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Das sogenannte Zachariasprivileg von 751 erwirkte Erzbischof Bonifatius von Papst Zacharias fur das von ihm gegrundete noch im Aufbau befindliche Kloster Fulda zu dessen Schutz vor unerbetenen Eingriffen kirchlicher Amtstrager Inhaltsverzeichnis 1 Grunde 2 Rechtsfolgen 3 Auslegung 4 Spatere Folgen 5 LiteraturGrunde BearbeitenBonifatius befand sich in einer problematischen Situation angesichts seines schwindenden Einflusses auf die frankische Reichskirche nach dem Scheitern seines Planes zur Einrichtung des Systems der Metropolitanverfassung und zur Schaffung einer Mainzer Kirchenprovinz Verscharft wurde die Lage durch sein hochbetagtes Alter und die Erfolglosigkeit seiner Bemuhungen die Nachfolgefrage im Bistum Mainz vor seinem Aufbruch zur Friesenmission zu Gunsten seines Schulers Lullus zu klaren Daher versuchte Bonifatius offenbar wenigstens das als seine Grablege auserkorene Kloster Fulda zu schutzen das von seinem Schuler Sturmius geleitet wurde Er war offenbar bestrebt es dem drohenden Zugriff von Seiten frankischer Bischofe zu entziehen die wie etwa sein Mainzer Amtsvorganger Gewiliobus nicht den kanonischen Anforderungen entsprachen und das in der angelsachsischen Tradition auf benediktinischer Grundlage eingerichtete monastische Leben zu zerstoren drohten Rechtsfolgen BearbeitenDie Rechtsfolgen des Zachariasprivilegs sind in der Forschung umstritten Eine Theorie besagt dass es sich um ein Exemptionsprivileg gehandelt habe durch das das Kloster beziehungsweise der Abt von jeglicher Einflussnahme kirchlicher Amtstrager einschliesslich des zustandigen Diozesanbischofs befreit worden sei und zwar dadurch dass der Papst es unmittelbar seiner eigenen de facto aber aufgrund der grossen Distanz kaum ausubbaren Verfugungsgewalt unterstellt habe Es ware somit frei in der Wahl der fur Weihehandlungen und jurisdiktionelle Massnahmen heranzuziehenden Bischofe gewesen und dadurch in die Lage versetzt worden sich aus dem Diozesanverband herauszulosen Wahrscheinlicher und mit der zu beobachtenden tatsachlichen Praxis ubereinstimmend ist aber dass die Zustandigkeit des jeweiligen Diozesanbischofs fur die bischoflichen Amtshandlungen auf den uber mehrere Diozesen vor allem Bistum Mainz und Bistum Wurzburg verteilten Fuldaer Besitztumer erhalten blieb Deren Wahrnehmung war jedoch an die vorherige invitatio Einladung durch Abt und Konvent gebunden Andernfalls hatte jede Schenkung zu einer Ausgliederung des betreffenden Gebietes aus der Diozesangewalt fuhren mussen oder es musste von der willkurlichen Annahme ausgegangen werden dass sich das Zachariasprivileg ausschliesslich auf die Grundungsausstattung bezog was es weitgehend wertlos gemacht hatte So aber verlieh es dem Kloster indem es seine Besitzungen im jeweiligen Diozesanverband beliess eine zwar begrenzte aber durch den Invitationsvorbehalt durchaus nicht bedeutungslose Starkung seiner Unabhangigkeit Zu einem Exemtionsprivileg wurde es gleichwohl umgedeutet jedoch erst in spaterer Zeit Auslegung BearbeitenNach dem Tode des Bonifatius 754 kam es zwischen seinen Schulern Lul und Sturmi zu einem erbitterten Streit um die Auslegung des Zachariasprivilegs Lul beanspruchte als zustandiger Diozesanbischof nicht haltbar ist die Ansicht auch das Hauptkloster habe zur Diozese Wurzburg gehort und Lul habe sich daher auf ein von Bonifatius ererbtes Eigenklosterrecht gestutzt und Nachfolger des Initiators der Klostergrundung Bonifatius die Herrschaft uber das Kloster Sturmi beharrte unter Berufung auf das Zachariasprivileg auf seiner Unabhangigkeit Dies fuhrte zum Eingreifen Pippins der Sturmi 763 nach Verleumdungen absetzte bereits 765 aber wieder begnadigte und restituierte womit die Herrschaft Luls dem er das Kloster geschenkt hatte und dessen als Propst eingesetzter Presbyter Markus schon zuvor am passiven Widerstand der Fuldaer Monche gescheitert war und einem Konventualen namens Prezzold hatte Platz machen mussen endete Das Kloster erhielt das zuvor von Pippin eingezogene Zachariasprivileg zuruckerstattet wurde jedoch jetzt in den Konigsschutz aufgenommen wodurch es den Status aber auch die Pflichten eines Reichsklosters erhielt Dies stand zwar einerseits aufgrund der damit verbundenen umfangreichen weltlichen Aufgaben bis hin zur Truppenstellung und der haufigen Abwesenheit des durch den Reichsdienst in Anspruch genommenen Abtes durchaus im Widerspruch zu den ursprunglichen Intentionen des Bonifatius und sollte in der Folgezeit denn auch mehrfach zu erheblichen Eingriffen des Herrschers in die inneren Angelegenheiten des Klosters und trotz der garantierten freien Abtswahl zur Einflussnahme auf die Besetzung des Abbatiats fuhren Es bedeutete aber andererseits das Hochstmass an Unabhangigkeit das ein Kloster in karolingischer Zeit uberhaupt erlangen konnte Spatere Folgen BearbeitenDas Zachariasprivileg wurde spater in verfalschter Gestalt die Grundlage fur die schrittweise Erlangung einer Fulle von Rechten durch die Fuldaer Abte so von Zehntrechten des Primats unter den Abten Galliens und Germaniens des Rechts bei der Messe Pontifikalien zu tragen der Abtsweihe und der Gerichtsbarkeit uber den Abt durch den Papst das Appellationsrecht an den Heiligen Stuhl alles bereits im 9 bzw 10 Jahrhundert sowie der Wahrnehmung bischoflicher Jurisdiktionsrechte seit dem fruhen 16 Jahrhundert eine Entwicklung die nach langen im Zeitalter der von Mabillon begrundeten Diplomatik auch mit wissenschaftlichen Methoden gefuhrten Auseinandersetzungen v a zwischen Johann Friedrich Schannat und Johann Georg von Eckhart im 18 Jahrhundert schliesslich zur Bestellung eines Weih und Titularbischofs nacheinander Stephan von Clodh und Amand von Buseck 1727 fuhrte und am 5 Oktober 1752 ihren Abschluss in der Erhebung zum Furstbistum fand Literatur BearbeitenEditionEdmund E Stengel Urkundenbuch des Klosters Fulda Veroffentlichungen der Historischen Kommission fur Hessen und Waldeck 10 Bd 1 1 Nr 15 S 25 32 SekundarliteraturGereon Becht Jordens Neue Hinweise zum Rechtsstatus des Klosters Fulda aus der Vita Aegil des Brun Candidus In Hessisches Jahrbuch fur Landesgeschichte 41 1991 S 11 29 Gereon Becht Jordens Die Ermordung des Erzbischofs Bonifatius durch die Friesen Suche und Ausgestaltung eines Martyriums aus kirchenpolitischer Notwendigkeit In Archiv fur mittelrheinische Kirchengeschichte 57 2005 S 95 132 hier S 101 108 bes Anm 21f S 101ff Ulrich Hussong Studien zur Geschichte der Reichsabtei Fulda bis zur Jahrtausendwende Teil I II In Archiv bes Teil I S 47 95 v a S 61ff zur weiteren Rechtsentwicklung S 167 225 Ulrich Hussong Die Reichsabtei Fulda im fruhen und hohen Mittelalter Mit einem Ausblick auf das spate Mittelalter In Walter Heinemeyer Berthold Jager Hrsg Fulda in seiner Geschichte Landschaft Reichsabtei Stadt Veroffentlichungen der Historischen Kommission Hessen 57 Parzeller Fulda Elwert Marburg 1995 S 89 179 hier S 89 102 Berthold Jager Zur wirtschaftlichen und rechtlichen Entwicklung des Klosters Fulda in seiner Fruhzeit In Marc Aeilko Aris Susanna Bullido del Barrio Hrsg Hrabanus Maurus in Fulda Mit einer Hrabanus Maurus Bibliographie 1979 2009 Fuldaer Studien 13 Josef Knecht Frankfurt am Main 2010 S 81 120 hier S 109 111 ISBN 978 3 7820 0919 5 Lotte Kery Klosterexemtion in der Einode Bonifatius und das Privileg des Zacharias fur Fulda 751 In Archiv fur mittelrheinische Kirchengeschichte 60 2008 S 75 110 Theo Kolzer Bonifatius und Fulda Rechtliche diplomatische und kulturelle Aspekte In Archiv fur mittelrheinische Kirchengeschichte 57 2005 S 25 53 Josef Leinweber Die Fuldaer Abte und Bischofe Josef Knecht Frankfurt am Main 1989 S 13 Mogens Rathsack Die Fuldaer Falschungen Eine rechtshistorische Analyse der papstlichen Privilegien des Klosters Fulda von 751 ca 1158 Papste und Papsttum 24 Stuttgart 1989 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Zachariasprivileg amp oldid 239345386