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Benjamin Whichcote 4 Mai 1609 in Whichcote Hall Stoke upon Tern Shropshire Mai 1683 in Cambridge war ein britischer Philosoph und Theologe der im Kreis der Cambridger Platoniker eine herausgehobene Rolle spielte Benjamin Whichcote Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Theologische und philosophische Position 3 Schriften 4 Ausgabe 5 Literatur 6 Weblinks 7 AnmerkungenLeben BearbeitenWhichcote war der sechste der sieben Sohne von Christopher Whichcote und dessen Frau Elizabeth geborene Fox Er trat am 25 Oktober 1626 in das Emmanuel College in Cambridge ein wo er die akademischen Grade erhielt Bachelor of Arts 1629 1630 Master of Arts 1633 Von 1633 bis 1643 war er dort als Fellow Mitglied des Lehrkorpers tatig Dem Emmanuel College gehorten die meisten Cambridger Platoniker zeitweilig oder dauerhaft an neben Whichcote John Smith Nathaniel Culverwell Peter Sterry Ralph Cudworth und aus dem Umkreis John Worthington nicht aber der Hauptvertreter der Gruppe Henry More 1636 wurde Whichcote zum Priester der Anglikanischen Kirche geweiht Spater war er an der Holy Trinity Church als Prediger tatig Im Jahr 1643 erhielt er eine Pfarrstelle in North Cadbury Somerset fur deren Besetzung sein College zustandig war Seine Stellung als Fellow gab er aber erst im folgenden Jahr auf Die damaligen Kriegswirren fuhrten schon bald zu seiner Ruckkehr an die Universitat Am 19 Marz 1645 ernannte ihn der Earl of Manchester zum Provost des King s College nachdem im Englischen Burgerkrieg die Truppen des Parlaments Cambridge eingenommen hatten und zahlreiche Fellows und College Vorsteher aus ihren Amtern entfernt worden waren Whichcote nahm dieses Amt seinen spateren Angaben zufolge nur mit innerem Vorbehalt an die Halfte seines Einkommens uberliess er seinem abgesetzten Vorganger Samuel Collins 1649 erhielt er den theologischen Doktorgrad D D am King s College Von 1650 bis 1651 war er Vizekanzler der Universitat Er gehorte einem Gremium an das 1655 den Lordprotektor Oliver Cromwell in der Frage der Tolerierung der Juden in England beriet In der Restauration verlor er 1660 sein Amt als Provost obwohl sich der Vize Provost und 21 Fellows in einer Petition an Konig Karl II fur seinen Verbleib einsetzten 1 Nachdem Whichcote der Uniformitatsakte zugestimmt hatte erhielt er am 8 November 1662 die Pfarrei St Anne s Blackfriars in London Seine dortige Tatigkeit endete als die Kirche durch den Grossen Brand von London 1666 zerstort wurde Danach wirkte er als Geistlicher in Milton bei Cambridge wo er schon seit 1651 eine Pfrunde innehatte diese Stelle wurde vom King s College vergeben Von 1668 bis zu seinem Tod war er Pfarrer der Kirche St Lawrence Jewry in London wo John Locke zu den Horern seiner Predigten zahlte 2 Er starb im Mai 1683 bei einem Besuch in Cambridge und wurde am 24 Mai in St Lawrence Jewry beigesetzt Whichcote heiratete 1643 Rebecca die Witwe des Politikers und Geschaftsmanns Matthew Cradock Die Ehe blieb kinderlos seine Frau starb 1649 Seine Schwester war Elizabeth Foxcroft Mutter von Ezekiel Foxcroft und Gesellschafterin von Anne Conway Sein jungster Bruder Jeremy Whichcote um 1614 1677 war Anwalt von Ruprecht von der Pfalz und wurde von Karl II 1660 zum Baron von Inner Temple gemacht als Belohnung fur seine verdeckten Dienste fur die Krone wahrend der Zeit des Commonwealth of England 3 Theologische und philosophische Position BearbeitenWhichcote gilt unter dem Gesichtspunkt seiner theologischen Auffassungen als Begrunder der Cambridger Platoniker von denen einige seine Schuler am Emmanuel College waren stellt man jedoch die Anknupfung an die neuplatonische Tradition in den Mittelpunkt so erscheint Henry More als Begrunder 4 Whichcote setzte sich fur religiose Toleranz ein Die calvinistische Lehre von der doppelten Pradestination lehnte er ab Er vertrat den Grundsatz der Ubereinstimmung von naturlicher Vernunft und Religion der ein Hauptanliegen der Cambridger Platoniker war Nach seiner Theologie ist Gott durch die menschliche Vernunft anhand der geschaffenen Dinge erkennbar aufgrund seiner Urteilsfahigkeit kann der Mensch dann im Licht dieser Erkenntnis handeln Whichcote meinte die Vernunft sei das hochste Vermogen des Menschen und die Religion sei die hochste Form dieses Vermogens Auch moralische Wahrheiten seien Vernunftwahrheiten Es sei falsch ohne Anwendung der eigenen Urteils und Erkenntnisfahigkeit zu glauben vielmehr solle man in der Nachahmung der Eigenschaften Gottes vorgehen also vernunftgemass Wegen der Verschiedenartigkeit der Menschen seien Meinungsverschiedenheiten auch auf religiosem Gebiet unvermeidlich Daruber solle dann ein gemeinsamer Diskurs unter Gleichberechtigten fair debate stattfinden Wenn dabei keine Ubereinstimmung erzielt werden konne sei dies zu akzeptieren Wer die Grundlagen seiner theologischen Uberzeugung nicht rational uberprufe sondern sich der Autoritat eines anderen unterwerfe sei in Wirklichkeit nicht religios Als abschreckendes Beispiel nannte Whichcote die Inquisition Wer als Protestant blinden Glauben an Lehrsatze fordere der verhalte sich wie ein Katholik Papist 5 Hinsichtlich des Verhaltnisses zwischen Vernunft und Glauben trat Whichcote fur die Prioritat der Vernunft ein Nach seiner Argumentation gabe es keine Moglichkeit fur irgendeinen Glauben wenn es nicht zuvor eine naturliche der Vernunft verdankte Kenntnis von Gottes Existenz gabe Demnach ist die Vernunft der Grund nicht nur fur eine naturliche Religion unabhangig von der Offenbarung sondern auch fur den Glauben Sie stellt den Kern der Religion dar und fallt letztlich mit ihr zusammen Der Primat der Vernunft soll fur alle Gegenstande der Theologie gelten also auch fur alle Inhalte der Offenbarung Diese sind am Urteil der Vernunft zu messen 6 Schriften BearbeitenWhichcote veroffentlichte kein Werk erst nach seinem Tod wurden seine Predigten nach Nachschriften von Gemeindemitgliedern und aus seinem Nachlass herausgegeben Anscheinend stammen alle gedruckten Predigten aus der Zeit der Tatigkeit in St Lawrence Jewry sind also spate Werke 1685 publizierte ein anonymer Herausgeber der sich als Schuler Whichcotes bezeichnete Predigten Some Select Notions fur die er sich auf eigene Aufzeichnungen berief deren Authentizitat jedoch umstritten ist 1698 brachte der Philosoph Shaftesbury die Select Sermons heraus eine ebenfalls auf Nachschriften beruhende Ausgabe von zwolf Predigten Whichcotes der er ein programmatisches Vorwort voranstellte ohne dabei seinen Namen zu nennen 7 Der Geistliche John Jeffery veroffentlichte 1701 1703 drei Bande Several Discourses aus Whichcotes Nachlass Einen vierten Band publizierte Samuel Clarke 1707 Zu den von Jeffery herausgegebenen Texten zahlen auch Aphorismen dabei handelt es sich um eine postume Zusammenstellung von pragnanten Formulierungen aus Whichcotes Nachlass Im Jahr 1751 erschien eine vierbandige Werkausgabe in Aberdeen Die Predigten sind die Hauptquelle fur Whichcotes Denken aufschlussreich ist auch sein Briefwechsel mit seinem ehemaligen Lehrer Anthony Tuckney dem Master des Emmanuel College Tuckney ein Calvinist vertrat eine dogmatische Position er sah in Whichcotes Theologie eine Verfalschung des christlichen Glaubens 8 Ausgabe BearbeitenThe Works of the Learned Benjamin Whichcote 4 Bande Garland New York 1977 Nachdruck der Ausgabe Aberdeen 1751 ISBN 0 8240 1814 1 online Literatur BearbeitenUbersichtsdarstellungen Graham Alan John Rogers Die Cambridger Platoniker In Jean Pierre Schobinger Hrsg Grundriss der Geschichte der Philosophie Die Philosophie des 17 Jahrhunderts Band 3 England 1 Halbband Schwabe Basel 1988 ISBN 3 7965 0872 3 S 240 290 hier 252 255 Sarah Hutton Whichcote Benjamin In Oxford Dictionary of National Biography Band 58 Oxford University Press Oxford 2004 ISBN 0 19 861408 X S 472 474 Johannes Madey Whichcote Benjamin In Biographisch Bibliographisches Kirchenlexikon BBKL Band 13 Bautz Herzberg 1998 ISBN 3 88309 072 7 Sp 1001 1002 Untersuchungen Frederick C Beiser The Sovereignty of Reason The Defense of Rationality in the Early English Enlightenment Princeton University Press Princeton 1996 ISBN 0 691 03395 1 S 159 165 Michael B Gill The Religious Rationalism of Benjamin Whichcote In Journal of the History of Philosophy Band 37 1999 S 271 300 online PDF Robert A Greene Whichcote the Candle of the Lord and Synderesis In Journal of the History of Ideas Band 52 1991 S 617 644 Stefan Weyer Die Cambridge Platonists Religion und Freiheit in England im 17 Jahrhundert Peter Lang Frankfurt am Main u a 1993 ISBN 3 631 45684 0 S 69 90 Weblinks BearbeitenSarah Hutton Eintrag in Edward N Zalta Hrsg Stanford Encyclopedia of Philosophy Vorlage SEP Wartung Parameter 1 und weder Parameter 2 noch Parameter 3 Whichcote Benjamin In John Venn John Archibald Venn Hrsg Alumni Cantabrigienses A Biographical List of All Known Students Graduates and Holders of Office at the University of Cambridge from the Earliest Times to 1900 Teil 1 From the earliest times to 1751 Band 4 Saal Zuingius Cambridge University Press Cambridge 1927 S 382 venn lib cam ac uk Textarchiv Internet Archive Anmerkungen Bearbeiten Stefan Weyer Die Cambridge Platonists Frankfurt 1993 S 71 73 James D Roberts From Puritanism to Platonism in Seventeenth Century England Den Haag 1968 S 1 11 Stefan Weyer Die Cambridge Platonists Frankfurt 1993 S 73 f James D Roberts From Puritanism to Platonism in Seventeenth Century England Den Haag 1968 S 11 f Fur die Familie siehe James D Roberts From Puritanism to Platonism in Seventeenth Century England Den Haag 1968 S 1 und Anm 3 Graham Alan John Rogers Die Cambridger Platoniker In Jean Pierre Schobinger Hrsg Grundriss der Geschichte der Philosophie Die Philosophie des 17 Jahrhunderts Band 3 England 1 Halbband Basel 1988 S 240 290 hier 250 Graham Alan John Rogers Die Cambridger Platoniker In Jean Pierre Schobinger Hrsg Grundriss der Geschichte der Philosophie Die Philosophie des 17 Jahrhunderts Band 3 England 1 Halbband Basel 1988 S 240 290 hier 253 255 Stefan Weyer Die Cambridge Platonists Frankfurt 1993 S 81 84 Gunter Frank Die Vernunft des Gottesgedankens Stuttgart Bad Cannstatt 2003 S 238 244 Wolfram Benda u a Hrsg Anthony Ashley Cooper Third Earl of Shaftesbury Standard Edition Samtliche Werke ausgewahlte Briefe und nachgelassene Schriften Band 2 4 Stuttgart Bad Cannstatt 2006 S 13 308 Stefan Weyer Die Cambridge Platonists Frankfurt 1993 S 72 79 Normdaten Person GND 118886541 lobid OGND AKS LCCN n50019042 VIAF 59179724 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Whichcote BenjaminKURZBESCHREIBUNG britischer Philosoph und TheologeGEBURTSDATUM 4 Mai 1609GEBURTSORT Stoke upon TernSTERBEDATUM Mai 1683STERBEORT Cambridge Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Benjamin Whichcote amp oldid 236177484