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Die beiden Viereckschanzen bei Nordheim im Landkreis Heilbronn sind geschlossene Grabenanlagen der Kelten aus der spaten Latenezeit dem 2 und 1 Jahrhundert v Chr Sie liegen westlich des Neckars im Altsiedelland mit seinem fruchtbaren Lossboden Durch die Landwirtschaft sind sie inzwischen vollig eingeebnet und am Boden nicht mehr sichtbar nur aus der Luft zeigen sich die Graben als dunkle Spuren im landwirtschaftlich genutzten Feld Die beiden Viereckschanzen bei Nordheim zwei der elf bekannten Schanzen am mittleren Neckar wurden komplett ausgegraben Die Grabungen im Gewann Kupferschmied wurden 1995 96 durchgefuhrt und die im Gewann Bruchhohe 1999 2000 beide durch Andrea Neth Der ungewohnlich reichhaltige und vielfaltige Fundbestand gibt einen deutlichen Einblick in ihre Funktion Inhaltsverzeichnis 1 Viereckschanze Kupferschmied 1 1 Anlage 1 2 Fundgut 2 Viereckschanze Bruchhohe 3 Zwei keltische Gutshofe 4 Einzelnachweise 5 LiteraturViereckschanze Kupferschmied BearbeitenAnlage Bearbeiten Die Viereckschanze im Gewann Kupferschmied in der Nordheimer Flur liegt an einem stark geneigten Sudhang oberhalb eines kleinen Baches der in den Neckar mundet Der im Luftbild erkennbare Graben bildet ein leicht verzogenes Viereck mit Seitenlangen zwischen 101 und 113 Metern Hinter einem zwischen 3 5 und 6 5 Meter breiten und zwischen 1 2 und 2 4 Meter tiefen Graben und dem mit dem Grabenaushub auf der Innenseite errichteten Erdwall befanden sich neben drei Holzgebauden zwei etwa einen Meter in den Boden eingetiefte Grubenhauser und funf runde Gruben Ein weiteres Holzgebaude stand auf der Sudseite ausserhalb der Anlage Der wahrscheinlich im Suden gelegene Zugang mit Torbau und Holzbrucke wurde durch eine sich spater in den Boden einfressende Wasserrinne zerstort Fur das Hauptgebaude mit einer Grundflache von 240 m 16 5 14 5 m kann man aus der fur ein wasserdichtes Strohdach notwendigen Dachneigung eine Hohe von etwa 15 Metern errechnen Es stand am oberen nordlichen Rand der Anlage vermutlich auf einem terrassierten Platz Mit seinen im Rechteck aufgestellten machtigen Pfosten im Inneren und einer ausseren Reihe dichter gestellter kleinerer Pfosten gehort das Hauptgebaude zum Typ der sogenannten Umgangsbauten und erinnert in seinem Grundriss an einen Tempel Wahrend die funf runden Gruben als Vorratskeller und die beiden Grubenhauser 4 5 3 m wohl als Werkstatten dienten waren die kleineren Holzgebaude 12 12 m 10 4 m 7 6 m wahrscheinlich Wirtschaftsgebaude Das tragende Gerust der Fachwerkhauser bestand aus kraftigen senkrecht stehenden Holzpfosten zwischen denen ein lehmbestrichenes kalkverputztes Rutenflechtwerk eingespannt war Alle Gebaude und die Gruben lagen nahe am Wall um einen freien Platz im Zentrum der Anlage die irgendwann durch ein grosses Feuer zerstort und planiert wurde mit verbranntem Wandlehm aufgefullte Pfostengruben und eine Schicht aus Holzkohle uber dem Fundgut im Graben machen dies deutlich Fundgut Bearbeiten Ungewohnlich reichhaltige und vielfaltige Funde wurden geborgen die hauptsachlich aus den Graben stammen Grosse Mengen Tonscherben kamen ans Tageslicht Bruchstucke von groben handgearbeiteten Napfen und Schusseln aber auch Scherben von dunnwandigen auf der Drehscheibe gefertigten Gefassen einige mit farbiger Bemalung Die grosse Zahl zerschlagener Briquetagen zur Salzgewinnung und zum Transport von Salz verwendete Tiegel aus Ton bezeugt einen erheblichen Verbrauch von Salz das zur Konservierung von Fleisch benotigt wurde und aus der Saline in Schwabisch Hall kam 1 Etwa 10 000 Tierknochen fand man im Boden Knochen vom Schwein Rind Schaf und von der Ziege unter ihnen auffallend viele unzerschlagene Langknochen und Schulterblatter von jungen Rindern Da die Tiere jung geschlachtet wurden diente die Tierhaltung sicher der Fleischproduktion Zahlreiche Fundstucke aus Metall Gussformen Metallschlacken eine Herdschaufel ein Loffelbohrer Eisenklammern Nagel belegen handwerkliches Arbeiten Tatigkeiten in der Landwirtschaft sichelformige Laubmesser Sensenringe das Bruchstuck einer Pflugschar Drehmuhle aus Sandstein und Tatigkeiten im Haus und in der Kuche Teile eines Grillrostes eine dreizinkige Gabel zwei eiserne Hakenschlussel ein Beschlag mit Schlusselloch Spinnwirtel eine feine Nahnadel aus Bronze Wetzsteine und Eisenaxte wurden gefunden Messerklingen ein Rasiermesser ein Nagelschneider und Bestandteile der Tracht Gewandspangen aus Eisen und Bronze Gurtelverschlusse und Bruchstucke von glasernen Armringen Neben den Gebrauchsgegenstanden auch solchen des gehobenen Bedarfs wurde eine Gold und eine Silbermunze gefunden Viereckschanze Bruchhohe BearbeitenEtwa dreihundert Meter nordlich der Schanze im Kupferschmied liegt die Schanze im Gewann Bruchhohe in der Nordheimer Flur Trotz der geringen Entfernung hatten die beiden Anlagen keine direkte Sichtverbindung da sie durch einen von Ost nach West verlaufenden Hohenrucken getrennt werden Der Verlauf der Graben zeigt eine leicht trapezformige Anlage mit Seitenlangen zwischen 84 und 114 Metern auf einer kleinen Kuppe im abfallenden Gelande An ein Teilstuck des nordlichen Grabens schliesst sich eine weitere Viereckschanze an 50 60 m Ihre Graben waren schmaler und nur etwa 1 5 Meter tief In Langsrichtung der Graben der beiden Schanzen lagen verkohlte bis zu 5 Meter lange Bretter die man als Uberreste einer brennend in den Graben gesturzten holzernen Palisade deutet Torgebaude konnten in der Doppelschanze nicht nachgewiesen werden und auch eine Passage zwischen den beiden Anlagen war nicht erkennbar Wegen der starken Bodenerosion auf grossen Flachen des Nordhanges sind Spuren der Innenbebauung nur rudimentar erhalten zwei Gebaudegrundrisse zwei Brunnenschachte und eine grosse kreisrunde Grube in der grosseren und zwei kleine Hausgrundrisse in der Annexschanze In der Nordwestecke der grosseren Schanze stand das langgestreckte Hauptgebaude 33 10 m Innerhalb des Grundrisses fand man die Pfostengruben eines alteren Hauses 8 8 m und damit den Beweis dass die Anlage uber einen langeren Zeitraum existierte Auf dem Boden der runden Grube in der Nordostecke dieser Schanze lagen acht bandformige Schildbuckelbeschlage und eine Schildfessel aus Eisen auf einem kleinen Haufen Teile der Bewaffnung keltischer Krieger mit Hieb und Stichspuren ein in suddeutschen Viereckschanzen bisher einmaliger Fund Ein Brunnenschacht im sudlichen Teil der grosseren Schanze endete nach 16 Metern ohne den Grundwasserspiegel erreicht zu haben und wurde aus nicht ersichtlichen Grunden offenbar sofort wieder mit dem Aushub verfullt In den beiden oberen Metern der Verfullung enthielt er Keramik und andere Siedlungsabfalle im unteren Teil gab es keine Funde Der zweite Brunnenschacht im nordostlichen Teil der Schanze war 23 Meter tief und erreichte nach 17 Metern den Grundwasserspiegel Neben Keramik darunter Scherben von Amphoren und anderem Fundgut Huttenlehm Tierknochen Holzkohle eine Fibel und eine Herdschaufel in der Verfullung fand man auf der Sohle unterhalb von reichlich Brandschutt Bruchstucke eines Mahlsteins eine vollstandige scheibengedrehte Flasche einen fast vollstandig erhaltenen Rinderschadel und die Skelette von zwei Kleinkindern Der 1 3 Meter breite Brunnenschacht war mit Eichenbrettern verschalt Die dendrochronologische Untersuchung des Holzes ergab das Falldatum 160 10 v Chr Die Untersuchung eines verkohlten Eichenholzstucks aus der Schanze im Kupferschmied hatte ein Falldatum um 193 v Chr ergeben Fur die Anlage in der Bruchhohe ist eine Erneuerung des Hauptgebaudes bezeugt und vielleicht deuten auch die beiden Brunnen und die Errichtung der Annexschanze auf eine Mehrphasigkeit Zwei keltische Gutshofe BearbeitenDie bis vor einigen Jahren gangige Deutung einer keltischen Viereckschanze als Kultstatte wird durch die Ausgrabungen der beiden Viereckschanzen von Nordheim korrigiert Der ungewohnlich grosse fur eine landwirtschaftliche Siedlung typische Fundbestand in Nordheim die Grubenhauser die Vorratsgruben und die Wirtschaftsgebaude sprechen fur eine Ruckkehr zur Interpretation der Viereckschanze als Gutshof Die Anlage im Kupferschmied zeigt deutliche Parallelen zu einer romischen villa rustica und produzierte uber den Eigenbedarf hinaus offenbar auch Pokelfleisch fur den Markt vermutlich fur die keltischen oppida Im 2 Jahrhundert v Chr errichtet existierten die beiden Gutshofe getrennt durch den Hohenrucken fur eine langere Zeit nebeneinander Beide wurden vermutlich gleichzeitig wie zahlreiche andere Schanzen in Suddeutschland durch eine Brandkatastrophe zerstort Ursache und Zeitpunkt dieses offenbar uberregionalen Ereignisses sind bisher nicht bekannt Einzelnachweise Bearbeiten Martin Hees Auf den Spuren keltischer Salzsieder In Christina Jacob und Helmut Spatz Schliz ein Schliemann im Unterland 100 Jahre Archaologie im Heilbronner Raum Stadtische Museen Heilbronn Heilbronn 1999 ISBN 3 930811 81 2 Mueso Nr 14 S 168 173 u Abb 167 Literatur BearbeitenIsabel Auer Martin Hees Elisabeth Stephan Karlheinz Steppan Die Viereckschanzen von Nordheim Zwei spatkeltische Gutshofe im Neckarland Nachrichtenblatt der Denkmalpflege in Baden Wurttemberg Jahr 2018 Heft 2 S 113 118 PDF 5 8 MB Andrea Neth Untersuchungen in einer spatkeltischen Viereckschanze bei Nordheim Kreis Heilbronn In Archaologische Ausgrabungen in Baden Wurttemberg Band 1995 Theiss 1996 ISSN 0724 8954 S 141 147 A Neth K Schatz Grabungen in einer spatkeltischen Viereckschanze in Nordheim Kreis Heilbronn In Denkmalpflege in Baden Wurttemberg 2 1996 S 131 139 Andrea Neth Zum Abschluss der Untersuchungen in der keltischen Viereckschanze bei Nordheim Kreis Heilbronn In Archaologische Ausgrabungen in Baden Wurttemberg Band 1996 Theiss 1997 ISSN 0724 8954 S 79 85 Andrea Neth Zum Beginn der Ausgrabungen in der zweiten Viereckschanze von Nordheim Kreis Heilbronn In Archaologische Ausgrabungen in Baden Wurttemberg Band 1998 Theiss 1999 ISSN 0724 8954 S 121 124 Andrea Neth Zum Abschluss der Ausgrabungen in der zweiten Viereckschanze bei Nordheim Kreis Heilbronn In Archaologische Ausgrabungen in Baden Wurttemberg Band 2000 Theiss 2001 ISSN 0724 8954 S 80 84 Andrea Neth Entdeckung archaologischer Fundstellen damals und heute In Christina Jacob und Helmut Spatz Schliz ein Schliemann im Unterland 100 Jahre Archaologie im Heilbronner Raum Stadtische Museen Heilbronn Heilbronn 1999 ISBN 3 930811 81 2 Mueso Nr 14 S 180 191 Andrea Neth Viereckschanzen Gutshofe des keltischen Landadels Heimat und Altertumsverein Heidenheim an der Brenz e V Sonderdruck aus Jahrbuch 2001 2002 49 11653 9 138994 Koordinaten 49 6 59 5 N 9 8 20 4 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Viereckschanzen bei Nordheim Wurttemberg amp oldid 237561299