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Die Derra a arabisch دراعة DMG durraʿa Pl drariʿe ist das traditionelle weite Obergewand der Bidhan Manner in Mauretanien also der maurischen Gesellschaftsschicht In der Westsahara wird bei den Sahrauis der armellose bis zu den Knocheln reichende Baumwollstreifen nur noch zu besonderen Anlassen getragen Weiter sudlich wird ein ahnliches Kleidungsstuck Boubou genannt Bidhan mit kostbarer Derra a in Chinguetti Inhaltsverzeichnis 1 Herstellung und Form 2 Kulturelle Bedeutung 3 Literatur 4 EinzelnachweiseHerstellung und Form BearbeitenIn Mauretanien mussen alle Stoffe allgemein hassania hunṭ die fur Kleider oder die Zelte khaima der Nomaden benotigt werden aus Europa Indien oder den Nachbarlandern eingefuhrt werden Der fur Derra as benotigte Baumwollstoff gelangt als Ballen oder als etwa 15 Meter langer Streifen f beiṣa Pl beiṣ auf die Markte und wird von Schneidern Sg ḫayyaṭ zugeschnitten und vernaht Die Arbeit an der Nahmaschine ist in der Regel Sache der Manner wahrend die Frauen der unteren Handwerkerschicht Pl maʿllemin Sg m maʿllem fur das Gerben und die ornamentale Gestaltung der Lederwaren zustandig sind In jeder Kleinstadt finden sich Nahstuben die haufig zugleich Verkaufsladen sind im Bereich des Marktes besonders viele Schneider haben sich in der Landeshauptstadt Nouakchott im Obergeschoss des Zentralmarktes Marche Capitale eingemietet Vor allem in Oualata werden Derra as mit Stickereien verziert Die Mannergewander werden aus blauer oder weisser Baumwolle gefertigt Der blaue Stoff Guineatuch ist mit Indigo gefarbt wobei je nach der Farbintensitat unterschiedliche Sorten benannt werden Sandōra sind dunkelblaue ins Violett gehende Stoffe die am weitesten verbreiteten mittleren Blautone heissen rum safana oder hasem el bagara Der alte Name Guineatuch fur die blauen Stoffe geht auf die fruhere Bezeichnung Guineakuste zuruck womit im weitesten Sinn die gesamte westafrikanische Kuste gemeint war Dort hatten Englander und Franzosen Indigoplantagen angelegt Die in Indien hergestellten Stoffe waren im 17 und 18 Jahrhundert fur die franzosischen Handler in der Sudanregion ein Tauschmittel gegen das in Mauretanien geerntete kostbare Gummi arabicum das uber den senegalesischen Hafen Saint Louis nach Europa verschifft wurde 1 Auch bei den Tuareg und im Norden Nigerias waren mit Indigo gefarbte Stoffe stets teuer und begehrt 2 Das weisse Tuch Perkal kommt in verschiedenen Qualitaten unter Namen wie ḫunṭ el abioḍ elbioḍ und berkan in den Handel Fur ein mittelgrosses Gewand wird ein etwa elf Meter langer Stoffstreifen benotigt der in drei Teile zerschnitten an den Langsseiten zusammengenaht wird sodass sich eine Rechteckbahn mit einer Breite von zwei Metern ergibt Diese wird in der Halfte quer gefaltet und an den Randern von aussen her in Richtung Falz zusammengenaht Die beiden Abnaher lassen eine ausreichend breite Offnung fur die Arme frei Herunterhangende Arme verschwinden im Gewand waagrecht gestreckt ziehen sie es wie ein Segel in die Breite Um die Arme frei bewegen zu konnen mussen die seitlichen Stoffteile auf die Schultern hochgeschoben oder umgekrempelt werden Da sie schnell herunterrutschen geschieht dies in kurzen Zeitabstanden Ein Halsausschnitt in der Mitte am Falz wird mit einer Borte umnaht An der linken Brustseite ist eine Tasche aufgenaht in der kleine Dinge wie die Pfeifentasche beit Zahnputzstabchen und Geld aufbewahrt werden Unter der Derra a kleiden sich die Manner traditionell mit einer sehr weiten Hose m serwal Pl srawil die bis zu den Knien reicht und mit einem Hosengurtel gehalten wird der meist ahnlich wie der Zuggurt des Mannerreitsattels raḥla geflochten ist Andere Gurtel bestehen aus dicken Lederstreifen Unabhangig vom Material haben die Gurtel ein von der Verknotung bei Ledergurteln von einer Metallschliesse bis fast auf den Boden herabhangendes loses Ende das oft noch unterhalb der Derra a herausschaut 3 Fur traditionelle Hemden mit und ohne Armel die mehr in der kalteren Jahreszeit darunter angezogen werden gibt es verschiedene regionale Bezeichnungen und Schnittmuster Heute tragen Manner uberwiegend westliche Hosen und Hemden unter ihren Gewandern Den Kopf bedeckt ein Turban m ḥawli Pl ḥawale aus dunkelblauem Tuch von etwa 80 Zentimetern Breite und 350 Zentimetern Lange den die Bidhans zusammengedreht um den Kopf und unter dem Kinn hindurch wickeln und gelegentlich uber Mund und Nase ziehen sodass wie bei den Tuareg vom Gesicht nur die Augenpartie freibleibt Bidhan Frauen tragen die Malefa mlaḥfa Pl mlaḥaf ein durchschnittlich 1 6 Meter breites und 3 5 Meter langes Tuch das zweimal um den Korper und dann uber den Kopf geschlungen wird Die in Marokko von beiden Geschlechtern ubergezogenen Djellabas mit Kapuze sind in Mauretanien praktisch nicht anzutreffen Kulturelle Bedeutung Bearbeiten nbsp Unterschiedlich lange Gewander Kamelmarkt am ostlichen Stadtrand von Nouakchott an der Strasse Richtung Boutilimit nbsp In der weissen Derra a Mohamed Abdelaziz Generalsekretar der Polisario 2006Die Ethnien in Mauretanien werden grob in arabisch berberische Bidhans und schwarzafrikanische Soudans eingeteilt Genauso bedeutsam ist wegen der hierarchischen Gesellschaftsstruktur des Landes die Zugehorigkeit zu einer der sozialen Schichten oder Klassen die es innerhalb der Bidhans und der Soudans gibt und deren Einteilungen zu Uberschneidungen mit dem ethnischen Konzept fuhren Mitglieder von Ethnien die den Soudans zugerechnet werden konnen einer der beiden oberen Klassen der Bidhans den Hassani Kriegerklasse und Zawaya Marabouts angehoren Die ehemaligen schwarzafrikanischen Sklaven Haratins fuhlen sich eher der Kultur ihrer einstigen Herren verbunden mit denen sie als Nomaden uber Jahrhunderte durch die Wuste zogen und weniger den Ackerbau treibenden sesshaften Bevolkerungsgruppen gleicher Hautfarbe Die mauretanischen Sklaven hatten zwar nie eine Chance in die oberen Schichten der Bidhan Gesellschaft aufzusteigen falls es die finanziellen Mittel erlauben kopieren sie aber ihren Lebensstil und tragen zur westlichen Kleidung einen langen Gurtel und daruber eine Derra a 4 Die herabhangenden Seitenteile der Derra a wurden nach einer Fotografie von Odette du Puigaudeau 1968 5 fruher von Kriegern in der Region Trarza mit einem sich uber der Brust kreuzenden Stoffband nach oben gebunden Ohne solche Verschnurungstechniken ist das weite Kleidungsstuck bei korperlichen Tatigkeiten hinderlich Weder Hassani noch die Gelehrtenkaste der Zawaya verrichteten selbst alltagliche Arbeiten Bedienstete und Sklaven huteten fruher ihre Viehherden und bewirtschafteten die Felder Arbeiter tun dies bis heute in Gewandern die haufig nur bis zu den Knien reichen Viehhirten haben die Seitenteile zusammenverknotet Fur die mauretanischen Bevolkerungsgruppen die von alters her das bis fast zum Boden reichende Gewand tragen und fur den im 20 Jahrhundert erweiterten Personenkreis ist die Derra a Nationaltracht und Statussymbol Die Sahrauis mussten ihre nomadische Lebensweise in den 1970er Jahren durch den Westsaharakonflikt praktisch vollstandig aufgeben Sklaverei war bei ihnen fruher weniger verbreitet ebenso waren die Klassenunterschiede geringer Heute propagiert die Unabhangigkeitsbewegung Polisario ein egalitares Gesellschaftsmodell Bis auf festliche Anlasse tragen Saharauis kaum noch Derra as Literatur BearbeitenWolfgang Creyaufmuller Nomadenkultur in der Westsahara Die materielle Kultur der Mauren ihre handwerklichen Techniken und ornamentalen Grundstrukturen Burgfried Verlag Hallein Osterreich 1983 ISBN 3 85388 011 8 S 346 354 Zugleich Freiburg Breisgau Universitat Dissertation 1981 Die materielle Kultur der Mauren Einzelnachweise Bearbeiten The Monthly Magazine or British Register Bd 15 Teil 1 Januar Juli 1803 ZDB ID 1007232 9 S 314 Online bei Google books Jenny Balfour Paul Indigo in the Arab World Curzon Richmond 1997 ISBN 0 7007 0373 X S 153 Zugleich Exeter Universitat Dissertation Creyaufmuller Nomadenkultur in der Westsahara 1983 S 299 Kiky van Til Neighbourhood re construction and changing identities in Mauritania from a small town perspective In Piet Konings Dick Foeken Hrsg Crisis and creativity Exploring the wealth of the African neighbourhood African Dynamics Bd 5 Brill Leiden 2006 ISBN 90 04 15004 8 S 237 247 online PDF 4 5 MB Odette du Puigaudeau Arts et coutumes des Maures II In Hesperis Tamuda Bd 9 1968 ISSN 0018 1005 S 329 458 Fotos 58 60 Nach Creyaufmuller Nomadenkultur in der Westsahara 1983 S 351 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Derra a amp oldid 238770354