen Kunstbesitzes von seiner Stiefmutter Karoline die es beim Tod ihres Gatten geerbt hatte Spater gelangte das Bild in die Bayerischen Staatsgemaldesammlungen Das Gemalde das uber die humorvolle Erzahlung einer Alltagsgeschichte ein Sittenbild aus dem zeitgenossischen Leben des Burgertums zeichnete gilt als ein Hauptwerk Wilkies und hatte grossen Einfluss auf die Entwicklung der Genremalerei im deutschsprachigen Raum Die TestamentseroffnungDavid Wilkie 1820Ol auf Mahagoniholz78 116 5 cmNeue Pinakothek Bayerische StaatsgemaldesammlungenVorlage Infobox Gemalde Wartung Museum Inhaltsverzeichnis 1 Beschreibung und Bedeutung 2 Entstehung und Rezeption 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseBeschreibung und Bedeutung BearbeitenDas figurenreiche Gruppenbildnis zeigt eine Testamentseroffnung in einem burgerlichen Familienkreis des spaten 18 oder fruhen 19 Jahrhunderts im Vereinigten Konigreich Grossbritannien und Irland Unter dem Bildnis des Erblassers nach diesem Portrat und dem ebenfalls an der Wand hangenden Degen starb er als junger Offizier der British Army sitzt und steht die Familie des Verstorbenen um einen Tisch in der Wohnstube und lauscht den Ausfuhrungen eines kahlkopfigen Testamentsvollstreckers der ein zeitungsgrosses Testament verliest Der Bildraum ist wie ein Guckkastenbuhne aufgebaut Licht fallt uber ein Fenster ausserhalb des Bildes von der rechten Seite herein Eine geoffnete Tur schafft eine Tiefenperspektive Die verschiedenen Familienmitglieder sind in ihren individuellen Verhaltensweisen Gefuhlszustanden und Erwartungshaltungen psychologisierend charakterisiert darunter ein Schwerhoriger mit Horrohr auch zwei Hunde die die Komposition szenisch bereichern Verspatet zur Tur herein kommt eine wohlhabende altere Verwandte in Trauerflor begleitet von einem Diener der einen Hund auf dem rechten Arm und die Hauspantinen seiner Herrin in der Linken tragt Kaum jemand nimmt Notiz von ihrer Ankunft was die vom Maler als schrullig karikierte Dame in Gestik und Mimik durch eine Mischung aus Entsetzen und Emporung zur Kenntnis zu nehmen scheint Sie wirft einen schneidenden Blick uber die gesamte Gruppe Im Zentrum der linken Bildhalfte positionierte der Maler als Gegenbild zur Schrulle die schone Witwe Vom zentralen Bildgeschehen abgewandt sitzt sie in schwarzem Trauergewand ihre linke Hand an den Hals gelegt In der Rechten die sich elegant auf der Lehne des ostentativ leeren Lehnsessels des Verstorbenen abstutzt halt sie in elegischem Gestus ein Tuch Nicht nur ihre prominente Bildposition sondern auch ein Medaillon mit dem Miniaturbild des Verstorbenen weist sie als dessen Gattin aus Ebenso wie das Portrat des Verstorbenen an der Wand fixiert sie den Bildbetrachter Links neben ihr steht ihr kleiner Sohn vor dem leeren Lehnsessel am Kamin raumlich abgesetzt von der Familie aus dem gegenuberliegenden Fenster wie in eine ungewisse Zukunft blickend Dessen Schwester noch ein Kleinkind wird von einer greisen Matrone gehalten die mit statuarischem Ausdruck den Sessel der Witwe flankiert Gegenstande an den Wanden verweisen auf Interessensgebiete des Verstorbenen etwa Bucher eine Mandoline und diverse Waffen Auf dem Tisch der Wohnstube sind neben einem Likortablett Wertsachen des Erblassers ausgebreitet ausserdem auf dem Boden Ein Teil des Nachlasses befindet sich in einer geoffneten Truhe Entstehung und Rezeption Bearbeiten nbsp Tuscheskizze vor 1820 nbsp Aquarellstudie 1820 nbsp Olstudie 1820Im Sommer 1818 erhielt der schottische in London lebende Maler David Wilkie durch Vermittlung des britischen Gesandten John Fane Lord Burghersh 1784 1859 und dessen Verbindungsleute im Vereinigten Konigreich George Leveson Gower den Marquess of Stafford sowie Christian Hubert Pfeffel von Kriegelstein 1765 1834 den bayerischen Gesandten in London Mitteilungen uber den Wunsch des bayerischen Konigs ein Bild des damals bekanntesten Genremalers Grossbritanniens zu erwerben Thema Grosse und Preis des Bildes waren dem Kunstler uberlassen 1 jedoch sollte es so englisch wie moglich ausfallen 2 1820 war das in Kompositionsstudien sorgfaltig erarbeitete Gemalde fertiggestellt Vor seiner Versendung an den Auftraggeber stellte es Wilkie in der Royal Academy of Arts in London aus Uber den Bildinhalt erklarte der Ausstellungskatalog 3 Mr Protocol accordingly having required silence began to read the settlement aloud in a slow steady business like tone The group around in whose eyes hopes alternately awakened or faded were straining their apprehensions to get at the drift of the testator s meaning through the mist of technical language in which the conveyance had involved it Dementsprechend begann Mr Protocol nachdem er um Schweigen gebeten hatte das Testament laut vorzulesen in einem langsamen stetigen sachlichen Ton Die Gruppe um ihn herum in deren Augen abwechselnd Hoffnungen erwachten oder verblassten verfolgte angestrengt die Ausfuhrungen um den letzten Willen des Erblassers durch den Nebel zu erfassen in den ihn die juristische Fachsprache gehullt hatte Diese Passage bezieht sich auf den 1815 in Edinburgh anonym veroffentlichten Roman Guy Mannering or the Astrologer von Walter Scott deutsch Der Astrolog Eine caledonische Wundersage Leipzig 1817 Ubersetzung Wilhelm Adolf Lindau und die dort geschilderte Szene einer Testamentseroffnung nach dem Tod einer alteren Dame Mrs Margaret Bertram of Slingerside Bei seiner ersten Ausstellung in London zog das Gemalde eine besonders starke Aufmerksamkeit der Besucher auf sich Uber den englischen Maler Thomas Lawrence erfuhr Wilkie sodann dass der englische Konig Georg IV das Bild zu erwerben wunsche In diesem Dilemma blieb der Maler jedoch seinem Auftraggeber treu und versandte es wie vorgesehen nach Munchen Dort suchte Max I Joseph ein Liebhaber von Landschaften und Genrebildern hochstpersonlich einen Rahmen fur das Gemalde aus und liess es im Schlafzimmer seiner Sommerresidenz am Tegernsee aufhangen Schon zu seiner Zeit war Wilkie ein gefeierter Maler Unter Bezug auf Vorbilder in der englischen und niederlandischen Genremalerei namlich William Hogarth und David Teniers d J deren Vorzuge Wilkie nach dem Urteil des anerkannten Malers und Kunstkritikers Joshua Reynolds in seiner Malerei vereint habe meinte der Kritiker William Hazlitt 1815 4 The highest authority of art in this country we understand has pronounced that Mr Wilkie united the excellences of Hogarth to those of Teniers We demure to this decision in both its branches but in demuring to authority it is necessary to give our reasons We conceive that this excellent and deservedly admired artist has certain essential real and indisputable excellences of his own and we think it therefore the less important to clothe him with any vicarious merits which do not belong to him Die hochste Autoritat der Kunst in diesem Land hat wie wir vernehmen erklart dass Mr Wilkie die Vorzuglichkeiten von Hogarth mit denen von Teniers vereint hat Wir lehnen dieses Urteil in beiderlei Hinsicht ab aber wenn wir uns der Autoritat widersetzen ist es notwendig unser eigenes Urteil darzulegen Wir glauben dass dieser ausgezeichnete und zu Recht bewunderte Kunstler bestimmte wesentliche echte und unbestreitbare Vorzuge besitzt und wir halten es daher fur weniger wichtig ihn mit irgendwelchen weit herangezogenen Verdiensten zu bekleiden die ihm nicht zustehen Wilkies Malerei fand starke Resonanz auf dem europaischen Kontinent speziell im deutschsprachigen Raum und wurde uber Druckgrafik weit verbreitet etwa durch John Burnett Theodor Janssen und Leo Schoninger Deutliche Anklange von Wilkies Testamentseroffnung finden sich in Gemalden von Malern deutscher Schulen des 19 Jahrhunderts allen voran bei Johann Peter Hasenclever Richard Caton Woodville Josef Danhauser und Ferdinand Georg Waldmuller Ein bekannter Kopist des Bildes war Caspar Kaltenmoser Literatur BearbeitenFlavia Dietrich A picture for the Bavarian king David Wilkie s The Reading of the Will 1820 In The Britisch Art Journal Band 4 Heft 2 Sommer 2003 S 37 44 Weblinks BearbeitenDie Testamentseroffnung Bildbeschreibung im Portal sammlung pinakothek de Neue Pinakothek Einzelnachweise Bearbeiten Thea Vignau Wilberg Hrsg Spatklassizismus und Romantik Vollstandiger Katalog Bayerische Staatsgemaldesammlungen Munchen Gemaldekataloge Band 4 Hirmer Munchen 2003 ISBN 978 3 7774 8520 1 S 538 Preface In Birke Hacker Charles Mitchell Hrsg Current Issues in Succession Law Bloomsbury Oxford 2016 ISBN 978 1 78225 627 4 The Exhibition at the Royal Academy The Fifty Second McMillan London 1820 S 11 William Hazlitt On Mr Wilkie s Pictures In The Champion 5 March 1815 Zitiert nach Barbara Gaehtgens Hrsg Genremalerei Berlin 2002 ISBN 3 496 01141 6 S 349 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Die Testamentseroffnung amp oldid 224383110