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Andreas Maercker 26 April 1960 in Halle Saale ist ein Professor fur Psychologie an der Universitat Zurich Inhaltsverzeichnis 1 Beruflicher und privater Werdegang 2 Wirken 3 Klinische Kulturpsychologie 4 Mitgliedschaften und Ehrungen 5 Sonstiges 6 Schriften 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseBeruflicher und privater Werdegang BearbeitenAndreas Maercker studierte Medizin und Psychologie 1986 promovierte er an der Humboldt Universitat Berlin in Medizin mit der Arbeit Kognitive Prozesse Stress und das Neuropeptid Substanz P bei dem Pathophysiologen Karl Hecht Zudem hatte er in den 1980er Jahren Philosophieunterricht bei Wolfgang Harich 1 1995 promovierte er an der Freien Universitat Berlin zum Dr phil mit der Arbeit Existenzielle Konfrontation Eine Untersuchung im Rahmen eines psychologischen Weisheitsparadigmas bei dem Psychologen Paul B Baltes Von 1988 bis 1989 war er fur zehn Monate politischer Haftling in der DDR aufgrund eines Fluchtversuchs in die Bundesrepublik zu zwei Jahren Haft verurteilt und fruher durch die Bundesrepublik Deutschland freigekauft 2 Wirken BearbeitenMit seinen Arbeitsgruppen an den Universitaten Dresden bis 2001 und Zurich untersuchte er u a Opfer politischer Gewalt z B ehemalige politische Inhaftierte der DDR 1995 2008 Kriegsopfer z B Dresdner Bombennachtsopfer Kriminalitatsopfer in Deutschland und in China und ehemalige Schweizer Verdingkinder Zusammen mit Mitautoren entwickelte er psychologische Messverfahren fur Schutzfaktoren bei der Traumaverarbeitung Offenlegen der Traumaerfahrungen Disclosure 3 und gesellschaftlichen Anerkennung als Traumaopfer bzw uberlebender 4 Seine PTSD Forschung stellt soziale und zwischenmenschliche Faktoren in den Mittelpunkt die ihm zufolge mehr als biologische Faktoren oder Gedachtnisveranderungen daruber entscheiden ob ein Betroffener eine posttraumatische Belastungsstorung entwickelt Sozial interpersonelle Perspektive 5 Das erganzende Janus Kopf Modell der posttraumatischen Reifung 6 zusammen mit Tanja Zollner nimmt Bezug darauf dass viele Uberlebende beschreiben dass das Uberstehen der traumatischen Erfahrungen sie in positiver Weise verandert habe z B dass sie eine starkere Verbundenheit mit Nahestehenden erleben und sie das Leben jetzt starker wertschatzen Die PTSD Forschung wurde zunehmend kulturvergleichend ausgerichtet Maercker bezieht dabei individuelle Wertvorstellungen nach der Theorie von Shalom H Schwartz ein wobei gezeigt wurde dass moderne Wertvorstellungen z B Selbstbestimmung Leistungsstreben Hedonismus zur psychischen Widerstandsfahigkeit beitragen wahrend traditionelle Werte z B Gute Konformitat Einflussnahme zu mehr sozialer Unterstutzung und zu psychischer Gesundheit verhelfen Dazu wurden Studien im europaischen Vergleich in der Deutschen Bundeswehr nach Auslandseinsatzen sowie im Vergleich Schweiz China durchgefuhrt fur China wurde auch ein Online basiertes Selbsthilfeprogramm entwickelt 7 Im Rahmen internationaler Zusammenarbeit unter dem Dach der WHO war er entscheidend an der Formulierung neuer Diagnosen im Bereich der psychischen Trauma und Belastungsstorungen beteiligt der komplexen posttraumatischen Belastungsstorung und der Anhaltenden Trauerstorung 8 Beide sind Differenzierungen der Posttraumatischen Belastungsstorung die sich von dieser durch die teilweise unterschiedliche Symptomatik unterscheiden sowie durch verschiedene Themen und Techniken in der psychotherapeutischen Behandlung Seine Arbeitsgruppe lieferte die erste Haufigkeits Pravalenz Berechnung dieser beiden neuen Storungsbilder in deutschen Bevolkerung 9 Das Forschungsprogramm im Altersbereich zusammen mit Simon Forstmeier untersucht die motivationale Reservekapazitat 10 Alterer die auf lebens und lerngeschichtlicher Ressourcenbildung beruht und von der angenommen wird dass sie z B einen demenzbedingten Abbau der Intelligenz und allgemeiner Fahigkeiten zeitweise kompensieren kann Eine Studie mit ehemaligen Verdingkindern zeigte dass diese im Gegensatz dazu ein erhohtes Risiko fur demenzbedingten Fahigkeitsabbau haben was u a mit einer trauma bedingt beeintrachtigten motivationalen Reservekapazitat erklart wird Klinische Kulturpsychologie BearbeitenKlinische Kulturpsychologie engl cultural clinical psychology als neue Subdisziplin wurde von Maercker zusammen mit Yulia Chentsova Dutton und Andrew Ryder etabliert Ihre beiden Ziele sind das Verstehen der kulturellen Pragung psychischer Storungen sowie die Anwendung dieses Verstandnis zur besseren klinischen Erkennung und Intervention dieser Storungen 2019 erschien das Buch Cultural Clinical Psychology and PTSD in dem anders als der Titel suggeriert nicht nur die posttraumatische Belastungsstorung sondern die ganze Breite moglicher kultureller Expressionen von Traumafolgestorungen beleuchtet werden Zentral fur die folgenden kulturpsychologischen Untersuchungen der Traumafolgestorungen sind einerseits die spontanen Metaphern der Betroffenen z B ein gefallter Baum das eigene Kreuz tragen mussen und anderseits kulturelle Skripte von Traumafolgen d h dynamischen Abfolgen von Fakten Kognitionen Emotionen Motivationen und Korperempfindungen Kulturelle Skripte erlauben elementare Sequenzen von typischen Leidensexpressionen darzustellen Fur den Globalen Norden ist dies teilweise deckungsgleich mit den kodifizierten Diagnosen z B der PTBS komplexen PTBS oder Anhaltenden Trauerstorung Eine seit 2022 laufende Paralleluntersuchung mit emischen und etischen Methoden analysiert kulturelle Skripte von Traumafolgen in der Schweiz Ruanda Georgien China und Israel Maercker hat sich seit 2021 einem weiteren Thema zugewandt den Historischen Traumata nach der Definition von Maria Yellow Horse Brave Heart Demnach sind historische Traumata in der Sozial und Kulturpsychologie i vergangene kollektive Traumatisierungen wie Versklavung schwerste Repression Kriege ii eine weiterbestehende Marginalisierung oder Diskriminierung der Betroffenen und ihrer Folgegenerationen iii mit intergenerationaler Traumawirkungen fur die individuelle Psyche iv heutigen sozialen Benachteiligungen und Ungleichbehandlungen v sozialen Pathologien wie fehlendes Vertrauen Verbitterung etc vi kein oder allenfalls ein dysfunktionales kollektives Opfernarrativ Eine Wissenschaftsstudien Monografie zu diesem Thema ist seitdem in Arbeit Eines der Kapitel wurde in modifizierter Kurzfassung als Zeitschriftenbeitrag 2023 publiziert How to deal with the past How collective and historical trauma psychologically reverberates in Eastern Europe 11 Mitgliedschaften und Ehrungen BearbeitenMaercker war Grundungsmitglied und fruherer Vorsitzender der Deutschsprachigen Gesellschaft fur Psychotraumatologie DeGPT sowie Mitgrunder und Herausgeber der Zeitschrift Trauma und Gewalt Klett Cotta Seit 2011 leitet er die internationale Arbeitsgruppe der Weltgesundheitsorganisation zur Revision der Krankheitsklassifikation ICD 10 11 fur Stress und Traumafolgen Erkrankungen Seit 2018 ist er Mitglied im wissenschaftlichen Beirat der Lindauer Psychotherapiewochen Ihm wurde 2004 der Preis der Margrit Egner Stiftung fur seine Arbeit in der Psychotraumatologie verliehen 2017 erhielt er in Anerkennung seiner wissenschaftlichen und ehrenamtlichen Beitrage fur die Psychotraumatologie und die klinische Versorgung von Traumabetroffenen das Bundesverdienstkreuz am Bande uberreicht vom deutschen Botschafter Otto Lampe 12 2017 erhielt er von der European Society for Traumatic Stress Studies den Wolter de Loos Award for Distinguished Contribution to Psychotraumatology in Europe fur sein wissenschaftliches Werk 13 Er war Fellow des Wissenschaftskolleg zu Berlin im akademischen Jahr 2018 19 und des Wissenschaftskollegs Greifswald 2022 Maercker war von 2017 bis 2023 Vorsitzender der Historischen Kommission der Deutsche Gesellschaft fur Psychologie zur Instrumentalisierung der Psychologie in der DDR die sich insbesondere mit der operativen Psychologie an der Hochschule in Potsdam Golm des Ministeriums fur Staatssicherheit beschaftigt 14 Sonstiges BearbeitenAndreas Maercker ist mit dem Kunsthistoriker Franz Carl Diegelmann verheiratet und hat einen erwachsenen Sohn Schriften BearbeitenTraumafolgestorungen 5 Auflage Springer Heidelberg 2019 ISBN 978 3 662 58469 9 Post Traumatic Stress Disorder A Lifespan Developmental Perspective mit Matthias Schutzwohl Zahava Solomon Hrsg Hogrefe amp Huber Seattle 2008 ISBN 978 0 88937 187 3 Handbuch der Psychotraumatologie mit Gunter H Seidler Harald J Freyberger Hrsg Klett Cotta Stuttgart 2011 ISBN 978 3 60894 665 9 Klinische Psychologie Grundlagen 2 Aufl mit Franz Petermann Wolfgang Lutz Ulrich Stangier Hogrefe Gottingen 2018 ISBN 978 3 80172 783 3 Der Lebensruckblick in Therapie und Beratung mit Simon Forstmeier Hrsg Springer Heidelberg 2013 ISBN 978 3 642 28198 3 doi 10 1007 978 3 642 28199 0 Trauma und Traumafolgestorungen Beck Munchen 2017 ISBN 978 3 406 69850 7 Cultural clinical psychology and PTSD mit Eva Heim Laurence J Kirmayer Hrsg Hogrefe Boston 2019 ISBN 978 0 889 37497 3 Psychologie als Instrument der SED Diktatur mit Jens Gieseke Hrsg Hogrefe Gottingen 2021 ISBN 978 3 456 86072 5 autobiographischAndreas Maercker Die Sprechstunde des Doc S 56 63 in Florian Bickmeyer Jochen Brenner Stefan Kruecken Nur raus hier 18 Geschichten von der Flucht aus der DDR 18 Geschichten gegen das Vergessen Hrsg und Fotografien Andree Kaiser 213 S Hollenstedt 2014 ISBN 978 3 940138 76 7Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Andreas Maercker im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Website des Lehrstuhls an der Universitat Zurich Private Website von Andreas Maercker Vortragsarchiv von Andreas Maercker im Rahmen der Lindauer Psychotherapiewochen pdf Einzelnachweise Bearbeiten A Maercker Begegnungen mit Harich In Zeitschrift fur Ideengeschichte 13 4 2019 S 11 14 Diba Shokri Erinnerung die nicht vergehen will In Frankfurter Allgemeine Zeitung 06 12 2018 Abgerufen am 18 Oktober 2020 J Muller A Beauducel J Raschka und A Maercker Kommunikationsverhalten nach politischer Haft in der DDR Entwicklung eines Fragebogens zum Offenlegen der Traumaerfahrungen In Zeitschrift fur Politische Psychologie Band 8 2000 S 413 427 A Maercker und J Muller Social acknowledgment as a victim or survivor A scale to measure a recovery factor of PTSD In Journal of Traumatic Stress Band 17 2004 S 345 351 A Maercker und A B Horn A socio interpersonal perspective on PTSD The case for environments and interpersonal processes In Clinical Psychology and Psychotherapy 2012 doi 10 1002 cpp 1805 A Maercker und T Zollner The Janus face of posttraumatic growth Towards a two component model of posttraumatic growth In Psychological Inquiry Band 15 2004 S 41 48 Z Wang et al Chinese My Trauma Recovery a Web based intervention for traumatized persons in two parallel samples randomized controlled trial In Journal of Medical Internet Research Band 15 2013 e213 doi 10 2196 jmir 2690 A Maercker C R Brewin R A Bryant et al Proposals for mental disorders specifically associated with stress in the International Classification of Diseases 11 In Lancet Volume 381 2013 P1683 1685 A Maercker et al ICD 11 Prevalence Rates of Posttraumatic Stress Disorder and Complex Posttraumatic Stress Disorder in a German Nationwide Sample In Journal of Nervous and Mental Disease Volume 2016 2018 P270 276 doi 10 1097 NMD 0000000000000790 S Forstmeier und A Maercker Motivational reserve Lifetime motivational abilities contribute to cognitive and emotional health in old age In Psychology and Aging Band 23 2008 S 886 899 A Maercker How to deal with the past How collective and historical trauma psychologically reverberates in Eastern Europe In Frontiers in Psychiatry Volume 14 2023 1228785 doi 10 3389 fpsyt 2023 1228785 Bundesverdienstorden fur Andreas Maercker Memento des Originals vom 27 Februar 2018 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www dgps de Mitteilung vom 2 Februar 2017 auf der Website der Deutschen Gesallschaft fur Psychologie abgerufen am 27 Februar 2018 ESTSS Awards at the 15th ESTSS Conference 2017 in Odense Denmark Abgerufen am 17 August 2017 amerikanisches Englisch A Maercker und S Guski Leinwand Psychologists involvement in repressive Stasi secret police activities in former East Germany In Intern Perspectives in Psychology Research Practice Consultation Band 7 Nr 2 S 107 119 Normdaten Person GND 120818191 lobid OGND AKS LCCN n98064834 VIAF 116818125 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Maercker AndreasKURZBESCHREIBUNG deutscher Hochschullehrer und PsychologeGEBURTSDATUM 26 April 1960GEBURTSORT Halle Saale Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Andreas Maercker amp oldid 238020140