Das Weihnachtshochwasser 2023 ist ein Extremwetterereignis, das in der Weihnachtszeit des Jahres 2023 Teile Norddeutschlands, insbesondere Niedersachsens, sowie Sachsen-Anhalts, Thüringens und Nordrhein-Westfalens betrifft.
Hintergrund Bearbeiten
Als Folge des menschengemachten Klimawandels werden Extremwetterereignisse weltweit häufiger und intensiver. Das Jahr 2023 war bereits in anderen Teilen der Welt von zahlreichen außergewöhnlichen Wetterereignissen geprägt, von denen sich viele mithilfe der Zuordnungsforschung auf den Klimawandel zurückführen ließen. Ungewöhnliche Überschwemmungen gab es in Europa etwa im Mai in Italien, im August in Österreich und Slowenien und im September in Griechenland. Modellierungen zeigen, dass die Wahrscheinlichkeit für Starkregen und Überschwemmungen durch den Klimawandel auch in Deutschland häufiger und intensiver vorkommen, Niederschläge sich vom Sommer in den Winter verschieben und Niederschläge seltener in Form von Schnee, sondern in der Form von Regen auftreten, wodurch die Gefahr von Hochwasserereignissen steigt. Bereits Anfang Dezember kam es zu extremen Niederschlägen; so wurde in München die größte Schneemenge seit Beginn der Wetteraufzeichnung erreicht. Der Klimaforscher Stefan Rahmstorf schrieb angesichts des Hochwassers am Heiligen Abend: „Extremniederschläge nehmen durch die Erderwärmung weltweit und auch bei uns zu. Davor warnen Klimaforscher seit über 30 Jahren; längst bestätigen das die Daten von Wetterstationen.“
Verlauf Bearbeiten
Angesichts anhaltender Regenfälle und dadurch bedingt gesättigter Böden war bereits vor Weihnachten 2023 die Hochwasserlage in zahlreichen Regionen Deutschlands angespannt. Kurz vor Weihnachten kam es in Teilen Deutschlands dann zu ergiebigem Dauerregen, der über mehrere Tage anhielt. Der 28. Dezember blieb weitgehend trocken. Doch für die kommenden Tage, auch zum Jahreswechsel, sind weitere Regenfälle angesagt.
Betroffene Gebiete Bearbeiten
Betroffen vom Weihnachtshochwasser sind insbesondere Gebiete an der Elbe und ihren Nebenflüssen in Hamburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt sowie an der Weser und ihren Nebenflüssen in Bremen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen sowie an der Ems und Hase in Niedersachsen.
Bremen Bearbeiten
Niedersachsen Bearbeiten
In Niedersachsen waren die Pegelstände von Mittelweser und der Oberläufe von Aller, Leine und Oker besonders betroffen. Mehrere Landkreise, darunter Celle, Hildesheim und Emsland, riefen den Status „außergewöhnliches Ereignis“ aus. Die Innerstetalsperre und die Okertalsperre und das Hochwasserrückhaltebecken Salzderhelden waren vollständig gefüllt.
- Braunschweig: Ein mehrere hundert Meter langer mobiler Deich wurde im Bereich der südlichen Innenstadt aufgebaut. Tiefgelegene Parks und Straßenzüge sowie einige Orte südlich Braunschweigs sind teilweise überflutet.
- Hannover: Die Pegelstände der Flüsse Leine und Ihme erreichten Extremwerte, etwa an der Messstation Hannover-Herrenhausen, wo die dritte Meldestufe überschritten war. Durch das Hochwasser der Leine wurden mehrere Straßen gesperrt. Auch in der Region Hannover kam es zu Straßensperrungen, etwa in Neustadt am Rübenberge und Seelze sowie zu Stromausfällen in Teilen von Isernhagen.
- Hodenhagen: Im Serengeti-Park waren weite Teile des Parkgeländes überflutet, sodass Tiere umgesiedelt werden mussten.
- Lilienthal: Nach einem Deichriss des Flusses Wörpe wurden Teile der Gemeinde Lilienthal bei Bremen evakuiert.
- Rinteln: Etwa 100 Bewohner der Stadt Rinteln mussten ihre Häuser verlassen; die Dämme der Weser waren aufgeweicht.
- Sarstedt: Die Stadt Sarstedt, in der die Flüsse Innerste und Leine zusammenfließen, war vom Hochwasser besonders betroffen.
- Verden: In der Nähe von Verden wurden Deiche durch das ansteigende Wasser der Aller beschädigt, sodass ein Campingplatz im Deichvorland evakuiert werden musste. Der Pegelstand der Aller stieg in der Nacht vom 27. auf den 28. Dezember um etwa 60 Zentimeter und näherte sich dem Höchststand von 2003. Im Ortsteil Eissel, wo Aller und Weser zusammenfließen, wurden Häuser vom Hochwasser umschlossen.
- Winsen: Die Gemeinde Winsen musste durch das Aller-Hochwasser zum Teil evakuiert werden; 300 Menschen mussten ihre Wohnungen verlassen.
- Löningen-Evenkamp/Ehren: Der Deich brach und unbewohnte Wald- und Wiesenflächen wurden überschwemmt; mehrere Straßenbrücken über den Fluss Hase wurden gesperrt.
Nordrhein-Westfalen Bearbeiten
- Minden: Höchster Stand der Weser seit 1947, mehrere Straßen und der Großparkplatz Kanzlers Weide am rechten Weserufer sind gesperrt. Mehrere Keller überflutet.
Sachsen Bearbeiten
- Dresden: Am 28. Dezember wurde mit der Überschreitung der 6-Meter-Marke an der Elbe gerechnet.
Sachsen-Anhalt Bearbeiten
- Kelbra (Kyffhäuser): Die Talsperre Kelbra erreichte ihre Kapazitätsgrenze und soll kontrolliert geleert werden. Die 180 Einwohner des Ortsteils Thürungen wurden zum Verlassen ihrer Häuser aufgefordert.
- Magdeburg: Zum Schutz von Magdeburg und umliegender Ortschaften wurde am 28. Dezember das Pretziener Wehr geöffnet, wodurch eine Umleitung eines Drittels des Elbwassers in den Elbe-Umflutkanal erfolgte.
Thüringen Bearbeiten
- Kyffhäuserkreis: An der Landesgrenze zwischen Thüringen und Sachsen-Anhalt wurde bei Mönchpfiffel-Nikolausrieth der Helme-Deich geöffnet, nachdem die Öffnung der Talsperre Kelbra den Pegel des Flusses stark ansteigen lassen hatte.
- Heringen/Helme: Der Ortsteil Windehausen wurde zu großen Teilen evakuiert und ein Betretungsverbot verhängt, wobei 400 bis 500 Menschen ihre Häuser verlassen mussten.
- Hildburghausen: Ein Mann starb, als er bei der Regulierung eines Wehres in einen Nebenfluss der Werra stürzte.
Weblinks Bearbeiten
Einzelnachweise Bearbeiten
- Nadine Conti: Hochwasser in Niedersachsen: Deichrisse, Evakuierung und Kritik. In: taz.de. 27. Dezember 2023, abgerufen am 28. Dezember 2023.
- Katja Bauer: Weihnachtshochwasser in Mülheim: Angst vor der zweiten Flut. In: waz.de. 26. Dezember 2023, abgerufen am 28. Dezember 2023.
- Carsten Bergmann: So bekämpft die Region das Weihnachts-Hochwasser. In: neuepresse.de. 26. Dezember 2023, abgerufen am 28. Dezember 2023.
- Lee, H., Calvin, K., Dasgupta, D., Krinmer, G., Mukherji, A., Thorne, P., ... & Zommers, Z. (2023). Synthesis report of the IPCC Sixth Assessment Report (AR6), Longer report. IPCC.
- World Weather Attribution: Climate change fuelled extreme weather in 2023; expect more records in 2024. In: worldweatherattribution.org. 22. Dezember 2023, abgerufen am 28. Dezember 2023 (englisch).
- ↑ MSN. In: msn.com. 27. Dezember 2023, abgerufen am 28. Dezember 2023.
- ↑ dpa: Klimawandel: Extremwetter-Jahr: Von Wassermassen und Wirbelstürmen. In: zeit.de. 28. Dezember 2023, abgerufen am 28. Dezember 2023.
- ↑ Nadine Conti: Hochwasser in Niedersachsen: Deichrisse, Evakuierung und Kritik. In: taz.de. 27. Dezember 2023, abgerufen am 28. Dezember 2023.
- ↑ wit/dpa: Hochwasserlage bleibt angespannt – Evakuierungen an der Aller. In: Spiegel Online. 28. Dezember 2023, abgerufen am 28. Dezember 2023.
- [1]
- Hochwasser in Braunschweig auf braunschweiger-zeitung.de.
- ↑ Peer Hellerling: Hochwasser nach Dauerregen in Hannover: Die aktuellen Pegel der Leine und Ihme. In: haz.de. 29. Dezember 2023, abgerufen am 29. Dezember 2023.
- Hochwasser im Serengeti-Park: Erste Tiere evakuiert. In: ndr.de. 28. Dezember 2023, abgerufen am 28. Dezember 2023.
- Deiche bei Verden beschädigt: Vorland evakuiert. In: welt.de. 28. Dezember 2023, abgerufen am 28. Dezember 2023.
- OM-Online: Deich gebrochen, Hase überflutetet Felder und Wiesen
- Mindener Tageblatt: Der höchste Pegel seit 1947: Das Weserhochwasser 2023, abgerufen am 29. Dezember 2023
- Frank Schedwill, Steffi Rohland, Grit Pommer und Ralf Kandel: Lage am Stausee Kelbra weiter angespannt: Thürungen hat Glück, Überflutung bleibt aus. Abgerufen am 28. Dezember 2023.
- Süddeutsche Zeitung: Hochwasser: Evakuierung im Landkreis Mansfeld-Südharz. 26. Dezember 2023, abgerufen am 28. Dezember 2023.
- Thüringen: Hochwasserlage im Kyffhäuserkreis stabilisiert: Deichöffnung verhindert Überschwemmung | MDR.DE. Abgerufen am 29. Dezember 2023.
- mdr.de: Hochwasser in Nordthüringen: Windehausen darf nicht betreten werden | MDR.DE. Abgerufen am 28. Dezember 2023.
- mdr.de: Thüringen: Toter Mann aus der Werra geborgen | MDR.DE. Abgerufen am 29. Dezember 2023.