www.wikidata.de-de.nina.az
Anna Maria Sterck 26 August 1668 in Engelswies Herrschaft Gutenstein Grafschaft Sigmaringen heute Ortsteil von Inzigkofen 22 September 1679 in Sigmaringen 1 war ein Madchen das als Kinderhexe verfolgt und im Alter von 11 Jahren und 4 Wochen hingerichtet wurde Titelseite der Akte Anna Maria Sterck Urgicht unndt Bekhanthnuss Maria Sterckhin eines mit der Hexerey behaften 11 jahrigen Madlins von Engelschwiss 1679 Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Sententia 3 Einzelnachweise 4 LiteraturLeben BearbeitenAnna Maria Sterck stammte aus einfachen Verhaltnissen in Engelswies Sie hatte einen um zwei Jahre jungeren Bruder Johannes Als die Kinder spatestens 1676 Vollwaisen wurden wurden sie in die Kramersfamilie Kickenmayer aufgenommen Wohl bald nach der Aufnahme fiel es der Pflegefamilie schwer den Unterhalt der Kinder zu finanzieren Hans Kickenmayer beklagte sich 1676 uber diese Situation und uber die Kinder selbst bei der Regierung in Sigmaringen Er erzahlte uber die Kinder Hexengeschichten und dass ihr Verhalten auffallig sei sie lagen im Bett beieinander wie zwey Eheleuth 2 In ihrem Umfeld brachte sich Anna Maria zudem durch ihr kindliches Spiel in Hexenverdacht So setzte sie sich einmal mit gespreizten Beinen auf die Heu rupfende 13 jahrige Tochter Kickenmayers um auf ihr auszufahren und liess erst von ihr ab als diese begann heilige Worte auszurufen 3 Zudem berichtete sie mehrfach von ihren Ausflugen zum Hexentanz Zunachst kummerte man sich in Sigmaringen nicht weiter darum Die Situation verscharfte sich aber und Anfang des Jahres 1678 war die Familie Kickenmayer entschlossen die Kinder um jeden Preis loszuwerden Man plante die Kinder fortzubringen und im Fluss ertranken zu lassen Dies kam aber heraus was die Sigmaringer Regierung zwang sich mit dem Fall erneut zu befassen Da die Familie Kickenmayer Vorwurfe der Hexerei gegen die Kinder erhob lud man sie am 28 Marz 1678 in die Regierungskanzlei vor In dem Verhor berichtete dann Anna Maria bereitwillig dass ihr Vater der Hexenmeister gewesen ware sie in der Hexerei unterrichtet habe und dass sie mit ihm zum Hexentanz ausgefahren sei Auf Drangen gab sie auch zu dass sie ein inzestuoses Verhaltnis mit ihrem Bruder hatte Ausserdem erzahlte sie dass die Teufelsfigur Jockele ihme Bluth aus dem Herzen genommen habe um ihren Namen aufzuschreiben Trotz dieser und anderer Gestandnisse wurden die Kinder wieder nach Hause geschickt 2 Offenbar wusste die Obrigkeit in Sigmaringen nicht wie mit diesem Fall umzugehen sei betrachtete die Kinder als sittlich verwahrlost und ordnete eine verstarkte Erziehung an Das Madchen hatte offenbar eine lebhafte Phantasie und nahm den weitverbreiteten Hexenglauben auf Aus der heutigen Sicht erscheint so etwas verstandlich Anna Maria fluchtete auf diese Weise aus dem Leben in dem sie sich als uberflussig und storend empfinden musste Dabei wusste Anna Maria uber die moglichen Folgen Bescheid Im Alter von 8 Jahren liess Anna Maria gegen des Kickenmayers Tochter vernehmen es wusse wohl dass dessen vatter nacher Sigmaringen seye allwo er vil von ihme plaudere vndt sage es wolle ein andsmahl wol schweigen dan mann gern hette das mann ihme den kopf abschlagen vndt verbrennen thathe 3 Am 26 November 1678 wurden die Geschwister Sterck im Schloss Sigmaringen inhaftiert und voneinander separiert Sie hatten sich wiederholt selbst der Hexerei bezichtigt Im Laufe der monatelangen Haft fuhrte man mehrere Verhore durch Die Kinder erzahlten dabei ausfuhrlich von ihren Hexenkunsten Meistens verwendete man darin keinen Zwang manchmal half man mit Drohungen nach oder strich sie mit Ruten Einmal drohte man dem Madchen mit sofortiger Verbrennung wenn es nicht bei der Wahrheit bleibe Nach rund einem halben Jahr starb Johannes Sterck am 16 April 1679 in der Haft an Pocken In ihrer Not verrannte sich die junge Anna Maria immer tiefer in ihre Fantasien Mehrfach berichtete sie dass ihr in der Nacht der Teufel erschienen sei und sie Wachtern deren Kinder und Angehorigen dem Gesellen des Hofschreiners sowie weiteren Personen unterschiedliche Leiden wie Blattern Geschwulste Leibschmerzen und andere Krankheiten sowie einem Wachter Flohe in den Strumpf gezaubert habe die ihn sehr geplagt hatten Schliesslich wurde Anna Maria besiebnet und gab die bekannten Hexenverbrechen zu Protokoll Unzucht mit dem Teufel und ihrem Bruder getrieben Schaden an Mensch und Tier verubt ein Hagelwetter verursacht Abkehr von Gott und allen Heiligen Mause und anderes Ungeziefer gezaubert 4 Damit war ihr Schicksal besiegelt Ein in Auftrag gegebenes informelles Gutachten bescheinigt dem Gericht dass trotz der Bemuhung von Eltern und Pflegern bei einem unschuldigen Waisenkind das sein Brot durch Betteln verdingt und ein Leben im Mussiggang gefuhrt hat der Teufel leichtes Spiel hatte und keine Hoffnung auf Besserung bestunde sondern mit fortschreitender Jugend der Bosheit und bekannten Untaten der Hexerei noch arger verfallt Der Gutachter sieht daher die Bedingungen fur eine Hinrichtung trotz ihres Alters von Rechts wegen als erfullt und empfiehlt ad modum mortis es solte dem medlein ob lentitudinem angesichts der Langsamkeit des bads und aderschlagens da die Gefahr besteht dass die sterbende Seele durch den Griff des Teufels noch Schaden nimmt das Bad nur angetauscht und geschwind und gleichsamb ihrer ohnvermerkht unbemerkt das haubt abgeschlagen werden 5 Seiner Empfehlung ein weiteres Gutachten bei der Justizfakultat Ingolstadt einzuholen folgt das Gericht nicht Nach zehnmonatiger Haft am 19 September 1679 wurde Anna Maria im Beisein der hierzu berufenen sieben Zeugen und ihres gerichtlichen Beistands und Fursprechers ihr gemachtes Gestandnis Urgicht offentlich verlesen und von ihr nochmals in allen Punkten bekannt und bestatigt und ihr daraufhin der Tod angekundigt daruber sie sich damahls vnd selbigen tag sehr alteriert den bossen feind verfluchet sein iunges leben betauert vnd sich zu keiner buess bequemen wollen volgende tag aber bis zu der execution sich also bezaigt das von ihro der bose trost seliger hinfahrt geschopft worden 6 Am 22 September 1679 wurde ihr in der Kanzlei in Gegenwart ihres Fursprechers ihre Urgicht und das vom Scharfrichter publizierte Urteil verlesen und das Madchen dann im langen Gewolbe des Schlosses enthauptet Anschliessend wurde der tote Leichnam der Jugend und menglich gegenuber jedermann zur Inspektion gezeigt und dann im Laizer Kirchhof in geweihter Erde begraben 7 Vergleichbar mit Fallen anderer sogenannter Kinderhexen verstrickte sich Anna Maria wahrend ihrer Haft immer tiefer in ihren Hexenvorstellungen In ihrer Not suchte sie Aufmerksamkeit und Zuwendung um jeden Preis Letztlich wurden ihre Geschichten und Fantasien immer mehr zu ihrer personlichen Realitat Sie starb in dem Glauben eine Hexe zu sein und selbst kurz vor ihrer Hinrichtung blieb sie standhaft und bestatigte ihr Gestandnis erneut Moglichkeiten zur Abwendung der Strafe durch Reue und Busse liess sie verstreichen und verweigerte sich der religiosen Bekehrung Sententia BearbeitenIn peinlichen inquisitionprocess sachen wider Maria Starckhin Hans Starckhen seel zue Engelschwiess ehe leiblichen dochter angestellt ist auf beschehene inquisition dariber angeordnete verschiedene examina auf der beklagten oder inquisitiv antwortt vnndt bekhandtnussen auch dariber eingeholtem rhat der rechtsgelehrten hiemit entlich vndt zue rechterkhanndt dass beklagte Maria Starckhin so sie gegenwertig stehet wegen begangnen vnndt bekhanndten in actis vndt seiner vrgicht vmbstandtlich beschribenen missethaten vndt lasters der hexerei in ansehung ihr jugendt zwahr mit darauf gesetzter ordinari straff geschohndt jedoch vndt weilen die darbey von laster grosse bossheith das alter erfullet vnndt zu bestendiger besserung kheine hoffnung erscheinet der lebens straff nicht erlassen werden mogen sondern derentwegen in secreto durch das schwerdt 8 Einzelnachweise Bearbeiten Ho 80 A T 2 601 Prozessakte Geschwister Sterck a b Lara A Sauer Mit elf Jahren zum Tode verurteilt a b HO 80 A T 2 601 S 12 So dann habe es gott und alle seine hayligen verlaugnet sich zuem offteren so wohl mit dem teuffel alss auch seinen in wehrender gefangenschafft verstorbenen 9 jahrigen bruederle Johannes genant flaischlich vermischt und unzucht getrieben seye vilveltig auf gablen katzen oder hundt zue den hexendantzen gefahren vil krautwurm in gartten mauss und flohe in haussern machen helffen ein gross hagel wetter wie auch nebel helffen machen wardurch das ops Obst in der bluest Blute verdorben Ho 80 A T 2 601 S 131 ff Ho 80 A T 2 601 S 127 ff Ho 80 A T 2 601 S 125 Ho 80 A T 2 601 S 126 Ho 80 A T 2 601 S 138 Literatur BearbeitenLara A Sauer Mit elf Jahren zum Tode verurteilt Wie der Hexenwahn auch Kinder traf In Archivnachrichten Landesarchiv Baden Wurttemberg Heft 53 2016 ISSN 1437 0018 S 46 Herbert Gutschera Der Fall der Geschwister Sterck In Rainer Lachmann Herbert Gutschera Hrsg Kirchengeschichtliche Grundthemen Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 2014 ISBN 978 3 525 61422 8 S 122 f Normdaten Person GND 1121620876 lobid OGND AKS VIAF 8919148209320100460004 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Sterck Anna MariaALTERNATIVNAMEN Sterck Maria Sterckh Anna Maria Sterckh Maria Sterckhin Anna Maria Sterckhin MariaKURZBESCHREIBUNG schwabisches Madchen das als Hexe verfolgt wurdeGEBURTSDATUM 26 August 1668GEBURTSORT EngelswiesSTERBEDATUM 22 September 1679STERBEORT Sigmaringen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Anna Maria Sterck amp oldid 238708032