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50 978286111111 11 020633333333 Koordinaten 50 58 41 8 N 11 1 14 3 O Das Denkmal fur den unbekannten Wehrmachtsdeserteur und fur die Opfer der NS Militarjustiz vor der Bastion Philipp der Zitadelle Petersberg wurde am 1 September 1995 eingeweiht Inhaltsverzeichnis 1 Beschreibung 2 Geschichtlicher Bezug des Orts 3 Entstehung und Kontroversen 4 Literatur 5 Weblinks 6 Siehe auch 7 EinzelnachweiseBeschreibung Bearbeiten nbsp Das Mahnmal stammt von dem Erfurter Kunstler Thomas Nicolai und besteht aus acht Metallstelen von denen sieben in starrer disziplinierter Haltung stilisiert sind Eine ist individuell geformt wendet sich aus der Reihe ab und symbolisiert den Fahnenfluchtigen Eine Bronzetafel am Boden tragt die Inschrift Dem unbekannten Wehrmachtsdeserteur Den Opfern der NS Militarjustiz Allen die sich dem Naziregime verweigerten sowie ein Zitat aus dem Werk Traume von Gunter Eich Seid Sand nicht das Ol im Getriebe der Welt 1 Nicolai verarbeitete Schrott Heizkessel da dieser ein Material mit Spuren ist Stahl als Medium des Krieges erinnert an die Materialschlachten des Zweiten Weltkriegs Die Anordnung der Stelen in Form einer engen Gasse erinnert an Spiessrutenlaufen und vermittelt ein Gefuhl der Beklemmung Uniformitat und Ausweglosigkeit das durch die sich aus dem Material ergebenden Spitzen der Basis verstarkt wird Das Problem des Gehorsams der Einfugung in eine Ordnung sieht Nicolai als allgemeine Spannung zwischen Individuum und gesellschaftlichem System Wird eine Schmerzgrenze angedeutet etwa durch den schief gehaltenen Kopf des Deserteurs uberschritten wird das Recht auf Selbstbestimmung zum Recht auf Verweigerung 2 Geschichtlicher Bezug des Orts BearbeitenDas Denkmal liegt der Altstadt Andreasviertel zugewandt im Festungsgraben der Zitadelle Petersberg an einer ruhigen Stelle ist jedoch auf dem vor dem Haupttor nach rechts abzweigenden Fussweg nach 200 Metern zu erreichen Im Militararrestgebaude neben der ehemaligen Hauptwache befand sich seit 1918 eine Polizei Haftanstalt die in der Zeit des Nationalsozialismus Untersuchungshaftanstalt fur politische Gefangene wurde Im Kommandantenhaus der Festung uber dem Haupteingang war seit 1935 das Kriegsgericht 409 ID der Wehrmacht untergebracht das wahrend des Zweiten Weltkriegs rund 50 Deserteure zum Tode verurteilte Im Keller der grossen Defensionskaserne befanden sich dazugehorige Arrestzellen Die verurteilten Fahnenfluchtigen wurden an der Stelle erschossen an der heute das Denkmal steht 3 Entstehung und Kontroversen Bearbeiten nbsp Detail der DeserteursteleIm November 1994 bildete sich eine Initiative die zum 8 Mai 1995 dem 50 Jahrestag der Befreiung ein Denkmal fur den unbekannten Wehrmachtsdeserteur aufstellen wollte Ihr gehorten unter anderem Gewerkschaften Friedensgruppen Deserteure Opfer des Nationalsozialismus Kirchenvertreter und Kunstler an 4 Sie entschied sich im Januar 1995 fur ein Konzept Nicolais und entwickelte das Projekt mit ihm und jungen Facharbeitern der Deutschen Bahn AG Werk Erfurt bzw der Gewerkschaft der Eisenbahner weiter Prominente Unterstutzer wurden Ralph Giordano und Gerhard Zwerenz der selbst als Wehrmachtssoldat desertierte Sie schrieben als Erstunterzeichner eines Aufrufs 5 Unsere Befreier waren Auslander Jedoch gab es auch im deutschen Volk Menschen die sich mit dem Verbrechen nicht abfanden Es gab Widerstand in verschiedenen Formen und Qualitaten Viele haben sich der Maschinerie entzogen Die einen sind bekannt andere blieben anonym oder wurden vergessen Es ist daher hoch an der Zeit der Gesellschaft die Auseinandersetzung mit unbewaltigten Problemen der Vergangenheit zuzumuten Dazu gehort das Erbe politischer Opfer der NS Militarjustiz anzunehmen und der deutschen Kriegsdienstverweigerer und Wehrmachtsdeserteure zu erinnern die mit ihrer Entscheidung einen Beitrag zur Befreiung geleistet haben Daher sollten diese juristisch rehabilitiert werden das Denkmal das Gewissen gegenuber jeglicher Menschenrechtsverletzung scharfen und ermutigen sich der Gewalt zu widersetzen Nicolai betonte aber auch Ich will den Deserteur nicht zum Helden machen und die Soldaten die dabeigeblieben sind zu Verlierern 6 Unter vielen anderen schlossen sich Joschka Fischer Vera Lengsfeld der evangelische Bischof Christoph Demke Probst Heino Falcke die Thuringer Sozialministerin Irene Ellenberger Christa Wolf der ehemalige Wehrmachtsdeserteur Ludwig Baumann sowie Dorothee Solle dem Aufruf an Da der Erfurter Oberburgermeister Manfred Ruge bis zur Enthullung ablehnend blieb brachte die Fraktion Bundnis 90 Die Grunen Neues Forum am 7 Marz 1995 einen Antrag im Stadtrat ein welcher mit den Stimmen auch von PDS und der Mehrheit der SPD die Verwaltung am 22 Marz 1995 verpflichtete einen offentlichen Standort bevorzugt am Petersberg zur Verfugung zu stellen 7 Danach wurde die Kunstkommission der Stadt eingeschaltet die die aufgrund der fortgeschrittenen Initiative fehlende regulare Ausschreibung bemangelte Nach Begutachtung des Konzepts und einer ersten fertiggestellten Stele kritisierte sie den Entwurf einerseits als zu uberfrachtet andererseits als zu abstrakt Der geplante Termin 8 Mai war danach nicht mehr einzuhalten 6 Bei einem Pressestammtisch am 20 April 1995 kamen die Initiative und der Kulturbeigeordnete Joachim Kaiser uberein das Denkmal endgultig am 1 September aufzustellen Am 6 Juli erhielt die Initiative dann jedoch das schriftliche ablehnende Gutachten der Kunstkommission Oberburgermeister Manfred Ruge brachte fur die Ratssitzung am 30 August einen Antrag ein das Denkmal nicht wie abgesprochen aufzustellen den der Kulturausschuss am 15 August ohne Anhorung der Initiative oder des Kunstlers mehrheitlich unterstutzte Der OB erliess auf Veranlassung des Kulturbeigeordneten einen Baustopp Nachdem eine auf Antrag der Fraktion Grune Forum fur den 28 August einberufene Stadtrats Sondersitzung den fruheren Beschluss wiederherstellte konnte das Denkmal am 1 September schliesslich der Offentlichkeit ubergeben werden 8 Seit der Planung regt das Denkmal zu teils heftigen offentlichen Diskussionen an Dies macht eine Kontroverse in der Zeitschrift Stadt und Geschichte deutlich So bezeichnete der Leiter des Stadtarchivs Erfurt Fahnenflucht als nicht besonders ehrenhaft er gedenke lieber derer die bei ihren Kameraden ausgeharrt haben 9 Ein anderer wies dagegen darauf hin die Wehrmacht sei ein Instrument des Vernichtungskrieges der Nazis gewesen Deserteure waren es leid das sinnlose Sterben zu verlangern Und Angst hatten sie auch Hatten sie Helden fur Hitler sein sollen 10 Anlasslich des 15 Jahrestags der Denkmalseroffnung wurde auf dem Erfurter Petersberg die Ausstellung Was damals Recht war Soldaten und Zivilisten vor Gerichten der Wehrmacht gezeigt Eroffnet wurde die Ausstellung durch den Grunder und Vorsitzenden der Bundesvereinigung Opfer der NS Militarjustiz e V Ludwig Baumann In diesem Rahmen trug er sich am 9 Juni 2010 in das Goldene Buch der Stadt Erfurt ein und sprach dabei uber die lange und schwierige Geschichte der Anerkennung der Deserteure als NS Opfer Literatur BearbeitenDGB Bildungswerk Thuringen e V Kulturverein Mauernbrechen Hg DenkMal fur den unbekannten Wehrmachtsdeserteur Dokumentation einer Erfurter Initiative Erfurt 1995 Steffen Rassloff 100 Denkmale in Erfurt Geschichte und Geschichten Mit Fotografien von Sascha Fromm Essen 2013 ISBN 978 3 8375 0987 8 S 196 f Steffen Rassloff Die Zitadelle Petersberg als Erinnerungsort an NS Diktatur und Zweiten Weltkrieg In Heimat Thuringen 2 3 2005 S 42 44 Steffen Rassloff Denkmale in Erfurt Dem Nazi Regime verweigert In Thuringer Allgemeine vom 6 August 2011 online Eckart Schorle Das Erfurter Deserteursdenkmal Ein Ruckblick In Stadt und Geschichte ISSN 1618 1964 2011 48 S 32 34 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Denkmal fur den unbekannten Wehrmachtsdeserteur Erfurt Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Deserteurdenkmal Erfurt auf erfurt web de Dokumentation auf der Seite des Kunstlers siehe AAA archives flash Projekte konventionell page 1 Siehe auch BearbeitenOpfer der NS Militarjustiz Gesetz zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege Richard Felix KaszemeikEinzelnachweise Bearbeiten Steffen Rassloff Die Zitadelle Petersberg als Erinnerungsort an NS Diktatur und Zweiten Weltkrieg In Heimat Thuringen 2 3 2005 S 42 R Petz Ein Bekenntnis zur Menschlichen Natur Im Gesprach mit dem Erfurter Kunstler Thomas Nicolai in UNZ 11 2009 S 11 Birgit Kummer Wie Erfurt zu einem Denkmal fur Deserteure kam In Thuringer Allgemeine 1 September 2015 abgerufen am 5 Dezember 2018 Das Kriegstrauma noch in den Kopfen Umstrittenes Denkmal fur Wehrmachtsdeserteure enthullt Thuringische Landeszeitung 2 September 1995 DGB Bildungswerk Thuringen e V Kulturverein Mauernbrechen Hg DenkMal fUr den unbekannten Wehrmachtsdeserteur Dokumentation einer Erfurter Initiative Erfurt 1995 S 2 a b Frankfurter Rundschau 16 August 1995 Bernhard Honnigfort Wildwuchs und verletzte Eitelkeit Thuringens Politiker streiten uber ein Deserteurs Denkmal Frankfurter Rundschau 16 August 1995 DGB Bildungswerk Thuringen e V Kulturverein Mauernbrechen Hg DenkMal fur den unbekannten Wehrmachtsdeserteur Dokumentation einer Erfurter Initiative Erfurt 1995 S 5 Leserbrief von Dr Rudolf Benl In Stadt und Geschichte Zeitschrift fur Erfurt 6 2000 S 23 Leserbrief von Prof Dr Siegfried Wolf In Stadt und Geschichte Zeitschrift fur Erfurt 7 2000 S 27 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Deserteurdenkmal Erfurt amp oldid 238166205