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Das Dusseldorfer Verfahren ist ein gesetzlich nicht geregeltes Vorauszahlungsverfahren fur die Besteuerung von Prostituierten in Deutschland Es wird von der Finanzverwaltung in einigen Bundeslandern angewendet ist fur die Beteiligten freiwillig und dient der Vermeidung von Steuerausfallen im Rotlichtmilieu Betreiber von Bordellen oder bordellartigen Betrieben leisten eine pauschale Zahlung fur jede Prostituierte an das Finanzamt Die Pauschale entbindet die einzelne Prostituierte weder von der Abgabe von Steuererklarungen noch von der Zahlung der fur ihre Tatigkeit tatsachlich angefallenen Steuern die Pauschale wird auf die individuelle Steuerschuld angerechnet 1 Vom Dusseldorfer Verfahren zu unterscheiden ist die sogenannte Sexsteuer eine Form der Vergnugungsteuer eine Gemeindesteuer Inhaltsverzeichnis 1 Hintergrund und zeitliche Entwicklung 2 Besteuerungsverfahren 2 1 Prostitution als nichtselbststandige Tatigkeit 2 2 Prostitution als selbststandige Tatigkeit 2 3 Durchfuhrung und Wirkung des Dusseldorfer Verfahrens 3 Literatur 4 EinzelnachweiseHintergrund und zeitliche Entwicklung BearbeitenEinnahmen aus sexuellen Dienstleistungen unterliegen in Deutschland wie andere Dienstleistungen den Steuergesetzen 2 Unabhangig von rechtlichen oder kulturellen Massstaben werden auch gesetzeswidrige oder sittenwidrige Tatigkeiten besteuert 40 AO Prostitution galt im Rechtssinne lange als sittenwidrig und Vertrage waren nichtig Eine Besserstellung und Wegfall der Sittenwidrigkeit erfolgte durch das Prostitutionsgesetz ProstG von 2002 3 Die Erhebung von Steuern im Rotlichtmilieu gestaltet sich fur die Finanzbehorden schwierig Die steuerlichen Verpflichtungen werden von selbststandig tatigen Prostituierten nur selten oder unvollstandig erfullt Die Tatigkeit wird bei den Finanzamtern oft nicht angemeldet Einnahmen werden nicht aufgezeichnet Steuererklarungen nicht abgegeben und die Tatigkeitsstatten haufig gewechselt Versuche der Behorden die Steuer mithilfe einer Schatzung von Besteuerungsgrundlagen zu erheben laufen so ins Leere 4 Die Oberfinanzdirektion Dusseldorf im Bereich des Finanzministeriums des Landes Nordrhein Westfalen begegnete diesen Problemen bereits 1966 mit der Einfuhrung des sogenannten Dusseldorfer Verfahrens 2 bei dem die Bordellbetreiber auf freiwilliger Basis eine Steuervorauszahlung in Form einer Tagespauschale fur selbststandige Prostituierte leisteten die wie der Einbehalt von Lohnsteuer durch einen Arbeitgeber wirkte Im Jahr 2006 verstandigten sich die obersten Finanzbehorden des Bundes und der Lander mehrheitlich darauf dieses Verfahren als eine geeignete Methode zur Besteuerung von Sexarbeitenden zuzulassen 5 im Jahr 2013 wandten Baden Wurttemberg Berlin Hessen Nordrhein Westfalen Rheinland Pfalz Saarland und Sachsen das Verfahren an die Pauschale lag bei 7 50 bis 30 Euro taglich 4 Es wird in verschiedenen Varianten praktiziert und ist von der Rechtsprechung anerkannt 6 7 Eine gesetzliche Regelung gibt es bislang nicht Der Bundesrechnungshof hat in der Vergangenheit wiederholt die Besteuerung von Prostituierten als unzureichend bemangelt und eine bundesweite Vereinheitlichung und gesetzliche Verankerung des Steuereinbehalts vorgeschlagen 4 Der Vorschlag wurde jedoch vom Gesetzgeber nicht umgesetzt die bisherige Einzelbesteuerung von Sexarbeitenden in Kombination mit dem Dusseldorfer Verfahren in Landerzustandigkeit wurden als ausreichend betrachtet 2 5 Das Prostituiertenschutzgesetz ProstSchG von 2016 sieht fur Prostituierte eine behordliche Anmeldepflicht und eine Datenweitergabe an die Finanzamter vor 34 Abs 8 ProstSchG sowie ein Informationsgesprach uber steuerliche Pflichten 7 Abs 2 ProstSchG Besteuerungsverfahren BearbeitenDie Einkunfte von Personen die sexuelle Dienstleistungen erbringen unterliegen entweder der Lohnsteuer wenn nichtselbststandig tatig oder der Einkommensteuer Umsatzsteuer und Gewerbesteuer wenn selbststandig tatig 2 Nur in letzterem Fall kommt das Dusseldorfer Verfahren in Betracht Prostitution als nichtselbststandige Tatigkeit Bearbeiten In ersterem Fall ist die Prostituierte Arbeitnehmer der Bordellbetreiber Arbeitgeber Die Prostituierte erzielt Einkunfte aus nichtselbstandiger Arbeit aus denen der Arbeitgeber Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeitrage einbehalten und abfuhren muss Anhaltspunkte fur ein solches Arbeitsverhaltnis sind eine Tatigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers Nach den Feststellungen des Bundesrechnungshofes 2014 kommt weisungsabhangige Beschaftigung im Prostitutionsbereich nur selten vor 4 Prostitution als selbststandige Tatigkeit Bearbeiten In der Mehrheit sind Prostituierte selbststandig tatig Einkommensteuerlich erzielen sie Einkunfte aus Gewerbebetrieb 8 fur die auch Gewerbesteuerpflicht besteht Sexarbeitende betreiben aber kein Gewerbe nach der Gewerbeordnung explizit ausgenommen nach 6 Abs 1 GewO und mussen daher keine Gewerbeanmeldung beim Gewerbeamt einreichen Selbststandige Prostituierte sind ferner Unternehmer nach dem Umsatzsteuergesetz auf die Umsatze aus sexuellen Dienstleistungen fallt Umsatzsteuer an sofern nicht die Kleinunternehmerregelung greift 2 Durchfuhrung und Wirkung des Dusseldorfer Verfahrens Bearbeiten Der Bordellbetreiber vereinbart die Teilnahme am Verfahren mit der Finanzbehorde meist mit der Steuerfahndung die Teilnahme ist fur alle Beteiligten freiwillig Der Bordellbetreiber behalt von den selbstandigen Prostituierten einen Pauschalbetrag pro Anwesenheitstag als Steuervorauszahlung ein und fuhrt diesen an das Finanzamt ab haufig monats oder quartalsweise zusammengefasst Die Teilnahme am Verfahren soll zu einer Verschonung vor regelmassigen Kontrollen der Finanzbehorden fuhren Nicht erfasst von dem Verfahren werden andere Formen von Prostitution ausserhalb von Bordellbetrieben z B Strassenprostituierte 9 Leistungen aus dem Steuerschuldverhaltnis gegenuber der Finanzbehorde konnen gemass 48 Abs 1 AO auch durch Dritte hier den Bordellbetreiber bewirkt werden Die Hohe einer von den Prostituierten eventuell geschuldeten Steuer wird im Rahmen des Dusseldorfer Verfahrens nicht verhandelt da eine abschliessende Berechnung der Steuerhohe in den jeweiligen Steuerbescheiden der Prostituierten erfolgt 1 In den Steuerbescheiden wird die Pauschale als Vorauszahlung auf die individuelle Steuerschuld angerechnet Weil die Prostituierten haufig keine Steuererklarung abgeben hat die Pauschale faktisch abgeltende Wirkung Die Pauschale befreit die Prostituierten allerdings nicht von der Pflicht zur Abgabe einer Steuererklarung Literatur BearbeitenChristian Hahn Die Besteuerung von selbstandigen Prostituierten Lehmanns Media Berlin 2021 ISBN 978 3 96543 224 6 Einzelnachweise Bearbeiten a b BFH Beschluss vom 12 Mai 2016 VII R 50 14 Rz 14 a b c d e Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages Steuerliche Behandlung der Prostitution in Deutschland 2 Seiten PDF 16 Oktober 2020 abgerufen am 21 Mai 2023 vgl zur historischen Entwicklung Margarete Grafin von Galen Das Prostitutionsgesetz und seine Auswirkungen Munchen Beck Verlag 2004 VI Steuerrecht S 171 ff a b c d Bundesrechnungshof Bericht des Bundesrechnungshofes nach 88 Abs 2 BHO uber die Besteuerung der Prostitution In bundesrechnungshof de 24 Januar 2014 abgerufen am 21 Mai 2023 PDF 22 Seiten a b Bericht der Bundesregierung zu den Auswirkungen des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhaltnisse der Prostituierten Prostitutionsgesetz ProstG BT Drs 16 4146 vom 25 Januar 2007 S 40 BFH Beschluss vom 22 Dezember 2006 VII B 121 06 BFHE 216 38 BStBl II 2009 38 Bundesverfassungsgericht Beschluss vom 2 Juli 2008 1 BvR 724 07 Steuer Eildienst 2008 530 Die fruhere Einordnung als sonstige Einkunfte vgl BFH Beschluss vom 23 Juni 1964 GrS 1 64 S BStBl 1964 III S 500 wurde inzwischen aufgegeben vgl Stephanie Pflaum Eine Untersuchung der Besteuerung des Prostitutionsgewerbes in Deutschland Europa Universitat Viadrina Frankfurt Oder 2014 S 44 ff 6 Das Dusseldorfer Verfahren Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Dusseldorfer Verfahren amp oldid 234043666