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Am 12 Dezember 1986 verungluckte eine Tupolew Tu 134A auf dem Aeroflot Flug 892 Das Flugzeug sturzte im Landeanflug nahe dem Flughafen Berlin Schonefeld ab 72 Menschen starben 10 uberlebten den Absturz Aeroflot Flug 892Eine baugleiche Tupolew Tu 134 der AeroflotUnfall ZusammenfassungUnfallart controlled flight into terrainOrt Berlin BohnsdorfDatum 12 Dezember 1986Todesopfer 72 darunter 20 Schuler Uberlebende 10 darunter 7 Schuler Verletzte 10LuftfahrzeugLuftfahrzeugtyp Tupolew Tu 134ABetreiber AeroflotKennzeichen CCCP 65795Abflughafen Sowjetunion Flughafen Minsk 1Zwischenlandung Tschechoslowakei Flughafen Prag ungeplant Zielflughafen Deutschland Demokratische Republik 1949 Flughafen Berlin SchonefeldPassagiere 73Besatzung 9Listen von Flugunfallen Bergungsarbeiten an der Unfallstelle Inhaltsverzeichnis 1 Flugzeug und Insassen 2 Unfallhergang 3 Unfallursache 4 Katastropheneinsatz 5 Sonstiges 6 Andenken 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseFlugzeug und Insassen BearbeitenDie Tupolew Tu 134A c n 63145 Kennzeichen CCCP 65795 war am 18 Marz 1980 an die Aeroflot ausgeliefert worden Zum Zeitpunkt des Unfalls hatte die Maschine 12 658 Flugstunden bei 8482 Zyklen absolviert Neben der regularen achtkopfigen Besatzung befand sich ein zusatzlicher Instrukteur an Bord der die Leistung der Piloten bei Landungen unter schlechten Sichtbedingungen bewerten sollte Das Flugzeug beforderte 73 Passagiere darunter 27 Schuler einer 10 Klasse der Ernst Schneller Oberschule in Schwerin sowie deren Begleitpersonen Die Gruppe kehrte von einer Schulabschlussreise aus Minsk zuruck Unfallhergang BearbeitenDie in Minsk zwei Stunden zuvor gestartete Tu 134 sollte gegen 14 20 Uhr in Berlin Schonefeld landen Weil der Berliner Flughafen zur Ankunftszeit unter dichtem Nebel lag wichen die Piloten nach Prag aus Um 16 31 Uhr hob die Maschine vom Flughafen Prag erneut in Richtung Berlin ab Zwischenzeitlich fanden auf der nordlichen Landebahn 25R rechts in Schonefeld Wartungsarbeiten an der Lichtanlage statt sodass dem an und abfliegenden Verkehr nur die sudliche Bahn zur Verfugung stand Der Himmel uber Berlin war zu diesem Zeitpunkt vollstandig bedeckt Die Wolkenuntergrenze lag bei ca 130 Meter 400 Fuss Um 16 58 Uhr erteilte die Flugsicherung die Erlaubnis fur einen Anflug auf die Landebahn 25L links Obwohl die Freigabe korrekt von den Piloten bestatigt und auch der Autopilot zunachst auf die Landebahn 25L links eingestellt wurde flog die Tupolew kurz darauf die gesperrte Nordbahn 25R rechts an Ausloser dafur war eine Information der Flugsicherung in Schonefeld um 17 03 Uhr dass auf der Landebahn 25R zu Testzwecken die Landebahn und Anflugbefeuerung in Betrieb war Diese Information in englischer Sprache wurde von der sowjetischen Besatzung missverstanden als kurzfristige Anderung der Landebahn Eine direkt hinter der TU 134 fliegende Maschine der ungarischen MALEV bat den Tower um Wiederholung der Information Diese erfolgte mit folgendem Wortlaut I say again Aeroflot 8 9 2 and MALEV 8 0 8 approach and runway lights 2 5 right additional in use for test Ich wiederhole Aeroflot 8 9 2 und MALEV 8 0 8 Anflug und Landebahnbefeuerung 2 5 rechts ist zusatzlich in Betrieb zum Test Beide Besatzungen bestatigten die TU134 wechselte jedoch den Kurs in Richtung der falschen rechten Landebahn Deren Besatzungsmitglieder waren einstimmig der Ansicht runaway RIGHT 2 5 right 25R additional in use und nicht runaway LIGHT 2 5 right additional in use verstanden zu haben Es war das Angebot auf eine andere Landebahn auszuweichen welche beim nachfolgenden Irrtum auch noch Zusatzbeleuchtung aufweist Zunachst stellt sich nur die Frage wie gut sich uber Sprechfunk die Worte Light und Right auch noch unterscheiden um von einer russischen Crew eindeutig verstanden zu werden Der zweite Irrtum bahnt sich bei Angabe der zusatzlich aktivierten Beleuchtung an von lights 2 5 ist da die Rede In Zahlen geschrieben gibt es kein Problem aber gesprochen wird es two to five Nun besteht Gefahr dass to two five ein Horergebnis mit einstimmiger Auffassung wird In Verbindung mit restlichen Inhalten ergibt sich dann die Information runway lights to two five right additional in use oder selbst auf deutsch Start und Landebahnfeuer zur zwei funf Rechts 25R zusatzlich im Einsatz Fur Flugpersonal der damaligen Zeit waren Widerspruche bei der Verstandigung zwischen Tower und Besatzung unbeliebte Tagesordnung Die Crew sass einerseits uber Worterbuchern schwitzend beim Versuch das Gehorte zu ubersetzen und andererseits in vollem Bewusstsein dass es fur eine ungefahrliche Landung bereits zu spat ist Im aktuellen Fall wies der Fluglotse der den Anflug auf dem Radar uberwachte die Tupolew Besatzung auf ihren Fehler hin 17 04 Uhr Erst jetzt bemerkte die Besatzung ihren Irrtum versuchte aber nicht durchzustarten Stattdessen drehte sie um 17 04 11 Sekunden Uhr nach Suden um direkt in den Anflug auf die Landebahn 25L zu wechseln Um 17 04 22 Sekunden Uhr erteilte der Fluglotse die Landefreigabe nachdem er auf dem Radar ein Zuruckkurven der Maschinen auf die richtige Landebahn festgestellt hatte Da die bisher angeflogene Landebahn 25R jedoch deutlich fruher beginnt als die 25L hatte das Flugzeug schon sehr an Hohe verloren Die nun unter Stress stehende Crew ignorierte den Alarm fur gefahrliche Annaherung er war ja bei Landungen regular Auf Grund nicht gegebener Sichtverhaltnisse denn beim Landevorgang zeigen die Fenster eines Cockpits meist nur Himmel wegen der gehobenen Nase des Flugzeugs und infolge Zeitmangels beim Auswerten der zur Verfugung stehenden Daten zu Lage und Position war es schnell zu spat fur das Flugzeug Es streifte deswegen mehrere Baumwipfel und sturzte um 17 04 36 bis 41 Sekunden Uhr in ein Waldstuck neben der Ortschaft Berlin Bohnsdorf Die Absturzstelle befindet sich direkt vor einer Autobahntrasse drei Kilometer vor dem Beginn der Landebahn 25L und 72 Meter von der Start und Landebahnmittellinie rechts Beim Aufprall explodierte die Maschine und brannte fast vollstandig aus Unfallursache BearbeitenEtwa 30 Minuten nach dem Absturz trafen die ersten Rettungskrafte an der Unfallstelle ein Der Flugdatenschreiber und der Cockpit Voice Recorder CVR konnten geborgen werden Die Aufzeichnungen der Gerate sowie ein offizieller Untersuchungsbericht wurden in der DDR nicht veroffentlicht Vier Tage nach dem Unfall gab die staatliche Nachrichtenagentur ADN bekannt dass sich das Flugzeug in technisch gutem Zustand befunden hatte und der Flughafen Berlin Schonefeld uneingeschrankt betriebsbereit war Laut ADN war die Besatzung fur den Unfall verantwortlich weil sie gegen die Anflugregeln verstiess In der Folgezeit verdichteten sich Informationen wonach der Absturz durch die mangelhaften Englischsprachkenntnisse der Piloten verursacht wurde In der Sowjetunion erfolgte die Kommunikation im Flugverkehr in russischer Sprache wahrend andere Ostblockstaaten Englisch nutzten Offenbar bestatigte die Besatzung die Freigabe des Fluglotsen ohne sie inhaltlich genau verstanden zu haben Als die Piloten ihren Fehler bemerkten war die Maschine bereits zu tief um in den Anflug auf die sudlich gelegene Landebahn 25L zu wechseln Aufgrund der versetzten Anordnung der zwei Landebahnen lag die Schwelle der Sudbahn rund 2200 Meter weiter westlich zur Position des Flugzeugs Laut Aussage von Zeugen nahm der Larm der Triebwerke kurz vor dem Aufprall zu was darauf hindeutete dass die Besatzung die Triebwerksleistung erhohte um die weiter entfernte Bahn zu erreichen Unklar blieb ob der Kapitan durch die Anwesenheit des Prufers in seinen Entscheidungen beeinflusst wurde und deshalb den Fehlanflug nicht abbrach Katastropheneinsatz BearbeitenSofort nach dem Absturz eilten mehrere Augenzeugen die mit ihren Fahrzeugen auf einem nahegelegenen Autobahnzubringer unterwegs bzw in einer benachbarten Gartensiedlung bei Bohnsdorf anwesend waren an die Unfallstelle sie konnten zwolf Uberlebende aus dem brennenden Wald retten Zwei der Uberlebenden verstarben spater Der folgende koordinierte und schnelle Einsatz der Rettungskrafte war durch die Erfahrungen und die fur den Fall spaterer Katastrophen umgesetzten Massnahmen nach dem Interflug Flug 450 742 1972 moglich 1 An der Unfallstelle waren Krafte der Berufsfeuerwehr mit der Zerkleinerung und Beseitigung der Flugzeugtrummer befasst Einsatzkrafte der 9 Volkspolizei Kompanie Potsdam Eiche sowie der 18 Volkspolizei Bereitschaft Basdorf waren ebenfalls vor Ort Am spaten Nachmittag trafen auch Krafte der 20 Volkspolizei Bereitschaft Potsdam Eiche am Unfallort auf dem Autobahnzubringer Treptow heute A 117 ein Deren vorrangige Aufgabe bestand darin mit ihren Fahrzeugen vom Typ W 50 und LO auf der linken der beiden Fahrspuren in Fahrtrichtung Grunau moglichst dicht geparkt aufzufahren um die bildliche Berichterstattung eines zwischenzeitlich ebenfalls eingetroffenen Fernsehteams des ZDF welches auf der Gegenspur mit einem VW T3 langsam auf und ab fuhr zu erschweren bzw zu verhindern Leichen von Frauen und Kindern lagen auf der rechten Fahrspur der Autobahn und im angrenzenden Wald in Nahe des Flugzeugwracks Gegen Abend untersuchten und identifizierten mehrere Gerichtsmediziner die verungluckten Toten Durch Beerdigungsinstitute wurden Sarge angeliefert um die Leichen der Verungluckten abzutransportieren 10 Passagiere darunter 7 Kinder uberlebten den Unfall zum Teil mit schweren Verbrennungen Sonstiges BearbeitenDie Schweriner Schulergruppe hatte uberlegt nach der Ausweichlandung in Prag mit dem Zug nach Berlin zu fahren Die Lehrerin fuhrte hierzu ein Telefongesprach erhielt aber keine Erlaubnis sodass die Gruppe wieder in das Flugzeug stieg Aus Rucksicht auf die Beziehungen zur UdSSR wurden der Absturz und seine Folgen schnell aus der Berichterstattung der DDR verbannt Schon wenige Stunden nach dem Absturz begann die Staatssicherheit mit der Uberwachung der Familien der Opfer der Schweriner Schulklasse und erstellte individuelle Gefahrdungsanalysen zu betroffenen Eltern Hier wurde eingeschatzt ob die Gefahr antisowjetischer Ausserungen bestehen konnte Der Unfall mit 72 Toten ist der zweitschwerste Flugunfall auf deutschem Boden nach dem Interflug Flug 450 742 mit 156 Toten Durch sofortige Anderungen im Wortgebrauch beim Informationsaustausch zwischen Flugsicherung und den Besatzungen von Flugzeugen wurde unabhangig ihrer Herkunft die Chance einer Wiederholung dieses Unfall auf Grund sprachlicher Barrieren oder Missverstandnissen minimiert und bestenfalls ausgeschlossen Dabei handelte es sich um ein internationales Projekt zur Vermeidung von weltweiten Flugunfallen durch ubergreifende Massnahmen zur Anpassung von Flugverkehrslenkung Uberwachung Sicherung und moglichst einheitlichem Sprechfunkverkehr Andenken Bearbeiten nbsp Gedenktafel in der Nahe der UnfallstelleAnlasslich des 24 Jahrestages des Absturzes wurde im Jahr 2010 in der Nahe der Unfallstelle eine Gedenktafel eingeweiht 2 Auf dem Waldfriedhof in Schwerin erinnert seit 2012 ein Gedenkstein an die 23 Opfer des Flugzeugabsturzes aus Schwerin 3 Literatur BearbeitenRainer Lambrecht Von der Kaserne zum Behordensitz Aus der Geschichte einer Militar und Polizeiunterkunft in Potsdam Eiche Potsdam 2010 Seite 130 ISBN 978 3 939090 07 6Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Aeroflot Flight 892 Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Flugunfalldaten und bericht im Aviation Safety Network englisch Unfallbericht auf airdisaster ru russisch Englisch mangelhaft in Der Spiegel vom 19 April 1987 Absturz einer Tupolew bei Berlin Eine Katastrophe und viele Lugen in Berliner Morgenpost vom 16 Dezember 2007 Flugzeugungluck Gedenken an den Absturz vor 25 Jahren bei Berliner Zeitung vom 11 Dezember 2011 Todliche Klassenfahrt Flugzeugabsturz vor 35 Jahren bei ndr de vom 12 Dezember 2021 Blog zum FlugzeugabsturzEinzelnachweise Bearbeiten Gunther Geserick Ingo Wirth und Klaus Vendura Endstation Tod Gerichtsmediziner im Katastropheneinsatz Militzke Verlag Berlin 2003 S 40 44 ISBN 3 86189 284 7 Einweihung der Gedenktafel fur die Opfer des Flugzeugabsturzes in Bohnsdorf Pressemitteilung auf www berlin de vom 8 Dezember 2010 abgerufen am 31 Januar 2016 Schwerin gedenkt der Absturzopfer von 1986 bei ndr de vom 11 Dezember 201652 3878 13 569 Koordinaten 52 23 16 N 13 34 8 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Aeroflot Flug 892 amp oldid 239497811