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Bismarck auf dem Sterbebett ist unter anderem die Bezeichnung einer fotografischen Aufnahme des ehemaligen Reichskanzlers Otto von Bismarck unmittelbar nach seinem Tod der einen Presseskandal im deutschen Kaiserreich einleitete Unabhangig davon gibt es einige zeitgenossische Gemalde mit den Titeln Bismarck auf dem Sterbebett bzw auf dem Totenbett Bismarck auf dem Totenbett vom 31 Juli 1898 von Willy Wilcke und Max Priester Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Strafrechtliche Aufarbeitung 3 Zivilrechtliche Aufarbeitung 4 Aufbewahrung Verwendung und Veroffentlichung 5 Rechtsgeschichtliche Bedeutung 6 Weitere Gemalde 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseGeschichte Bearbeiten Quelle Bismarcks Tod und Deutschlands Tranen Reportage einer Tragodie 1 nbsp Darstellung des Toten durch Emanuel Grosser im Stil und Geschmack der ZeitAm 30 Juli 1898 gegen 23 Uhr 2 starb Bismarck in seinem Bett in Friedrichsruh Seine Familie Nachbarn Hausdiener und der Arzt Ernst Schweninger waren Zeugen des Ereignisses Es wurde weder eine Totenmaske angefertigt noch fand eine offentliche Aufbahrung statt Die Verwandten hatten lediglich den im nahen Forsthaus logierenden Autor und Fotografen Arthur Mennell beauftragt vom Fursten auf dem Sterbebett einige Fotografien anzufertigen die er aber ausschliesslich der Familie Bismarck zuganglich machen sollte Dennoch gelang auch den Hamburger Fotografen Willy Wilcke und Max Christian Priester eine fotografische Aufnahme Sie bestachen Bismarcks Forster und Ortsvorsteher Louis Sporcke der sie uber den Zustand des Sterbenden auf dem Laufenden hielt Wenige Stunden nach Bismarcks Ableben als Sporcke mit einem Reitknecht die nachtliche Totenwache hielt verschafften sie sich widerrechtlich Zugang zum Sterbezimmer Uber die Fensterbank gelangten sie an das Totenlager und machten eine Magnesium Blitzlichtaufnahme des Verstorbenen Wilcke hatte zuvor das Kissen zurechtgeruckt damit der Kopf Bismarcks besser zu sehen war Die Uhr auf dem Nachttisch wurde auf 23 20 Uhr gestellt wahrend es in Wirklichkeit schon 4 Uhr morgens war Die belichtete Photoplatte wurde sofort im Eiskeller des Landhauses Damm entwickelt eines Beherbungsbetriebes gegenuber von Schloss Friedrichsruh in welchem Wilcke und Priester logierten Ebenfalls noch am 31 Juli 1898 fertigten die beiden Fotografen dann in Hamburg von der Platte mt der Aufnahme ein Diapositiv welches sie von Hugo Herrfurth retuschieren liessen um das Nachtgeschirr ein buntes Taschentuch und das ungeordnete Bett nicht zur Geltung kommen zu lassen Von dem retuschierten Diapositiv fertigten Wilcke und Priester sodann eine Platte und mehrere Abzuge Am 1 August 1898 fuhren Wilcke und Priester mit besagter Platte und zwei Abzugen retuschiert und unretuschiert nach Berlin wo sie in einem Zimmer des Grand Hotel de Rome wohnten Am Morgen des 2 August 1898 erschienen im Berliner Lokal Anzeiger und in der Taglichen Rundschau Annoncen mit folgendem Inhalt Bismarck Fur das einzig existierende Bild Bismarcks auf dem Sterbebette Aufnahme einige Stunden nach dem Tode Original Photographie wird ein Kaufer resp ein geeigneter Verleger gesucht Besitzer zu sprechen in Berlin Hotel de Rome heute Dienstag von 10 bis 1 Uhr Zu erfragen beim Portier Am 3 August 1898 schlossen Wilcke und Priester einen Vertrag mit Dr Baltz dem Besitzer des Deutschen Verlages in welchem die Berliner Neuesten Nachrichten erschienen Darin verkauften sie die Urheberrechte an den Aufnahmen fur 30 000 Mark und zwanzig Prozent Umsatzbeteiligung Der Vertrag sah vor dass eine Verbreitung des Bildes erst nach Einholung der Veroffentlichungsgenehmigung durch Herbert von Bismarck also den Sohn des verstorbenen Reichskanzlers erfolgen soll Hugo Jacobi der Chefredakteur der Berliner Neuesten Nachrichten erbat besagte Veroffentlichungsgenehmigung noch am gleichen Tage telegrafisch bei Herbert von Bismarck und ubersandte diesem zugleich die beiden ihm von Wilcke ubergebenen Abzuge per Post Herbert von Bismarck erteilte die erbetene Veroffentlichungsgenehmigung jedoch nicht sondern kontaktierte am 4 August 1898 den Berliner Polizeiprasidenten und erreichte dass dieser noch am gleichen Tag die Fotoplatte im Grand Hotel de Rome beschlagnahmen liess Dieses Vorgehen wurde nachtraglich sowohl von der Berliner Staatsanwaltschaft als auch vom Berliner Amtsgericht sanktioniert Auch die beiden Geschafte von Wilcke und Priester in Hamburg wurden polizeilich durchsucht Auch die dort noch vorhandenen Platten und Abzuge wurden beschlagnahmt Strafrechtliche Aufarbeitung Bearbeiten Quelle Bismarcks Tod und Deutschlands Tranen Reportage einer Tragodie 3 Herbert von Bismarck stellte am 4 August 1898 Strafantrag Am 8 September 1898 erhob die Staatsanwaltschaft Anklage gegen Sporcke Wilcke und Priester vor dem Landgericht Altona wegen gemeinschaftlichen Hausfriedensbruchs Die ganztagige offentliche Hauptverhandlung in welcher Georg Wilhelm Vielhaben als Verteidiger fungierte fand am 18 Marz 1899 statt Die Staatsanwaltschaft pladierte bezuglich Wilcke und Priester auf die Hochststrafe also auf einjahrige Haft Bezuglich Sporcke beantragte die Staatsanwaltschaft die Verhangung einer zehnmonatigen Haftstrafe Das Gericht blieb in seiner Entscheidung unter den Antragen der Strafverfolgungsbehorde Es verurteilte Sporcke zu einer Haftstrafe von funf Monaten Wilcke erhielt von allen drei Angeklagten die hochste Strafe zu deren konkreter Hohe in den Quellen unterschiedliche Angaben gemacht werden Einmal ist dort die Rede von acht Monaten 4 an anderer Stelle werden sechs Monate angegeben 5 Ebenfalls unterschiedlich angegeben wird die Hohe der gegen Priester verhangten Freiheitsstrafe entweder drei Monate 5 oder funf Monate 6 Das gegen das Urteil eingelegte Rechtsmittel der Angeklagten wurde vom Reichsgericht letztinstanzlich am 19 Juni 1899 verworfen Zivilrechtliche Aufarbeitung Bearbeiten Quelle Bismarcks Tod und Deutschlands Tranen Reportage einer Tragodie 7 Am 5 August 1898 erliess das Landgericht Hamburg auf Antrag Herbert von Bismarcks eine einstweilige Verfugung gegen Wilcke und Priester durch welche diesen unter Androhung eines Ordnungsgeldes in Hohe von bis zu 20 000 Mark die Verbreitung der Photos untersagt und die Beschlagnahme samtlicher Unterlagen angeordnet wurde Hiergegen legten Wilcke und Priester auch insoweit anwaltlich vertreten durch Georg Wilhelm Vielhaben Widerspruch ein Doch das Landgericht Hamburg bekraftigte am 8 September 1898 die einstweilige Verfugung und drohte nunmehr fur den Fall der Zuwiderhandlung sogar Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten an Auch diese Entscheidung wurde von Wilcke und Priester angefochten doch wurde ihr Rechtsmittel durch Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 21 November 1898 letztinstanzlich zuruckgewiesen Auch im anschliessenden Hauptsacheverfahren welches ebenfalls alle Instanzen durchlief unterlagen Wilcke und Priester wobei das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Hamburg auf den 20 Februar 1899 datiert und das letztinstanzliche des Reichsgerichts auf den 29 Dezember 1900 Aufbewahrung Verwendung und Veroffentlichung BearbeitenMennell wiederum verstrickte sich in der Offentlichkeit und als Zeuge im Prozess bei der Aussage daruber wie viele Fotografien er selbst angefertigt hatte in Widerspruche Das Berliner Tageblatt zitiert ihn am 4 August 1898 mit acht Fotografien von denen sechs gelungen seien im Prozess sprach er dann nur noch von einer Fotografie Die Aussagen sind derzeit nicht uberprufbar da von diesen Bildern bislang keines veroffentlicht wurde und auch der Aufbewahrungsort ungewiss ist 8 Es gilt als moglich dass eines dieser Fotos einem Gemalde des in der Todesnacht ebenfalls im Forsthaus weilenden Franz von Lenbach zugrunde liegen konnte 9 Lenbach selbst konnte nur einen Blick auf den Leichnam kurz vor der Einsargung werfen 10 Die beschlagnahmten Negative von Wilcke und Priester sollen jahrzehntelang im Geldschrank der Bismarcks aufbewahrt worden sein 11 Das Bild wurde erstmals in der Frankfurter Illustrierten 1952 veroffentlicht 12 Die Negative und Kopien seien auf Anordnung des Rechtsbeistandes des Fursten von Bismarck durch einen Gerichtsvollzieher verbrannt worden So stand es zu damaliger Zeit in Hamburger Zeitungen zu lesen 13 Rechtsgeschichtliche Bedeutung BearbeitenDas Recht am eigenen Bild wurde in Deutschland 1907 im Kunsturhebergesetz KuG juristisch verankert und besteht nach 22 dieses Gesetzes bis zehn Jahre nach dem Tode fort Der Rechtsstreit um das Bild von Bismarck hat die Diskussion um die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung ausgelost 14 Die Fotografen konnten namlich nach damals geltendem Recht nur aufgrund des Hausfriedensbruchs verurteilt werden Rechtssubjekt waren daher die Schlossbesitzer und Erben nicht Bismarck selbst 15 16 Die rechtshistorische Bedeutung ist allein historiographisch Es ist also ein Mythos dass das Bild den Anfang eines neuen Rechtes markiere und dass der Prozess die Diskussion um das Kunsturhebergesetz ausgelost habe 17 Die Geschichte halt sich bis heute und wird in den meisten Kommentaren und Aufsatzen so erzahlt aber nur weil sich das Bild so gut zur Mythenbildung eignet Tatsachlich reicht die Diskussion um neue Bildrechte europaweit schon in die dreissiger Jahre des 19 Jahrhunderts zuruck Ab den 1880er Jahren gab es in Deutschland eine Reihe von juristischen Vorschlagen 18 In der parlamentarischen Debatte spielte der Bismarckfall keine Rolle Weitere Gemalde BearbeitenAusser von Lenbach und Grosser existieren weitere Gemalde und Zeichnungen von Bismarck auf dem Sterbe beziehungsweise Totenbett unter anderem als noch im Todesjahr 1898 gelaufene Bildpostkarten in den Berliner Verlagen Paul Albert 19 und Max Marcus 20 Literatur BearbeitenFabian Steinhauer Das eigene Bild Verfassungen der Bildrechtsdiskurse um 1900 Duncker amp Humblot Berlin 2013 ISBN 978 3 428 14051 0 Fabian Steinhauer Bildregeln Studien zum juristischen Bilderstreit Fink Munchen 2009 ISBN 978 3 7705 4762 3 Digitalisat Hans Michael Koetzle Photo Icons Die Geschichte hinter den Bildern Taschen 2005 ISBN 3 8228 4095 5 S 74 Lothar Machtan Bismarcks Tod und Deutschlands Tranen Reportage einer Tragodie Munchen 1998 ISBN 3 442 15013 2 III Kapitel Ernst Engelberg Bismarck Urpreusse und Reichsgrunder Siedler Berlin 1985 ISBN 3 88680 121 7 Edward Crankshaw Bismarck Eine Biographie List Munchen 1983 ISBN 3 471 77216 2 Lothar Gall Bismarck Der weisse Revolutionar Propylaen Frankfurt am Main u a 1980 ISBN 3 549 07397 6 Hans Schneiekert Der Schutz der Photographen und das Recht am eigenen Bilde Systematisierte Beitrage zur Revision des deutschen Photographie Schutzgesetzes vom 10 Januar 1876 Wilhelm Knapp Halle S 1903 zeitgenossische Darstellung unterschiedlicher Rechtspositionen zum Entwurf des Photographie Schutzgesetzes vom 21 Juli 1902 Digitalisat Kleine Mittheilungen Eine Reminiszenz an die Verurteilung jener beiden Hamburger Photographen Wilcke und Priester In A Miethe Hrsg Photographische Chronik 7 Jg Wilhelm Knapp Halle S 1900 S 6 7 Process gegen die Photographen Wilcke und Priester und den Forster Sporcke wegen Leichenaufnahme des Fursten Bismarck In J M Eder Hrsg Photographische Korrespondenz 36 Jg Verlag der Photographischen Korrespondenz Wien Leipzig 1899 S 245 248 268 273 ausfuhrliche zeitgenossische Beschreibung des Prozesses insbesondere des Tathergangs Weblinks Bearbeiten nbsp Wikisource Photographische Korrespondenz Quellen und Volltexte nbsp Wikisource Photographische Chronik Quellen und Volltexte Ulf Peter Busse Bismarcks Tod Grosse Trauer und ein handfester Skandal In Abendblatt de 23 April 2023Einzelnachweise Bearbeiten Lothar Machtan Bismarcks Tod und Deutschlands Tranen Reportage einer Tragodie Wilhelm Goldmann Munchen 1998 ISBN 3 442 15013 2 S 143 194 Volker Ullrich Otto von Bismarck 1998 S 128 dort auch Abbildung von Lenbachs Ingreszeichnung Lothar Machtan Bismarcks Tod und Deutschlands Tranen Reportage einer Tragodie Wilhelm Goldmann Munchen 1998 ISBN 3 442 15013 2 S 186 194 Lothar Machtan Bismarcks Tod und Deutschlands Tranen Reportage einer Tragodie Wilhelm Goldmann Munchen 1998 ISBN 3 442 15013 2 S 192 a b Zitat Nach fast einstundiger Berathung verurteilt der Gerichtshof Wilcke zu 6 Monat Priester zu 3 Monat und Sporcke zu 5 Monat Gefangniss und zu gemeinschaftlicher Tragung der Kosten In Photographische Korrespondenz 36 Jg 1899 S 273 Lothar Machtan Bismarcks Tod und Deutschlands Tranen Reportage einer Tragodie Wilhelm Goldmann Munchen 1998 ISBN 3 442 15013 2 S 192 Lothar Machtan Bismarcks Tod und Deutschlands Tranen Reportage einer Tragodie Wilhelm Goldmann Munchen 1998 ISBN 3 442 15013 2 S 186 189 Lothar Machtan Bismarcks Tod und Deutschlands Tranen Reportage einer Tragodie Wilhelm Goldmann Munchen 1998 ISBN 3 442 15013 2 S 175 Lothar Machtan Bismarcks Tod und Deutschlands Tranen Reportage einer Tragodie Wilhelm Goldmann Munchen 1998 ISBN 3 442 15013 2 S 170 f Kunst Ergreifend traurig schon In Der Spiegel Nr 30 1998 S 156 157 online Lothar Machtan 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