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Zaccaria Giacometti 26 September 1893 in Stampa Kanton Graubunden 10 August 1970 in Zurich war ein Schweizer Rechtswissenschaftler und liberal demokratischer Staatsdenker Zaccaria Giacometti von Giovanni Giacometti um 1915 Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Kindheit in der Kunstlerfamilie Giacometti 1 2 Studium 1 3 Professor in Zurich 2 Schaffen 2 1 Kontroverse uber das Notrecht und den autoritaren Bundesstaat 2 2 Grundrechtstheorie 3 Siehe auch 4 Werke Auswahl 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseLeben BearbeitenKindheit in der Kunstlerfamilie Giacometti Bearbeiten Zaccaria Giacometti wurde 1893 als zweiter Sohn des Lehrers Zaccaria Giacometti 1856 1897 und der Cornelia Stampa 1868 1905 in Stampa im Bergell geboren Im Alter von zwolf Jahren war er Vollwaise Der vier Jahre altere Bruder Cornelio und Zaccaria fanden nach dem Tod ihrer Mutter bei Rodolfo Baldini Bruder der Grossmutter mutterlicherseits Pflege und Unterkunft Zaccaria war mit allen Giacometti Kunstlern uber die mutterliche und vaterliche Linie verwandt Giovanni Giacometti 1868 1933 war ein Cousin zweiten Grades und Giovannis Ehefrau Annetta war Zaccarias Tante Annettas Sohne Alberto 1901 1966 Diego 1902 1985 und der Architekt Bruno 1907 2012 waren Cousins von Zaccaria Er wuchs zusammen mit ihnen sozusagen als alterer Bruder auf Dies hatte zur Folge dass es sonst wohl keinen Staatsrechtsprofessor gibt den beruhmte Kunstler so haufig portratiert haben Giovanni hatte verschiedene Olbilder und eine Tuschezeichnung von Zaccaria angefertigt der junge Alberto hatte den alteren Cousin zu Ubungszwecken portratiert Die verstorbenen Eltern und eine Grossmutter hinterliessen den beiden Knaben ein ansehnliches Vermogen das eine entsprechende Ausbildung ermoglichte Zaccaria Giacometti verliess das Bergell im Alter von 14 Jahren Er trat 1907 in das Internat der Evangelischen Lehranstalt in Schiers ein und besuchte das dortige Gymnasium das er an Ostern 1914 mit der Matura verliess Zaccaria interessierte sich fur Theologie und Philosophie und beabsichtigte zunachst Philosophie zu studieren Studium Bearbeiten Am 28 April 1914 immatrikulierte sich Giacometti in der Phil I Fakultat der Universitat Basel schrieb sich aber im Wintersemester 1915 1916 an der juristischen Fakultat derselben Universitat ein Am 13 Juli 1916 wechselte er von Basel an die Universitat Zurich und schloss dort sein Studium 1919 mit dem Dr iur ab In Zurich wurde er Schuler des beruhmten Staatsrechtslehrers Fritz Fleiner 1867 1937 bei dem er uber die Trennung von Kirche und Staat dissertierte Die Habilitationsschrift von 1924 befasste sich mit der Frage der Ausdehnung des offentlichen Rechts gegenuber dem Zivilrecht in der Rechtsprechung des Bundesgerichts 1923 heiratete er Gertrud Mezger 1897 1973 die Tochter des SBB Kreisdirektors von Zurich die Ehe blieb kinderlos Seine Frau studierte ebenfalls Recht sie hatten sich im Haus von Fritz Fleiner kennengelernt Professor in Zurich Bearbeiten 1920 arbeitete Giacometti als provisorischer Bundesbeamter in der Justizabteilung des EJPD und 1920 1922 war er als privater Assistent von Fritz Fleiner fur die Vollendung von dessen Werk Bundesstaatsrecht tatig 1922 1927 arbeitete er bei der Zurich Allgemeine Unfall und Haftpflichtversicherung als Direktionssekretar im Hauptsitz 1927 ernannte der Zurcher Regierungsrat Giacometti zum ausserordentlichen Professor fur offentliches Recht und Kirchenrecht 1934 1936 amtierte er als Dekan der rechts und staatswissenschaftlichen Fakultat 1936 wurde er als Nachfolger Fleiners Ordinarius und 1954 55 stand er als Rektor der Universitat vor 1960 erkrankte Giacometti und trat 1961 von seiner Professur zuruck Er konnte 1962 etwa das Ehrendoktorat der Handelshochschule St Gallen nicht mehr selbst entgegennehmen 1 Am 10 August 1970 starb er nach langem Leiden in Zurich Sein Grab befindet sich im Bergell auf dem Friedhof der Kirche San Giorgio von Borgonovo Die Erben Zaccaria Giacomettis schenkten dessen wissenschaftliche Bibliothek der Bibliothek der rechts und staatswissenschaftlichen Fakultat der Universitat Zurich 2 Schaffen BearbeitenIn seiner Arbeit als Professor setzte sich Giacometti fur den Rechtsstaat und die Demokratie ein Seine staatsphilosophischen Auffassungen basierten vor allem auf der Philosophie von Immanuel Kant und in begrenztem Umfang auf dem Neukantianismus von Hans Kelsen Dabei bewahrte er eine kompromisslose und konsequente liberale Haltung 3 Besonders kommt dies zur Geltung in Giacomettis Kampf gegen das Schweizer Notverordnungsrecht in der Zwischenkriegszeit und wahrend des Zweiten Weltkrieges sowie in seiner Auffassung der Freiheitsrechte Kontroverse uber das Notrecht und den autoritaren Bundesstaat Bearbeiten Fur Giacometti war das Willkurverbot der allerwichtigste Verfassungsgrundsatz welcher als positive rechtliche Maxime fur gesetzesfreie Verwaltungshandlungen in Frage 4 komme Giacometti kritisierte denn auch heftig den autoritaren Charakter der Gesetzgebung in der Zwischenkriegszeit Die Bundesversammlung griff zu jener Zeit haufig auf die Dringlichkeitsklausel zuruck um das Gesetzesreferendum auszuschalten Im Zweiten Weltkrieg erteilte die Bundesversammlung dem Bundesrat extrakonstitutionelle Vollmachten 5 Dies kommentierte Zaccaria Giacometti folgendermassen der Bund erscheine als ein autoritarer Staat mit totalitaren Tendenzen und die Freiheitsrechte seien ausgeschaltet 6 1950 hob die Bundesversammlung auf den Druck durch eine Volksinitiative Ruckkehr zur direkten Demokratie das Vollmachtenregime per Ende 1952 auf Grundrechtstheorie Bearbeiten Giacometti sah die Grundrechte der Bundesverfassung als Ausdruck einer allgemeinen ungeschriebenen Freiheitsgarantie an Diese These publizierte er bereits in jungen Jahren und griff sie im Laufe seiner Karriere immer wieder auf so etwa bei seiner Rektoratsrede an der Universitat Zurich 1955 Aus dem liberalen Wertsystem und dem Sinn des Kataloges der Freiheitsrechte in der Bundesverfassung lasst sich namlich folgern dass die Bundesverfassung jede individuelle Freiheit die praktisch wird das heisst durch die Staatsgewalt gefahrdet ist garantiert und nicht allein die in der Verfassung ausdrucklich aufgezahlten Freiheitsrechte Dies ist ein weiteres Beispiel fur Giacomettis konsequenten Liberalismus Sein Denken basiert auf der vorausgesetzten Freiheit des Menschen ohne die kein vernunftiger Staat gedacht werden kann Die Freiheit ist kein naturrechtlich inhaltliches Postulat sondern wie bei Kant eine Voraussetzung dafur dass ein Staat uberhaupt erst gedacht werden kann Siehe auch BearbeitenListe von Lehrstuhlinhabern an der Rechtswissenschaftlichen Fakultat der Universitat Zurich Bibliothek des Rechtswissenschaftlichen Instituts der Universitat Zurich Alberto Giacometti Cousin von Zaccaria GiacomettiWerke Auswahl BearbeitenDie Genesis von Cavours Formel Libera chiesa in libero stato Zurich 1919 Dissertation Uber die Grenzziehung zwischen Zivilrechts und Verwaltungsrechtsinstituten in der Judikatur des schweizerischen Bundesgerichts Tubingen 1924 Habilitationsschrift Die Auslegung der schweizerischen Bundesverfassung Antrittsrede gehalten am 11 Juli 1925 Recht und Staat in Geschichte und Gegenwart Bd 39 Tubingen 1925 Quellen zur Geschichte der Trennung von Staat und Kirche Tubingen 1926 Das offentliche Recht der Schweizerischen Eidgenossenschaft Sammlung der wichtigeren Bundesgesetze Bundesbeschlusse und Bundesverordnungen staatsrechtlichen und verwaltungsrechtlichen Inhalts systematisch zusammengestellt mit Verweisungen und Sachregister Zurich 1930 2 Auflage 1938 Die Verfassungsgerichtsbarkeit des Schweizerischen Bundesgerichtes Die staatsrechtliche Beschwerde Zurich 1933 Das Staatsrecht der schweizerischen Kantone Zurich 1941 Nachdruck 1979 Das Vollmachtenregime der Eidgenossenschaft Zurich 1945 Schweizerisches Bundesstaatsrecht Neubearbeitung der ersten Halfte des gleichnamigen Werkes von F Fleiner Nachdruck der Ausgabe von 1949 Zurich 1965 weitere Nachdrucke in den Jahren 1969 1976 sowie 1978 Allgemeine Lehren des rechtsstaatlichen Verwaltungsrechts Allgemeines Verwaltungsrecht des Rechtsstaates Zurich 1960 Ausgewahlte Schriften Hrsg von Alfred Kolz Zurich 1994 mit einer Wurdigung des Herausgebers S 331 ff Literatur BearbeitenChristoph Bernoulli Jugenderinnerungen an die Familie Giacometti Frau Annetta Giacometti zum 90 Geburtstag gewidmet In Du 22 Jg Februar 1962 Nr 252 S 16 ff Werner Kagi Zum 60 Geburtstag am 26 September 1953 In Neue Zurcher Zeitung 26 September 1953 Nr 2224 Blatt 5 Morgenausgabe erster Teil Neue Zurcher Zeitung 26 September 1953 Nr 2225 Blatt 6 Morgenausgabe zweiter Teil Werner Kagi Zaccaria Giacometti Zum 70 Geburtstag am 26 September In Neue Zurcher Zeitung 26 September 1963 Nr 3816 Blatt 4 Morgenausgabe Werner Kagi Zaccaria Giacometti Das Lebenswerk des schweizerischen Staats und Verwaltungsrechtlers In Neue Zurcher Zeitung 6 September 1970 Nr 413 S 51 f Andreas Kley Zaccaria Giacometti Staatsrechtslehre als Kunst In Schweizerische Juristen Zeitung Bd 107 2011 S 429 439 Andreas Kley Geschichte des offentlichen Rechts der Schweiz Zurich St Gallen 2011 Andreas Kley Bregaglia Zurigo Luoghi di vita e di attivita del docente di diritto costituzionale Zaccaria Giacometti 1893 1970 In Quaderni grigionitaliani Bd 82 2013 H 1 S 37 64 Andreas Kley Von Stampa nach Zurich Der Staatsrechtler Zaccaria Giacometti sein Leben und Werk und seine Bergeller Kunstlerfamilie Schulthess Verlag Zurich 2014 ISBN 978 3 7255 6485 9 7 Andreas Kley Zaccaria Giacometti der Vordenker des Schweizer Rechtsstaats In Neue Zurcher Zeitung vom 10 August 2020 Alfred Kolz Robert Nef Zaccaria Giacometti ein Schweizer Staatsdenker wieder zu entdecken In Schweizer Monatshefte Zeitschrift fur Politik Wirtschaft Kultur Bd 80 2000 Heft 4 Renato Stampa L uomo e il giurista In Quaderni grigionitaliani Bd 40 1971 H 2 S 85 ff Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Zaccaria Giacometti Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Publikationen von und uber Zaccaria Giacometti im Katalog Helveticat der Schweizerischen Nationalbibliothek Giacometti Bibliothek Website der Universitat ZurichEinzelnachweise Bearbeiten Hochschulnachrichten St Gallen Nr 55 Sommersemester 1962 S 17 Universitat Zurich Rechtswissenschaftliche Fakultat Giacometti Bibliothek Zur Staatsrechtslehre Giacomettis siehe Andreas Kley Zaccaria Giacometti Staatsrechtslehre als Kunst In SJZ 2011 S 429 439 Zaccaria Giacometti Allgemeine Lehren des rechtsstaatlichen Verwaltungsrechts Zurich 1960 S 286 Andreas Kley Geschichte des Offentlichen Rechts in der Schweiz Zurich St Gallen 2011 S 119 ff Zaccaria Giacometti Die Gegenwartige Verfassungslage In Schweizerische Hochschulzeitung 1942 S 139 154 S 144 Universitat Zurich Mit einer Rose im Knopfloch Normdaten Person GND 119180863 lobid OGND AKS LCCN no95050357 VIAF 73914006 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Giacometti ZaccariaKURZBESCHREIBUNG Schweizer RechtswissenschaftlerGEBURTSDATUM 26 September 1893GEBURTSORT StampaSTERBEDATUM 10 August 1970STERBEORT Zurich Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Zaccaria Giacometti amp oldid 227175028