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Die Buste des Hannibal im Quirinalspalast ist eine 70 Zentimeter hohe Buste aus weissem feinkristallinen Marmor die den karthagischen Feldherrn und Politiker Hannibal darstellen soll Sie ist das bekannteste Portrat das mit seinem Namen verbunden wird ist aber weder antik noch das Portrat einer identifizierten Personlichkeit 1 Die Marmorskulptur wurde laut einer lokalen Legende in unbestimmter Zeit in der italienischen Stadt Capua ausgegraben In der 2 Halfte des 18 Jahrhunderts befand sie sich in der Casa Renzi in Santa Maria Capua Vetere und wurde zu Beginn des 19 Jahrhunderts in die Sammlung des Archaologischen Nationalmuseums Neapel verbracht und dort 1966 als nachantik ausgeschieden Heute befindet sie sich in der Galleria dei busti im Quirinalspalast Inventarnummer SM 5070 Detailansicht der Capua Buste Photographie des 19 Jahrhunderts Inhaltsverzeichnis 1 Beschreibung 2 Frage der Identitat 3 Literatur 4 Weblinks 5 AnmerkungenBeschreibung BearbeitenDargestellt ist eine mannliche bartige Person die mit Helm und Brustpanzer uber den ein Mantel drapiert ist bekleidet ist Der Kopf ist leicht nach der rechten Seite gewandt und erhoben Eingetiefte Horizontalfalten auf der Stirn und Falten zwischen den zusammengezogenen Augenbrauen pragen den ernsten Gesichtsausdruck Die Augen blicken nach rechts oben die Iris ist durch feine Rillen angedeutet die Pupillen sind gebohrt Nasolabialfalten fuhren von der Nase deren Spitze erganzt ist zu den von einem Bart gerahmten Mundwinkeln Oberlippen und Kinnhaare sind in kurzen wenig eingetieften Strichen gemeisselt wahrend der Bart an den Wangen in weichen unregelmassigen Strahnen gegliedert ist Kurze Stirnhaare treten unter dem Helm hervor bilden links der Mitte ein hervorgehobenes Gabelmotiv und sind ansonsten mal nach rechts mal nach links gekammt Der Helm weist eine Art Stirnklappe auf die mit einem Wellenband in Form eines Laufenden Hundes verziert ist Die Seiten der Helmkalotte sind mit je einer nach vorn gerichteten Chimare in Relief geschmuckt Der Helm lasst die Ohren frei Wangenklappen fehlen Die Ruckseite des Helms reicht uber den Nacken hinaus Der Ubergang des Kopfes zum Brustteil ist etwa in der Mitte des Halses gebrochen Der Bewegung entsprechend ist der linke Halswender herausgearbeitet Am oberen Brustansatz ist der Saum eines dunnen Gewandes sichtbar das vom Rand eines wellenverzierten Panzers uberdeckt wird Daruber liegt ein auf der rechten Schulter durch eine Fibel gehaltener Mantel ein Paludamentum dessen Gewandfalten in breitem Schwung nach links gefuhrt sind Der obere Rand ist nach aussen gedreht und weist keinen Bausch auf Auch unterhalb der Brust sind flacher werdende Falten zur linken Seite gefuhrt Der Brustteil der Buste ruht auf einem Sockel dessen Rander von kleinen Voluten begleitet werden im hinteren Teil aber als massive Standflache gearbeitet ist Die Voluten sind diesem hinteren Abschluss nur vorgeblendet Frage der Identitat BearbeitenDie Identitat des Dargestellten war lange umstritten Erstmals mit dem Namen Hannibal in Verbindung gebracht wurde die damals noch in der Casa Renzi aufbewahrte Buste im Jahr 1781 von Giuseppe Daniele der von ihrer antiken Entstehung uberzeugt war und sie aufgrund ihres Fundortes und nach eingehender Analyse der ihm verfugbaren Schriftquellen als Portrat Hannibals deutete 2 Insbesondere eine Beschadigung des linken Auges an der Buste fuhrte ihn zu der Benennung da Livius von Hannibal uberliefert er habe im Jahr 217 v Chr ein Auge verloren 3 Folgerichtig zeigt die von Daniele mitgegebene Zeichnung das Portrat mit einem erloschenen linken Auge 4 Bezuglich der Zuweisung wurde ihm bereits 1813 von Angelo Antonio Scotti widersprochen der die Buste eher in der Nahe der damals unter dem Namen Lucius Iunius Brutus gefuhrten Portrats sah 5 Die Echtheit der Buste hatte hingegen Ennio Quirino Visconti schon um 1808 bezweifelt 6 Wahrend Giuseppe Daniele glaubte Kopf und Brustteil gehorten nicht zusammen so weicht auch seine Darstellung des Brustbereichs stark ab zeigte schon Angelo Antonio Scotti dass sie sehr wohl von derselben Buste stammen 7 Im Jahr 1816 oder 1817 wurde die Buste nach Neapel in das Regal Museo Borbonico gebracht wo sie Giovambatista Finati von Bildhauern und Archaologen untersuchen liess 1827 bestatigte er die Zusammengehorigkeit und favorisierte zugleich die Deutung auf Brutus 8 Unter dessen Namen fuhrten ihn mit Vorbehalt Eduard Gerhard und Theodor Panofka in Neapels antike Bildwerke aus dem Jahr 1828 die zudem klarstellten dass die Beschadigung am linken Auge nicht Teil der Gesichtszuge war sondern zufallig entstanden ist 9 Jede Zuweisung an bekannte Personen hielt Johann Jakob Bernoulli im Jahr 1882 fur unbegrundet 10 Der Katalog des Archaologischen Nationalmuseums Neapel von 1888 versah die Zuschreibung an Hannibal mit einem Fragezeichen 11 und in der 13 Auflage des Katalogs aus dem Jahr 1915 war der moderne Charakter der Buste erkannt ihre Entstehung wurde ins 16 Jahrhundert datiert 12 Formale Aspekte lassen eine antike Entstehung der Buste ausschliessen Weder fur die Gestaltung des Sockels noch fur die Bearbeitung der Ruckseite lassen sich antike Vergleichsstucke finden Auch Drapierung und Faltenfuhrung des uber der rechten Schulter gehaltenen Paludamentums des romischen Feldherrnmantels sind ungewohnlich Die Gestaltung des Kopfes verbindet auf eklektische Weise Ausdrucksformen verschiedener Jahrhunderte So erinnert die Gestaltung der Augen an Portrats des Gallienus wahrend der Bart an jenen des Hadrian erinnert Die Haltung des Kopfes und der Gesichtsausdruck greifen wiederum Formen der Soldatenkaiser etwa des Decius Portrats auf Stirnhaar und Bartgestaltung der Buste aus Capua stehen stilistisch der Buste des Kardinals Cristoforo Guidalotti Ciocchi del Monte 1484 1564 oder eher des Pietro del Monte Grossmeister des Malteserordens gestorben 1572 in den Staatlichen Museen zu Berlin aus dem spaten 16 Jahrhundert sehr nahe 13 Wen die Buste darstellen soll und zu welchem Zweck sie in der 2 Halfte des 16 Jahrhunderts geschaffen wurde ist nicht bekannt 14 Die Buste ist seit dem 19 Jahrhundert ein beliebtes Motiv um jedwede Art von Publikationen zum Themenkomplex Hannibal zu illustrieren Laut Philipp Kobusch und Matthias Recke diente die Buste auch als Vorbild fur eine Lithographie Honore Daumiers der 1842 Hannibals Alpenuberquerung darstellte und den Strategen mit Schmerbauch und dunne n Beine n zeichnete 15 Fur die Ausstellung Hannibal a Carthage wurde sie 2016 an das Nationalmuseum von Bardo in Tunis ausgeliehen 16 Auf dem tunesischen 5 Dinar Schein wurde 1993 erstmals der Kopf aus Capua im Profil abgebildet 17 2013 wurde erneut ein 5 Dinar Schein mit der Buste in Umlauf gebracht nun mit dem Kopf in Dreiviertelansicht Beispiele der Rezeption nbsp Capuaner Hannibal Buste von Giuseppe Daniele 1781 nbsp Le passage d Annibal Honore Daumier 1842 nach der Capuaner Buste nbsp Die Buste wahrend der Ausstellung im Nationalmuseum von Bardo nbsp Tunesischer 5 Dinar Schein nbsp Graffito im spanischen Cartagena 2018 Literatur BearbeitenLucia Guerrini Carlo Gasparri Hrsg Il Palazzo del Quirinale Catalogo delle sculture L Erma di Bretschneider Rom 1993 S 176 182 Nr 71 Klaus Fittschen Lesefruchte VIII In Boreas Band 43 44 2020 2021 S 41 45 Taf 23 24 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Buste des Hannibal im Quirinalspalast Sammlung von Bildern Buste des Hannibal Quirinalspalast Rom in der archaologischen Datenbank ArachneAnmerkungen Bearbeiten Lucia Guerrini Carlo Gasparri Hrsg Il Palazzo del Quirinale Catalogo delle sculture L Erma di Bretschneider Rom 1993 S 176 182 hier S 178 179 Giuseppe Daniele Ragionamento intorno ad una antica statua di Annibale Cartaginese Campo Neapel 1781 Digitalisat Livius Ab urbe condita 22 2 10 Giuseppe Daniele Ragionamento intorno ad una antica statua di Annibale Cartaginese Campo Neapel 1781 S 33 35 und Abb vor Seite I Angelo Antonio Scotti Dissertazione sopra un antico mezzo busto falsamente attribuito ad Annibal Trani Neapel 1813 Digitalisat Ennio Quirino Visconti Iconographie ancienne ou Recueil des portraits authentiques des empereurs rois et hommes illustres de l antiquite Iconographie grecque Suite de la seconde partie P Didot Paris 1808 S 622 Anm 2 Digitalisat monument dont l authenticite est incertaine Angelo Antonio Scotti Dissertazione sopra un antico mezzo busto falsamente attribuito ad Annibal Trani Neapel 1813 S 12 14 Giovambatista Finati Il Regal Museo Borbonico Band 1 Statue di marmo 3 Auflage Reale stamperia Neapel 1827 S 265 268 Nr 332 Digitalisat in der Google Buchsuche Eduard Gerhard Theodor Panofka Neapels antike Bildwerke Erster Theil Cotta Stuttgart und Tubingen 1828 S 96 97 Nr 321 Digitalisat Johann Jakob Bernoulli Romische Ikonographie Erster Teil Spenmann Stuttgart 1882 S 21 22 Digitalisat Domenico Monaco Eustache Neville Rolfe A Complete Handbook to the Naples Museum According to the New Arrangement 1 Auflage Neapel 1888 S 52 Nr 6137 Digitalisat in der Google Buchsuche siehe auch 6 Auflage Neapel 1893 S 60 Digitalisat Domenico Monaco Guida delle antichita del Museo nazionale di Napoli 13 Auflage Neapel 1915 S 125 Digitalisat Annibale supposto Opera moderna imitante la scultura classica XVI sec So Lucia Guerrini Carlo Gasparri Hrsg Il Palazzo del Quirinale Catalogo delle sculture L Erma di Bretschneider Rom 1993 S 178 zur Buste siehe Frida Schottmuller Die italienischen und spanischen Bildwerke der Renaissance und des Barocks in Marmor Ton Holz und Stuck Beschreibung der Bildwerke der christlichen Epochen Band 5 Reimer Berlin 1913 S 164 Nr 389 mit Abb auf S 163 Digitalisat dieselbe Die italienischen Bildwerke der Renaissance und des Barock Band 1 Die Bildwerke in Stein Holz Ton und Wachs Zweite Auflage De Gruyter Berlin Leipzig 1933 S 179 180 Nr 293 mit Abb Lucia Guerrini Carlo Gasparri Hrsg Il Palazzo del Quirinale Catalogo delle sculture L Erma di Bretschneider Rom 1993 S 176 182 hier S 178 179 siehe auch Eckart Marchand Exemplary Gestures and Authentic Physiognomies Ghirlandaio s Famous Men in the Palazzo Vecchio Florence In Apollo The International Magazine of the Arts April 2004 S 3 11 Abb 11 Philipp Kobusch Matthias Recke Sieg der Technik In Matthias Recke Hrsg Wahre Helden Daumier und die Antike Eine Ausstellung der Klassischen Archaologie am Institut fur Altertumswissenschaften und des Oberhessischen Museums der Stadt Giessen 26 April bis 22 Juli 2007 AKAMAS Band 1 Institut fur Altertumswissenschaften der Justus Liebig Universitat Giessen Norderstedt 2007 S 50 51 Digitalisat Tunisie Hannibal vedette ephemere du musee du Bardo auf Jeune Afrique vom 31 Mai 2016 abgerufen am 18 August 2023 Historische Banknoten Tunesiens abgerufen am 18 August 2023 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Buste des Hannibal im Quirinalspalast amp oldid 238515689