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Der Rechtsbegriff des Betriebsubergangs kennzeichnet den Wechsel des Inhabers eines Betriebs oder Betriebsteils durch eine im weitesten Sinne rechtsgeschaftliche Vereinbarung Die entsprechenden europarechtlichen Richtlinien aus den Jahren 1977 und 2001 haben zu einer weitgehenden Vereinheitlichung dieses Begriffs im gesamten Rechtsraum der EU gefuhrt und zu einer Angleichung der einzelnen nationalen Rechtsvorschriften die die Rechte und Pflichten von Arbeitgebern und Arbeitnehmern bei einem Betriebsubergang regeln Im deutschen Arbeitsrecht wurde erstmals im Jahr 1972 mit 613a BGB eine entsprechende Regelung aufgenommen die dann spater im Wege der Umsetzung der Richtlinie 77 187 EWG vom 14 Februar 1977 und vor allem zuletzt durch die Richtlinie 2001 23 EG vom 23 Marz 2001 erganzt wurde Inhaltsverzeichnis 1 Sinn und Zweck 2 Anwendungsbereich 3 Voraussetzungen eines Betriebsubergangs 3 1 Inhaberwechsel 3 2 Betrieb 3 3 Rechtsgeschaft 4 Rechtsfolgen des Betriebsubergangs 4 1 Ubergang des Arbeitsverhaltnisses 613a Abs 1 S 1 BGB 4 2 Fortgeltung von Tarifvertrag und Betriebsvereinbarung 613a Abs 1 S 2 4 BGB 4 2 1 Fortgeltung von Tarifvertragen 4 2 2 Fortgeltung von Betriebsvereinbarungen 4 3 Haftung fur Arbeitnehmeranspruche beim Betriebsubergang 613a Abs 2 3 BGB 4 3 1 Haftung des Betriebserwerbers 4 3 2 Haftung des Betriebsverausserers 4 3 3 Das Innenverhaltnis zwischen Betriebsverausserer und Betriebserwerber 4 4 Kundigungsverbot wegen des Betriebsubergangs 613a Abs 4 BGB 4 5 Unterrichtungspflicht und Widerspruchsrecht 613a Abs 4 5 BGB 4 5 1 Uberblick 4 5 2 Die Unterrichtung des Arbeitnehmers 613a Abs 5 BGB 4 5 3 Das Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers 613a Abs 6 BGB 5 Literatur 6 EinzelnachweiseSinn und Zweck BearbeitenDer Betriebsubergang fuhrt nicht zu einer Beendigung des Arbeitsverhaltnisses wenn der Betrieb oder Betriebsteil auf einen anderen Inhaber ubertragen wird Sinn und Zweck der Regelung des 613a BGB ist vielmehr einen luckenlosen Bestandsschutz fur die betroffenen Arbeitnehmer zu gewahren Deren Arbeitsverhaltnisse gehen automatisch per Gesetz auf den neuen Unternehmenstrager uber Ferner wird der soziale Besitzstand in gewissem Umfang erhalten siehe unten bei Rechtsfolgen Die Bestimmung enthalt ferner Haftungsregelungen fur Arbeitnehmeranspruche gegen den alten und den neuen Betriebsinhaber Wichtig sind auch die zum 1 April 2002 in 613a BGB eingefugten Regelungen der Abs 5 u 6 mit den ausfuhrlichen Informationsrechten um den von einem Betriebsubergang betroffenen Arbeitnehmern eine Entscheidungsgrundlage fur die Ausubung ihres Widerspruchsrechts zu gewahren Hintergrund dieser Regelung war die bis 1972 bestehende Lucke im Kundigungsschutz So konnte ein Betriebsinhaber nach altem Recht seinen Betrieb an ein eigens dazu gegrundetes Tochterunternehmen veraussern oder verpachten und sich so ganz oder teilweise von seiner Belegschaft trennen um unter Umgehung des Kundigungsschutzgesetzes Arbeitsplatze abzubauen 1 Anwendungsbereich BearbeitenAnwendbar ist 613a BGB auf alle im Zeitpunkt des Betriebsubergangs rechtlich bestehenden Arbeitsverhaltnisse also alle Arbeitnehmer auch die leitenden Angestellten Freie Mitarbeiter Handelsvertreter Organmitglieder Geschaftsfuhrer und Vorstande und Beamte fallen nicht in den Schutzbereich des Gesetzes Umstritten und in der deutschen Rechtsprechung eher abgelehnt war die Auffassung ob auch die Arbeitsverhaltnisse der im Unternehmen eingesetzten Zeit oder Leiharbeitnehmer im Rahmen des 613a BGB zu berucksichtigen seien bzw ob diese eben auch mit ubergehen mussen Eine neuere Entscheidung des EuGH lasst nunmehr daran zweifeln ob man diese Arbeitsverhaltnisse zukunftig auch unberucksichtigt lassen darf 2 3 Voraussetzungen eines Betriebsubergangs BearbeitenInhaberwechsel Bearbeiten Ein Betriebsubergang liegt nur vor wenn eine Anderung in der Person desjenigen erfolgt der arbeitsrechtlich die Organisations und Leitungsmacht uber den Betrieb ausubt unabhangig davon ob es sich dabei um eine naturliche oder eine juristische Person handelt Anwendbar ist die Regelung auch bei Ubernahmen von Einrichtungen innerhalb der offentlichen Verwaltung bei der Privatisierung offentlicher Einrichtungen oder bei der Ruckubertragung privatisierter Einrichtungen auf einen offentlichen Trager Nicht ausreichend ist eine blosse Veranderung in der Rechtsform eines Betriebsinhabers oder ein Wechsel von Gesellschaftern einer GmbH Auch in Fallen der Verschmelzung Spaltung oder Vermogensubertragung von Unternehmen findet in der Regel 613a BGB Anwendung nach 324 UmwG Betrieb Bearbeiten In der Rechtsprechung lange umstritten war die Definition des zweiten Tatbestandsmerkmals des Betriebs beziehungsweise Betriebsteilubergangs Auf Grundlage der Definition der Richtlinie 2001 23 EG gilt als Ubergang i S d Richtlinie der Ubergang einer ihre Identitat bewahrenden wirtschaftlichen Einheit i S einer organisierten Zusammenfassung von Ressourcen zur Verfolgung einer wirtschaftlichen Haupt oder Nebentatigkeit Auf Grundlage dieser Definition hat der Europaische Gerichtshof EuGH in seiner Rechtsprechung entscheidend darauf abgestellt ob eine wirtschaftliche Einheit vorhanden ist die trotz des Inhaberwechsels ihre Identitat bewahrt hat Fur die Prufung dieses Merkmals wurden vom Europaischen Gerichtshof samtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen im Rahmen einer umfassenden Gesamtwurdigung berucksichtigt Er hat dabei seine fruhere Rechtsprechung nach der Christel Schmidt Entscheidung aufgegeben und stellt nun im Rahmen des sog Sieben Punkte Test im Wege einer Gesamtbetrachtung auf die Art des betreffenden Unternehmens oder des Betriebs den Ubergang oder Nichtubergang der materiellen Vermogenswerte Gebaude bewegliche Guter den Wert der immateriellen Vermogenswerte zum Zeitpunkt des Ubergangs die Ubernahme oder Nichtubernahme der Hauptbelegschaft den Ubergang oder Nichtubergang der Kundschaft sowie auf den Grad der Ahnlichkeit zwischen der vor und der nach dem Ubergang verrichteten Tatigkeit und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tatigkeit ab Das Bundesarbeitsgericht BAG stellte in seiner fruheren Rechtsprechung im Wesentlichen darauf ab ob der Erwerber die wesentlichen materiellen Betriebsmittel ubernahm Die Arbeitnehmer sah es selbst dabei nicht als Betriebsmittel an Erstmals mit seiner Entscheidung vom 22 Mai 1997 schloss das BAG sich der Rechtsprechung des EuGH an An die Stelle des fruheren Betriebsbegriffs ist damit auch in der deutschen Rechtsprechung das Merkmal der auf Dauer angelegten wirtschaftlichen Einheit getreten und als entscheidendes Kriterium fur die Rechtsfolgen des 613a BGB die Wahrung der Identitat dieser Einheit nach dem Inhaberwechsel In welchen Fallen danach ein Betriebsubergang anzunehmen ist hat das Bundesarbeitsgericht bis in die jungste Zeit in zahlreichen unterschiedlichste Branchen und Betriebe betreffenden Einzelentscheidungen im Rahmen einer jeweils im Einzelfall vorzunehmenden wertenden Gesamtbetrachtung aller Umstande des jeweiligen Betriebes herausgearbeitet Dabei geht die Rechtsprechung des BAG davon aus dass ein Betriebsubergang nicht vorliegt wenn beim Erwerber lediglich eine bestimmte Tatigkeit fortgefuhrt wird ohne dass eine auf Dauer angelegte wirtschaftliche Einheit mit einer bestimmten Organisationsstruktur ubernommen wird In diesen Fallen liegt dann eine blosse Funktionsnachfolge vor die keinen Betriebs beziehungsweise Betriebsteilubergang darstellt Rechtsgeschaft Bearbeiten Weitere Voraussetzung fur die Anwendbarkeit des 613a BGB ist dass der Ubergang durch einen rechtsgeschaftlichen Akt also einen zivilrechtlichen Vertrag zustande kommt Wenn der Ubergang auf einem Gesetz oder einem Verwaltungsakt beruht wie in Fallen der offentlich rechtlichen Funktionsnachfolge und der gesetzlichen Erbfolge soll 613a BGB nicht anwendbar sein Nicht erforderlich ist allerdings dass der Betriebsubergang nur durch ein einziges Rechtsgeschaft ausgelost wird der Inhaberwechsel kann sich vielmehr auch aus einem Bundel von Rechtsgeschaften auch von mehreren Rechtsgeschaften mit mehreren Dritten ergeben wenn etwa Namens und Markenrechte in einem Vertrag zwischen Verausserer und Erwerber ubergehen Betriebsanlagen uber zwischengeschaltete Maschinenhandler erworben werden und das Betriebsgrundstuck durch einen Pachtvertrag mit dem Grundstuckseigentumer Es bedarf nicht einmal eines Vertrages zwischen dem alten und dem neuen Betriebsinhaber der Erwerb des Betriebes durch irgendein Rechtsgeschaft genugt beispielsweise Pacht einer fruher von einem anderen Pachter betriebenen Gaststatte ausschliesslich durch Vertrag mit dem Eigentumer Rechtsfolgen des Betriebsubergangs BearbeitenUbergang des Arbeitsverhaltnisses 613a Abs 1 S 1 BGB Bearbeiten Wichtigste Rechtsfolge ist nach 613a BGB dass das Arbeitsverhaltnis kraft Gesetzes in seinem gesamten Bestand also mit allen Rechten und Pflichten auf den Erwerber ubergeht und die bisherige Betriebszugehorigkeit auch fur den neuen Arbeitgeber gilt Es muss kein neuer Arbeitsvertrag abgeschlossen werden Dieser Bestandsschutz wird zusatzlich durch ein Verbot der Kundigung eines Arbeitsverhaltnisses wegen des Betriebsubergangs abgesichert Nach einem Betriebsubergang konnen die arbeitsvertraglichen Bestandteile jederzeit auch zum Nachteil der Arbeitnehmer einzelvertraglich im gegenseitigen Einvernehmen geandert werden 4 Die einjahrige Veranderungssperre aus 613a Abs 1 Satz 2 BGB steht dem nicht entgegen denn sie bezieht sich nur auf solche Arbeitsbedingungen die zuvor kollektivrechtlich in einem unmittelbar geltenden Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung geregelt waren und die nicht durch kollektivrechtliche Regelungen beim Erwerber verdrangt werden 5 Die Angehorigen eines Betriebes der infolge einer Insolvenz auf einen neuen Eigentumer ubertragen wird konnen nach hochstrichterlicher Entscheidung nicht zum Lohnverzicht als Bedingung fur die Ubernahme angehalten werden Eine solche Regelung ware eine unzulassige Umgehung zwingenden Gesetzesrechts 6 Fortgeltung von Tarifvertrag und Betriebsvereinbarung 613a Abs 1 S 2 4 BGB Bearbeiten Fortgeltung von Tarifvertragen Bearbeiten Individualrechtlicher Bezug auf einen TarifvertragZu den Rechten und Pflichten in die der Erwerber eintritt zahlen ebenfalls die Anspruche aus einem Tarifvertrag der aufgrund einer arbeitsvertraglichen Inbezugnahme anzuwenden ist und zwar in demselben Umfang wie vor dem Betriebsubergang Eine statische Verweisung z B auf das Arbeitsverhaltnis finden die Bestimmungen des Tarifvertrag XY in der zum Vertragsschluss geltenden Fassung Anwendung gilt statisch weiter fur eine kleine dynamische Verweisung z B auf das Arbeitsverhaltnis finden die Bestimmungen Tarifvertrags XY in seiner jeweils geltenden Fassung Anwendung gilt entsprechendes Enthalt der Arbeitsvertrag eine grosse dynamische Verweisung z B auf das Arbeitsverhaltnis finden die Bestimmungen der jeweils im Betrieb angewandten Tarifvertrage in ihrer jeweils geltenden Fassung Anwendung und gilt bei dem Erwerber ein anderer Tarifvertrag als beim Verausserer gelten ab dem Zeitpunkt des Betriebsubergangs die Tarifvertrage des Erwerbers selbst wenn sie fur den Arbeitnehmer ungunstiger sind 4 Kollektivrechtlicher Bezug auf einen TarifvertragArbeitsbedingungen die bis zum Betriebsubergang kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit zwingend und unmittelbar gegolten haben gelten weiter wenn auch der Erwerber an dieselben Tarifvertrage gebunden ist Gleiches gilt wenn und soweit der Betrieb in den Geltungsbereich eines allgemeinverbindlichen Tarifvertrags fallt 7 Transformation des Tarifvertrags in den ArbeitsvertragIst der Betriebserwerber nicht tarifgebunden werden die Inhalte des zuvor wegen der beiderseitigen Tarifgebundenheit zwingend geltenden Tarifvertrags nach 613a Abs 1 Satz 2 BGB in den Arbeitsvertrag transformiert Die Inhalte des Tarifvertrags werden Bestandteil des Arbeitsvertrags In diesen Fallen wirkt die Veranderungssperre von einem Jahr Die in den Arbeitsvertrag transformierten kollektivrechtlichen Anspruche durfen vor Ablauf eines Jahres nicht zum Nachteil des Arbeitnehmers verandert werden Uberwechseln von einem Tarifbereich in einen anderenIst der Erwerber an einen anderen Tarifvertrag gebunden der mit einer Gewerkschaft geschlossen wurde der auch der Arbeitnehmer angehort so gilt dieser Tarifvertrag auch wenn sich dadurch Arbeitsbedingungen zuungunsten des Arbeitnehmers verschlechtern sollten Die Veranderungssperre greift nicht Das Gleiche geschieht wenn mit dem Betriebsubergang zugleich ein Branchenwechsel des Unternehmens verbunden ist Ist das ubergegangene Unternehmen tarifgebunden und die vertragsschliessende Gewerkschaft die gleiche die bereits fur die fruhere Branche zustandig war dann wirken die unter Umstanden schlechteren Bedingungen des neuen Branchentarifs sofort fur die Mitglieder der vertragsschliessenden Gewerkschaft 8 Fortgeltung von Betriebsvereinbarungen Bearbeiten Soweit ubergehende Arbeitsverhaltnisse durch Regelungen von Betriebsvereinbarungen bestimmt sind verlieren diese Regelungen mit dem Betriebsubergang ihre unmittelbare und zwingende Wirkung und gehen mit dem Inhalt in die Arbeitsvertrage der ubergehenden Arbeitnehmer ein den sie im Zeitpunkt des Betriebsubergangs hatten Vor Ablauf eines Jahres nach dem Betriebsubergang ist eine Veranderung solcher ubergegangener Regelungen zum Nachteil des Arbeitnehmers weder im Wege einer Anderungskundigung noch durch Anderungsvertrag moglich Derartige Vereinbarungen sind nichtig Diese individualrechtliche Fortgeltung dieser kollektivrechtlichen Regelungen ist aber ausgeschlossen wenn zu den entsprechenden Fragen beim Betriebserwerber bereits eine andere Betriebsvereinbarung besteht Soweit im aufnehmenden Betrieb bereits ein Betriebsrat existiert und entsprechende Betriebsvereinbarungen vorhanden sind verdrangen diese Betriebsvereinbarungen unabhangig davon ob sie gunstiger oder ungunstiger sind die fruheren Betriebsvereinbarungen im Betrieb des Verausserers Haftung fur Arbeitnehmeranspruche beim Betriebsubergang 613a Abs 2 3 BGB Bearbeiten Haftung des Betriebserwerbers Bearbeiten Der Betriebs teil inhaber haftet als neuer Arbeitgeber 613a Abs 1 S 1 BGB fur alle offenen Forderungen des Arbeitnehmers auch fur Forderungen die bereits vor dem Betriebsubergang entstanden und fallig waren Haftung des Betriebsverausserers Bearbeiten Der Betriebs teil verausserer haftet nach 613a Abs 2 S 1 BGB fur alle Verpflichtungen gegenuber dem Arbeitnehmer wenn sie vor dem Zeitpunkt des Betriebsubergangs entstanden und vor Ablauf eines Jahres nach Betriebsubergang fallig werden neben dem Betriebserwerber als Gesamtschuldner Der Verausserer haftet als Gesamtschuldner voll fur Forderungen die vor dem Betriebsubergang fallig wurden Fur vor dem Betriebsubergang entstandene aber erst nach Betriebsubergang fallige Verpflichtungen haftet er nur anteilsmassig in dem Umfang des im Zeitpunkt des Ubergangs abgelaufenen Teils des Bemessungszeitraums 613a Abs 2 S 2 BGB Fur erst nach dem Betriebsubergang entstehende Verpflichtungen haftet der Verausserer nicht schon aus 613a BGB sondern allenfalls auf Grund anderer Anspruchsgrundlagen 613a Abs 2 BGB gilt nicht wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt 613a Abs 3 BGB Bei der Anwendbarkeit des 613a BGB ist zwischen einem Erwerb vor Insolvenzeroffnung und einem Erwerb nach Insolvenzeroffnung zu unterscheiden Im Fall des Erwerbs vor der Insolvenzeroffnung findet 613a BGB uneingeschrankt Anwendung Bei einem Betriebsubergang nach Insolvenzeroffnung findet 613a BGB nach der gemeinschaftsrechtskonformen Rechtsprechung des BAG zwar grundsatzlich auch Anwendung in teleologischer Reduktion des 613a BGB haftet der Betriebserwerber im Fall des Betriebserwerbs nach Insolvenzeroffnung jedoch nicht fur Altverbindlichkeiten aus der Zeit vor Insolvenzeroffnung Das Innenverhaltnis zwischen Betriebsverausserer und Betriebserwerber Bearbeiten 613a BGB regelt nicht die Frage wer im sogenannten Innenverhaltnis zwischen Betriebsverausserer und Betriebserwerber letztlich fur die Verbindlichkeiten gegenuber dem Arbeitnehmer aufzukommen hat Dies ist der privatautonomen Vereinbarung zwischen Erwerber und Verausserer uberlassen Kundigungsverbot wegen des Betriebsubergangs 613a Abs 4 BGB Bearbeiten Von dem Verbot wegen des Betriebsuberganges zu kundigen werden zulassige Beendigungs oder Anderungskundigungen aus anderen Grunden nicht beruhrt etwa bei einem Rationalisierungskonzept das vom Betriebsverausserer im Vorfeld eines geplanten Betriebsubergangs umgesetzt wird Im Falle einer Insolvenz soll es nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts sogar zulassig sein dass der Betriebsverausserer mit einem Rationalisierungskonzept das erst der Betriebserwerber realisieren kann trotz eines geplanten Betriebsubergangs betriebsbedingte Kundigungen begrundet Voraussetzung ist allerdings dass die Durchfuhrung des Konzepts im Zeitpunkt des Zugangs der Kundigungserklarung bereits greifbare Formen angenommen hat 9 Unterrichtungspflicht und Widerspruchsrecht 613a Abs 4 5 BGB Bearbeiten Uberblick Bearbeiten Gemass dem mit Wirkung zum 1 April 2002 neu in das Gesetz aufgenommenen 613a Abs 5 BGB ist der Arbeitgeber verpflichtet die vom Ubergang betroffenen Arbeitnehmer uber den Betriebsubergang seinen Zeitpunkt den Grund des Ubergangs und die Folgen des Ubergangs fur die Arbeitnehmer zu unterrichten 10 Jeder Arbeitnehmer kann innerhalb eines Monats nach dieser Unterrichtung dem Ubergang seines Arbeitsverhaltnisses schriftlich widersprechen Widerspricht ein Arbeitnehmer rechtzeitig geht sein Arbeitsverhaltnis nicht auf den Betriebserwerber uber sondern er bleibt weiterhin Arbeitnehmer des Betriebsverausserers Das Widerspruchsrecht besteht jedoch nicht wenn das Arbeitsverhaltnis aufgrund einer gesellschaftsrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge des Erwerbers in das gesamte Vermogen des Betriebsverausserers ubergeht weil der Betriebsverausserer mit der Vermogensnachfolge nicht mehr besteht 11 Die fehlende oder auch nur unzureichende Unterrichtung setzt die Monatsfrist nicht in Lauf sodass in diesem Fall betroffene Arbeitnehmer auch noch lange Zeit danach wirksam dem Ubergang ihres Arbeitsverhaltnisses widersprechen konnen auch wenn sie etwa tatsachlich vom Betriebserwerber weiterbeschaftigt wurden Weil die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts 12 sehr hohe Anforderungen an die Unterrichtung stellt liegen hier erhebliche Risiken fur einen den Betrieb veraussernden Arbeitgeber Die Unterrichtung des Arbeitnehmers 613a Abs 5 BGB Bearbeiten Eine Unterrichtung nach 613a Abs 5 BGB erfordert eine verstandliche arbeitsplatzbezogene und zutreffende Information Sie muss unter anderem Angaben uber die Identitat des Erwerbers den Gegenstand und den rechtlichen Grund des Betriebsubergangs sowie eine korrekte Darstellung der rechtlichen Folgen des Betriebsubergangs fur den Arbeitnehmer enthalten 13 In der Praxis sind Unterrichtungen von Arbeitgebern nach 613a Abs 5 BGB haufig nicht ordnungsgemass und damit unwirksam Die Anforderungen des Gesetzes bzw des BAG sind kaum zu erfullen Entscheidend ist daher meist ob der Arbeitnehmer das Risiko eines Widerspruchs eingehen mochte oder nicht Das Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers 613a Abs 6 BGB Bearbeiten Wirksamkeit eines WiderspruchsEin Arbeitnehmer darf gemass 613a Abs 6 BGB kraft Gesetz einem Betriebs teil ubergang widersprechen es sei denn dass die Ausubung des Widerspruchsrechts im Ausnahmefall verwirkt ist oder sonst wie rechtsmissbrauchlich 242 BGB oder dass der Arbeitnehmer darauf wirksam verzichtet hat Ein Widerspruchsrecht kann auch dann bestehen wenn das Arbeitsverhaltnis schon beendet worden ist 14 Ein Widerspruch muss schriftlich erfolgen Damit ist die gesetzliche Schriftform nach 126 Abs 1 BGB gemeint Diese kann durch die elektronische Form nach 126a BGB ersetzt werden Ein fur den Arbeitnehmer zu Protokoll des Gerichts erklarter Widerspruch gegen den Ubergang seines Arbeitsverhaltnisses auf einen Betriebserwerber ist jedenfalls dann gemass 125 Satz 1 613a Abs 6 Satz 1 BGB nichtig wenn er nicht vorgelesen und genehmigt worden ist 15 Ein Widerspruch kann auch konkludent erfolgen Er kann auch darin zu sehen sein dass der Arbeitnehmer Anspruche gegen den Verausserer verfolgt die einen Widerspruch voraussetzen Dann kann die anwaltliche Beglaubigung auf einem entsprechenden Schriftsatz der Schriftform genugen 16 Einen Begrundungszwang gibt es bei Ausubung des Widerspruchsrechts nicht 17 Der Widerspruch muss fristgerecht erfolgen d h nach 613a Abs 6 Satz 1 BGB innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Abs 5 Die Frist beginnt nicht wenn keine oder keine ordnungsgemasse Unterrichtung erfolgt Dann besteht das Widerspruchsrecht bis zur Grenze der Verwirkung 242 BGB Beruft sich der Arbeitnehmer auf einen fristgerechten Zugang seines Widerspruchs muss er diesen darlegen und beweisen Der Widerspruch muss dem richtigen Adressaten zugehen Diese sind wahlweise zur Sicherheit auch kumulativ moglich nach 613a Abs 6 Satz 2 BGB der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber Gab es mehrere Betriebsubergange ist nur der letzte Vertragsarbeitgeber nicht ein Arbeitgeber zuvor richtiger Adressat eines Widerspruchs 18 Gefahren eines WiderspruchsFur den widersprechenden Arbeitnehmer birgt ein wirksamer und rechtzeitiger Widerspruch das Risiko einer betriebsbedingten Kundigung da unabhangig von der Frage ob das konkrete Arbeitsverhaltnis ubergegangen ist jedenfalls der Arbeitsplatz mit ubergeht D h der bisherige Arbeitgeber kann haufig wegen Wegfall des Arbeitsplatzes kundigen Ein Widerspruch gegen einen Betriebsubergang will daher wohl uberlegt sein Hier findet mitunter auch eine falsche anwaltliche Beratung statt Im Fall eines Teilbetriebsubergangs hangt die Beurteilung der Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kundigung vor allem von Fragen der Sozialauswahl unter den verbleibenden Arbeitnehmern ab Betriebsbedingte Kundigung nach einem WiderspruchWiderspricht ein Arbeitnehmer einem Betriebsubergang so steht das Verbot einer Kundigung wegen eines Betriebsubergangs 613a Abs 4 BGB einer betriebsbedingten Kundigung durch den Betriebsverausserer nicht entgegen Bei Geltung des KSchG bedarf eine betriebsbedingte Kundigung der sozialen Rechtfertigung d h hier des Fehlens einer Weiterbeschaftigungsmoglichkeit und so gerugt und erforderlich einer ordnungsgemassen Sozialauswahl Nach der aktuellen Rechtsprechung des BAG gibt es keine eingeschrankte Sozialauswahl in Abhangigkeit von den Grunden des Widerspruchs mehr bei der Sozialauswahl kommt es auf den Grund des Widerspruchs nicht an also nicht etwa darauf dass der Arbeitnehmer seinen alten nunmehr beim Verausserer befindlichen Arbeitsplatz unnotig nicht nachvollziehbar etc aufgegeben hat 19 Nunmehr vom BAG entschieden ist dass im Fall der betriebsbedingten Kundigung durch den Verausserer nach einem Widerspruch durch den Arbeitnehmer der auf Grund des Betriebsubergangs mitgewanderte Betriebsrat keine Zustandigkeit insbesondere kein Restmandat 21b BetrVG oder Ubergangsmandat 21a BetrVG fur eine Veraussererkundigung hat Der Betriebsverausserer muss also seinen alten ubergegangenen Betriebsrat nicht zu einer Kundigung des widersprechenden Arbeitnehmers nach 102 BetrVG anhoren 20 Literatur BearbeitenErika Fischer Silvia Mittlander Regina Steiner Betriebsubergang nach 613a BGB Eine Handlungshilfe fur Betriebsratsmitglieder Dusseldorf 2009 ISBN 978 3 931975 59 3 Einzelnachweise Bearbeiten Junker Grundzuge des Arbeitsrechts 7 Aufl Rn 133 Thomas Kuhn Der Betriebsubergang bei Leiharbeit NJW 20 2011 1409 unter Verweis auf das Urteil des EuGH vom 21 Oktober 2010 Albron NJW 2011 439 Im Ergebnis gegen eine Berucksichtigung normaler Zeitarbeitnehmer Heinz Josef Willemsen Erosion des Arbeitgeberbegriffs nach der Albron Entscheidung des EuGH Betriebsubergang bei gespaltener Arbeitgeberfunktion NJW 22 2011 1546 a b Steiner u a S 30 Steiner u a S 33 Urteil des Bundesarbeitsgericht vom 19 Marz 2009 Az 8 AZR 722 07 Volltext auf BAG Homepage Memento des Originals vom 9 Juli 2018 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot juris bundesarbeitsgericht de Steiner u a S 34 f Steiner u a S 38 f Bundesarbeitsgericht Urteil vom 20 Marz 2003 Az 8 AZR 97 02 Fuhlrott Michael Ritz Sebastian Anforderungen an Unterrichtungsschreiben bei Betriebsubergangen Betriebs Berater 2012 S 2689 ff Bundesarbeitsgericht Urteil vom 21 Februar 2008 8 AZR 157 07 vgl etwa Urteil vom 13 Juli 2006 AZ 8 AZR 305 05 Memento des Originals vom 9 Juli 2018 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot juris bundesarbeitsgericht de BAG Urteil vom 15 Februar 2007 8 AZR 431 06 NZA 2007 793 797 BAG Urteil vom 20 Marz 2008 8 AZR 1016 06 Rn 38 NZA 2008 1354 LAG Berlin Brandenburg Urteil vom 22 Oktober 2010 6 Sa 1580 10 Ls BAG Urteil vom 13 Juli 2006 8 AZR 382 05 Rn 23 konkludenter Widerspruch ebd Rn 28 unterschriebener Beglaubigungsvermerk folgend LAG Berlin Brandenburg Urteil vom 22 Oktober 2010 6 Sa 1580 10 BAG Urteil vom 19 Marz 1998 NZA 1998 750 751 BAG Urteil vom 21 August 2014 8 AZR 619 13 NZA 2014 1405 BAG Urteil vom 24 April 2014 8 AZR 869 13 NZA 2014 1074 NJW 2014 3182 Vgl BAG Urteil vom 31 Mai 2007 2 AZR 276 06 AP Nr 94 zu 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl BAG Urteil vom 8 Mai 2014 2 AZR 1005 12 JA 2015 70 Schwarze Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Normdaten Sachbegriff GND 4134701 8 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Betriebsubergang Deutschland amp oldid 226933752