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Unter dem Begriff Wilde Sau wurde zur Zeit des Zweiten Weltkriegs ein von der deutschen Luftwaffe angewandtes Nachtjagd Verfahren bezeichnet mit dem britische Bomber direkt uber den angegriffenen deutschen Stadten durch deutsche Tagjager abgeschossen werden sollten Verbandsabzeichen der Jagdgeschwader 300 301 und 302 Als Schopfer dieses Verfahrens gilt Hajo Herrmann Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 2 Verfahrensweise 3 Wirkung und Nachteile 4 Folgen 5 Beteiligte Geschwader 6 Siehe auch 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseVorgeschichte BearbeitenNach den schweren Bombenangriffen des RAF Bomber Command von 1942 bei dem die deutschen Nachtjagdverbande noch recht erfolgreich operierten suchten britische Experten nach Wegen die funkmessgelenkte Nachtjagd ausser Gefecht zu setzen Ein Ratsel dabei war der Code Emil Emil der immer wieder im Funkverkehr der deutschen Nachtjagdverbande auftauchte Damit wurden die bordgestutzten Radarsysteme Lichtenstein B C und S N 2 bezeichnet Mit waghalsigen Einsatzen einzelne Bomber kurvten direkt vor den feindlichen Nachtjagern und setzten sich der vollen Waffenwirkung der Jager aus fanden die Briten heraus dass es sich um ein Funkmessgerat handeln musste Details wurden klar als eine Junkers Ju 88 des Nachtjagdgeschwaders 3 den Armelkanal uberflog 1 und wegen eines Navigationsfehlers irrtumlich auf der RAF Basis Woodbridge in England landete Die Maschine war mit dem modernsten Lichtensteingerat ausgerustet Auf dieser Grundlage konnten die britischen Experten mehrere Abwehrvarianten entwickeln Die wohl wichtigste waren Stanniolstreifen namens Window auf deutscher Seite Duppel nach der Berliner Ortslage genannt Diese konnten jedes bis dahin gefertigte Funkmessgerat der Luftwaffe tauschen Die gefuhrte Nachtjagd war mit einem Schlag wirkungslos geworden Major spater Oberst Hans Joachim Herrmann erkannte recht fruh dass die deutsche Nachtjagd an Kampfkraft verlor und schlug am 27 Juni 1943 dem Kommandierenden General der Nachtjager Josef Kammhuber vor Tagjager in einem eigens entwickelten Verfahren Wilde Sau direkt uber dem Angriffsgebiet operieren zu lassen was dieser zunachst ablehnte Als die britische Royal Air Force am 25 Juli 1943 die Operation Gomorrha startete entschloss man sich das neue Verfahren zu testen Verfahrensweise BearbeitenBeim Verfahren Wilde Sau kamen Jager der Typen Messerschmitt Bf 109 und Focke Wulf Fw 190 zum Einsatz Diese Tagjager hatten keine Nachtjagdausrustung wie etwa Funkmessgerate zur Feindortung und waren deshalb fur den Nachtflug wenig geeignet Um sie trotzdem einsetzen zu konnen bediente man sich einer Taktik die Hajo Herrmann als Mattscheibe bezeichnete 2 Hierbei verschoss die Flakartillerie an Fallschirmen hangende Leuchtgranaten die Jager warfen ebensolche Leuchtbomben ab Gleichzeitig erhellten Brande am Boden und Leuchtkaskaden Christbaume den Luftraum Scheinwerferbatterien die in den Abwehrriegeln vor den Stadten wie auch in den Stadten selbst standen leuchteten vorhandene Wolken an Auf dieser Mattscheibe zeichneten sich dann die Silhouetten der angreifenden Bomber ab Die Jager konnten angreifen Im selben Zeitraum stellte die Flakartillerie das Feuer ein um die Jager nicht zu gefahrden Die Tagjager konnten also nur uber dem Zielobjekt der Bomber zum Einsatz gebracht werden und nur wahrend eines laufenden Angriffes Wirkung und Nachteile BearbeitenDas Verfahren erwies sich zu Beginn und bei den Tests die nur uber Berlin stattfanden als wirkungsvoll Die fur die Tagjagd ausgelegten einsitzigen Flugzeuge erzielten hohere Abschusserfolge als die vom Boden gefuhrten zweimotorigen radarbestuckten Nachtjagdflugzeuge und die Flakartillerie zusammengenommen Dies galt aber nur fur die ersten beiden Einsatze Ab dem dritten Einsatz stiessen die deutschen Jager auf ein System das die USAAF seit Beginn des Luftkrieges praktizierte die sogenannte Combat Box Dabei flogen die einzelnen Geschwader so dass sie sich mit Bordwaffen selber deckten und die Flugzeuge der einzelnen Geschwader dies auch innerhalb des Geschwaders taten Ausserdem flogen auch die Bomber bei diesen Angriffen in tagahnlichen Zustanden Die Flak konnte keine Hilfe leisten Zudem war die Koordination zwischen Jagern und Flakartillerie derart kompliziert dass Wilde Sau praktisch nur uber Berlin praktiziert werden konnte Eine reichsweite Koordination zwischen Flak und Jagern war schlicht nicht moglich So busste auch dieses Verfahren nach seinem uberraschenden Anfangserfolg rasch an Wirkung ein Bis zum Kriegsende wurden deshalb nur drei Geschwader aufgestellt die dieses Verfahren durchfuhrten Weitere Grenzen erreichte das System bei Schlechtwetterperioden Hierbei war allein der Anflug ins Zielgebiet problematisch Das oben beschriebene Mattscheibensystem funktionierte aufgrund der Dicke der Wolkenschicht auch nicht mehr vor allem seit die Briten dazu ubergingen ihre Bomben mittels Bordradar zu werfen und damit von den Wetterverhaltnissen Sicht auf das Ziel usw weniger abhangig wurden Folgen BearbeitenDas Verfahren blieb in gewisser Weise ungeliebt Bereits im Mai 1944 wurde das erste Geschwader wieder aufgelost und die Gruppen an Jagdgeschwader an der Ostfront abgegeben Oberst Lossberg der die Wirkung der Tagjager aufmerksam verfolgt hatte entwickelte schliesslich das Verfahren Zahme Sau Es liess die zweimotorigen Nachtjager weitgehend unabhangig von der Bodenleitstelle operieren Beteiligte Geschwader BearbeitenJG 300 Wilde Sau Geschwaderstab Bonn Hangelar Aufgestellt 26 Juni 1943 als erstes reines Wilde Sau Geschwader aufgestellt JG 301 Wilde Sau Geschwaderstab Neubiberg Aufgestellt 1 Oktober 1943JG 302 Wilde Sau Geschwaderstab Stade Aufgestellt Gegen Ende November 1943 aus Abgaben einiger Gruppen der JG 300 und 301 Ende Mai 1944 wieder aufgelost 3 Siehe auch BearbeitenLuftkrieg im Zweiten Weltkrieg NachtjagdLiteratur BearbeitenFranz Kurowski Der Luftkrieg uber Deutschland Econ Dusseldorf 1977 ISBN 3 430 15831 1 Heinz J Nowarra Himmelbett und Wilde Sau Aus der Geschichte der deutschen Nachtjagd In Wolfgang Flume Hrsg Jahrbuch der Luftwaffe Nr 10 1973 S 134 140 Willi Reschke Jagdgeschwader 301 302 Wilde Sau Motorbuch Stuttgart 1999 Werner Held Holger Nauroth Die deutsche Nachtjagd Flechsig Wurzburg 2005 Weblinks BearbeitenInspection of Crashed or Captured Enemy Aircraft Report Serial No 242 dated 16th July 1944 englisch Einzelnachweise Bearbeiten P Paus Die Holle von Hamburg Erich Pabel Verlag Rastatt 1986 ISBN 3 488 6017 8 S 21 P Paus Die Holle von Hamburg Erich Pabel Verlag Rastatt 1986 ISBN 3 488 6017 8 S 63 Franz Kurowski Der Luftkrieg uber Deutschland Heyne Verlag Munchen 1977 ISBN 3 453 00957 6 S 321 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Wilde Sau Nachtjagdverfahren amp oldid 239172891