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Alkaliphilie ist die Eigenschaft von Lebewesen eine alkalische Umgebung also mit hohem pH Wert zu bevorzugen Lebewesen mit dieser Eigenschaft werden als alkaliphil bezeichnet Oft wird auch die sprachlich inkorrekte Form Alkalophilie bzw alkalophil verwendet Organismen die an einen mittleren pH Wert angepasst sind werden als neutrophil bezeichnet Acidophile Lebewesen sind an sehr saure Umweltbedingungen mit niedrigem pH Wert angepasst Inhaltsverzeichnis 1 Alkaliphile Mikroorganismen 1 1 Aufrechterhaltung eines neutralen pH Werts im Zellinneren 1 2 Chemiosmose alkaliphiler Bakterien 2 EinzelnachweiseAlkaliphile Mikroorganismen Bearbeiten nbsp Bakterien einer Bacillus Kultur Alkaliphile Organismen kommen meistens in hoch basischen Biotopen wie z B carbonathaltigen Boden und alkalischen Sodaseen vor Zu den alkaliphilen Mikroorganismen gehoren beispielsweise Cyanobacterien der Gattung Spirulina und Arthrospira platensis 1 2 Extrem alkaliphile Bakterien gehoren insbesondere zu den Gattungen Bacillus und Clostridium Manche alkaliphile Bakterien sind in der Lage ihre Umgebung zu verandern indem sie neutrales Medium alkalisieren oder hochalkalisches Medium ansauern und damit den pH Wert fur ihr Wachstum optimieren Ihre extracellular ausgeschiedenen Enzyme haben ihr Optimum im stark alkalischen Bereich Solche Enzyme haben z B in der Waschmittelindustrie eine wichtige technische Bedeutung Alkaliphile Mikroorganismen sind extremophil Sie gehoren zu den Lebewesen die an einen extremen Lebensraum angepasst sind Das pH Optimum des Wachstums liegt bei pH 10 Manche konnen in stark alkalischen Medien mit einem pH Wert von 11 wachsen nbsp Abb 1 Intrazellularer pH Wert von alkaliphilen blau und neutrophilen grun Bakterien in Abhangigkeit vom extrazellularen pH Wert des Substrats 3 4 Aufrechterhaltung eines neutralen pH Werts im Zellinneren Bearbeiten Ihre Anpassung an alkalische Lebensraume erfordert die Uberwindung grundsatzlicher Probleme Ein hoher pH Wert im Inneren der Zellen ist zerstorerisch Beispielsweise werden DNA und vor allem RNA bei hohen pH Werten hydrolytisch zersetzt Zum Schutz benotigen alkaliphile Organismen einen Mechanismus mit dem sie im Zellinneren den Anstieg des pH Werts begrenzen der durch ihre alkalisches Umgebung droht Abb 1 zeigt die Auswirkung der nach rechts zunehmenden Alkalitat des Nahrmediums auf den pH Wert im Zellinneren Im Bereich bis etwa pH 10 5 zeigen die dort blau dargestellten alkaliphilen Bakterien im Inneren kaum hohere pH Werte als die beiden grun abgebildeten neutrophilen Referenz Organismen Bei dem Bakterium Clostridium paradoxum zeigt sich beispielsweise dass der pH Wert im Inneren physiologisch zunehmend ungunstig wird wenn die Alkalinitat uber diesen Wert ansteigt nbsp Abb 2 Ionen Transportvorgange an der Zellmembran des alkaliphilen Bakteriums Clostridium paradoxumDie Mechanismen zur Anpassung von Clostridium paradoxum an die alkalische Umgebung sind in Abb 2 dargestellt Clostridium paradoxum 5 ist ein thermophiles alkaliphiles anaerobes Bakterium das ATP unter anderem durch Homoacetatgarung von Glucose gewinnen kann Unter ATP Verbrauch kann der Organismus mittels einer ATP Synthase Na durch die Membran befordern Zudem besitzt das acetogene Bakterium in seiner Zellmembran eine Ferredoxin NAD Oxidoreductase Rnf Komplex die als Na Ionenpumpe fungiert Durch beide entsteht ein chemiosmotisches Membranpotenzial DP das sich aus der elektrischen Spannung DPS aussen positiv geladen und dem DNa Konzentrationsunterschied zusammensetzt Zuruck stromende Na Ionen ermoglichen den Import von Glucose Dessen Vergarung liefert Essigsaure die durch die Membran nach aussen diffundiert Im alkalischen Ausseren dissoziiert Essigsaure in das Acetat Anion und H Durch einen Na H Antiporter gelangt das H wieder in die Zelle und wirkt dessen Alkalisierung entgegen 6 3 So nutzt das Bakterium die bei der Garung entstandene Saure zur Stabilisierung seines inneren pH Werts Die Zellwand alkaliphiler Bakterien ist speziell mit Teichonsauren angereichert deren negative Ladung eine Barriere gegen die OH Ionen des Mediums bilden Der Raum zwischen der aus Peptidoglykan bestehenden Zellwand und der Zellmembran kann so einen deutlich niedrigeren pH Wert erhalten als das alkalische Medium in dem das Bakterium lebt Innerhalb dieses Raums tritt ein pH Gradient auf Direkt an der Aussenseite der Zellmembran ist der pH Wert am niedrigsten Chemiosmose alkaliphiler Bakterien Bearbeiten Hauptartikel Chemiosmotische Kopplung dd Der Energiestoffwechsel nahezu aller Organismen beruht auf dem Betrieb von ATP Synthasen Sie ermoglicht eine erheblich hohere ATP Ausbeute als die Substratkettenphosphorylierung bei Garungsprozessen auf die vergleichsweise wenige chemotrophe anaerobe Organismen beschrankt sind Die chemiosmotische Energie fur die von der ATP Synthase katalysierten endergonischen ATP Bildung stellt die uberwiegende Mehrheit der Organismen dadurch bereit dass sie durch H Export an ihrer Zellmembran eine elektrische Spannung und einen energiereichen Protonengradienten aufbauen Der Ruckstrom der H Ionen durch die ATP Synthase stellt diesem Enzym die Energie zur Verfugung Alkaliphile Organismen konnen kein Membranpotenzial dadurch aufbauen dass sie H Ionen in ihr Nahrmedium abgeben Diese Kationen wurden sofort mit den OH Anionen zu Wasser reagieren die Energie wurde als Warme frei und ware fur die Organismen nicht mehr nutzbar Lange Zeit wurde daher vermutet dass alkaliphile Organismen eine Na angetriebene ATP Synthase zur Energiegewinnung nutzen mussen Diese Vermutung wurde dadurch bestarkt dass in Clostridien wie Clostridium paradoxum Na ATP Synthasen gefunden wurden 7 Solche Na getriebenen ATP Synthasen sind jedoch nicht typisch fur alkaliphile Organismen sondern fur acetogene Bakterien zu denen auch Clostridium paradoxum gehort und fur methanogene Archaeen Diese beiden Gruppen sind keineswegs auf alkalische Biotope beschrankt Bei einigen alkaliphilen Organismen lieferten biochemische Analysen den Nachweis von H getriebenen ATP Synthasen Bei dem Vergleich der Genome einer ganzen Reihe unterschiedlicher alkaliphiler Lebewesen mit denen ihrer nahen neutrophilen Verwandten fanden sich regelmassig Gene fur ATP Synthasen die keine wesentliche Unterschiede aufwiesen Einen entscheidenden Hinweis fur die materielle Grundlage der Alkaliphilie lieferten Mutanten mit verminderter Wachstumsfahigkeit bei hohen pH Werten Sie wiesen Defizite beim Aufbau ihrer Zellwand und dem Raum zwischen Zellwand und Zellmembran auf nbsp Abb 3 Ionen Transportvorgange und ATP Synthese an der Zellmembran des alkaliphilen Bakteriums Bacillus pseudofirmusDie molekulare Grundlage der Alkaliphilie des alkaliphilen Bakteriums Bacillus pseudofirmus ist schematisch in Abb 3 dargestellt B pseudofirmus wachst aerob auf organischen Medien und halt wie in Abb 1 dargestellt bis zu einem pH der Umgebung von fast 11 sein Cytosol im neutralen Bereich Die Atmungskette Respiration dieses Bakteriums transportiert H durch die Zellmembran Hier sind verschiedene Carotinoide und Cytochrome angelagert Die Cytochrome spielen dabei auch die Rolle eines Protonentransporters Sie werden von Bacillus pseudofirmus verstarkt gebildet bei hohem pH Wert und niedrigen Sauerstoffkonzentrationen 8 So fliesst durch die an der Membran Aussenseite angelagerten Molekule ein in gewissem Sinne kanalisierter Strom von H Ionen zur ATP Synthase Auch ein Mrp Antiporter wird mit Protonen beliefert Er tauscht H gegen Na aus Dieser Austausch bringt dem Organismus wesentliche Vorteile Zum einen wird durch den Reimport der H Kationen der Alkalisierung der Zellen entgegengewirkt Die nach aussen gepumpten Na Ionen erhalten die elektrische Spannung an der Zellmembran aufrecht ohne Gefahr zu laufen durch OH neutralisiert zu werden Einstromendes Na nutzt das Bakterium energetisch zur Aufnahme von Nahrstoffen durch einen Symporter und zum Betrieb der Geissel Flagellum Ein Na Membran Kanal NaBP kann bei Natriummangel in der Zelle geoffnet werden und wird als Uberspannungsschutz spannungsabhangig geoffnet oder geschlossen 9 10 Alkaliphile Cyanobakterien verfugen uber einen grundsatzlich anderen Mechanismus mit dem sie ein H Membranpotential nutzen konnen Spirulina platensis halt bei einem ausseren pH Wert von 10 im Cytoplasma einen pH Wert von 8 2 ATP wird an einer Thylakoid Membran gebildet die sich ohne Kontakt zur Aussenwelt mitten in der Zelle befindet Das Medium in diesem Vesikel ist mit pH 6 4 sogar leicht sauer Nach aussen wird wie bei Bacillus pseudofirmus ein Na Potential aufgebaut und mit einem H Na Antiporter der Ansauerung des Zellinneren entgegengewirkt 11 Einzelnachweise Bearbeiten D B Hicks J Liu M Fujisawa T A Krulwich F1F0 ATP synthases of alkaliphilic bacteria lessons from their adaptations In Biochimica et Biophysica Acta Band 1797 Nummer 8 August 2010 S 1362 1377 doi 10 1016 j bbabio 2010 02 028 PMID 20193659 PMC 2890045 freier Volltext Review D Pogoryelov J Yu T Meier J Vonck P Dimroth D J Muller The c15 ring of the Spirulina platensis F ATP synthase F1 F0 symmetry mismatch is not obligatory In EMBO reports Band 6 Nummer 11 November 2005 S 1040 1044 doi 10 1038 sj embor 7400517 PMID 16170308 PMC 1371026 freier Volltext a b G M Cook J B Russell A Reichert J Wiegel The Intracellular pH of Clostridium paradoxum an Anaerobic Alkaliphilic and Thermophilic Bacterium In Applied and Environmental Microbiology Band 62 Nr 12 Dezember 1996 ISSN 0099 2240 S 4576 4579 doi 10 1128 aem 62 12 4576 4579 1996 PMID 16535469 PMC 1389007 freier Volltext Terry Ann Krulwich Adaptive Mechanisms of Extreme Alkaliphiles In Koki Horikoshi Extremophiles Handbook New York 2011 ISBN 978 4 431 53897 4 S 123 Y Li L Mandelco J Wiegel Isolation and Characterization of a Moderately Thermophilic Anaerobic Alkaliphile Clostridium paradoxum sp nov In International Journal of Systematic Bacteriology Band 43 Nr 3 Juli 1993 ISSN 0020 7713 S 450 460 doi 10 1099 00207713 43 3 450 Scott A Ferguson Stefanie Keis Gregory M 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Early Life Forms and Bioenergetics of ATP Synthesis In Frontiers in Bioengineering and Biotechnology Band 3 3 Juni 2015 ISSN 2296 4185 doi 10 3389 fbioe 2015 00075 PMID 26090360 PMC 4453477 freier Volltext Koki Horikoshi Hrsg Extremophiles Handbook New York 2011 ISBN 978 4 431 53897 4 Terry Ann Krulwich Adaptive Mechanisms of Extreme Alkaliphiles In Koki Horikoshi Extremophiles Handbook New York 2011 ISBN 978 4 431 53897 4 S 121 122 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Alkaliphilie amp oldid 232119100