www.wikidata.de-de.nina.az
Die Klage des Friedens lateinisch Querela Pacis gilt als die pazifistische Hauptschrift des Erasmus von Rotterdam die er 1517 anlasslich einer geplanten Friedenskonferenz im nordfranzosischen Cambrai zu der alle Herrscher Europas zu einem Gipfeltreffen geladen waren geschrieben hat Erasmus war zu dieser Zeit Rat am Hofe der Burgunder in Lowen Leuven und Berater bzw Erzieher des spateren Kaisers Karl V Die Konferenz fand jedoch nicht statt In dem Text fordert Erasmus eine starke Trennung der Kirche von allem Militarischem und die grosstmogliche Anstrengung weltlicher Herrscher gewalttatige Konflikte zu vermeiden Eher sollen die Machtigen auf Vermogen und Land oder sogar ihre Macht verzichten als einen Krieg zu beginnen Dies bedeutet definitiv Schuld vor Gott auf sich zu laden 1 Wichtig ist Erasmus auch die Widerlegung einer nach Cicero moglichen Ausgangssituation eines bellum iustum da es in zwischenstaatlichen Auseinandersetzungen keine parteilose beurteilende Instanz gebe und jede Seite schliesse dass ihre Sache die gerechte sei 2 Auch wenn der damalige Friedensappell vielfach gelesen und gelobt wurde eskalierten wenig spater die Machtkampfe um die Vorherrschaft in Europa zwischen England Frankreich und Deutschland weiter insbesondere die Kampfe um Norditalien und mundeten schliesslich in Glaubenskampfe Ein Auszug der Schlusspassage der Friedensschrift verdeutlicht Erasmus Intentionen An Euch appelliere ich Ihr Herrscher von deren Befehl hauptsachlich das Menschengeschick abhangt die ihr Sinnbild der Herrschaft Christi unter den Menschen darstellt besinnt Euch auf den Ruf Eures Konigs zum Frieden weswegen Euch die ganze Welt durch langes Unheil erschopft darum anfleht Wenn jemand noch gegen wen Groll tragt ist es recht dies fur das gemeinsame Gluck aller zu vergeben Zu gross ist die Sache als dass man sie aus geringfugigen Grunden verzogern durfte Ich appelliere an Euch Ihr Gott geweihten Priester gebt mit allem Eifer das wieder wovon Ihr wisst dass es Gott am willkommensten ist wehrt das ab was ihm am meisten verhasst ist Ich appelliere an Euch Ihr Fuhrungsschichten und Magistratsherren dass Eure Gesinnung ein Beistand sei fur die Weisheit des Regenten und die Pflichttreue der Priester An Euch appelliere ich insgesamt die ihr den christlichen Namen bekennt verschwort Euch darin mit einhelligem Sinn Lasst nunmehr sehen wie viel die Einigkeit der Menge gegen Tyrannenmacht vermag Hierzu sollten alle in gleicher Weise ihre Vorschlage einbringen Durch gemeinsames Bemuhen mogen alle vorantreiben was allen gleichermassen zum Segen dient Vom grossten Teil des Volkes wird der Krieg verflucht man betet um Frieden Einige wenige nur deren gottloses Gluck vom allgemeinen Ungluck abhangt wunschen den Krieg Beurteilt selbst ob es recht und billig sei oder nicht dass deren Unredlichkeit mehr gilt als der Wille aller Guten Ihr seht bis jetzt ist nichts durch Bundnisse zustande gebracht nichts durch Verschwagerung gefordert nichts durch Gewalt nichts durch Rachenahme Stellt nun dagegen auf die Probe was Versohnlichkeit und Wohltatigkeit vermogen Krieg wird aus Krieg gesat Rache verursacht wieder Rache Fur die Fursten wird es eine ehrwurdige Herrschaft sein wenn sie uber fromme und gluckliche Menschen gebieten sobald sie mehr durch Gesetze als durch Waffen regieren die Aristokraten werden ein grosseres und rechtmassiges Ansehen geniessen die Priester mehr stille Mussezeit dem Volk wird eine gedeihlichere Ruhe zuteil und Uberfluss in Frieden Der christliche Name wird den Feinden des Kreuzes mehr Ehrfurcht einflossen Endlich wird der Einzelne dem Einzelnen und alle werden allen zugleich lieb und wert sein und vor allem Christus willkommen sein dem zu gefallen das hochste Gluck ist 3 Erasmus hatte sich bereits zuvor mehrfach offentlich in Briefen und Schriften zum Thema Krieg und Gewalt geaussert so in seiner Schrift Dulce bellum inexpertis suss scheint der Krieg den Unerfahrenen die er spater als Adagia Nr 3001 in seine Zitaten Sammlung ubernommen hatte Er schrieb zum Thema Krieg Es ist jetzt schon soweit gekommen dass man den Krieg allgemein fur eine annehmbare Sache halt und sich wundert dass es Menschen gibt denen er nicht gefallt Wie viel gerechtfertigter ware es dagegen sich daruber zu wundern welch boser Genius welche Pest welche Tollheit welche Furie diese bis dahin bestialische Sache zuerst in den Sinn des Menschen gebracht haben mag dass jenes sanfte Lebewesen das die Natur fur Frieden und Wohlwollen erschuf mit so wilder Raserei so wahnsinnigem Tumult zur gegenseitigen Vernichtung eilte Wenn man also zuerst nur die Erscheinung und Gestalt des menschlichen Korpers ansieht merkt man denn nicht sofort dass die Natur oder vielmehr Gott ein solches Wesen nicht fur Krieg sondern fur Freundschaft nicht zum Verderben sondern zum Heil nicht fur Gewalttaten sondern fur Wohltatigkeit erschaffen habe Ein jedes der anderen Wesen stattete sie mit eigenen Waffen aus den Stier mit Hornern den Lowen mit Pranken den Eber mit Stosszahnen andere mit Gift wieder andere mit Schnelligkeit Der Mensch aber ist nackt zart wehrlos und schwach nichts kann man an den Gliedern sehen was fur einen Kampf oder eine Gewalttatigkeit bestimmt ware Er kommt auf die Welt und ist lange Zeit vor fremder Hilfe abhangig kann bloss durch Wimmern und Weinen nach Beistand rufen Die Natur schenkte ihm freundliche Augen als Spiegel der Seele biegsame Arme zur Umarmung gab ihm die Empfindung eines Kusses das Lachen als Ausdruck von Frohlichkeit Tranen als Symbol fur Sanftmut und des Mitleids Der Krieg wird aus dem Krieg erzeugt aus einem Scheinkrieg entsteht ein offener aus einem winzigen der gewaltigste Wo denn ist das Reich des Teufels wenn es nicht im Krieg ist Warum schleppen wir Christus hierhin zu dem der Krieg noch weniger passt als ein Hurenhaus So mogen wir Krieg und Frieden die zugleich elendeste und verbrecherischste Sache vergleichen und es wird vollends klar werden ein wie grosser Wahnsinn es sei mit so viel Tumult so viel Strapazen so einem grossen Kostenaufwand unter hochster Gefahr und so vielen Verlusten Krieg zu veranstalten obwohl um ein viel geringeres die Eintracht erkauft werden konnte 4 Inhaltsverzeichnis 1 Digitalisierte Ausgaben 2 Zweisprachige Neuausgabe 3 Weblinks 4 NachweiseDigitalisierte Ausgaben BearbeitenQuerela pacis Basel 1518 doi 10 3931 e rara 23180 lateinisch Ein Klag des Frydens Zurich 1521 doi 10 3931 e rara 845 deutsch Teutscher FriedensBott Frankfurt am Main 1622 Digitalisat Zweisprachige Neuausgabe BearbeitenDie Klage des Friedens Lateinisch und deutsch von Kai Brodersen Wiesbaden Marix 2018 ISBN 978 3 7374 1092 2Weblinks BearbeitenEine klagende Gottin Die Friedensschrift des Erasmus von Rotterdam Neue Zurcher Zeitung 28 Juli 2001 Erasmus von Rotterdam Suss ist der Krieg den Unerfahrenen Klage gegen Gewalt und Krieg 2017 Online AusstellungNachweise Bearbeiten Friedemann Stengel Reformation und Krieg in Friedemann Stengel Jorg Ullrich Hrsg Kirche und Krieg Ambivalenzen in der Theologie Leipzig 2015 Bainton Roland H Erasmus Reformer zwischen den Fronten 1972 Gottingen Die Klage des Friedens in der Ubersetzung von Brigitte Hannemann Zurich 1998 Brigitte Hannemann Suss scheint der Krieg den Unerfahrenen Munchen 1987 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Die Klage des Friedens amp oldid 221302598