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Der Apostel ist der Titel einer 1890 1 publizierten Novelle von Gerhart Hauptmann Darin wird ein Wanderprediger portratiert der sich als Jesus fuhlt und die Menschheit zum friedlichen Zusammenleben aller Kreaturen in der gottlichen Natur bekehren will In der Zeitschrift Moderne Dichtung wurde Hauptmanns Apostel zum ersten Mal veroffentlicht Inhaltsverzeichnis 1 Inhalt 2 Biographischer Hintergrund 3 Rezeption 4 Literatur 4 1 Ausgaben 4 2 Sekundarliteratur 5 Weblinks 6 Siehe auch 7 EinzelnachweiseInhalt BearbeitenPfingsten in Zurich Wohlgefallig betrachtet sich der Reisende am fruhen Morgen im Spiegel der Herberge Die Sandalen sind zur Wanderung fest geschnurt In der weissen Fries kutte mit dem Strick um die Huften und der Schnur um den Kopf kommt er sich wirklich wie ein Apostel vor Aus dem Italienischen anreisend hatte er mit der widerlich ruttelnden Eisenbahn durch den Gotthard am Vortag Zurich erreicht Der weitere Weg nach Deutschland soll zu Fuss zuruckgelegt werden Warum stieg er von Zurich aus in der Fruhe in die Berge Nun das Bestaunen der Wunder der Natur erzeugte in ihm religiose Schauer Bedauerlich nur dass er im wohlig zufriedenen Steigen den eigenen edlen Gang nicht von einer externen Position aus bewundern konnte Lastig war das merkwurdige Schwatzen im Ohr das ihn wiederum wie seit Wochen schon plagte Bald erschien ihm aus der Hohe Zurich als widerlicher Steinhaufen in die paradiesische Natur hineingeimpft diese Stadt gemacht vom Menschen dem allergefahrlichsten Ungeziefer Das Steigen bergan empfand er als gottgleiche Erhebung Indem er nicht zuruck und hinabschaute traf den Zustand der Welt nur ein einziges wundervolles Wortjuwel Friede 2 Diese Welt liebte er und rief der Menschheit in Schmerz und Verzweiflung sein kommt alle die ihr muhselig und beladen seid 3 und folgt mir nach zu Auf dem Ruckweg wahrend er in einen Zurcher Aussenbezirk einmarschierte erinnerte er sich an seine Zeit als Leutnant So viele Begabungen steckten in ihm etwa die musikalische Ein grosser Komponist hatte er werden konnen Unfug er war zu Hoherem berufen wollte sogleich irgendetwas Wunderbares vollbringen Dann fuhlte er sich plotzlich ernuchtert und empfand die Pein und Scham eines entlarvten Hochstaplers und den Wunsch von aller Welt fortzulaufen sich zu verkriechen zu verstecken oder auf irgendeine Weise seinem Leben uberhaupt ein Ende zu machen 4 Bis hinab an den Limmatquai folgte ihm eine Kinderschar auf dem Fusse Es musste doch etwas Besonderes an ihm sein und er verstand plotzlich warum Menschen von Grosse und Reinheit zu gemeinen Betrugern werden Denn er fuhlte in sich einen unwiderstehlichen Trieb etwas Wundervolles zu verrichten und zugleich das Eingestandnis seiner Unkraft 5 Er spitzte die Ohren Was wurde um ihn herum gesprochen Deutlich vernahm er Herr Jesus Die Schmahungen fruher beigebracht kamen ihm in den Sinn Gleichviel einem Prophet der er doch anscheinend war widerfuhr das Pfingsten an der Limmat in Zurich Wie gern horte er sich reden Noch nie hatte er einem Junger Jesu gleich mit so feuriger Zunge gesprochen Schreien war nicht seine Art Nur leise kam ihm das Kleinodwort uber die Lippen Weltfriede Er wollte die Menschen vor dem Bruder und Schwestermord warnen sie zum Frieden aufrufen Der Weg zum Frieden fuhre durch das Tor zur Natur zum einfachen Lebensstil zur Ablehnung der Tiertotung zum Vegetarismus Ihm schwoll bei diesen Gedanken das Herz Er spurte den Drang vor Menschen Tieren und Pflanzen zu predigen und die Allmacht der Wahrheit zu verkunden Um die Mittagszeit erwachte er auf einer Bank Sollte das alles Traum gewesen sein Irrtum er trug etwas wie einen ungeheuren Diamanten in seinem Kopfe dessen Licht alle schwarzen Tiefen und Abgrunde hell machte da war kein Dunkel mehr in seinem Bereich Das grosse Wissen war angebrochen 6 Lachelnd kam ihm die Erkenntnis uber die Herkunft jenes merkwurdigen wochenlang andauernden Schwatzens im Ohr Gottvater redet mit ihm mit seinem eigenen Sohn Biographischer Hintergrund Bearbeiten1888 horte Gerhart Hauptmann in Zurich Vorlesungen bei Auguste Forel hospitierte in dessen Nervenheilanstalt Burgholzli und lernte am Pfingstsonntag 1888 den Prediger und zeitweisen Diefenbach Junger Johannes Guttzeit das Vorbild seines Apostels kennen 7 Rezeption Bearbeiten1981 Lauterbach W enn wir uns vergegenwartigen welche ambivalente Rolle die Narren im Werk Hauptmanns spielen und wenn wir wissen dass Hauptmann in Zurich die Ruckkehr einer naturlichen Lebensweise bejahte und dem Alkohol abschwor so werden wir den Apostel weniger als kritisch distanzierte Charakterstudie sehen denn als ein Kapitel der Selbsterforschung als Auseinandersetzung mit der eigenen Verzuckung Das Portrat des sonderbaren Heiligen darf somit auch als die verschlusselte Kritik an gefahrlichen eigenen Anlagen gewertet werden als ein notwendiger Akt der Selbstbefreiung 8 1995 Leppmann Gerhart Hauptmann male das Urbild eines Propheten und beschreibe religiosen Wahn 9 1998 Marx Die psychopathologische Fallstudie religioser Wahnvorstellungen 10 erinnere teilweise an Dostojewskis Idiot 11 2012 Sprengel Im Juli 1890 habe sich Guttzeit bei Hauptmann uber seine Portratierung entrustet beschwert Hauptmann weist in einer Replik die vermutete blanke Kopierung zuruck 12 Der Text sei mehr auch eine Anlehnung an Buchners Lenz und Reflexion zu Nietzsches geistiger Umnachtung im Vorjahr 1889 13 Zudem reiht Sprengel den Text in Hauptmanns Jesus Dichtungen ein 14 Literatur BearbeitenAusgaben Bearbeiten Erstausgabe Der Apostel Bahnwarter Thiel S Fischer Berlin 1892 15 Verwendete Ausgabe Der Apostel S 53 64 in Gerhard Stenzel Hrsg Gerhart Hauptmanns Werke in zwei Banden Band II Verlag Das Bergland Buch Salzburg 1956Sekundarliteratur Bearbeiten Wolfgang Leppmann Gerhart Hauptmann Eine Biographie Ullstein Berlin 1996 Ullstein Buch 35608 415 Seiten ISBN 3 548 35608 7 identischer Text mit ISBN 3 549 05469 6 Propylaen Berlin 1995 untertitelt mit Die Biographie Friedhelm Marx Gerhart Hauptmann Reclam Stuttgart 1998 RUB 17608 Reihe Literaturstudium 403 Seiten ISBN 3 15 017608 5 Peter Sprengel Gerhart Hauptmann Burgerlichkeit und grosser Traum Eine Biographie 848 Seiten C H Beck Munchen 2012 1 Aufl ISBN 978 3 406 64045 2Weblinks BearbeitenEintrage im WorldCatSiehe auch BearbeitenZum seinerzeit aktuellen Thema radikale Lebensformen 16 in der Nachfolge Jesu Rilke Der Apostel 1896 Thomas Mann Gladius Dei 1902 Einzelnachweise Bearbeiten in der Monatsschrift fur Literatur und Kritik Moderne Dichtung Hrsg Eduard Michael Kafka Brunn 1 Juli 1890 und als Buchausgabe zusammen mit Bahnwarter Thiel als Novellistische Studien 1892 bei S Fischer Berlin Verwendete Ausgabe S 56 3 Z v u Neues Testament Mt 11 28 EU Kommt alle zu mir die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt Ich werde euch Ruhe verschaffen zitiert nach Gerhart Hauptmann Der Apostel In Erzahlungen Ullstein Verlag Frankfurt am Main Berlin Wien und Propylaen Verlag Centenar Ausgabe Das erzahlerische Werk Taschenbuchausgabe in 10 Einzelbanden 1981 Band 1 S 73 ff zitiert nach Gerhart Hauptmann Der Apostel In Erzahlungen Ullstein Verlag Frankfurt am Main Berlin Wien und Propylaen Verlag Centenar Ausgabe Das erzahlerische Werk Taschenbuchausgabe in 10 Einzelbanden 1981 Band 1 S 73 ff Verwendete Ausgabe S 64 11 Z v u Marx S 275 1 Z v o zitiert nach Ulrich Lauterbach Nachwort In Gerhart Hauptmann Der Apostel In Erzahlungen Ullstein Verlag Frankfurt am Main Berlin Wien und Propylaen Verlag Centenar Ausgabe Das erzahlerische Werk Taschenbuchausgabe in 10 Einzelbanden 1981 Band 1 S 450 ff Leppmann S 276 1 Z v o Walter Reguardt 1903 und Martin Machatzke zitiert bei Marx S 275 19 Z v o Marx S 275 10 Z v o Sprengel S 146 Sprengel S 179 Mitte Sprengel S 241 Mitte Der Apostel Eintrag bei HathiTrust Marx S 276 unten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Der Apostel Hauptmann amp oldid 222578519