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Cum nimis absurdum ist eine am 14 Juli 1555 von Papst Paul IV promulgierte Papstliche Bulle die die Lebensbedingungen von Juden im Kirchenstaat regelte Zu den wichtigsten konkreten Auswirkungen gehorte die Errichtung des romischen Ghettos Vor diesen Einschrankungen fluchteten viele Juden aus dem Kirchenstaat in andere Staaten wo vergleichbare Vorschriften noch nicht existierten Druck der BulleWie alle papstlichen Dokumente wird die Bulle nach dem Incipit also nach den Anfangsworten zitiert Cum nimis absurdum et inconveniens existat ut Iudaei quos propria culpa perpetuae servituti submisit Da es uberaus unangebracht und unpassend ist dass die Juden die ihr eigenes Vergehen zu ewiger Knechtschaft verdammt hat Inhaltsverzeichnis 1 Bedeutung 2 Inhalt 3 Wirkung 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseBedeutung BearbeitenDie Bulle wird im Zusammenhang mit dem Prinzip von der doppelten Schutzherrschaft des Papsttums gegenuber den Juden verstanden die die einseitige Gewichtung papstlicher Judenpolitik seit der Reformation und Gegenreformation zum Ausdruck bringe 1 Nach anderer Ansicht richtet sich die Bulle gegen den Ausdruck sozialer Uberlegenheit von Juden uber Christen Anlass sei der Umstand gewesen dass Juden nicht nur in direkter Nachbarschaft mit Christen und deren Kirchen zusammenwohnten sondern auch Hauser in vornehmeren Wohngebieten mieteten als Eigentum erwurben und besassen auch Ammen und Magde und andere Christen als Diener eingestellt hatten Sie belege damit den fruhneuzeitlichen Antijudaismus Inhalt BearbeitenDie Bulle enthalt eine Einleitung und 15 Anordnungen Einleitung Da es uberaus unangebracht und unpassend ist dass die Juden die ihr eigenes Vergehen zu ewiger Knechtschaft verdammt hat unter dem Vorwand die christliche Barmherzigkeit musse sie akzeptieren und das Zusammenleben mit ihnen ertragen den Christen gegenuber so undankbar sind dass sie es ihnen statt mit Dankbarkeit mit Beleidigung entgelten und uber sie statt der Knechtschaft die sie ihnen schulden Herrschaft beanspruchen legen wir zu deren Kenntnis neulich gelangt ist dass eben diese Juden in unserer gutigen Stadt und in einigen Stadten Landern und Orten der heiligen romischen Kirche so unverschamt geworden sind dass sie nicht nur unter den Christen vermischt und in der Nahe von deren Kirchen ohne einen trennenden Unterschied in der Kleidung leben sondern dass sie sogar Hauser in den vornehmeren Gegenden und Gassen der Stadte Lander und Orte in denen sie leben mieten Immobilien kaufen und besitzen Kindermadchen Hausmadchen und andere christliche Diener als Tagelohner einstellen und noch verschiedenes andere zur Schande und Verachtung des christlichen Namens zu begehen sich herausnehmen unter Berucksichtigung des Umstandes dass die romische Kirche zum Zeugnis des wahren christlichen Glaubens eben diese Juden toleriert und zu dem Zweck dass sie angelockt durch die Barmherzigkeit und Gute des apostolischen Stuhles endlich ihre Irrtumer einsehen und zum wahren Licht des katholischen Glaubens zu gelangen streben darum daran festhalt dass sie solange sie in ihren Fehlern beharren als Folge dessen erkennen dass sie selbst als Knechte die Christen hingegen durch Jesus Christus unseren Gott und Herrn als Freie eingesetzt worden sind und dass es unrecht ist wenn Kinder einer freien Mutter den Kindern einer Magd dienen im Willen soweit wir fur das Vorausgeschickte mit Gott Sorge tragen konnen in dieser unserer Konstitution die ewig gelten soll unverbruchlich fest 2 3 Anordnungen Juden durfen nur in zugewiesenen Vierteln Stadtteilen und besonders gekennzeichneten Strassen siedeln Diese Wohngebiete sollen von denen der Christen getrennt sein und nur durch einen Zugang zu betreten sein Die Juden durfen nur noch eine einzige Synagoge innerhalb ihres Wohngebietes besitzen Der Neubau weiterer Synagogen wird untersagt Alle ubrigen Synagogen mussen abgerissen werden Grundbesitz verkauft werden Der judischen Bevolkerung wird angeordnet dass Manner einen deutlich sichtbaren Hut einer bestimmten Farbe 1 und Frauen ein anderes kennzeichnendes Kleidungsstuck derselben Farbe tragen mussen Davon durfen sie keine kirchliche Ausnahmegenehmigung erwerben selbst von den hochsten papstlichen Behorden nicht Juden durfen keine christlichen Diener Krankenpfleger oder Ammen in Dienst nehmen Weder sie selbst noch ihre Angestellten durfen an christlichen Feiertagen und an Sonntagen arbeiten Sie durfen Christen nicht bedrangen schon gar nicht durch fingierte Schuldscheine und Vertrage Sie durfen mit Christen nicht zusammen spielen essen oder gar Freundschaften pflegen In ihren Rechnungsbuchern durfen sie fur die Konten von Christen nur die lateinische oder italienische Sprache und Schrift benutzen andernfalls konnen sie diese Unterlagen nicht vor Gericht verwenden Solche judischen Handler durfen kein Getreide liefern noch andere lebensnotwendige Waren Ausnahme bildet der Lumpenhandel Judische Arzte durfen auch auf ausdruckliches Ersuchen keine Christen behandeln Sie durfen sich auch von christlichen Bettlern nicht Herren nennen lassen Die Juden mussen ihre Kredite tagesgenau abrechnen nicht nach angefangenen Monaten Pfander durfen erst nach Ablauf von 18 Monaten verkauft werden Mehrerlose mussen dem Pfandgeber ausgezahlt werden Juden sind der Gesetzgebung ihres jeweiligen Wohnortes unterworfen auch ihnen nachteiligen Im Ubertretungsfall sind sie angemessen zu bestrafen Auch der Straftatbestand der Majestatsbeleidigung kann gegen sie in Anschlag gebracht werden Alle anderslautenden fruheren papstlichen Regelungen sonstige Anweisungen und Gesetze werden durch diese Bulle aufgehoben 1 Die Farbe wird im Text als glauci coloris angegeben das bedeutet blau grun 4 Die Farbbezeichnung war aber offensichtlich unklar Papst Pius V legte sie 1566 auf gelb fest 5 Wirkung BearbeitenDer Erlass zerstorte das reich differenzierte judische Gemeindeleben im Kirchenstaat 6 In der Folge wurden auch in vielen kleineren Orten des Kirchenstaats Ghettos eingerichtet beispielsweise in Urbino Pesaro oder Senigallia 1569 wurde jedoch von Papst Pius V in der Bulle Hebraeorum gens verfugt dass Juden im Kirchenstaat nur noch in den Ghettos von Rom und Ancona wohnen durften alle anderen Ghettos wurden aufgelost Deren Einwohner zogen zum Teil in eines der beiden ubriggebliebenen Ghettos teils verliessen sie den Kirchenstaat Am 15 Januar 1775 erliess Papst Pius VI ein Editto sopra gli Ebrei das alle Judengesetze des Kirchenstaats zusammenfasste die seit Cum nimis absurdum verabschiedet worden waren 7 Anders als die Enzyklika von Benedikt XIV vom Juni 1751 die im Prinzip der doppelten Schutzherrschaft den Schutz der Juden vor den Christen betont hatte legte das Edikt von 1775 wieder den Schwerpunkt auf den Schutz der Christen vor den Juden 8 Literatur BearbeitenThomas Brechenmacher Das Ende der doppelten Schutzherrschaft Der Heilige Stuhl und die Juden am Ubergang zur Moderne 1775 1870 Anton Hiersemann Stuttgart 2004 ISBN 3 7772 0405 6 Thomas Brechenmacher Der Vatikan und die Juden Geschichte einer unheiligen Beziehung vom 16 Jahrhundert bis zur Gegenwart C H Beck Munchen 2005 ISBN 3 406 52903 8 Rainer Kampling Cum nimis absurdum Paul IV In Wolfgang Benz Hrsg Handbuch des Antisemitismus Judenfeindschaft in Geschichte und Gegenwart Band 8 Nachtrage und Register De Gruyter Saur Berlin Boston 2015 S 190 f Weblinks BearbeitenText der Bulle erst englisch dann das lateinische Original Einzelnachweise Bearbeiten Thomas Brechenmacher Der Vatikan und die Juden Geschichte einer unheiligen Beziehung vom 16 Jahrhundert bis zur Gegenwart C H Beck Munchen 2005 ISBN 3 406 52903 8 S 28 Bull Cum nimis absurdum Zionism Israel com abgerufen am 21 August 2017 1555 Cum nimis absurdum ariberti it Lateinischer Text der Bulle abgerufen am 22 August 2017 Karl Ernst Georges glaucus 1 In Ausfuhrliches lateinisch deutsches Handworterbuch 8 verbesserte und vermehrte Auflage Band 1 Hahnsche Buchhandlung Hannover 1913 Sp 2939 Digitalisat zeno org Massima Moretti Glauci coloris Gli ebrei nell iconografia sacra di eta moderna In Roma moderna e contemporanea Band XIX Nr 1 2011 S 29 64 academia edu Brechenmacher 2005 S 29 Thomas Brechenmacher Das Ende der doppelten Schutzherrschaft Der Heilige Stuhl und die Juden am Ubergang zur Moderne 1775 1870 Anton Hiersemann Stuttgart 2004 ISBN 3 7772 0405 6 S 66 Thomas Brechenmacher Das Ende der doppelten Schutzherrschaft Der Heilige Stuhl und die Juden am Ubergang zur Moderne 1775 1870 Anton Hiersemann Stuttgart 2004 ISBN 3 7772 0405 6 S 66 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Cum nimis absurdum amp oldid 233997398